OGH 6Ob643/95

OGH6Ob643/9521.12.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schwarz und Dr.Prückner als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj.Alexandra O*****, geboren am 14.Juli 1978 und mj. Bernd O*****, geboren am 10.Mai 1980, beide in Obsorge der Mutter Judith O*****, Musiklehrerin, ***** vertreten durch DDr.Manfred Nordmeyer, Dr.Widukind W.Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, infolge des ordentlichen Revisionsrekurses der beiden Minderjährigen gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 5.Juli 1995, AZ 21 R 253/95(ON 113) , womit dem Rekurs der Kinder gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom 21.April 1995, GZ 1 P 41/88-107, teilweise stattgegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem ordentlichen Revisionsrekurs wird teilweise stattgegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die Unterhaltsfestsetzung insgesamt wie folgt zu lauten hat:

"1. Robert Ha*****, Musiklehrer, ***** ist als Vater der beiden Kinder schuldig, in Änderung der bisherigen Unterhaltsbemessung aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichtes W***** vom 10.Juli 1992, GZ 1 P 41/88-81 (monatlich S 3.120 je Kind) zum Unterhalt der Kinder folgende Beträge zu Handen der Mutter Judith O*****, bei sonstiger Exekution zu bezahlen:

a) für den mj.Bernd im Zeitraum vom 1.1.1994 bis zum 31.12.1994 monatlich S 3.620 und ab 1.1.1995 monatlich S 3.720;

b) für die mj.Alexandra im Zeitraum vom 1.10.1993 bis 30.6.1994 monatlich S 4.500 und ab 1.7.1994 monatlich S 4.850;

die bis zum Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses fällig gewordenen Beträge sind - abzüglich bereits geleisteter Unterhaltsbeträge - binnen 14 Tagen, die weiteren Beträge wenigstens auf einen Monat im voraus spätestens am Ersten eines jeden Monats zu bezahlen;

2. der Vater Robert Ha***** ist weiters schuldig, zusätzlich zum laufenden Unterhalt die Kosten der im Zeitraum vom 21.1.1992 bis 21.1.1995 durchgeführten kieferothopädischen Zahnbehandlung des mj.Bernd in der Höhe von S 36.920 zu Handen der Mutter binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen;

3. der für den Zeitraum 1.11.1991 bis 10.7.1992 gestellte Antrag, die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters auf S 9.000 für die mj.Alexandra und auf S 7.500 für den mj.Bernd zu erhöhen, wird zurückgewiesen.

4. Die Mehrbegehren auf Bemessung eines weiteren Unterhalts

a) für die mj.Alexandra von monatlich S 5.880 für die Zeit vom 11.7. bis 30.9.1993, von monatlich S 4.500 für die Zeit vom 1.10.1993 bis 30.6.1994 sowie von monatlich S 4.150 ab 1.7.1994,

und b) für den mj.Bernd von monatlich S 4.380 für die Zeit vom 11.7.1992 bis 31.12.1993, von monatlich S 3.880 für die Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.1994 und von monatlich S 3.780 ab 1.1.1995 werden abgewiesen".

Text

Begründung

Seit der Scheidung der Ehe der Eltern der Kinder am 28.10.1987 steht die Obsorge über die Kinder der Mutter alleine zu. Die mj.Alexandra besucht den Studienabschnitt der Vorbereitung für Klavier am Bruckner Konservatorium des Landes Oberösterreich. Für die Tochter wurde am 1.10.1993 ein fabriksneues Klavier angeschafft, wofür zunächst über 18 Monate monatliche Mieten von S 2.200 bezahlt wurden. Im Falle eines Ankaufs des Klaviers wäre ein Restkaufpreis von S 107.000 zu bezahlen. Ein neuwertiges Klavier kann um S 720 monatlich gemietet werden. Der mj.Bernd besucht derzeit die 5.Klasse eines Gymnasiums in Wels. Er befand sich in der Zeit vom 21.1.1992 bis 21.1.1995 in kieferorthopädischer Behandlung eines Facharztes für Zahn- und Kieferheilkunde. Es wurde eine festsitzende Regulierung vorgenommen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf S 36.920. Die Rechnungslegung an die Mutter erfolgte in Teilbeträgen am 28.5.1993, 20.12.1993 und 27.9.1994.

