OGH 6Ob630/93

OGH6Ob630/9322.9.1993

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten GerichtshofesDr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Schinko als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****-AG, ***** vertreten durch Dr.Josef Olischar, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Dipl.Ing.Alfred F*****, vertreten durch Dr.Axel Friedberg, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 4,685.165,10 sA und Feststellung (Streitwert S 400.000), Revisionsinteresse S 1,550.317,46, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 17.März 1993, GZ 12 R 216/92-87, womit das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 25. Juli 1992, GZ 32 Cg 147/87-77, zum Teil abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:

 

Spruch:

Der Revision wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Teilurteil teilweise dahin abgeändert, daß es zu lauten hat:

"Das Urteil des Erstgerichtes, das hinsichtlich der Abweisung eines Teilbetrages von S 261.131,64 als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen teilweise dahin abgeändert, daß es einschließlich des in Rechtskraft erwachsenen Teiles als Teilurteil lautet:

1. Das Klagebegehren besteht mit einem Teilbetrag von S 12.820,50 zu Recht und mit einem Teilbetrag von S 261.131,64 nicht zu Recht.

2. Die eingewendete Gegenforderung besteht mit S 12.820,50 zu Recht.

3. Das Klagebegehren auf Zahlung von S 273.952,14 samt 11 % Zinsen seit 21.9.1987 sowie das über die gesetzlichen Zinsen hinausgehende Begehren auf Zahlung weiterer 7 % Zinsen aus allen noch offenen Beträgen werden abgewiesen."

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten bleibt in diesem Umfang der Endentscheidung vorbehalten.

Im übrigen, also hinsichtlich der Abweisung weiterer S 1,550.317,46 s. A., werden die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben. Die Rechtssache wird auch in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt auch in diesem Umfang der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei begehrte vom Beklagten (zuletzt) die Zahlung von S 4,685.165,10 samt 11 % stufenweise berechneten Zinsen und stellte ein Feststellungsbegehren. Sie brachte vor, ihre Rechtsvorgängerin, die R***** Baugesellschaft GmbH, habe als Generalunternehmerin im Auftrag der K***** reg.Gen.m.b.H. das Bauvorhaben "Distributionszentrum H*****" errichtet. Sie habe dem Beklagten die Ziviltechnikerleistungen, insbesondere die Erstellung der kompletten Statik übertragen. Im Herbst 1983 seien an dem von der R***** Bau GesmbH. errichteten Gebäude Kassettendeckenbrüche aufgetreten, deren Ursache, wie sich später herausgestellt habe, Fehler in der statischen Berechnung gewesen seien. Die Überprüfung der Tragfähigkeit diverser Bauteile nach den aufgetretenen Deckeneinbrüchen habe den Bauherrn veranlaßt, weitere Prüfungen der statischen Berechnungen des Beklagten vorzunehmen. Dabei seien weitere schwere Mängel in der Statik entdeckt worden. Die klagende Partei begehre vom Beklagten die hiefür gezahlten Honorare an die beauftragten Ziviltechniker. Der Beklagte habe die ihm vorgeworfenen Fehler bestritten und darüber hinaus behauptet, die Standsicherheit des Gebäudes sei trotz allfälliger statischer Fehler und zugegebener vertragswidriger Abweichungen von der Önorm nicht beeinträchtigt. Die aufgetretenen Gebäudeschäden seien nicht auf die statische Berechnung, sondern auf Ausführungsmängel, die er nicht zu vertreten habe, zurückzuführen. Zur Feststellung des Ausmaßes der Schäden und deren Ursache habe die klagende Partei zu 8 Nc 11/86 des Bezirksgerichtes Donaustadt ein Beweissicherungsverfahren gegen den bauausführenden Subunternehmer durchgeführt, welches die vermuteten Fehler in der Statik des Beklagten und die dadurch entstandenen Schäden erwiesen habe. Hiefür seien Kosten und Gebühren in Höhe von S 477.753,36 aufgelaufen. Die klagende Partei habe zur Sicherung von Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen ihrem Auftraggeber für die Dauer der vereinbarten Garantiefrist (bis 31.5.1985) eine Bankgarantie über S 25,160.000 gelegt. Wegen der entdeckten Schäden und Mängel habe der Auftraggeber die Verlängerung der Bankgarantie begehrt. Hiefür seien bis 30.6.1987 an Garantieprovision netto S 330.626,07 und an Ausstellungsgebühr bis 9.12.1986 S 3.600 aufgelaufen. Aus einem Irrtum habe ein Angestellter der klagenden Partei dem Beklagten zu Unrecht Kopiekosten von S 12.820,50 überwiesen.

