OGH 6Ob643/85

OGH6Ob643/8517.10.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Schobel, Dr.Riedler und Dr.Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl A, Zahntechniker, Urban Loritzplatz 4/5, 1070 Wien, vertreten durch Dr.Walter Mardetschläger, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Maria B, Hauseigentümerin, Mariahilferstraße 9, 1060 Wien, vertreten durch Dr.Erich Haase, Rechtsanwalt in Wien, wegen 340.379,08 s.A., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 12.Feber 1985, GZ.41 R 903/84-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 24.Juni 1984, GZ.42 C 510/82-29, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 15.741,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 1.081,95 Umsatzsteuer und S 3.840,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 20.9.1979 (Beilage 8) vermietete die Beklagte als Alleineigentümerin der Liegenschaft in der Mariahilferstraße 9, 1060 Wien, dem Kläger die aus vier Räumen im Parterre, WC, einem Raum im Souterrain und einem Leuchtschild im Hausflur bestehende Geschäftsräumlichkeit Nr.9 ausschließlich zum Betrieb eines zahntechnischen Labors ab 1.10.1979 gegen einen vierteljährlichen Zins von S 4.500,-- für die ersten drei Jahre und danach vierteljährlich S 7.500,-- (§§ 1, 2 und 3 des Vertrages). Im Vertrag ist unter anderem festgehalten, daß bauliche Veränderungen innerhalb des Bestandgegenstandes oder an der - nicht vermieteten (§ 1) - Außenseite nur mit Bewilligung der Vermieterin erfolgen dürfen und Investitionen und dgl. sofort und unentgeltlich in das Eigentum der Vermieterin übergehen; das Gleiche gilt für Gas- und elektrische Leitungen, die nur unter Verputz verlegt werden dürfen (§ 5). Die Vermieterin gestattete dem Mieter ferner die Vornahme von gesondert festgelegten Investitionen (§ 11). Mit gleichzeitig getroffener Vereinbarung (Beilage 8) verpflichtete sich der Kläger zur Vornahme 'verschiedener Investitionen' in den Räumlichkeiten im Zusammenhang mit seinem Geschäftsbetrieb; ferner vereinbarten die Streitteile darin, daß sämtliche Investitionen bei Beendigung des Mietvertrages aus welchem Grunde immer entschädigungslos in das Eigentum der Beklagten übergehen sollen. überdies wurden verschiedene vom Kläger bei den Arbeiten zu beachtende Bedingungen festgelegt.

Mit Schreiben vom 1.6.1982 teilte der Klagevertreter dem Beklagtenvertreter - unter anderem - nachstehendes mit:

'Wie bereits aus der Vorkorrespondens (insbesondere meinem Schreiben vom 30.4.1980) ersichtlich ist, ist Ihre Mandantin, Frau Maria B, .... nicht bereit, die

bereits übersandten Baupläne zu unterfertigen, so daß mein Klient keine Baubewilligung erhält. Auch durch das weitere Verhalten Ihrer Mandantin, wobei ich um Wiederholungen zu vermeiden, auf die Vorkorrespondenz verweise, sowie auf das Vorbringen im Besitzstörungsverfahren zu 30 C 256/80 sowie im Kündigungsverfahren zu 42 C 326/80 des BG Innere Stadt Wien, ist es meinem Klienten nicht möglich, die erforderlichen Fertigstellungsarbeiten zum Betrieb seines zahntechnischen Labors durchführen zu lassen und wird meinem Klienten durch das Verschulden Ihrer Mandantin, sowohl die Fertigstellung als auch der Betrieb des Labors unmöglich gemacht. Es wurde daher das Mietobjekt in 1060 Wien, Mariahilferstraße 9, durch das Verschulden Ihrer Mandantin für meinen Klienten unbrauchbar und kann nicht zweckentsprechend fertiggestellt bzw. benützt werden. Es tritt daher mein Klient von dem mit Ihrer Mandantin abgeschlossenen Mietvertrag betreffend das Mietobjekt 1060 Wien, Mariahilferstraße 9, Parterre, Tür 12 und Souterrain, zurück .....' (Beilage B).

Darauf antwortete der (damalige) Vertreter der Beklagten unter anderem wie folgt:

'.... Ich halte fest, daß meine Klientin die Erklärung des Vertragsrücktrittes durch Ihren Mandanten zustimmend zur Kenntnis nimmt, wiewohl die rechtlichen

Voraussetzungen für den Vertragsrücktritt seitens Ihres Mandanten nicht vorliegen und insbesondere meiner

Mandantin keine Verletzung des Mietvertrages anzulasten ist ....' (Beilage C).