Die Mutter der Kinder bewohnt mit diesen auf dem Bauernhof ihrer Eltern eine 120 m2 große Wohnung. Sie übt eine Teilzeitbeschäftigung als Musiklehrerin aus und verdiente im Jahr 1993 durchschnittlich monatlich rund S 5.300 und im Jahr 1994 durchschnittlich S 10.351,39 netto. Seit Jänner 1995 verdient sie bei 10 Wochenstunden monatlich S 6.909,11 netto zuzüglicher anteiliger Sonderzahlungen.

Der Vater der Kinder hat sich wiederverehelicht und wohnt mit seiner derzeitigen Gattin in deren Einfamilienhaus. Der zweiten Ehe entstammt eine am 5.10.1990 geborene Tochter.

Der Vater war bis zum Beginn des Schuljahres 1992/1993 an einer Musikschule als Musiklehrer voll beschäftigt, danach reduzierte er seine Lehrverpflichtung auf 15 Wochenstunden. Mit 31.1.1995 hat er im Einvernehmen mit dem Dienstgeber das Dienstverhältnis gelöst. Seither versorgt er den Haushalt und die eheliche Tochter aus zweiter Ehe und arbeitet im *****fachgeschäft seiner Frau mit.

Der Vater verdiente 1992 durchschnittlich S 18.900, im Jahr 1993 (bei 15 Wochenstunden) rund S 15.800 und im Jahr 1994 (ebenfalls bei 15 Wochenstunden) S 16.469. Bei einer Vollbeschäftigung als Musiklehrer hätte der Vater der Kinder im Jahr 1994 monatlich S 21.313,67 netto und 1995 S 21.846,51 monatlich netto verdienen können. Er verfügt über kein Vermögen und hat Schulden aus der Scheidung von S 147.000. Seine derzeitige Gattin ist ebenfalls ausgebildete Musiklehrerin. Sie verfügt über einen Gewerbeschein für den *****handel. Sie betreibt seit 1.8.1991 ein *****fachgeschäft. 1991 wurde ein negatives Betriebsergebnis von S 1,056.576 erzielt, im Jahr 1992 kam es zu einem Verlust von S 76.160,09. Im Jahr 1993 wurde ein Gewinn von S 109.321,09 erzielt. Im Jahr 1994 wurde ein Jahresverlust von S 139.183,27 erwirtschaftet. In diesem Jahr fiel für Werbe- und Repräsentationszwecke ein Aufwand von S 319.167,42 an. Die Unternehmensschulden beliefen sich per 27.2.1995 auf S 1,520.566,49. Die derzeitige Gattin des Unterhaltsschuldners ist seit 1.2.1994 wieder als Musiklehrerin beschäftigt und bezog im Jahr 1995 bei 20 Wochenstunden ein monatliches Nettoeinkommen von S 17.000.

Der Vater der Kinder war bisher zu monatlichen Unterhaltsbeiträgen von S 3.120 je Kind verpflichtet (ON 81 und 84).

