Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 15.874,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.443,15 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger betreibt ein Erdbewegungsunternehmen. Die beklagte Partei zog ihn zur Errichtung einer Lifttrasse und Schipiste bei. In der Werkvertragsurkunde vom 27.Juni 1984 sind folgende Regelungen enthalten:
Der Kläger "übernimmt die kompletten Erdarbeiten bzw. Erdarbeiten incl. sämtlicher Sprengarbeiten für oben genannten Lift und zwar Lifttrasse, die komplette Schipiste nach Angabe der Bauleitung...."
"Betreffend der Humusschichte wird einvernehmlich vereinbart, daß diese vorher abgenommen wird und dann wieder auf das angeschobene Gelände aufgebracht wird. Die gesamte Planie muß so hergestellt sein, daß selbst bei geringstem Schneefall, 10 cm, ein Schifahren möglich ist."
"Es wird eine Pauschalvereinbarung getroffen,..."
Der Kläger verpflichtet sich, "...für eine Fertigstellung ab Arbeitsbeginn auf jeden Fall für die Lifttrasse von 1 Monat und für die komplette Fertigstellung von 2 Monaten zu sorgen. Vorausgeplanter Arbeitsbeginn Mitte bis Ende Juli 1984. Der Baubeginn muß seitens des Auftraggebers 1 Woche vorher angemeldet werden."
Auf diese Regelung bezieht sich ein handschriftlicher Zusatz am
Ende der ersten Seite:
"Fertigstellungstermin ist auf alle Fälle, unabhängig vom
Arbeitsbeginn, der 13.Oktober 1984."
Im maschinschriftlichen Text heißt es weiter:
"Bei Nichteinhaltung vor genannter Termine verpflichtet sich der Auftragnehmer, sollten Mehrkosten entstehen, diese zu übernehmen."
"Die Pauschalsumme für vor angeführte Arbeiten beträgt S 900.000.- + MWSt.
Zahlungsbedingungen
S 300.000 nach Leistung der Hälfte Arbeit
S 300.000 nach Fertigstellung
Restzahlung incl. MWSt nach Abnahme durch die Bauleitung."
Unbewiesen blieb die Prozeßbehauptung der beklagten Partei, der dem Kläger erteilte Werkauftrag hätte auch die Sanierung der Ränder von Lifttrasse und Piste umfaßt.
Der Kläger übertrug die Ausführung seiner Werkleistungen an einen Subunternehmer. Dieser begann mit den Arbeiten am 13.August 1984. Bei den Arbeiten zur Lifttrasse stellte sich ein Vermessungsfehler der von der beklagten Partei mit der Bauleitung beauftragten Gesellschaft heraus. Dies machte zusätzliche Arbeiten zur Anpassung des Geländes erforderlich. Der zusätzliche Arbeitsaufwand wurde in vier Arbeitstagen bewältigt und von der Subunternehmerin aufgrund eines eigenen unmittelbaren Auftrages der beklagten Partei erledigt. Infolge dieses Zwischenfalles wurde die Lifttrasse erst am 19.September 1984 fertiggestellt. Am 13.Oktober 1984 waren die gesamten Arbeiten fertiggestellt.
Das Erstgericht erklärte die Prozeßbehauptung der beklagten Partei als nicht erwiesen, sie hätte infolge einer verspäteten Fertigstellung des vom Kläger übernommenen Werkes einen Betontransport durch Hubschrauber vornehmen lassen und dafür 150.000 S bezahlen müssen.
Am 15.Oktober 1984 nahmen der Kläger, der geschäftsführende Gesellschafter der beklagten Partei, ein Angestellter der Subunternehmerin und zwei Herren der mit der Bauleitung betrauten Gesellschaft eine gemeinsame Begehung der Lifttrasse und der Schipiste vor. Das begangene Gelände war damals schneefrei. Weder der geschäftsführende Gesellschafter der beklagten Partei noch die Herren der Bauleitung äußerten Bemängelungen. Sie unterließen insbesondere jede Rüge über den Zustand der Ränder von Lifttrasse und Piste.
Nach der Begehung vom 15.Oktober 1984 wurden über Anweisung der Bauleitung noch Arbeiten zur sogenannten Hinterfüllung der Stützfundamente durchgeführt.
Der Subunternehmer hatte mit seinen Arbeitsgeräten einen Weg benützt. Dieser wurde dabei durch ein Baufahrzeug in einer schmalen Kurve niedergedrückt. Überdies wurde ein vermorschter Zaun beschädigt. Nach der Beendigung der Arbeiten hat der Subunternehmer das weggedrückte Erdmaterial mit dem Bagger wieder auf die Böschung geschoben. Zur Wiederherstellung des beschädigten Zaunes unternahm er nichts.
