OGH 6Ob643/76

OGH6Ob643/7626.8.1976

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Lassmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petretto, Dr. Samsegger, Dr. Friedl und Dr. Resch als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*, vertreten durch Dr. Hans Rabl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Firma * N* KG, 2.) * N*, persönlich haftender Gesellschafter der Erstbeklagten, beide vertreten durch Dr. Wolfgang Klee, Rechtsanwalt in Wien, wegen 180.000 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. April 1976, GZ 3 R 48/76‑21, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 29. April 1974, GZ 19 Cg 38/74‑9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1976:0060OB00643.76.0826.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 5.098,80 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 342 S Umsatzsteuer und 480 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin behauptete, der Zweitbeklagte habe als persönlich haftender Gesellschafter und Vertreter der Erstbeklagten im November 1970 ein schriftliches Kaufanbot für das „A*“ mit einem Kaufpreis von 1.854.000 S gestellt. Die Klägerin habe dieses Anbot angenommen und es sei der Kaufvertrag damit perfekt geworden. Bei der Besprechung über die vom Klagevertreter verfasste und dem Zweitbeklagten zur Stellungnahme und Unterfertigung übergebene schriftliche Vertragsurkunde habe der Zweitbeklagte es zur Bedingung für die Unterfertigung der Vertragsurkunde gemacht, „daß eine der Übertragung der Hauptmietrechte beiderseits befriedigende Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümerin“ erfolge. Mit dem übrigen Vertragstext seien die Beklagten einverstanden gewesen. Die Übergabe und Übernahme des Kaufgegenstands sei mit 1. Jänner 1971 vereinbart worden.

Aufgrund gesonderter Vereinbarung hätten sich die Beklagten zufolge einer vom Zweitbeklagten vorgenommenen genauen Spezifikation verpflichtet, einen Teil des im Unternehmen vorhandenen Warenlagers der Klägerin im Gesamtwert von 238.989,35 S zu übernehmen. Die vom Zweitbeklagten aussortierten Waren seien inventarisiert, vom übrigen Warenlager abgesondert, in der Folge verpackt und zur Verfügung der Beklagten im Lokal belassen worden. Die Klägerin habe hiefür eine Versicherung abgeschlossen.

Entgegenkommenderweise und zur Vermeidung weiterer Verzögerung habe die Klägerin gemäß der vom Zweitbeklagten nach Vertragsabschluss und damit unwirksam gesetzten Bedingung für die Wirksamkeit der Kaufvertragsurkunde die Zustimmung der Magistratsabteilung 52 zur Übertragung des Unternehmens an die Erstbeklagte eingeholt. Damit seien alle Voraussetzungen für die mit 1. Jänner 1971 vereinbarte Übernahme des Geschäftslokals durch die Beklagten und den formellen Abschluss des schriftlichen Kaufvertrags gegeben gewesen. Der Zweitbeklagte habe daraufhin die Übernahme per 8. Jänner 1971 zugesagt, diese Zusage jedoch nicht eingehalten. Obwohl die Klägerin, den rechtlich unerheblichen Wünschen der Beklagten nachkommend, neuerlich die Erklärung der Magistratsabteilung 50 vom 14. Juli 1971 eingeholt habe, in welcher die Stadt Wien der Übertragung der Hauptmietrechte an die Erstbeklagte zugestimmt habe, sei keine Übernahme des Objekts durch die Beklagten erfolgt. Erst am 16. August 1971 habe der Rechtsvertreter der Beklagten über Urgenz des Klagevertreters mitgeteilt, die Beklagten seien zur Finalisierung des Vertrags auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen nicht bzw nicht mehr bereit.

Aufgrund der schuldhaften und rechtswidrigen Nichterfüllung des Vertrags stünden der Klägerin aus dem Titel des Schadenersatzes folgende Ansprüche zu:

a) Gegenüber dem vereinbarten Kaufpreis von 1.800.000 S, welchen die Beklagten am 1. Jänner 1971 hätten bezahlen müssen, habe die Klägerin bei der Veräußerung des Unternehmens an die Firma F* einen um 300.000 S verminderten Erlös erzielt.

b) Versuche der Klägerin, die vom Zweitbeklagten nach seinen Vorstellungen spezifizierten und in dieser Aussortierung praktisch unverkäuflichen Waren zu veräußern, seien fehlgeschlagen. Der zu erwartende Mindererlös einschließlich der Kosten für Lagerhaltung, Transport, Neuinventarisierung und Zinsenverlust betrage rund 180.000 S.

