OGH 6Ob622/89

OGH6Ob622/8912.10.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Melber, Dr.Schlosser und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1./ Dr.Ing.Heinrich G***, 3182 Marktl, Wallfahrerweg 2; 2./ Ingrid M***, Washington 8522, Beach Tree Road, Bethseda, MD 20034 USA, beide vertreten durch Dr.Friedrich Frühwald, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot.Firma S*** & K***, 1010 Wien, Habsburgergasse 4, vertreten durch Dr.Johann Suppan, Rechtsanwalt in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 22.Feber 1989, GZ 48 R 770/88-14, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 9.September 1988, GZ 48 C 703/87-9, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit S 8.151,65 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.358,60 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die beiden Kläger sind zu gleichen Teilen Miteigentümer des Hauses in Wien 1., Habsburgergasse 4, in dessen beiden Kellerräumlichkeiten unter top.1 die Beklagte - nunmehr eine Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die K*** & CO. Gesellschaft mbH ist - unter der Bezeichnung "O***-H***" eine Bar (Vergnügungsetablissement mit Restaurationsbetrieb) betreibt.

Mit der Behauptung, die Beklagte benütze diese Räumlichkeiten titellos, stellten die Kläger das Begehren, die Beklagte sei schuldig, ihnen die Räumlichkeiten top.1 (1. Keller, 2. Keller) im Hause Wien 1., Habsburgergasse 4, geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben. Bis zum Tode der Theresia S***, von dem die Kläger im August 1987 erfahren hätten, sei diese die alleinige Hauptmieterin der genannten Räumlichkeiten gewesen. Deren Verlassenschaft habe die Mietrechte "nicht beansprucht", weshalb kein Grund für die Einleitung eines Kündigungsverfahrens ersichtlich gewesen sei. Theresia S*** habe die Mietrechte am Bestandobjekt niemals in die beklagte Gesellschaft eingebracht. Es existiere weder ein entsprechender Gesellschaftsvertrag noch sei jemals dazu die Zustimmung der Hauseigentümer eingeholt worden. Nach dem Mietvertrag vom 28.2.1947 sei eine Einbringung (der Mietrechte) in eine Gesellschaft ausgeschlossen (ON 8 AS 35).

Die Beklagte hielt dem entgegen, das Räumungsbegehren der Kläger sei schon auf Grund des Klagevorbringens nicht berechtigt. Danach seien die Hauptmietrechte - ungekündigt - auf die Verlassenschaft nach Theresia S*** übergegangen. Da die Beklagte schon zu Lebzeiten der Erblasserin das Bestandobjekt mit deren Einverständnis benützt habe, bestehe für sie nach wie vor ein rechtsgültiger Titel zur Weiterbenützung. Im übrigen sei die Beklagte selbst Hauptmieterin der Bestandräumlichkeiten. Theresia S*** habe nämlich die Hauptmietrechte bereits im Jahre 1963 in die beklagte Gesellschaft eingebracht, deren Firma und Rechtsform sich seither mehrfach verändert habe. Dem hätten die damaligen Hausverwalter jeweils zugestimmt. Der von der Beklagten als anerkannten Hauptmieterin gezahlte Mietzins sei auch über einen Zeitraum von rund 24 Jahren von den jeweiligen Hausverwaltungen unbeanstandet angenommen worden. Erst die jetzige Hausverwaltung habe die von der Beklagten für die Monate September und Oktober 1987 bezahlten Mietzinse wieder rücküberwiesen, so daß die Beklagte wegen dieser Annahmeverweigerung dazu veranlaßt worden sei, sie und die Mietzinse für die Folgemonate gerichtlich zu hinterlegen.

Das Erstgericht wies das Räumungsbegehren der Kläger zur Gänze ab. Es traf noch folgende wesentliche Tatsachenfeststellungen:

Das hier in Rede stehende Bestandobjekt wurde mit Mietvertrag vom 28.2.1947 von der damaligen Hausinhabung an Eduard F*** "zur Benutzung als Vergnügungsetablissement mit Restaurationsbetrieb" vermietet. Nach dessen Entmündiung lehnte es die Hausverwaltung ab, daß nach einem Verzicht des Eduard F*** auf seine Hauptmietrechte dessen Schwester Theresia S*** als Hauptmieterin in das Bestandverhältnis eintreten könne. Seit 1.1.1950 betrieb daher Theresia S*** gemeinsam mit ihrem Bruder die Bar "O***-H***" im Bestandobjekt. Nach dem Tode Eduard F*** wurde dessen Verlassenschaft an Theresia S***

gemeinsam mit Karl R*** eingeantwortet und Theresia S*** führte das im Bestandobjekt betriebene Unternehmen weiter. Im Jahre 1963 wurde die Beklagte als "S*** Kommanditgesellschaft" gegründet, deren Geschäftsführerin (gemeint wohl: persönlich haftende Gesellschafterin) Theresia S*** war. Im Jahre 1968 wurden Rechtsform und Firma der Gesellschaft geändert, die seither als "S*** & K***" eine offene Handelsgesellschaft war und das Unternehmen im Bestandobjekt weiterführte. Damals trat Alfred K*** als Kommanditist (richtig gemäß Beilage 3: als weiterer persönlich haftender Gesellschafter) in die Gesellschaft ein. Seit 1981 ist die Beklagte wieder eine Kommanditgesellschaft mit den beiden bis dahin persönlich haftenden Gesellschaftern als Kommanditisten. Sie führte den Barbetrieb im Bestandobjekt weiter. Theresia S*** verstarb im Jahre 1986. Ihr Nachlaß wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 17.3.1988 zur Gänze an ihre Tochter Elfriede K*** eingeantwortet. Diese ist mit der Benützung des Bestandobjektes durch die Beklagte einverstanden.