Über einen im Oktober 1994 gestellten Antrag der Kinder erhöhte das Erstgericht die monatlichen Unterhaltsbeiträge rückwirkend ab 1.1.1994 bis 31.12.1994 für den mj.Bernd auf S 3.620 und für die mj.Alexandra auf S 4.040 monatlich und ab 1.1.1995 auf S 3.720 für den mj.Bernd und auf S 4.150 für die mj.Alexandra. Der Vater wurde weiters verpflichtet, zusätzlich zum laufenden Unterhalt einen teilweisen Ersatz für die kieferothopädische Zahnbehandlung des mj.Bernd in der Höhe von S 18.460 zu bezahlen. Das Mehrbegehren, den Vater zu monatlichen Unterhaltsleistungen von S 9.000 für die mj.Alexandra ab 1.11.1991 und von S 7.500 monatlich für den mj.Bernd sowie die Gesamtkosten der kieferorthopädischen Zahnbehandlung in der Höhe von S 36.920 zu bezahlen, wurde abgewiesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kinder teilweise statt. Es verpflichtete den Vater, für den mj.Bernd für die Zeit vom 1.1.1994 bis 31.12.1994 monatlich S 3.620 und ab 1.1.1995 monatlich S 3.720 und für die mj.Alexandra ab 1.10.1993 monatlich S 4.500 zu bezahlen. Es erkannte den Vater ferner für schuldig, die kieferorthopädische Zahnbehandlung des mj.Bernd mit einem Teilbetrag von S 27.690 zu bezahlen. Der Antrag der Kinder auf Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters für den Zeitraum vom 1.11.1991 bis 10.7.1992 wurde zurückgewiesen. Die Mehrbegehren auf Erhöhung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters (der Antrag war gerichtet auf S 9.000 monatlich für die mj.Alexandra und auf S 7.500 monatlich für den mj.Bernd) sowie das Mehrbegehren von S 9.230 hinsichtlich der Kosten der kieferorthopädischen Zahnbehandlung wurden abgewiesen.

Das Rekursgericht ergänzte die erstinstanzlichen Feststellungen nach Durchführung von Zwischenerhebungen (vor allem zum Thema der Einkommensverhältnisse des Vaters), stellte im wesentlichen den schon wiedergegebenen Sachverhalt fest und beurteilte diesen rechtlich dahin, daß der Vater im Sinne einer Anspannung seiner Kräfte auf ein Einkommen zu verweisen sei, das er bei Vollbeschäftigung eines Musiklehrers erzielen könne. Er dürfe sich nicht auf seine unentgeltliche Tätigkeit im Unternehmen seiner Gattin berufen. Dort habe er einen Abgeltungsanspruch nach § 98 ABGB. Dieser setze allerdings die Erzielung eines Gewinns im Unternehmen voraus. Lediglich im Jahr 1993 sei ein Gewinn erzielt worden. Daraus errechne sich allerdings nur ein Abgeltungsanspruch des Vaters in der Höhe von rund S 5.000 bis S 6.000 monatlich. Für die Unterhaltsbemessung sei von einem fiktiven monatlichen Einkommen von S 21.313,67 für das Jahr 1994 und von S 21.846,51 für das Jahr 1995 auszugehen.

Unterhaltsansprüche könnten zwar auch für die Vergangenheit gestellt werden, im Hinblick auf den schon bestehenden Unterhaltstitel setze eine neuerliche Unterhaltsfestsetzung aber eine nachträgliche Änderung des rechtserzeugenden Sachverhalts voraus. Wegen materieller Rechtskraft des Unterhaltstitels komme eine Unterhaltserhöhung bis zum 10.7.1992 nicht in Frage. Bis zu diesem Zeitpunkt habe sich an den Einkommensverhältnissen des Vaters nichts geändert. Für die Folgezeit habe sich zwar nichts an der Leistungsfähigkeit des Vaters geändert, wohl aber hinsichtlich der Bedürfnisse der unterhaltsberechtigten Kinder. Ein neuerlicher Unterhaltsfestsetzungsantrag sei nach der Rechtsprechung in einem Zeitraum von etwa ein bis eineinhalb Jahren nach der letzten Unterhaltsfestsetzung zulässig.

Die Mietkosten für das Klavier seien als Sonderbedarf der mj.Alexandra zu qualifizieren. Der Vater habe zwar nicht den Klavierankauf, wohl aber den Mietaufwand zu tragen, dies allerdings nur mit der Hälfte der üblichen Mietkosten für ein Klavier im Hinblick auf die über die Prozentkomponente hinausgehende Belastung des Vaters.