Die übrigen in der Klage angeführten Forderungen wurden mit Ausnahme des erhöhten Zinsenbegehrens im weiteren Verfahren nicht mehr aufrecht erhalten. Die Klägerin behauptete schließlich, ihr Unternehmen mit einem 7,37%igen Bankkredit zu betreiben, weshalb ihr die Beklagten den Klagsbetrag mit 7,37 % per anno zu verzinsen hätten.

Während des Verfahrens schränkte die Klägerin ihr in der Klage auf Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung des Betrags von 530.945 S sA gerichtetes Begehren auf den Betrag von 180.000 S samt 7,37 % Zinsen aus 60.000 S seit 1. Jänner 1971, aus 102.739 S seit 6. April 1972 und aus 17.261 S seit 1. März 1974 ein. Sie erklärte, von der oben unter a) genannten Forderung nur einen Teilbetrag von 60.000 S geltend zu machen. Hinsichtlich der unter b) angeführten Forderung brachte sie ergänzend vor, die Übernahme eines Teils des Warenlagers sei unabhängig vom Kauf des Unternehmens zu den Einkaufspreisen vereinbart worden. Der Wert des unverkäuflichen Teils des Warenlagers betrage 102.739 S. Für die Lagerhaltung begehrte die Klägerin 6.305,25 S (monatlich 300,25 S), für die Versicherung 1.440 S und an kapitalisierten Zinsen aus 102.739 S vom 1. Jänner 1971 bis 5. April 1972 9.510,75 S, somit insgesamt 120.000 S.

Die Beklagten beantragten Abweisung des Klagebegehrens und brachten im Wesentlichen vor, zwischen den Streitteilen sei überhaupt kein Vertrag zustande gekommen. Die Vereinbarung hinsichtlich der Übernahme des Warenlagers sei ein Bestandteil „der zu schließenden Vereinbarung, betreffend die Übernahme des Unternehmens, gewesen“. Die Klägerin habe es unterlassen, vor dem angeblichen Notverkauf die Beklagten aufzufordern, das Warenlager zu übernehmen.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte folgenden Sachverhalt fest:

Am 11. November 1970 unterschrieb der Zweitbeklagte, offenbar für die Erstbeklagte, ein Anbot zum Kauf des „A*“ um den Kaufpreis von 1.800.000 S zuzüglich der Vermittlungsprovision von 54.000 S für die Firma K*. Der Kaufpreis sollte mit Hilfe der B* finanziert werden. In dem Anbot hieß es unter anderem: „Bis zur vollständigen Abdeckung des Darlehens, der bankmäßigen Zinsen sowie der Aufwendungen für Miete und Betriebskosten werden die Mietrechte nicht übertragen.“ Eine Übernahme des Warenlagers war nicht vorgesehen. Das Anbot sollte bis 30. November 1970 verbindlich sein und der Vertrag durch eine firmenmäßig gefertigte Annahmeerklärung der Klägerin perfekt werden. Der Vorstand der Klägerin beschloss, das Anbot anzunehmen. Es wurden Verhandlungen mit der B* über die Einräumung des Kredits geführt. Die schriftliche, von der Klägerin firmenmäßig gefertigte Annahme des Anbots konnte nicht festgestellt werden. Im Verfahren 37 Cg 160/72 (des Handelsgerichts Wien) konnte kein Beweis für die Absendung des Annahmeschreibens und dafür, dass es den Beklagten zugegangen sei, erbracht werden. Der Klagevertreter verfasste einen mit 16. Dezember 1970 datierten Entwurf einer abzuschließenden Vereinbarung, welche in Form eines von den Beklagten zu stellenden schriftlichen Anbots gehalten war und von der Klägerin schriftlich bis zum 31. Dezember 1970 angenommen werden sollte. In diesem Entwurf war vorgesehen, dass die Klägerin nach Rückzahlung der Darlehensschuld durch die Beklagten – wofür sich die Klägerin verbürgen sollte – ihre Hauptmietrechte zurücklegen und sich bei der Gemeinde Wien dafür verwenden sollte, dass die Mietrechte an die Beklagten übertragen werden bzw die Gemeinde Wien mit den Beklagten einen Mietvertrag abschließt. Die Klägerin erklärte jedoch ausdrücklich, hiefür keine Haftung oder Gewähr zu übernehmen. Es war vorgesehen, dass die Übernahme eines Warenlagers nicht stattfinde. Am 18. Dezember 1970 fand in der Kanzlei des Klagevertreters eine Besprechung statt, an der beide Parteienvertreter, der Zweitbeklagte, * S* und Dr. * S* teilnahmen. Das Ergebnis dieser Besprechung wurde vom Beklagtenvertreter in einem Aktenvermerk festgehalten. Laut diesem Aktenvermerk wurde der vorliegende Vertragsentwurf erörtert. Es wurde unter anderem Folgendes festgehalten: „Zwischen den Vertragsteilen besteht Übereinstimmung darüber, dass das von der Firma N*‑KG. zu stellende schriftliche Anbot nur unter der Bedingung wirksam sein soll, dass eine der Übertragung der Hauptmietrechte beiderseits befriedigende Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümer erfolgt.“ Der vorletzte Absatz lautet: „Im Sinne vorstehender Ausführungen stellt hiemit die Firma * N*‑KG., vertreten durch den persönlich haftenden Gesellschafter, Herrn * N*, auf der Grundlage des schriftlichen Anbotsentwurfes vom 16. Dezember 1970 und seiner Änderungen hiemit das inhaltlich entsprechende Anbot.“