Der Kläger begehrte von der Beklagten den Betrag von S 340.379,08 s.A. und führt hiezu aus, die Beklagte habe ihn vorsätzlich an der Vornahme der zum Betrieb

erforderlichen Investitionen und an der Erwirkung erforderlicher baubehördlicher Bewilligungen gehindert, den im Hof verlegten Abflußkanal herausgerissen und die Künette zugeschüttet, ihm den Zutritt zum Hof und zum mitgemieteten WC im Flur verwehrt und ein Leuchtschild eigenmächtig entfernt. Deshalb sei der Kläger mit

Schreiben vom 1.6.1982 vom Vertrag abgestanden. Da die Beklagte infolge ihres schuldhaften Verhaltens schadenersatzpflichtig sei, habe sie dem Kläger die bereits getätigten Investitionen und den schon

entrichteten Mietzins zu erstatten.

Die Beklagte wendete vor allem ein, der Kläger habe sich bei seinen Investitionen nicht an die vertraglichen Abmachungen gehalten, die Leitungen nicht unter Verputz gelegt und für die Verlegung des Abflußstranges den nicht mitgemieteten Hof in Anspruch genommen. Im übrigen seien die Investitionen entschädigungslos in ihr Eigentum übergegangen. Zur Unterfertigung eines baurechtlichen Ansuchens sei die Beklagte nach dem Vertrag nicht

verpflichtet gewesen. Die ohnedies nicht wertsteigernden Investitionen des Klägers müßte die Beklagte durch Aufwendungen, die jene überstiegen und die zur Aufrechnung eingewendet würden, beseitigen, um das Bestandobjekt wieder vermietbar zu machen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es

stellte - soweit für die Erledigung der Revision von

Bedeutung - fest:

Ein Teil der vermieteten Räume befand sich vorher in gutem Erhaltungszustand. Sie gehörten zur ehemaligen Hausbesorgerwohnung, die zuletzt 1979 adaptiert worden war. Bei den restlichen Räumlichkeiten war nur der Bauzustand in Ordnung. Der Kläger nahm die Umbauarbeiten sogleich in Angriff, doch kam es bald wegen der Verlegung der Gasleitung über Putz zu Differenzen, die dazu führten, daß der damalige Vertreter der Beklagten deren

Bereitschaft zur Vertragsauflösung bekundete und außerdem hervorhob, daß die in Frage stehenden Investitionen der Zustimmung der Beklagten bedürften. Mit Schreiben vom 17.3.1980 bemängelte der damalige Vertreter der Beklagten die Entfernung einer Trennmauer, die Durchführung von Mauerdurchbrüchen zum Lichthof und Aufstemmungen in diesem und verwies auf die mangelnde Zustimmung der Beklagten und das Erfordernis baubehördlicher Bewilligung. Tatsächlich ließ der Kläger die Abwasserleitung durch die Außenmauer zum Bodensyphon im Lichthof ausführen. Den für solche Anschlußarbeiten erforderlichen Einreichplan ließ der Kläger erst nachträglich anfertigen. Er drang zunächst nicht auf Unterfertigung des Planes durch die Beklagte, weil ihr Ehegatte dem Anschluß im Beisein des Installateurs zugestimmt hatte. Erst als die Baubehörde das Ansuchen zur Mitfertigung durch den Grundeigentümer an den Kläger zurückgestellt hatte, ersuchte er die Beklagte um Zustimmung zu diesem Bauvorhaben, die von dieser jedoch verweigert wurde; daraufhin wies die Baubehörde das Gesuch ab. Ende April 1980 ließ die Beklagte den Kanalanschluß im Lichthof entfernen und den Graben zuschütten.