Auch die Kosten für die kieferorthopädische Zahnbehandlung des mj.Bernd seien Sonderbedarfskosten. Bei der Verpflichtung des geldunterhaltspflichtigen Elternteils zur Zahlung eines Individualbedarfs sei auf die fortlaufende Unterhaltsverpflichtung und auf die Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen Bedacht zu nehmen. Bei einem existenznotwendigen Sonderbedarf und bei besonders förderungswürdigen Kindern könne über die nach Prozentsätzen ermittelte Leistungsfähigkeit des Vaters hinausgegangen werden. Im vorliegenden Fall sei aber ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen beiden Elternteilen gerechtfertigt, weil die relative Leistungsfähigkeitsgrenze des unterhaltspflichtigen Vaters ohnehin bereits überschritten sei und die Mutter über ein eigenes Einkommen verfüge. In dieser Frage folge das Rekursgericht einer Lehrmeinung Gitschthalers (in ÖJZ 1994,13) und weiche bewußt von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung ab, daß bei Zahnregulierungskosten der geldunterhaltspflichtige Elternteil die gesamten Kosten zu tragen habe, weil der andere Elternteil bei Durchführung der Zahnregulierung mit einem erhöhten Betreuungs- und Sorgeaufwand belastet sei. Aus letzterem Grund sowie auch wegen der Rechtsfragen zur Anspannung des unterhaltspflichtigen Vaters sprach das Rekursgericht aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Gegen den Beschluß des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Revisionsrekurs der Kinder mit dem Antrag auf Abänderung dahin, daß ihren Anträgen vom 10.10.1994 zur Gänze stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

Die Rekurswerber streben eine stärkere Berücksichtigung der zusätzlichen Berufstätigkeit des Vaters im *****fachgeschäft seiner nunmehrigen Ehefrau und darauf basierend die Feststellung einer höheren Bemessungsgrundlage an. Wenn sie in diesem Zusammenhang einen im Jahr 1994 aus dem Unternehmen erzielten Gewinn behaupten, gehen sie nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Die Rekursausführungen lassen sich dahin zusammenfassen, daß dem Vater für seine Tätigkeit im Geschäft seiner Ehefrau ein angemessenes Entgelt zustehe, das gemeinsam mit dem aus einer vollen Lehrtätigkeit des Vaters als Musiklehrer erzielbaren Einkommen die Bemessungsgrundlage bilde. Dazu kann auf die zutreffenden Erwägungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Dieses hat den Vater wegen seiner zugunsten der Arbeitstätigkeit im Geschäft seiner Ehefrau eingeschränkten und in der Folge ganz aufgegebenen Tätigkeit als Musiklehrer im Wege der Anspannung auf ein bei voller Lehrverpflichtung erzielbares Einkommen verwiesen. Die Rekursargumente liefen im Ergebnis darauf hinaus, dem Vater neben einer vollen Lehrverpflichtung auch noch die Tätigkeit im Geschäft seiner Ehefrau zuzumuten, was eine unzulässige Überspannung der Kräfte des Unterhaltspflichtigen bedeutete. Der Vater kann seine im Rahmen der ehelichen Beistandspflicht nach § 90 ABGB zu beurteilende Tätigkeit zwar nicht zur Begründung einer geringeren Bemessungsgrundlage auf der Basis des aus verminderter Lehrtätigkeit tatsächlich erzielten Einkommens ins Treffen führen. Ihn gleichzeitig auf jeweils fiktive Einkommen (einerseits auf ein solches aus voller Lehrtätigkeit und andererseits auf das erzielbare angemessene Entgelt aus der Tätigkeit im Geschäft der Frau) zu verweisen, käme einer doppelten Anspannung gleich. Davon abgesehen hat das Rekursgericht richtig erkannt, daß bei der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten nach § 98 ABGB nur ein Gewinnbeteiligungsanspruch, nicht aber - entgegen der Auffassung der Rekurswerber - ein Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, zusteht (EFSlg 58.724; JBl 1987, 575). Gerade weil hier aber kein Gewinnbeteiligungsanspruch (das Jahr 1993 ausgenommen) wegen der Verluste des Unternehmens zusteht, kann der Vater auf ein in seinem Hauptberuf erzielbares Einkommen angespannt werden. Auch für das Jahr 1993 ergibt sich keine andere Bemessungsgrundlage. Das aus der eingeschränkten Lehrtätigkeit tatsächlich erzielte Einkommen und der für dieses Jahr errechenbare Gewinnbeteiligungsanspruch waren zusammen etwa gleich hoch wie das bei einer vollen Lehrtätigkeit erzielbare Einkommen.