Mit Schreiben vom 5. Jänner 1971 teilte die Magistratsabteilung 52 der Klägerin mit, dass sie die „Verpachtung“ des von der Klägerin gemieteten Geschäftslokals Nr I und Ia im Hause * an die Erstbeklagte zur Kenntnis genommen habe; Hauptmieterin sei weiterhin die Klägerin. Der Beklagtenvertreter teilte mit Schreiben vom 19. März 1971 (Dr. Hans Rabl) mit, dass diese Erklärung keinesfalls befriedigend sei und er den angedrohten gerichtlichen Schritten mit Ruhe entgegensehe. Noch im Jahre 1970 hatten die Beklagten auch Interesse für den Erwerb eines Teils des Warenlagers gezeigt. Die diesbezüglichen Teile des Warenlagers wurden ausgesucht und gesondert inventarisiert. Es konnte nicht festgestellt werden, dass es zu einer verbindlichen Einigung über den Erwerb kam.

Die Klägerin brachte schließlich eine mit 14. Juli 1971 datierte Erklärung der Magistratsabteilung 52 (richtig: des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 50) bei, wonach sich diese bereiterklärte, im Falle eines Mietrechtsverzichts durch die Klägerin (deren Mietrechte) an den Zweitbeklagten zu übertragen.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, eine verbindliche Kaufvereinbarung sei weder bezüglich des Unternehmens noch bezüglich des Warenlagers zustandegekommen. Die schriftliche firmenmäßig gefertigte Annahme hätte als empfangsbedürftige Willenserklärung den Beklagten noch am 30. November 1970 zukommen müssten. In der Folge seien die Parteien offenbar vom Nichtvorliegen einer verbindlichen Vereinbarung ausgegangen, da der Klagevertreter ein neues Anbot entworfen habe, bei der Besprechung vom 18. Dezember 1970 festgehalten worden sei, dieses Anbot sei nur verbindlich, wenn eine befriedigende Erklärung der Gemeinde Wien hinsichtlich der Übertragung der Mietrechte abgegeben werde, und schließlich die Beklagten daraufhin neuerlich ein absprachegemäß durch die befriedigende Erklärung der Gemeinde Wien hinsichtlich der Übertragung der Mietrechte bedingtes Anbot gestellt hätten. Im Schreiben der Magistratsabteilung 52 vom 5. Jänner 1971 könne eine derartige befriedigende Erklärung nicht erblickt werden, weil darin von einer Übertragung der Mietrechte überhaupt keine Rede sei, sondern nur die Verpachtung des Geschäftslokals zur Kenntnis genommen werde. Es sei weder behauptet worden noch im Beweisverfahren hervorgekommen, dass die im Entwurf Beilage D vorgesehene und dementsprechend im Anbot des Klägers (richtig: der Erstbeklagten) vom 18. Dezember 1970 genannte Annahmefrist verlängert worden wäre. Auch wenn man davon ausgehen wollte, im Verfahren 37 Cg 160/72 des Handelsgerichts Wien wäre erörtert worden, am 18. Dezember 1970 habe man auch besprochen, die Durchführung dieser Maßnahme werde ca zwei Monate in Anspruch nehmen, wäre für die Klägerin nichts gewonnen, weil eine schriftliche Annahme des Anbots der Beklagten vom 18. Dezember 1970 niemals erfolgt sei. Das Anbot wäre in diesem Fall nur bis ca zur zweiten Hälfte des Februar 1971 verbindlich gewesen, die Bedingung, unter der es hätte verbindlich sein sollen, sei hingegen erst Mitte Juli erfüllt worden. Zu diesem Zeitpunkt seien die Beklagten an das Anbot nicht mehr gebunden gewesen. Dies umsoweniger, als sie bereits am 19. März 1971 die Androhung der Klägerin, die Vertragserfüllung einzuklagen, zurückgewiesen hätten.