Rechtlich meinte das Erstgericht, der Mietvertrag

könne nur mit Wirkung ex nunc aufgelöst werden. Ein Ersatzanspruch nach den §§ 1097 und 1037 ABGB komme nicht in Betracht, weil die Investitionen nach dem Vertrag hätten entschädigungslos in das Eigentum der Beklagten übergehen sollen. Das Ersatzbegehren könne aber auch nicht darauf gestützt werden, daß die Aufwendungen des Klägers nutzlos geworden seien, weil er die Zustimmung der Beklagten zu den seiner Ansicht nach erforderlichen Arbeiten zu erzwingen unterlassen habe. Er habe mehr als zwei Jahre verstreichen lassen, und erst durch seinen Willensentschluß, das Bestandverhältnis aufzulösen, seien die Aufwendungen nutzlos geworden. überdies könne der Beklagten auch kein Verschulden angelastet werden, weil ihr bei der Verweigerung der Zustimmung angesichts des Vertragsinhaltes eine zumindest vertretbare

Rechtsauffassung zugute komme.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Es

führte in rechtlicher Hinsicht aus, nach übergabe der Bestandsache könne das Mietverhältnis vom Mieter nur aus wichtigen Gründen gemäß § 1117 ABGB vorzeitig aufgelöst werden. Als solche Erklärung sei das Schreiben des Klagevertreters vom 1.6.1982 aufzufassen. Ob diese Auflösungserklärung berechtigt gewesen sei, hänge von den in dieser angegebenen Gründen ab; diese müßten daher in der Auflösungserklärung bezeichnet werden. Später, insbesondere erst nach der Rückstellung der Bestandsache behauptete Gründe könnten nicht mehr berücksichtigt werden. Der Kläger habe lediglich die Weigerung der Beklagten, die Einreichpläne zu unterfertigen, als solchen Grund geltend gemacht. Weitere, namentlich auch die weiteren Gründe in der Klage könnten der Auflösungserklärung nicht entnommen werden und seien, zumal der Kläger auch in der Berufung darauf nicht zurückgekommen sei, deshalb auch nicht zu prüfen. Der Mietvertrag umschreibe jene baulichen Veränderungen, zu welchen der Kläger berechtigt gewesen sei. Diese Maßnahmen beträfen ausschließlich das Innere des Bestandgegenstandes; im übrigen sei vereinbart worden, daß bauliche Veränderungen im Inneren oder an der Außenseite nur mit Zustimmung der Beklagten vorgenommen werden dürften. Sei aber der Umfang des Gebrauchsrechtes im Vertrag eindeutig festgelegt, müßten die sonst

maßgeblichen Bestimmungsgründe, wie Vertragszweck, Ortsgebrauch und Verkehrssitte, die nur subsidiäre Geltung hätten, außer Betracht bleiben. Im vorliegenden Fall sei jedoch auch der Vertragszweck - die Verwendung

ausschließlich zum Betrieb des zahntechnischen Labors - im Vertrag festgehalten worden. Träfe die Behauptung zu, daß dessen Erreichung ohne die geplante Abwasserleitung unmöglich gewesen sei, dann ließen sich die vertragliche Beschränkung des Gebrauchsrechtes und der bedungene Vertragszweck miteinander nicht in Einklang bringen. Da dieser Fall von den Parteien offensichtlich nicht bedacht worden sei, müsse diesfalls der Vertrag gemäß § 914 ABGB nach Treu und Glauben sowie den Richtlinien des Vertrages dahin ergänzt werden, was dann rechtens sei. Diese richterliche Vertragsergänzung müsse unter Bedachtnahme auf den Vertragszweck zu dem Ergebnis führen, daß die Beklagte die Einwilligung in die geplante Abwasserleitung nicht hätte verweigern dürfen, sofern damit weder eine Schädigung des Hauses noch sonst eine Beeinträchtigung der schutzwürdigen Interessen der Beklagten oder der übrigen Mieter verbunden gewesen wäre und die übrigen in der Zusatzvereinbarung vom 20.9.1979 festgelegten Bedingungen erfüllt würden. Im Falle vorzeitiger Auflösung des Vertrages durch den Mieter stünden ihm bei Verschulden der Beklagten Schadenersatzansprüche zu. Die Richtigkeit der Prozeßbehauptungen des Klägers vorausgesetzt, sei er zu Recht vom Vertrag abgestanden; hiezu hätte es auch keines Verschuldens der Beklagten bedurft. Daß der Kläger nicht versucht habe, die Beklagte zur Zuhaltung des Vertrages zu zwingen, stünde der Auflösung nicht entgegen. Der Umstand, daß der Kläger das Bestandverhältnis erst mehr als zwei Jahre später aufgekündigt habe, müsse nicht weiter geprüft werden, weil die Beklagte keinen konkludenten Verzicht behauptet habe. Schadenersatzansprüche setzten jedoch ein Verschulden des Vertragspartners voraus; die Beklagte habe sich bei der Weigerung auf ihre vertraglich genau