Gegen die Zurückweisung ihres Unterhaltserhöhungsantrages für die Zeit vom 1.11.1991 bis 10.7.1992 wegen materieller Rechtskraft der vordem bestandenen Unterhaltsverpflichtung (ON 81 und 84) führen die Rekurswerber nur neuerlich die Arbeitsleistungen des Unterhaltspflichtigen im Geschäft seiner Ehefrau ins Treffen. Unterhaltsbeschlüsse im außerstreitigen Verfahren unterliegen der materiellen und formellen Rechtskraft. Eine Unterhaltserhöhung kann zwar auch für die Vergangenheit begehrt werden (SZ 61/143), die Änderung eines schon bestehenden Unterhaltstitels setzt aber geänderte Verhältnisse voraus (ÖA 1993, 20). Auf eine solche Änderung können sich die Rekurswerber hier nicht mit Erfolg berufen. Wohl ist eine Änderung in der Berufstätigkeit des Vaters eingetreten, diese ist aber - wie schon ausgeführt - ohne jede Relevanz auf die Bemessungsgrundlage. An die Stelle des früher tatsächlich erzielten Einkommens des Unterhaltspflichtigen tritt das erzielbare in gleicher Höhe. Die Unterhaltserhöhung kann daher nur auf eine eingetretene Erhöhung der Bedürfnisse der Kinder gestützt werden. In der Frage, ab wann aus diesem Grund von einer Änderung der Verhältnisse ausgegangen werden kann, ist das Rekursgericht nicht von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen (ÖA 1994, 22). Der gewählte Zeitpunkt ist nicht zu beanstanden.

Das Rekursgericht hat bei seiner Festsetzung des Unterhaltsbeitrages für die mj.Alexandra den Mehraufwand für die Miete eines Klaviers als Sonderbedarf im Ausmaß der halben Monatsmiete anerkannt (S 17 f in ON 113). Die Rekurswerberin strebt die Verpflichtung des Vaters zur Tragung der gesamten Kosten sowie auch des unberücksichtigt gebliebenen weiteren Aufwandes für die Anschaffung von Notenmaterial an. Im Revisionsrekurs wird allerdings nicht ausgeführt, warum beide Aufwendungen, die insgesamt als Schulbedarf zu qualifizieren sind, in ihrem gesamten Umfang einen Sonderbedarf darstellen sollten, also einen den Regelbedarf übersteigenden, existenznotwendigen weiteren Bedarf. Zumindest teilweise sind die geltend gemachten Kosten in den Regelbedarf fallende Aufwendungen. Dies gilt vor allem für die Aufwendungen zur Anschaffung von Notenmaterial. Diese Aufwendungen sind dem allgemeinen Schulbedarf eines Schülers gleichzuhalten (Schreibmaterial, Bastelmaterial, Turnkleidung uva). Anders verhält es sich bei den Klavieraufwendungen, die zweifellos den üblichen Aufwand eines Schülers übersteigen und daher zur Gänze als berücksichtigungswürdiger Sonderbedarf zur Förderung der besonderen Neigungen und Fähigkeiten des Kindes anerkannt werden können. Gegen die Heranziehung des Vaters zur Deckung des zusätzlichen Sonderbedarfs spricht aber der Umstand, daß die ab 1.1.1993 verfügte Unterhaltserhöhung für die mj.Alexandra den sogenannten Regelbedarf des Kindes im Jahr 1993 und im ersten Halbjahr 1994 um mehr als S 1.000 überschritt, so daß der Sonderbedarf aus diesen überschreitenden Beträgen zur Gänze beglichen werden konnte bzw beglichen werden kann (vgl SZ 63/81). Ab dem zweiten Halbjahr 1994 ist dies aber nur mehr hinsichtlich von 50 % der Mietaufwendungen für das Klavier möglich, so daß der Vater ab dem 1.7.1994 zur Tragung auch dieses vom laufenden Unterhalt nicht gedeckten Sonderbedarfs zu verpflichten war.

