Spruch:
Beiden Revisionsrekursen wird nicht Folge gegeben.
Die gefährdete Partei ist schuldig, dem Gegner der gefährdeten Partei die mit S 3.264 (darin S 544 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die gefährdete Partei hat die Kosten ihres Revisionsrekurses vorläufig, der Gegner der gefährdeten Partei jene seines Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die in aufrechter Ehe lebenden Steitteile haben am 14.10.1987 einen Vergleich geschlossen, in welchem sie ua vereinbarten, gesonderte Haushalte zu führen. Punkt 3. dieses Vergleiches lautet: "Der Antragsgegner (Beklagter im vorliegenden Verfahren) verpflichtet sich, ab 1.11.1987 während aufrechter Ehe 40 % des jeweiligen Nettoeinkommens am Monatsersten im voraus bei fünftägigem Respiro an die Antragstellerin (Klägerin im vorliegenden Verfahren) auf das von ihr angegebene Konto zu bezahlen. Es handelt sich derzeit um monatlich S 6.000. Dieser Berechnung liegt ein Durchschnittseinkommen auf Seiten des Antragsgegners von monatlich S 20.000, auf Seiten der Antragstellerin von S 3.930,36 zugrunde, wo bereits bei beiden Teilen die Sonderzahlungen berücksichtigt sind."
Aufgrund dieser Unterhaltsvereinbarung führte die Klägerin zu 13 E 5537/90 des Bezirksgerichtes Linz gegen den Beklagten zur Hereinbringung der ab Jänner 1989 fälligen Unterhaltsbeträge ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von 40 % des monatlichen Nettoeinkommens des Beklagten, das sich aus einer Pension des Beklagten als ehemaliger Beamter des Magistrates der Stadt Linz sowie einer Unfallrente zusammensetzte, Exekution. Gegen die Exekutionsführung erhob der Beklagte Einwendungen ua dahin, daß der Wortlaut des Exekutionstitels dem Parteiwillen nicht entspreche. Im Prozeß wurde festgestellt, daß Absicht der Parteien im Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses war, der Klägerin einen Unterhaltsanspruch von 40 % des jeweiligen gemeinsamen Familiennettoeinkommens abzüglich des Eigeneinkommens zu verschaffen, wobei die monatliche Unfallrente, die der Beklagte aufgrund eines Arbeitsunfalles bezieht, nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen werden sollte. Der Oberste Gerichtshof sprach in seinem Teilurteil vom 27.5.1992, 3 Ob 53, 54/92, aus, daß die mit Beschluß des Bezirksgerichtes Linz vom 6.8.1990 1 F 10/87 = 13 E 5537/90 bewilligte Exekution unzulässig sei, soweit sie zur Hereinbringung der ab März 1991 fällig werdenden Unterhaltsbeträge geführt wurde. Für den davor liegenden Zeitraum wurde die Entscheidung des Berufungsgerichtes mangels Spruchreife aufgehoben.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin, den Beklagten ab 1.11.1992 zu einem monatlichen Unterhalt von S 8.000, dies entspreche 40 % des Familieneinkommens (Pension zuzüglich Unfallrente des Mannes und Pension der Frau) abzüglich ihres Eigeneinkommens, zu verpflichten und, da der Beklagte seit November 1992 die Unterhaltszahlungen gänzlich eingestellt habe, diesem mit einstweiliger Verfügung einen monatlich zu leistenden vorläufigen Unterhaltsbetrag in gleicher Höhe aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage sowie des Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung. Es fehle der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis. Der Vergleich vom 14.10.1987 stelle einen Exekutionstitel dar, für den das in § 10 a EO vorgesehene Verfahren zur Verfügung stehe. Eine Unterhaltsverletzung liege nicht vor, weil die Klägerin zu Unrecht mindestens S 100.000 mehr an Unterhalt in Exekution gezogen habe, als ihr zugestanden wäre, sodaß der Unterhalt von November 1992 bis März 1993 gedeckt sei. Nunmehr leiste er S
6.500 monatlich.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung mit der Begründung, der Beklagte habe im Zeitraum November 1992 bis März 1993 keinerlei Unterhalt geleistet und damit seine Unterhaltspflicht verletzt. Eine Aufrechnung des laufenden Unterhaltes mit allenfalls in der Vergangenheit zu viel geleisteten Beträgen sei nicht möglich.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Beklagten und Gegners der gefährdeten Partei teilweise Folge, verpflichtete diesen ab 1.3.1993 zur Zahlung monatlicher Unterhaltsbeträge von S 6.600 und wies das Antragsmehrbegehren auf Zahlung weiterer S 1.400 monatlich ab.