Die gesamten bisher erbrachten Schadenersatzleistungen, für welche der Beklagte aus seinem Verschulden zu haften habe, betrügen S 3,506.176,54 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer von S 701.235,31. Unter Hinzurechnung der Beweissicherungskosten begehrte die klagende Partei, den Beklagten zur Zahlung von insgesamt S 4,685.165,10 zu verurteilen. Da die Prüf- und Schadensfeststellungstätigkeit noch nicht abgeschlossen und das Ausmaß der erforderlichen Schadensbehebungsarbeiten noch nicht bekannt sei, begehrte die klagende Partei weiters die Feststellung der Haftung des Beklagten für alle weiteren Schäden aus der unvollständigen und fehlerhaften Statik für das Bauvorhaben Distributionszentrum H***** der K***** reg.Gen.m.b.H.

Der Beklagte bestritt, Fehlleistungen begangen zu haben, die Notwendigkeit und Höhe der aufgewendeten Kosten, daß er für die Kosten des Beweissicherungsverfahrens, welches nicht gegen ihn gerichtet gewesen sei, hafte, die geltend gemachte Umsatzsteuer und die Berechtigung des Feststellungsbegehrens. Das gesamte Klagebegehren sei überdies verjährt. An offenem Honorar für eine andere Tätigkeit zugunsten der klagenden Partei wandte er eine Gegenforderung von S 1,085.384,60 kompensando ein.

Das Erstgericht erkannte - bereinigt um die vom Berufungsgericht berichtigten Schreib- und Rechenfehler - das Klagebegehren mit S 3,946.280,10 (unrichtig 3,949.280,10) und die Gegenforderung mit S 1,085.384,60 (unrichtig 1,185.384,60) als zu Recht bestehend und den Beklagten daher schuldig, der klagenden Partei S 2,860.895,50 (unrichtig 2,863.895,50) samt 4 % Zinsen seit 21.9.1987 zu bezahlen. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer S 1,824.269,60 (unrichtig S 2,001.269,60) samt stufenweisen Zinsen und auf Zahlung weiterer 7 % Zinsen aus dem zugesprochenen Betrag wies es ebenso ab wie das Feststellungsbegehren.

Es traf folgende wesentliche Feststellungen:

Die klagende Partei beauftragte den Beklagten am 30.1.1980 in ihrer Eigenschaft als Generalunternehmer des Bauvorhabens "Distributionszentrum H*****" der K***** reg.Gen.m.b.H. mit Ziviltechnikerleistungen, die insbesondere die Erstellung der kompletten Statik, das Erstellen von Polierplänen für Fertigteile und Detailplanung und -zeichnungen umfaßten. Der Beklagte übernahm hiefür gegenüber dem Auftraggeber die volle Haftung und erklärte, diesen gegenüber allfälligen Ansprüchen Dritter schad- und klaglos zu halten.