Auch die Rekursausführungen des mj.Bernd zu seinem Sonderbedarf infolge der durchgeführten kieferorthopädischen Zahnbehandlung sind berechtigt. Die Kosten einer notwendigen Zahnbehandlung - soweit sie nicht durch die Krankenversicherung abgedeckt werden - sind außerhalb des laufenden Unterhaltsbedarfes deckungspflichtig. Das Rekursgericht hat in dieser Frage eine Aufteilung der Kosten auf beide Elternteile im Verhältnis 3 : 1 zu Lasten des Vaters vorgenommen und dies unter Hinweis auf eine Lehrmeinung im wesentlichen mit der Überschreitung der relativen Leistungsfähigkeit und auf die den Regelbedarf überschreitende Unterhaltsverpflichtung des Vaters begründet. Bei Vorliegen eines Sonderbedarfes ist bei der Unterhaltsbemessung nicht von der sonst üblichen Prozentkomponente als Orientierungshilfe auszugehen. Es darf nur nicht die Grenze der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners überschritten werden (SZ 63/121). Davon, daß der Vater bei Auferlegung der gesamten zahnärztlichen Behandlungskosten in seinen eigenen angemessenen Bedürfnissen gefährdet wäre, kann hier aber keine Rede sein. Gegen die Heranziehung des Unterhaltspflichtigen zur Deckung des Sonderbedarfs kann auch nicht ins Treffen geführt werden, daß seine Unterhaltsverpflichtung den Regelbedarf übersteigt, sodaß daraus der Sonderbedarf gedeckt werden könnte. Dieses Argument wäre nur bei einem beträchtlichen Übersteigen der Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Regelbedarf stichhältig (vgl SZ 63/81). Bis zur Unterhaltserhöhung mit dem angefochtenen Beschluß entsprach die Unterhaltsverpflichtung des Vaters dem Regelbedarf, seit 1.1.1994 liegt sie (mangels Anfechtung der vorliegenden Unterhaltsfestsetzung durch den Vater in Teilrechtskraft erwachsen) nur um rund S 200 monatlich über dem Regelbedarf. Die Zahnbehandlungskosten wurden überwiegend vor dem 1.1.1994 in Rechnung gestellt, jedenfalls können sie nicht aus Ersparnissen, die aus den Regelbedarf übersteigenden Unterhaltszahlungen stammen, beglichen werden. Es ist daher das letzte gegen die Heranziehung des Vaters sprechende Argument des Rekursgerichtes zu prüfen, daß nämlich die Kostentragung auf beide Elternteile aufzuteilen sei, weil der erhöhte Betreuungsaufwand der Mutter während der Zahnbehandlung dem finanziellen Aufwand nicht adäquat sei. In dieser Frage sieht sich der erkennende Senat allerdings nicht veranlaßt, von der oberstgerichtlichen Rechtsprechung abzuweichen, daß sich aus § 140 Abs 2 erster Satz ABGB ergebe, daß die Betreuung des Kindes durch einen Elternteil im Rahmen der Haushaltsführung als vollwertiger Unterhaltbeitrag anzusehen sei und er daher darüber hinaus nichts zu leisten habe. Ein Ausgleich der Sonderbedarfskosten zwischen den Eltern wäre nur dann gerechtfertigt, wenn es sich um einen zum Betreuungsbereich gehörenden Sonderbedarf handelte, wie etwa um die Kosten einer in der Person des Kindes begründeten Drittpflege. Zahnregulierungskosten gehörten jedoch nicht zu diesem Bereich (RZ 1991/25). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Der Vater hat daher die gesamten zahnärztlichen Behandlungskosten zu tragen.

Aus den dargelegten Gründen erweist sich der Rekurs beider Kinder jeweils in der Frage des Sonderbedarfes als berechtigt, im übrigen war dem Rekurs jedoch nicht stattzugeben.

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