Die beklagte Partei hatte noch während der Arbeiten Ende September 1984 eine Teilzahlung von 300.000 S geleistet. Auf den restlichen Rechnungsbetrag von 780.000 S zahlte die beklagte Partei zunächst nichts. Letztlich erzielten die Streitteile Einigung über einen Zahlungsvorgang, nach dem die beklagte Partei der Klägerin einen Wechsel über den Betrag von 500.000 S übergeben und den restlichen Werklohn in drei Raten abstatten sollte. Am 12.März 1985 zahlte die beklagte Partei einen weiteren Betrag von 280.000 S. Im Schreiben vom 13.März 1985 erklärte die beklagte Partei, eine Vereinbarung des Inhaltes festzuhalten, nach der jeweils durch Wechsel über die aushaftenden Beträge gesichert, 500.000 S bis 18. Juni 1985, davon 450.000 S weiter bis 18.September 1985, davon wieder ein Teilbetrag von 400.000 S noch bis 18.Dezember 1985 und davon der Betrag von 350.000 S bis 18.März 1986 gestundet sein sollten. Der Kläger erklärte sich in einem anwaltlich verfaßten Schreiben vom 21.März 1985 mit diesem Vorschlag der beklagten Partei nicht einverstanden. Er wollte sich lediglich zu einer Stundung des gesamten aushaftenden Rechnungsbetrages von 500.000 S auf drei Monate unter der Voraussetzung einer näher umschriebenen wechselmäßigen Besicherung verstehen. (Die beklagte Partei lehnte in ihrem anwaltlich verfaßten Schreiben vom 10.April 1985 den Vorschlag des Klägers mit dem Hinweis ab, daß die Arbeiten noch nicht fertiggestellt und noch nicht abgenommen worden seien.)
Der Kläger holte im Sommer 1985 das Gutachten eines Sachverständigen über den Zustand der Piste ein. Nach diesem Gutachten sei die Humusierung der Piste als gelungen anzusehen gewesen. Die bei der Begehung vom 10.Juli 1985 auf der Pistenoberfläche verstreut vorgefundenen kleineren Steine und Baumwurzeln erklärte der Sachverständige als normale Ablagerungen, die besonders infolge der Schneeschmelze in den ersten drei bis vier Jahren an die Oberfläche kämen. Nach der Beurteilung des Sachverständigen sei die Piste bei einer 10 cm starken Schneedecke unbehindert befahrbar.
Die im Sachverständigengutachten erwähnten Ablagerungen an kleineren Steinen und Baumwurzeln ließ die von der beklagten Partei seinerzeit mit der Bauleitung betraute Unternehmung im Herbst 1985 einsammeln.
Ein Anrainer des vom Subunternehmer des Klägers benützten Weges stellte dem geschäftsführenden Gesellschafter der beklagten Partei eine mit 22.12.1984 datierte Rechnung über einen Betrag von 6.472 S aus. Nach den einzelnen Rechnungsposten stellte der Rechnungsleger 9 Traktorstunden, 17 Arbeitsstunden, 2 Kompressorstunden, 24 Bretter, 32 "Stecken" und 4 kg Dauerwiesensamen in Rechnung. Als nicht bewiesen erklärte das Erstgericht die Prozeßbehauptungen der beklagten Partei, an einen namentlich genannten Landwirt (Josef N***) für dessen Behebung von Wegschäden einen Betrag von 6.472 S bezahlt zu haben, für selbst durchgeführte Aufräumungsarbeiten, deren Ausführung Vertragspflicht des Klägers gewesen wäre, 159.810 S aufgewendet zu haben und für derartige Arbeiten im Bereich der talseitigen Böschung der Lifttrasse noch weitere 150.000 S aufwenden zu müssen.
Der Kläger hat mit seiner am 19.Juli 1985 angebrachten Klage das nach seinem Standpunkt seit 13.Oktober 1984 fällige restliche Entgelt von 500.000 S samt 11 % Zinsen (später ausgedehnt auf 13 %) begehrt. Er bestritt jeden von ihm zu vertretenden Verzug und damit dem Grunde nach jede Haftung für Verzugsfolgen. Er bestritt die von der beklagten Partei behaupteten Ausführungsmängel und wies auf das Unterbleiben jeder Bemängelung anläßlich der Begehung sowie die Stundungswünsche der beklagten Partei hin.