Einige Zeit nach Inbetriebnahme des Baues traten im Herbst 1983 Kassettendeckeneinbrüche auf, deren Ursache Mängel in der statischen Berechnung waren. Die Schäden wurden nach Nachberechnungen durch ein Zivilingenieurbüro behoben. Die Haftpflichtversicherung des Beklagten ersetzte hiefür rund S 3,9 Mio. In der Zwischenzeit traten eine ganze Reihe weiterer Schäden auf. Die klagende Partei brachte deshalb beim Bezirksgericht Donaustadt zu 8 Nc 11/86 im Juni 1986 einen Antrag auf Beweissicherung gegen ihren Subunternehmer, die Firma B***** GesmbH ein. Das Beweissicherungsverfahren, an welchem der Beklagte nicht beteiligt war und in welchem Kosten von insgesamt S 477.753,36 erwuchsen, ergab auch Mängel in der Statik. Der Bauherr hatte wegen der gravierenden Mängel und der Notwendigkeit der Erstellung von Sanierungsplänen einen weiteren Zivilingenieur mit der Prüfung der statischen Berechnungen beauftragt. Es wurde eine ganze Reihe von Mängeln in den statischen Berechnungen des Beklagten und in dessen Plänen aufgedeckt. Diese waren zum Teil falsch, fehlten überhaupt oder entsprachen nicht den Bestimmungen der Önorm. Diese Mängel erforderten kostenaufwendige umfangreiche ergänzende Berechnungen, Planungen und Untersuchungen der Betongüte. Die hiefür angemessenen Honorare von insgesamt S 2,598.242 ohne Umsatzsteuer sind dem Beklagten im Sinne einer technischen Verursachung mit einem Betrag von S 2,410.266 zuzurechnen. Der Restbetrag entfällt auf den Aufwand, der auf die zusätzlich zu den vom Beklagten zu vertretenden Mängeln aufgetretenen Mängel in der Bauführung zurückzuführen und daher von der klagenden Partei zu vertreten ist. Es kann nicht festgestellt werden, daß noch weitere, nicht bekannte Mängel aufgrund der Tätigkeit des Beklagten an dem Bauwerk auftreten können. Die Mängel konnten erst im Juni 1986 anläßlich des vierten Prüfberichtes des vom Bauherrn beauftragten Ziviltechnikers festgestellt werden.

Aufgrund der aufgetretenen Schäden und Mängel forderte der Bauherr eine Verlängerung der für Schadenersatz- und Gewährleistungsansprüche erstellten Bankgarantie, welche von der klagenden Partei jedenfalls bis 30.6.1987 veranlaßt wurde. An Garantieprovision und Spesen wurden der klagenden Partei S 333.726 in Rechnung gestellt.

Die klagende Partei hat dem Beklagten irrtümlich für verrechnete, aber von ihr bestrittene Kopiespesen S 12.820,50 überwiesen.

Es kann nicht festgestellt werden, daß die klagende Partei in Höhe des eingeklagten Betrages mit Bankkredit arbeitet, der mit 11 % p.a. zu verzinsen ist.

Dem Beklagten steht für Arbeiten an einem Bauvorhaben der klagenden Partei in Ungarn eine offene Honorarforderung in Höhe von S 1,085.384,60 zu. Einen Verzicht auf den Einwand der Verjährung hat er nicht abgegeben.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, die Schadenersatzforderungen

der klagenden Partei durch Heranziehung weiterer Ziviltechniker zur

Überprüfung der Statik und Ausarbeitung von Sanierungsplänen seien,

soweit sie dem Beklagten und nicht den bauausführenden Firmen

zuzurechnen seien, mit S 2,410.266

und für Betonprüfungsarbeiten mit S 589.512

zuzüglich 20 % Umsatzsteuer S 599.955,60

sohin mit S 3,599.733,60

zuzüglich Bankgarantiespesen von S 333.726,00

und irrtümlich bezahlter Kopiespesen von

S 12.820,50

berechtigt. Er ergebe sich somit eine

berechtigte Klagsforderung von insgesamt

S 3,946.280,10.

Für die Kosten des Beweissicherungsverfahrens habe der Beklagte nicht einzustehen, weil er an diesem nicht beteiligt und sein Verhalten für dessen Einleitung nicht kausal gewesen sei. Es habe sich erst im Zuge des Verfahrens herausgestellt, daß allenfalls auch statische Mängel gegeben sein könnten.

Das das gesetzliche Ausmaß übersteigende Zinsenbegehren sei mangels eines erbrachten Nachweises durch die klagende Partei nicht berechtigt; von den Kopie- und Bankgarantiespesen könne keine Umsatzsteuer begehrt werden.