festgelegten Rechte berufen dürfen. Es könne ihr deshalb kein Verschulden zur Last fallen, weil sie Erklärungen verweigert habe, zu welchen sie nur auf Grund

richterlicher Vertragsergänzung verpflichtet gewesen sei. Ein solches Verschulden träfe sie nur, wenn sie sich trotz richterlicher Vertragsergänzung weiterhin widersetzen würde. Der ihr gemäß § 1298 ABGB oblegenen Beweislast habe die Beklagte durch Berufung auf den Vertragsinhalt Genüge getan. Dabei müsse auch berücksichtigt werden, daß die vorangestellten Erwägungen nur dann gelten würden, wenn die vom Kläger geplante Abwasserleitung tatsächlich technisch notwendig gewesen wäre. Ob dies zutreffe, habe das Erstgericht nicht festgestellt. Es komme auch nicht darauf an, ob das vom Kläger geplante Labor, sondern darauf, ob die Einrichtung eines zahntechnischen Labors überhaupt diese Art der Abwasserleitung erfordere. Die Schadenersatzansprüche seien deshalb nicht berechtigt; auf andere Rechtsgründe habe der Kläger sein Begehren nicht gestützt.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Kläger dagegen erhobene Revision ist nicht berechtigt.

Daß der vom Klagevertreter mit Schreiben vom 1.6.1982 erklärte 'Rücktritt' als vorzeitige Auflösung des Mietvertrages gemäß § 1117 ABGB zu verstehen ist und von der Beklagten auch akzeptiert wurde, wird von den Streitteilen ebensowenig bestritten wie daß der Mieter in diesem Fall vom Vermieter - dessen Verschulden an der vom Mieter als Auflösungsgrund geltend gemachten positiven Vertragsverletzung (vgl. Schwimann in JBl.1962,320 f) vorausgesetzt - den Ersatz des ihm hiedurch verursachten Schadens verlangen kann; es genügt deshalb auf die zu treffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes und dessen Nachweise im Schrifttum zu verweisen.

Beizupflichten ist dem Gericht zweiter Instanz auch darin, daß der (mögliche) Widerspruch zwischen dem im Vertrag ausdrücklich festgelegten Geschäftszweck - die Vermietung von Räumlichkeiten zum Betrieb eines zahntechnischen Labors - und der weiteren Vereinbarung, daß sich die vom Mieter ohne besondere Zustimmung der Vermieterin vorzunehmenden Investitionen ausschließlich auf das Innere der Mieträumlichkeiten zu beschränken hätten, nur im Wege der Vertragsergänzung gelöst werden kann, sollte sich herausstellen, daß zur Erreichung des Vertragszweckes auch bestimmte Arbeiten außerhalb der Räumlichkeiten unbedingt erforderlich sein sollten. Da diese Frage weder im Bestandvertrag geregelt war noch auf eine übereinstimmend zum Ausdruck gebrachte Absicht der Parteien zurückgegriffen werden kann, ist zu fragen, welche Lösung redliche und vernüftige Parteien vereinbart hätten (Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts 7 ,I 86 mwN; Rummel ABGB, Rdz 12 zu § 914;

SZ 45/11 u.a.). Zutreffend erkannte das Berufungsgericht, daß die Beklagte in diesem Fall die geplanten, auch nicht vermietete Teile der Liegenschaft berührenden Investitionen des Klägers hätte dulden müssen, sofern die baulichen Maßnahmen technisch notwendig gewesen und dabei nicht wichtige und schutzwürdige Interessen der Beklagten sowie der übrigen Mieter beeinträchtigt worden wären. Dem kann die Beklagte keine stichhältigen Argumente entgegensetzen.

Das Erstgericht hat es unterlassen, festzustellen, ob die geplanten und von der Beklagten durch die Weigerung, die Einreichpläne zu unterfertigen, vereitelten baulichen Maßnahmen auch in der Tat technisch notwendig waren oder deren Zweck durch dem Kläger vorweg gestattete Adaptionen im Inneren der Räume hätten bewerkstelligt werden können. Das Gutachten des vom Erstgericht vernommenen Sachverständigen und das von der Beklagten selbst eingeholte Gutachten widersprechen einander in diesem Punkt. Ob diese zum Tatsachenbereich gehörige Frage geklärt werden muß, hängt davon ab, ob der Beklagten in bezug auf ihre Weigerung, die baubehördliche Eingabe mitzufertigen, ein ihre Schadenersatzpflicht auslösendes Verschulden anzulasten ist. Diese Frage ist mit dem Berufungsgericht zu verneinen. Die Beklagte kann sich jedenfalls auf den Vertragsinhalt berufen, der alle Investitionen außerhalb der gemieteten Räume an ihre ausdrückliche Zustimmung bindet. Ihre trotzdem - unter bestimmten tatsächlichen Voraussetzungen