Zum Zustandekommen einer Vereinbarung über den Kauf des Warenlagers sei die Feststellung, für welche Waren der präsumtive Käufer Interesse gehabt habe und wie hoch der Einkaufspreis dieser Waren gewesen sei, nicht hinreichend. Ein Kauf komme durch Willenseinigung und nicht durch Wissenserklärungen zustande. Jene für das verkaufte Unternehmen zuständigen Personen, welche nach den Vorstellungen der Klägerin diese Willenserklärungen hätten abgeben sollen, hätten keine derartigen Willenserklärungen abgegeben, sondern nur Feststellungen getroffen. Diese könnten nicht in Willenserklärungen umgedeutet werden. Da die behaupteten Verträge nicht zustandegekommen seien, hätten sie von den Beklagten auch nicht verletzt werden können.

Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Das Berufungsgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichts und führte in rechtlicher Hinsicht aus, die in die Form einer Tatsachenfeststellung gekleidete rechtliche Schlussfolgerung des Erstgerichts, das Anbot der Beklagten könne nicht als von der Klägerin angenommen betrachtet werden, müsse aus der zugrundeliegenden logischen Überlegung verstanden werden, die am 30. November 1970 abgesendete Annahmeerklärung könne den Beklagten frühestens am 1. Dezember 1970, also nach Ablauf der Annahmefrist, zugekommen sein. Sache der Klägerin wäre es gewesen, den rechtzeitigen Zugang der Annahmeerklärung bei den Beklagten zu behaupten und zu beweisen. Nach der aus § 862a ABGB abgeleiteten und herrschenden Zugangstheorie sei die Annahmeerklärung eine dem Offerenten zugangsbedürftige und nicht bloß absendebedürftige Willenserklärung. Sei im Offert selbst eine Annahmefrist und eine bestimmte Form der Annahmeerklärung vorgesehen, sei die Annahmeerklärung nur rechtswirksam, wenn sie in der bedungenen Form und vor Ablauf der gesetzten Annahmefrist dem Offerenten zukomme, das heißt in seinen Machtbereich gelange, so dass er sich unter normalen Umständen vom Inhalt der Annahmeerklärung in der vorgesehenen Form Kenntnis verschaffen könne. Anderenfalls erlösche das Offert durch Ablauf der Annahmefrist von selbst, der Offerent müsse eine verspätete Annahmeerklärung nicht mehr gelten lassen und er müsse auch nicht die Verspätung rügen oder seinen Rücktritt vom Offert erklären, um das Zustandekommen des Vertrags zu verhindern. Nur wenn ihm die rechtzeitige Absendung der verspätet eingelangten Annahmeerklärung habe erkennbar sein müssen, verlange das Gesetz die unverzügliche Anzeige des Rücktritts des Offerenten von seinem Offert. Erwägungen darüber, ob und inwieweit die Beklagten durch etwaige schlüssige Handlungen ihren Willen zum Ausdruck gebracht hätten, an ihr Offert vom 11. November 1970 weiterhin gebunden zu sein, seien entbehrlich, weil die Beklagten am 18. Dezember 1970 übereinstimmend klargestellt hätten, unter welchen Voraussetzungen erst der Kaufvertrag über das Unternehmen „A*“ zustande kommen solle. Aus dem Wortlaut des Aktenvermerks vom 18. Dezember 1970 könne nicht abgeleitet werden, die in diesen Aktenvermerk aufgenommene Bedingung über die Beibringung einer Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümer, sei nicht aufschiebender, sondern auflösender Natur gewesen. Diese Urkunde müsse ihrem gesamten Inhalt nach gesehen werden und danach habe die Erstbeklagte durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter, den Zweitbeklagten, „auf der Grundlage des schriftlichen Anbotentwurfes vom 16. Dezember 1970 und seiner Änderung hiemit das inhaltlich entsprechende Anbot“ erstellt. Nach Punkt VIII. Absatz 2 des in diesem Anbot bezogenen schriftlichen Anbotentwurfs vom 16. Dezember 1970 hätte das zunächst beiderseits rechtsunwirksame Anbot erst durch seine schriftliche Annahme bis längstens 31. Dezember 1970 rechtswirksam