Die Forderungen seien nicht verjährt, weil die Mängel in der Statik erst anläßlich des vierten Prüfberichtes im Juli 1986 offenbar geworden seien und die Klage am 14.9.1987 eingelangt sei.

Dem Feststellungsbegehren fehle es an einem rechtlichen Interesse, weil weitere Schäden durch die mangelhaften statischen Berechnungen des Beklagten nicht zu erwarten seien.

Die klagende Partei bekämpfte das Ersturteil, soweit die begehrten Kosten des Beweissicherungsverfahrens von S 477.753,36, das Feststellungsbegehren und das Zinsenmehrbegehren von weiteren 7 % abgewiesen wurden, während der Beklagte den gesamten klagsstattgebenden Teil anfocht.

Das Berufungsgericht gab beiden Berufungen teilweise Folge und fällte nachstehende Entscheidung:

"Das angefochtene Urteil, welches in seinen abweisenden Teilen mit Ausnahme der Abweisung von S 477.753,36 samt 11 % Zinsen seit 21.12.1987 und 7 % Zinsen aus S 2,863.895,50 seit 21.12.1967 und des Feststellungsbegehrens als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen dahin abgeändert, daß es (einschließlich der unangefochten gebliebenen Teile) als Teilurteil wie folgt zu lauten hat:

1. Das Klagebegehren besteht mit S 12.820,50 zu Recht.

2. Die Gegenforderung besteht mit demselben Betrag zu Recht.

3. Das Klagebegehren auf Zahlung von S 1,824.269,60 samt 11 % Zinsen seit dem Tag der Einbringung der Klage, aus S 337.813,57 vom 10.12.1985 bis 23.4.1987 und aus S 3,096.313,84 vom 24.4.1987 bis zum Tag der Einbringung der Klage sowie das Begehren auf Zahlung von weiteren 7 % Zinsen aus S 2,860.895,50 seit 22.9.1987 werden abgewiesen.

Die Entscheidung über die darauf entfallenden Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Im übrigen, also im Zuspruch von S 2,860.895,50 samt 4 % Zinsen seit 21.9.1987, in der Entscheidung über das Feststellungsbegehren lit a bis f sowie im Ausspruch über die Gegenforderung im Ausmaß von S 1,072.564,10 und im Kostenpunkt wird das angefochtene Urteil aufgehoben.

Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die hierauf entfallenden Kosten des Berufungsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz".

Das Berufungsgericht führte zur Berufung der klagenden Partei aus, das Erstgericht habe das Feststellungsbegehren zu Unrecht abgewiesen. Es sei zwar festgestellt, daß keine weiteren Mängel am Bauwerk aufgrund der Tätigkeit des Beklagten auftreten könnten, aber auch, daß die Sanierung verschiedener durch die fehlerhafte Statik des Beklagten am Bauwerk verursachter Mängel noch ausstehe. Damit stünden aber die Sanierungskosten offenbar noch nicht fest, so daß eine Leistungsklage noch nicht möglich erscheine und schon zur Vermeidung der Rechtsfolgen der Verjährung das Feststellungsbegehren gerechtfertigt sei. Die Entscheidung darüber sei allerdings noch nicht spruchreif, weil die Frage der Verjährung noch nicht ausreichend geklärt sei. Die Abweisung des Zinsenmehrbegehrens von 7 % sei zu Recht erfolgt; dem Erstgericht sei insoweit kein Verfahrensverstoß durch Verletzung seiner Anleitungs- und Aufklärungspflicht zur Last zu legen. Die Abweisung der Kosten des Beweissicherungsverfahrens sei zu Recht erfolgt. Eine Haftung des Beklagten für diese Kosten könnte nur dann bejaht werden, wenn er die klagende Partei, um Schadenersatzansprüche gegen sich abzuwenden, über die Verursachung der am Bauwerk aufgetretenen Mängel geradezu in Irrtum geführt hätte. Zu den dazu aufgestellten Behauptungen der klagenden Partei habe das Erstgericht jedoch keine Feststellungen getroffen.