anzunehmende - Verpflichtung zur Bewilligung solcher Bauarbeiten beruht lediglich auf der - erst von den Rechtsmittelgerichten vorgenommenen - richterlichen Vertragsergänzung. Daß die Beklagte diese Verpflichtung in Auslegung ihrer vertraglichen Pflichten nicht erkannt und ihr im Rahmen ihres dem Kläger gegenüber vertretenen Rechts- und Prozeßstandpunktes nicht entsprechend Rechnung getragen hat, ändert zwar nichts an ihrer - je nach den tatsächlichen Verhältnissen zu

beurteilenden - Vertragspflichten, befreit sie indessen vom Vorwurf der Fahrlässigkeit im Sinne der §§ 1294, 1297 ABGB. Kann nicht schon jede Rechtsunkenntnis als Sorgfaltsverletzung (Reischauer in Rummel, a.a.O. Rdz 18 zu § 1297) und schon gar nicht als Fahrlässigkeit beurteilt werden (Bydlinski in Rummel, a.a.O. Rdz 2 ff zu § 2), so muß das mindestens in gleicher Weise auch für die Auslegung von Verträgen zur Feststellung der Art und Tragweite der darin festgelegten gegenseitigen Rechte und Pflichten gelten. Ähnlich wie objektiv unrichtige Rechtsanwendung nicht stets auch unvertretbare Rechtsauffassung und damit schuldhaft ist (vgl. insbesondere Reischauer a.a.O. Rdz 15 zu § 1299), kann dem Vertragspartner auch die objektiv verfehlte Inanspruchnahme vertraglicher Rechte dann nicht immer als Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, wenn die Vertragswidrigkeit dieser Rechtsverfolgung im nachhinein erst im Wege richterlicher Vertragsergänzung festgestellt wird. Jedenfalls aber muß die Fahrlässigkeit der Beklagten deshalb verneint werden, weil sie - was sie vorgebracht hat - auch der überzeugung sein konnte, die Abwasserleitung eines Zahnlabors könne durch Anschluß an die bestehenden Einrichtungen in den gemieteten Räumen hergestellt werden (vgl. auch Beilagen 2 und 6). Das Gericht zweiter Instanz hat demnach die Schadenersatzansprüche zu Recht mangels Verschuldens der Beklagten verneint. Wollte es der Kläger deshalb mit der bloßen Auflösung des Bestandverhältnisses nicht bewenden lassen, hätte er somit die Unterfertigung der baubehördlichen Einreichpläne durch die Beklagte gerichtlich durchsetzen müssen. Ob und welche Bedeutung der vom Kläger behaupteten Zustimmung des Ehegatten der Beklagten zu baulichen Maßnahmen zukommen könnte,

ist - abgesehen davon, daß der Kläger hiezu im Rechtsmittelverfahren nichts mehr vorbrachte - auch deshalb nicht weiter zu untersuchen, weil er in erster Instanz hiezu keinen Sachverhalt behauptet hat, aus dem auf eine (Anscheins- oder Duldungs)Vollmacht des Ehemanns der Beklagten geschlossen werden könnte.

Der Kläger rügt ferner als Feststellungsmängel, das Berufungsgericht habe zu Unrecht nicht auch auf die übrigen in der Klage geltend gemachten Auflösungsgründe Bedacht genommen. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Mieter bei vorzeitiger Auflösung des Bestandverhältnisses gemäß § 1117 ABGB die Gründe schon in der Auflösungserklärung bekanntzugeben hat (bejahend Klang in seinem Komm 2 V 118 f; verneinend JBl.1962,319), weil der Kläger die Verneinung der übrigen Gründe (Entziehung der WC-Benützung und Verhinderung der Anbringung eines Leuchtschildes) durch das Erstgericht in der Berufung nicht mehr bekämpft hat und die in diesen Punkten versäumte Rechtsrüge in der Revision nicht mehr nachholen kann (MietSlg. 20.709 - betreffend mehrere Kündigungsgründe; 4 Ob 520/76, die das bei mehreren Ansprüchen so annahm).

Der Revision war deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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