Durch das Teilurteil des Obersten Gerichtshofes 3 Ob 53, 54/92, sei zwar weder der Anspruch vernichtet, noch die Vollstreckbarkeit des Vergleiches als Exekutionstitel aufgehoben worden; dieser bilde aber keinen tauglichen Titel. Ausgehend vom auch in diesem Verfahren festgestellten Parteiwillen, welchem der Wortlaut des Vergleiches nicht entspreche, sei das Verfahren nach § 10 a EO nicht anwendbar. Die Klägerin könne nicht darauf verwiesen werden, sich dieses Exkekutionstitels zu bedienen; sie würde sich damit unweigerlich einer neuerlichen Exekutionsklage des Beklagten aussetzen. Eine Exekutionsführung auf einen Betrag, der 40 % des jeweiligen gemeinsamen Familieneinkommens ohne Berücksichtigung der Unfallrente des Beklagten abzüglich des Eigeneinkommens der Klägerin entspreche, sei aufgrund des Vergleiches nicht möglich. Da der Beklagte seiner Unterhaltsverpflichtung von November 1992 bis März 1993 nicht nachgekommen sei, liege auch eine Unterhaltsverletzung vor. Allenfalls durch überhöhte Exekution in der Vergangenheit zu viel hereingebrachte Unterhaltsbeträge könnten nicht mit dem laufenden und für die Zukunft begehrten gesetzlichen Unterhaltsanspruch der Klägerin kompensiert werden. Unter Berücksichtigung der in den Unterhaltsvergleich aufgenommenen Bemessungskriterien könne nicht zweifelhaft sein, daß die Streitteile weitere Unterhaltsfestsetzungen an die dort festgelegten Bemessungsparameter binden wollten. Die im Vergleich festgelegte Relation entsprechend der wahren Parteiabsicht und sei daher auch weiteren Unterhaltsfestsetzungen zugrundezulegen. Damit ergebe sich ein monatlicher Unterhaltsanspruch der Klägerin von gerundet S 6.600.
Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil der Frage, ob die Klägerin ein Rechtsschutzinteresse an der Erlassung einer einstweiligen Verfügung trotz Vorliegens eines Vergleiches habe, erhebliche Bedeutung zukomme.
Rechtliche Beurteilung
Beide Revisionsrekurse sind nicht berechtigt.
Während der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei in seinem Revisionsrekurs ausführt, der Antrag auf einstweilige Verfügung sei zur Gänze abzuweisen, weil der klagenden und gefährdeten Partei wegen des Vorliegens eines tauglichen Exekutionstitels das Rechtsschutzinteresse fehle und er überdies zu Recht eine Kompensation mit den zu viel bezahlten rückständigen Unterhaltsbeträgen vorgenommen habe, wendet sich die klagende und gefährdete Partei nur gegen die - zu geringe - Höhe des zuerkannten laufenden Unterhaltes, weil schon wegen geänderter Verhältnisse nicht mehr von der im Vergleich festgelegten, von ihr überdies bestrittenen Einkommensrelation ausgegangen werden könne.
Der Beklagte und Gegner der gefährdeten Partei hat offenbar die Ausführungen des Obersten Gerichtshofes in der Entscheidung 3 Ob 53, 54/92 mißverstanden, in welcher ausdrücklich zwischen der Exekutionsfähigkeit eines Titels, die nach § 7 Abs 1 EO voraussetzt, daß dem Exekutionstitel die Person des Berechtigten und Verpflichteten sowie Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind, und der davon verschiedenen Frage, ob der Wortlaut der Absicht der Parteien entspricht, klar unterschieden wird. Es wurde darin auch schon ausgeführt, daß der hier zu beurteilende Exekutionstitel, der den genannten Kriterien der Exekutionsfähigkeit zwar entspricht, die Besonderheit aufweist, daß die geschuldete Leistung nicht mit einem festen Betrag, sondern mit einem Bruchteil angegeben wird. In einem solchen Fall darf aber die Exekution nur unter den in § 10 a EO festgelegten Voraussetzungen bewilligt werden. Dazu muß dem Titel eindeutig zu entnehmen sein, daß der geschuldete Bruchteil sich auf Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis bezieht. Schon dieser Forderung entspricht der Wortlaut des Vergleiches, der nur die Verpflichtung zur Zahlung von 40 % des "jeweiligen Nettoeinkommens des Antragsgegners" enthält, nicht. Dieser Mangel konnte zwar in jenem Verfahren nicht mehr aufgegriffen werden, weil die Exekutionsbewilligung in Rechtskraft erwachsen war, begründet aber schon für sich allein ein Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin und gefährdeten Partei, einen einwandfreien, dem Gesetz entsprechenden neuen Exekutionstitel zu schaffen. Überdies könnte ein Verfahren nach § 10 a EO nur die im Exekutionstitel genannten Bezüge des Verpflichteten aus einem Dienst- und Arbeitsverhältnis berücksichtigen. Eine Ergänzung des Exekutionstitels durch andere Urkunden zum Nachweis des Umfanges der geschuldeten Leistung ist nicht zulässig; eine materielle Prüfung des Inhaltes des Exekutionstitels hat im Bewilligungsverfahren nicht stattzufinden. Es muß daher nicht nur dem Verpflichteten, sondern auch dem Gläubiger ein Rechtsschutzbedürfnis an der Schaffung eines einwandfreien, auch durchsetzbaren neuen Exekutionstitels für künftige Unterhaltsleistungen zugebilligt werden. Daß eine Kompensation von in der Vergangenheit allenfalls zu viel gezahlten Unterhaltsbeträgen mit laufenden Unterhaltsverpflichtungen nicht zulässig ist, haben die Vorinstanzen zutreffend dargelegt (§ 510 Abs 3 ZPO).
Es entspricht auch der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes, daß in einem Unterhaltsvergleich festgelegte Einkommensrelationen auch für weitere Unterhaltsfestsetzungen beibehalten werden sollen. Eine von der damals zum Ausdruck gebrachten Konkretisierung der Bemessungsgrundsätze losgelöste völlige Neubemessung kommt nur in Betracht, wenn eine grundlegende Änderung der Verhältnisse eingetreten ist, die sich nicht nur in einer Änderung der Einkommensverhältnisse erschöpft. Gerade durch Schaffung eines Bruchteilstitels soll ja einer Neubemessung bei bloßer Änderung der Einkommenshöhe vorgebeugt werden.
Den Revisionsrekursen war daher ein Erfolg zu versagen.
Der Kostenausspruch beruht auf den §§ 402, 78 EO und §§ 41 und 50 ZPO.
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