werden können. Bis zu diesem Zeitpunkt sei aber eine beiderseits befriedigende Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümerin nicht vorhanden gewesen. Überdies könne die somit verspätet erfolgte Erklärung der Magistratsabteilung 52 vom 5. Jänner 1971 nicht als befriedigend im Sinne der Vereinbarung der Parteien vom 18. Dezember 1970 angesehen werden, da sie keine Zustimmung zur Übertragung der Mietrechte an die Erstbeklagte enthalte. Die Erstbeklagte hätte nach dem Inhalt dieser Erklärung als Einzelrechtsnachfolgerin der Klägerin beim Betrieb des Unternehmens „A*“ nur die vom Bestand des Mietverhältnisses zwischen der Klägerin und der Stadt Wien abgeleitete und an den Fortbestand dieses Unternehmens gebundene Rechtsstellung eines Mietrechtsausübungsberechtigten erhalten können, wie sie für das gespaltene Mietrechtsverhältnis charakteristisch sei. Diese abhängige Rechtsstellung könne nicht die bedungene Anwartschaft auf die Rechtsstellung eines Mieters ersetzen. Zum Zeitpunkt des Schreibens der Stadt Wien vom 14. Juli 1971 sei die Bindung der Beklagten an ihr Offert vom 18. Dezember 1970 längst erloschen gewesen. Zufolge Nichtzustandekommens des behaupteten Kaufvertrags fehle das für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch erforderliche Schuldrechtsverhältnis. Für das Zustandekommen des behaupteten Kaufvertrags über einen Teil des Warenlagers fehle der übereinstimmend zum Ausdruck gebrachte rechtsgeschäftliche Wille des Zweitbeklagten einerseits und des für die Klägerin zuständig gewesenen * W* andererseits, dass die ausgesonderten Teile des Warenlagers in das Eigentum der Beklagten übertragen werden sollten. Nur bezüglich jener einzelnen Teile, von denen die Klägerin behaupte, der Zweitbeklagte habe sie gleich mitgenommen und sie habe ihm darüber Rechnung gelegt, könne von einem schlüssig zustandegekommenen Kaufvertrag gesprochen werden. Diesbezügliche allenfalls noch offene Kaufpreisforderungen seien aber nicht Gegenstand der Klage.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der Klägerin aus den Revisionsgründen der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, das Urteil im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern, allenfalls es bzw auch das Urteil des Erstgerichts aufzuheben und der zweiten oder ersten Instanz „unter Überbindung der Rechtsansicht der Revision eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende, Entscheidung aufzutragen“.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Mit der an die Spitze der Mängelrüge gestellten allgemein gehaltenen Ausführung, die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens werde „zunächst darin erblickt, dass das Berufungsgericht sich mit der Mängel‑ sowie Tatsachen‑ und Beweisrüge nicht erschöpfend“ auseinandergesetzt und die im Rahmen der rechtlichen Beurteilung gerügten fehlenden Tatsachenfeststellungen ohne ausreichende Begründung unterlassen habe, wird, abgesehen davon, dass Feststellungsmängel mit der Rechtsrüge gelten zu machen sind, der Revisionsgrund des § 503 Z 2 ZPO nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht.

Die weiteren Ausführungen zu diesem Revisionsgrund enthalten zum Teil Rechtsausführungen, zu welchen bei der Erledigung der Rechtsrüge Stellung genommen werden wird, zum Teil wird der im Revisionsverfahren unzulässige Versuch unternommen, die Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen. Letzteres gilt insbesondere für die Ausführungen über den durch schlüssiges Verhalten aller Beteiligten zustandegekommenen „übereinstimmenden Kaufwillen“ hinsichtlich des Warenlagers. Denn die Vorinstanzen haben ausdrücklich festgestellt, dass die für den Abschluss eines Kaufvertrags erforderliche Willenseinigung zwischen den Beteiligten nicht zustandegekommen ist.