Die Berufung des Beklagten sei, sowohl was den Einwand der Verjährung als auch den Zuspruch von 20 % Umsatzsteuer zu den dem Beklagten zurechenbaren Ziviltechnikerhonoraren betreffe, im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt, weil die bisherigen Feststellungen einerseits ohne Begründung vom Sachverständigengutachten abwichen und andererseits nicht ausreichten, verläßlich den Beginn des Laufes der Verjährung hinsichtlich der einzelnen Teilforderungen zu beurteilen und nicht geklärt sei, ob und in welcher Höhe die klagende Partei dem Bauherrn Ziviltechnikerhonorare mit oder ohne Umsatzsteuer ersetzt oder die Arbeiten selbst in Auftrag gegeben habe.

Der unbekämpfte Rückforderungsanspruch von S 12.820,50 unterliege nicht der dreijährigen Verjährung der übrigen Schadenersatzansprüche. Die Rechtssache sei daher lediglich insoweit spruchreif, als das Erstgericht diese Kosten zugesprochen und die Kosten des Beweissicherungsverfahrens sowie das das gesetzliche Ausmaß übersteigende Zinsenbegehren abgewiesen habe. Im übrigen sei mit einer Aufhebung und Rückverweisung vorzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichtes zulässig, weil dieses den bei (hier teilweiser) Aufhebung eines dreigliedrigen Urteiles eingeschränkten Grundsatz der Teilrechtskraft nicht beachtet hat.

Wird ein dreigliedriges Urteil vom Berufungsgericht aufgehoben und zur Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die erste Instanz zurückverwiesen, so wird von diesem Aufhebungsbeschluß nicht nur die Frage des Zurechtbestehens der Klagsforderung, sondern auch die Frage

betroffen, ob und inwieweit die Gegenforderung zur Tilgung des als zu Recht bestehend erkannten Teiles der Hauptforderung heranzuziehen ist und damit bis zur Höhe dieses Teiles der Hauptforderung verbraucht wird. Damit wird aber auch die aus den vorstehenden Prämissen gezogene Schlußfolgerung als Differenz zwischen festgestellter Forderung und Gegenforderung nicht rechtskräftig (SZ 53/66 mwN). Der Grundsatz der Wahrung der Teilrechtskraft kommt dann nicht zur Geltung, wenn der unangefochten gebliebene Teil nur scheinbar formell, inhaltlich aber gar nicht selbständig in Rechtskraft erwachsen könnte, sondern in einem untrennbaren Zusammenhang mit der noch überprüfbaren Entscheidung steht. Davon kann nur dann nicht gesprochen werden, wenn wenigstens eine quantitative Scheidung des unangefochten gebliebenen und des angefochtenen Teiles der Entscheidung möglich ist (vgl 6 Ob 632/79).

Der vom Erstgericht abgewiesene Teilbetrag von (rechnerisch richtig) S 1,824.269,60 setzt sich zusammen aus

1. dem unabhängig von der unbestrittenen

Gegenforderung nicht als berechtigt errechneten

Teil der Klagsforderung,

nämlich

a) den vorgenommenen Abzügen von

den geltend gemachten Ziviltechniker-

honoraren wegen des auf Mängel der

bauausführenden Firmen entfallenden

Aufwandanteiles und Abweisung der auch

für die Kosten der Bankgarantie und die

Kopiespesen begehrten 20 %igen Umsatz-

steuer; dies ergibt den Betrag von S 261.131,64

b) den nicht als schadenskausal

beurteilten Kosten des Beweissiche-

rungsverfahrens von S 477.753,60

2. Der vorgenommenen Kompensation

mit der eingewendeten Gegenforderung

von S 1,085.384,60.