Die beklagte Partei behauptete Unvollständigkeit des Werkes, weil an den Rändern der ausgeschobenen Trasse noch Aufräumungsarbeiten vorzunehmen seien, die Piste nicht vereinbarungsgemäß eingeebnet worden sei und Schäden an dem die Trasse querenden Weg zu beheben seien. Die beklagte Partei bestritt eine formelle Abnahme des vom Kläger geschuldeten Werkes. Abgesehen von dem darauf gestützten Einwand der mangelnden Fälligkeit des restlichen Werklohnes machte die beklagte Partei aufrechnungsweise folgende Gegenforderungen geltend: Als Verspätungsschaden 150.000 S für den Hubschraubertransport; als Aufwand zur Vervollständigung der vom Kläger geschuldeten Leistungen 159.810 S und als Ersatz für den noch zu erbringenden Aufwand zur Vervollständigung des vom Kläger übernommenen Werkes 150.000 S; als Rückgriff in Ansehung des einem Landwirt erbrachten Aufwandersatzes zur Wiederherstellung des beschädigten Weges den Betrag von 6.472 S.
Das Erstgericht erkannte in einem dreigliedrigen Urteilsspruch, daß die Klagsforderung von 500.000 S samt Zinsen zum (ursprünglich geltend gemachten) Zinsfuß von 11 % (die diesbezügliche Klagsausdehnung blieb unangefochten unberücksichtigt) zu Recht und die eingewendeten Gegenforderungen nicht zu Recht bestehen und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung des Klagsbetrages samt Nebenforderungen.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil.
In rechtlicher Beurteilung hatte das Erstgericht ausgeführt:
Die beklagte Partei schulde den eingeklagten restlichen Werklohn für die vereinbarungsgemäß, termingerecht und frei von nicht offenkundigen Mängeln erbrachten, ungerügt übernommenen Leistungen. Keine der geltend gemachten Gegenforderungen sei berechtigt. Das Berufungsgericht erachtete die Beweis- und Tatsachenrüge zur Klagsforderung als unberechtigt, zu den einzelnen Gegenforderungen aber mangels gesetzmäßiger Ausführungen als unbeachtlich. Es legte daher seiner Würdigung die erstrichterlichen Feststellungen zugrunde. Das Berufungsgericht wertete die Ausführungen zur Rechtsrüge nicht als prozeßordnungsgemäße Geltendmachung des Anfechtungsgrundes der unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache, weil die Rechtsmittelwerberin nicht vom festgestellten, sondern von dem nach ihrer Ansicht festzustellen gewesenen Sachverhalt ausgegangen sei. Es führte aber aus, daß der erstrichterlichen Beurteilung der zur Klagsforderung getroffenen Feststellungen beizutreten wäre und in Ansehung der eingewendeten Gegenforderungen die anspruchsbegründenden Umstände nicht erwiesen worden seien. Die beklagte Partei ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs.1 Z 2 und 4 ZPO mit einem in erster Linie gestellten Aufhebungsantrag und einem hilfsweise gestellten, auf Klagsabweisung zielenden Abänderungsantrag an.
Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht
vor (§ 510 Abs.3 ZPO).
Die Rechtsrüge ist nicht stichhältig.
Nach den zugrundezulegenden Feststellungen hat in einem Zeitpunkt, in dem der Kläger die Fertigstellung des übernommenen Werkes behauptete, eine gemeinsame Begehung des Geländes stattgefunden, auf dem die vertraglich vereinbarten Leistungen zu erbringen gewesen waren. Diese Begehung diente offenkundig der vertraglich vorgesehenen "Abnahme durch die Bauleitung". Eine vertraglich bedungene Abnahme des Werkes hat den Zweck, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Übernahme abzuklären. Unterläßt dabei der Werkbesteller oder dessen Beauftragter die Rüge von Mängeln, die in die Augen fallen, liegt darin - unabhängig von der in der Lehre zum Teil (Reischauer in Rummel ABGB § 928 Rz 2; Madl, RdW 1985, 362 ff) bestrittenen, in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (JBl. 1966, 315) grundsätzlich anerkannten sinngemäßen Anwendbarkeit der Regel des § 928 ABGB auf Werkverträge - ein schlüssiger Verzicht auf die Geltendmachung solcher Mängel. Bei den von der beklagten Partei eingewendeten Mängeln handelt es sich um solche, die in die Augen fallen. Ob die Aufräumarbeiten an den Rändern der zu bearbeiten gewesenen Lifttrasse und Schipiste als eine nicht ausdrücklich besprochene Nebenleistung zum Inhalt der vom Kläger vertraglich übernommenen Leistungen zählten, kann mangels Bemängelung des Unterbleibens solcher Arbeiten anläßlich der gemeinsamen Begehung zur Abnahme des Werkes unerörtert bleiben; nach einer Abnahme des Werkes ohne Bemängelung, kann die beklagte Partei aus dem Unterbleiben der Aufräumarbeiten an den Rändern von Lifttrasse und Schipiste keinesfalls mehr Rechte gegenüber dem Kläger ableiten. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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