Die Rechtsrüge wird mit der Behauptung eingeleitet, die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts sei schon deshalb verfehlt, „weil ohne Rücksicht auf die unterschiedlichen Prozessvorbringen und Beweisergebnisse der rechtlichen Beurteilung infolge der bereits gerügten Mangelhaftigkeit jener fiktive Sachverhalt unterstellt“ worden sei, wie er der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 6 Ob 190/73 zugrunde gelegen sei. Die Klägerin führt dazu aus, während in jenem Verfahren für ihren Rechtsstandpunkt nachteilige Feststellungen, insbesondere was die Befristung des zweiten Anbots der Beklagten vom 18. Dezember 1970 betreffe, auf Zeugenaussagen gegründet worden seien, welche „nur mittelbar und subsidiär im gegenständlichen Verfahren verwertet werden“ könnten, lägen nunmehr in erster Linie Urkunden vor, „deren Auslegung und daraus getroffene Schlussfolgerungen“ in das Gebiet der rechtlichen Beurteilung gehörten. Deshalb müsse der Versuch des Berufungsgerichts, Rechtsausführungen der Berufung zur Auslegung von Urkunden oder zur Würdigung von Tatsachenfeststellungen in der Richtung, ob die vom Zweitbeklagten nach dem 30. November 1970 gesetzten Handlungen der Erfüllung des von ihm angebotenen Vertragsabschlusses gedient hätten und unter Beobachtung aller maßgeblichen Umstände auch nur so zu verstehen gewesen wären, als aktenwidrig oder als unzulässige Neuerungen hinzustellen, fehlschlagen. Verfehlt sei es aber auch, wenn das Berufungsgericht fehlende Tatsachengrundlagen gegenüber dem Vorprozess 37 Cg 160/72 (des Handelsgerichts Wien, in welchem die oben angeführte Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 6 Ob 190/73 ergangen war) „durch rechtliche Schlüsse oder Hinweise auf im vorliegenden Rechtsstreit nicht vorhandene Beweisgrundlagen oder mit einem konstruierten Sachverhalt aufzufüllen versucht, um zu einem gleichen Sachverhaltsbild zu gelangen wie in der vorerwähnten Rechtssache“.

Der zuletzt angeführte gegen das Gericht zweiter Instanz erhobene Vorwurf ist durch nichts begründet. Vielmehr unternahm die Klägerin schon in der Berufung den Versuch, bei ihren Rechtsausführungen entweder Tatsachen einzubeziehen, welche nicht festgestellt worden waren, oder Feststellungsmängel zu behaupten, ohne dass von ihrer Seite in erster Instanz entsprechende Tatsachenbehauptungen dazu aufgestellt worden wären. Das Berufungsgericht hat nicht versucht, zu dem gleichen Sachverhaltsbild zu gelangen wie es im Rechtsstreit 37 Cg 160/72 des Handelsgerichts Wien – es handelt sich dabei um eine Provisionsklage der K* auf 54.000 S, gegen die auch im vorliegenden Rechtsstreit beklagten Parteien – erhoben worden war. Es ging bei der Erledigung der Rechtsrüge vielmehr von dem im vorliegenden Verfahren festgestellten Sachverhalt aus. Es trifft auch nicht zu, dass das Berufungsgericht bei der rechtlichen Würdigung von Tatsachen in der Richtung, ob die vom Zweitbeklagten nach dem 30. November 1970 gesetzten Handlungen „bereits der Erfüllung des von ihm angebotenen Vertragsabschlusses dienten“, Feststellungen übergangen hätte. Es wurde weder festgestellt, dass der Zweitbeklagte mit Dr. S* und Prokurist Dr. R* Gespräche wegen der Kreditgewährung mit der B*, Aktiengesellschaft, zur Finanzierung des Kaufpreises geführt, bei diesem Institut auch selbst vorgesprochen und relativ bald dessen Kreditzusage erhalten habe, noch dass – wie die Klägerin im Rahmen ihrer Ausführungen zur Mängelrüge behauptete – er am 16. Dezember 1970 gemeinsam mit Dr. S* in der Kanzlei des Klagevertreters erschienen sei, um den Inhalt des ersten Vertragsentwurfs auf der Grundlage seines Anbots vom 11. November 1970 zu besprechen. Es kann daher nicht davon ausgegangen werden, die Besprechung am 18. Dezember 1970 sei eine Fortsetzung jener vom 16. Dezember gewesen. Das Ergebnis der Besprechung vom 18. Dezember 1970 kann auch nicht aufgrund der verfassten Urkunden allein beurteilt werden, weil das Erstgericht bei seinen diesbezüglichen Feststellungen Aussagen von Zeugen, insbesondere jene des Dr. S* – wenn auch nicht in dem von der Klägerin gewünschten Sinn – verwertet hat.