Die klagende Partei hat in ihrer Berufung die Abweisung des unter Punkt 1a genannten Betrages unbekämpft gelassen und - neben der Abweisung des Feststellungsbegehrens und des Zinsenmehrbegehrens - nur die abgewiesenen Kosten des Beweissicherungsverfahrens bekämpft. Einer gesonderten Anfechtung jenes Teiles der Abweisung, die lediglich eine Folge des Zurechtbestehens der eingewendeten Gegenforderung war, bedurfte es nicht, weil dieser Teil nach den oben dargelegten Grundsätzen dadurch nicht in Rechtskraft erwachsen konnte. Anders verhält es sich hinsichtlich des unangefochten gebliebenen Betrages von S 261.131,64. In diesem Umfang erfolgte die Abweisung wegen Nichtbestehens der Klagsforderung und in diesem Umfang wurde die Entscheidung des Erstgerichtes nicht bekämpft.

Soweit im Teilurteil des Berufungsgerichtes die Abweisung des Klagebegehrens erkennbar nur auf die unbestritten zu Recht bestehende eingewendete Gegenforderung gestützt wird, hat das Berufungsgericht übersehen, daß nur dann, wenn die Klagsforderung als zu Recht bestehend erkannt wurde, die eingewendete Gegenforderung überhaupt zum Gegenstand der Entscheidung gemacht werden kann.

Der Revisionswerberin ist zuzustimmen, daß die Verfahrensergebnisse zur Beurteilung der Berechtigung der begehrten Kosten des Beweissicherungsverfahrens noch nicht ausreichen. Die klagende Partei macht diese Kosten aus dem Titel des Schadenersatzes geltend, weil der Beklagte sie durch sein Verhalten - Bestreiten statischer Fehler und Behauptung, die aufgetretenen Schäden seien nicht auf die statischen Berechnungen, sondern auf Bauausführungsmängel zurückzuführen - veranlaßt und verschuldet habe. Hiefür ist entgegen der Ansicht des Beklagten der ordentliche Rechtsweg zulässig. Zur Beurteilung der Kausalität des Verhaltens des Beklagten und dessen Verschuldens - hiezu genügt entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes leichte Fahrlässigkeit und ist keineswegs eine bewußte Irreführung der klagenden Partei durch den Beklagten erforderlich - fehlt es aber an ausreichenden Feststellungen. War der klagenden Partei zum Zeitpunkt des Antrages auf Beweissicherung (18.6.1986) gegen ihren Subunternehmer schon bekannt, daß das Bauwerk, abgesehen von den Kassettendeckeneinbrüchen, noch weitere statische Fehler aufwies, weil etwa solche bereits durch die beauftragten Prüfer ermittelt worden waren und diente die Beweissicherung nur dazu, die Ansprüche der klagenden Partei gegen ihren Subunternehmer zu konkretisieren, käme eine Haftung des Beklagten wegen fehlender Kausalität nicht in Betracht. Wurden jedoch die (weiteren) statischen Mängel erst durch das Beweissicherungsverfahren offenbar und wurde dieses angestrengt, weil der Beklagte Fehler in der Statik in Abrede gestellt und auf Fehler der bauausführenden Firmen verwiesen hatte (im Akt erliegt ein vom Beklagten eingeholtes Privatgutachten vom Mai 1986), müßten die Kausalität, zumindest die Mitverursachung durch das Verhalten des Beklagten und dessen Verschulden bejaht werden. Die Höhe der allenfalls zu ersetzenden Kosten müßte, da ja auch die bauausführende Firma Mängel zu vertreten hat, nach der Bestimmung des § 1302 ABGB ausgemessen werden.

Die klagende Partei hat bereits in ihrer Berufung geltend gemacht, das Erstgericht habe in Verletzung seiner Anleitungs- und Aufklärungspflicht im Sinne des § 182 ZPO das Zinsenmehrbegehren von 7 % zu Unrecht abgewiesen. Das Berufungsgericht hat diesen behaupteten Verfahrensmangel verneint. Er kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden. Es hat daher bei der Abweisung des Zinsenmehrbegehrens zu verbleiben.

In teilweiser Stattgebung der Revision war daher das Teilurteil des Berufungsgerichtes wie aus dem Spruch ersichtlich abzuändern, teilweise aber aufzuheben.

Der ausgesprochene Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und Abs 2 ZPO.

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