Es trifft zu, dass die Bestimmungen der §§ 862, 862a ABGB nicht zwingendes Recht sind. Die Feststellungen bieten aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien von der in diesen Bestimmungen getroffenen Regelung einverständlich abgegangen wären. Es ist daher nicht zielführend, wenn die Klägerin argumentiert, die Frage, ob die Beklagten sich auch nach dem 30. November 1970 an ihr Anbot gebunden erachtet hätten, müsse nach dem Inhalt ihrer Revisionsausführungen bejaht werden; hiezu komme, dass aus dem Anbotstext der Beklagten vom 11. November 1970 „nicht zwingend“ abgeleitet werden könne, die schriftliche Annahmeerklärung hätte bereits am 30. November 1970 in Händen der Beklagten gewesen sein müssen. Wie schon das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Lehre zutreffend dargelegt hat, ist die Annahmeerklärung nach der aus § 862a ABGB abgeleiteten und herrschenden Zugangstheorie eine dem Offerenten zugangsbedürftige Willenserklärung. War daher wie im vorliegenden Fall im Anbot selbst eine Annahmefrist und eine bestimmte Form der Annahmeerklärung vorgesehen, konnte diese Annahmeerklärung nur dann rechtswirksam erfolgen, wenn sie in der bedungenen Form und vor Ablauf der gesetzten Annahmefrist dem Offerenten zugegangen war, so dass er sich unter normalen Verhältnissen vom Inhalt der Annahmeerklärung in der vorgesehenen Form Kenntnis verschaffen konnte (siehe dazu auch noch Gschnitzer Lehrbuch, Allgemeiner Teil, S 145). Da dies nicht der Fall war, haben die Vorinstanzen mit Recht das Erlöschen des Anbots vom 10. November 1970 zufolge Ablaufs der Annahmefrist angenommen.

Soweit es in der Revision der Klägerin heisst: „Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichtes ist es aufgrund des von den Beklagten als Ergebnis der Besprechung vom 18. Dezember 1970 neuerlich gestellten Anbotes unter der Bedingung, daß eine der Übertragung der Hauptmietrechte beiderseits befriedigende Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümerin erfolgt, und zwar auf der Grundlage des schriftlichen Kaufvertragsentwurfes vom 16. Dezember 1970 und seiner Änderungen, die darin enthalten waren, ist es nicht müßig, sich mit Erwägungen auseinanderzusetzen, ob und inwieweit nicht die Beklagten durch etwaige schlüssige Handlungen ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, an ihr Offert vom 11. November 1970, Beilage B, weiterhin gebunden zu sein“, muss dies als unverständlich bezeichnet werden. Daran anschließend versucht die Revisionswerberin mit der Behauptung, bei der in das Anbot vom 18. Dezember 1970 aufgenommenen Bedingung habe es sich um eine auflösende und nicht um eine aufschiebende Bedingung gehandelt, nachzuweisen, es sei bereits „der wirksam geschlossene Vertrag ohne zeitliche Befristung wirksam“ gewesen und er „wäre nur bei Nichteintritt der auflösenden Bedingung wieder aufgehoben worden“. Die Klägerin führte dazu aus, nach der Besprechung vom 18. Dezember 1970 sei „auf Grund des von den Beklagten verbindlich gestellten Anbotes mit auflösender Bedingung zwischen den Streitteilen nur mehr die Verfassung der formalen Vertragsurkunde, die in Form von formalen Anbot‑ und Annahmeschreiben mit dem Inhalt eines kompletten Kaufvertragstextes hätte erfolgen sollen, ausständig“ gewesen. Die in der Beilage D nach Punkt VIII., „also außerhalb des unter Anführungszeichen gesetzten materiellen Vertragsinhaltes aufgenommene Formalfrist 31. Dezember 1970“, habe für den Vertragsabschluss keinerlei Bedeutung gehabt und es sei das von den Beklagten am 18. Dezember 1970 gestellte Anbot auch nicht deshalb abgelaufen, „weil bis 31. Dezember 1970 zwischen den Streitteilen kein Formalanbot bzw. Annahme, anstatt einer zweiseitigen Vertragsurkunde, ausgetauscht worden“ sei.

Den Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass – wie die Revisionswerberin übrigens auch schon bei ihren Ausführungen zur Mängelrüge behauptete – „der im Entwurf vom 16. Dezember 1970, Beilage D, in der Klausel nach Punkt VIII. enthaltene Termin 31. Dezember 1970 nur eine Formalfrist für die schriftliche Annahme des Formalanbotes war, welches die schriftliche zweiseitige Vertragsurkunde ersetzen sollte“. Festgestellt wurde hingegen aufgrund des letzten Absatzes des Aktenvermerks über die Besprechung vom 18. Dezember 1970, in welchem als Gegenstand der Besprechung „die Erörterung des vorliegenden Kaufvertragsentwurfes“ angeführt worden war, dass die Erstbeklagte, vertreten durch ihren persönlich haftenden Gesellschafter, den Zweitbeklagten, auf der Grundlage des schriftlichen Anbotentwurfs vom 16. Dezember 1970 und seiner (im Aktenvermerk festgehaltenen) Änderungen „hiemit das inhaltlich entsprechende Anbot“ stellt. Die Klägerin führte übrigens selbst in ihrer Mängelrüge aus, unter der Annahme, dass „durch das Anbot‑ und Annahmeschreiben vom 11. November und 30. November 1970“ noch kein Vertragsabschluss zwischen den Streitteilen erfolgt sei, ergebe sich aus der Urkunde Beilage „E“ (gemeint ist offenbar der unter Beilage F erliegende Aktenvermerk vom 18. Dezember 1970, welcher im Verfahren 37 Cg 160/72 des Handelsgerichts Wien unter der Beilagenbezeichnung E vorgelegt worden war) zweifelsfrei, dass darin von den Beklagten ein „neuerliches materielles Anbot“ gestellt worden sei. An anderer Stelle warf die Klägerin dem Berufungsgericht vor, es hätte bei seinen Überlegungen völlig außer Acht gelassen, „daß die Beklagten am 18. Dezember 1970 zum zweiten Mal ein materielles Anbot gestellt haben“. Es ist unverständlich, wenn die Klägerin im Widerspruch dazu in ihrer Rechtsrüge von einem „Formalanbot“ ausging und auch in weiterer Folge ihrer Mängelrüge ausführte, der Vertragsabschluss hätte „danach vereinbarungsgemäß durch nochmaligen Austausch eines Formaloffertes der Beklagten und einer Formalannahmeerklärung der klagenden Partei an Stelle einer zweiseitigen Vertragsurkunde erfolgen“ sollen. Inwiefern dabei „zwingend“ aus dem Inhalt des Vertragsentwurfs Beilage D in Verbindung mit dem Aktenvermerk Beilage „E“ (richtig offenbar: Beilage F) folgen soll, dass der in Beilage D nach Punkt VIII. „gesetzten Formalfrist 31. Dezember 1970 im Hinblick auf das Datum des zweiten Anbotes der Beklagten vom 18. Dezember 1970 und die dazwischenliegenden Weihnachtsfeiertage keine Bedeutung für den Vertragsabschluss als solchen“ zugekommen wäre, ist unerfindlich. Darüber kann auch die Behauptung nicht hinweghelfen, es hätte „selbstverständlich bei Austausch der vorerwähnten Formalurkunden, worüber zwischen allen Beteiligten nicht der geringste Zweifel bestand, an Stelle des 31. Dezember 1970 eine neue ausreichende Formalfrist gesetzt werden müssen“, weil es an diesbezüglichen Feststellungen fehlt.

Nach den für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Feststellungen hat die Klägerin das Anbot der Beklagten vom 18. Dezember 1970 nicht angenommen und auch die Erklärung der Stadt Wien als Hauseigentümerin nicht zeitgerecht beigebracht. Kam somit ein Kaufvertrag über das unternehmen „A*“ nicht zustande, ist dem auf diesen Vertrag gestützten Schadenersatzanspruch der Boden entzogen.

Die Rechtsausführungen zum Kauf des Warenlagers müssen schon deshalb unbeachtet bleiben, weil sie, wie bereits bei der Erledigung der Mängelrüge hervorgehoben, die bindende Feststellung der Vorinstanzen außer Acht lassen, dass die für den Abschluss eines Kaufvertrags erforderliche Willenseinigung zwischen den Parteien nicht zustandegekommen ist.

Da keiner der geltend gemachten Revisionsgründe vorliegt, musste der Revision der Erfolg versagt bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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