Rechtlich folgerte das Erstgericht daraus, daß auf Grund der Erbgänge nach Eduard F*** und Theresia S*** nunmehr in Ansehung des Bestandobjektes zwischen den Klägern und Elfriede K*** als Mitmieterin ein ungekündigtes und demnach aufrechtes Bestandverhältnis bestehe. Die Beklagte könne ihr Benützungsrecht unmittelbar von Elfriede K*** ableiten, weshalb gegen sie als Dritte ein Vorgehen mit Räumungsklage wegen titelloser Benützung ausgeschlossen sei. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob die Beklagte selbst bereits Hauptmieterin geworden sei oder nicht. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000 übersteige. Es erachtete die Beweiswürdigung des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch dessen Rechtsansicht, wonach die Mietrechte jeweils durch Erbgang im Sinne des § 1116 a ABGB von Eduard F*** über Theresia S*** auf Elfriede K*** übergegangen seien, mit welcher daher ein aufrechtes Hauptmietverhältnis bestehe. Die Räumungsklage müsse schon daran scheitern, daß die Beklagte ihr Benützungsrecht von Elfriede K*** ableiten könne und daher die Bestandräume nicht titellos benütze.

Gegen das Berufungsurteil richtet sich die Revision der Kläger aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung des Urteiles im Sinne einer gänzlichen Klagestattgebung, hilfsweise auf Urteilsaufhebung.

Die Beklagte stellt in ihrer Revisionsbeantwortung den Antrag, dem Rechtsmittel der Kläger nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

Mit ihrer Rechtsrüge wenden sich die Kläger nicht mehr gegen die mit der ständigen Rechtsprechung und überwiegenden Lehre im Einklang stehende Rechtsansicht der Vorinstanzen, wonach ein Hauseigentümer nicht unmittelbar gegen Personen mit Räumungsklage vorgehen kann, die ihr Benützungsrecht am Bestandobjekt aus dem Rechte des Vertragspartners des Hauseigentümers abzuleiten in der Lage sind (Schwimann/Pimmer, ABGB II, § 366 Rz 11 f und 12; Schwimann/Binder, ABGB IV/2, § 1098 Rz 107; MietSlg 29.045, 31.038, 32.026, 32.027, 34.043, 34.044; SZ 58/126 uva). Die Räumungsklage ist also gegen jemandem unzulässig, der sein Recht von einem ungekündigten Mieter oder dessen ungekündigter Verlassenschaft ableitet (MietSlg 27.058, 35.035 ua). Auch mietvertragliche Weitergabeverbote geben dem Hauseigentümer in diesem Zusammenhang nur das Recht, seinen vertragswidrig handelnden Vertragspartner mit Unterlassungsklage zu belangen (Würth in Rummel, ABGB, Rz 13 zu § 1098; Schwimann/Pimmer, aaO; Schwimann/Binder, aaO, § 1098 Rz 95 und 107; EvBl 1975/289; MietSlg 30.129, 31.342, 36.271 uva; zuletzt etwa 1 Ob 509/89), nicht aber direkt gegen dessen Vertragspartner vorzugehen. Damit kann aber bereits die Berufung der Kläger auf § 7 Z 6 des Mietvertrages vom 28.2.1947 im Verhältnis zur Beklagten nicht mehr zielführend sein. Entgegen ihrer Meinung unterliegt auch die Zustimmung des Mieters zur gänzlichen oder teilweisen Benützung des Bestandgegenstandes durch einen Dritten ebensowenig irgendwelchen Formgeboten wie der Mietvertrag selbst. Es ist lediglich Sache des den Bestandgegenstand innehabenden Dritten, sein vom Mieter abgeleitetes Recht zu dessen Benützung nachzuweisen (MietSlg 28.033, 31.036, 34.043 ua). Ein solcher Nachweis ist der Beklagten aber im vorliegenden Fall gelungen, weil sie nach den Feststellungen die Bestandräumlichkeiten mit Zustimmung der Elfriede K*** benützt. Diese ist die eingeantwortete Alleinerbin nach Theresia S***, die nach dem erstinstanzlichen Sachvorbringen der Kläger alleinige Hauptmieterin (nach den Feststellungen: Mitmieterin) der Bestandräumlichkeiten gewesen ist. Die (beiderseitige) Vererblichkeit des Mietvertrages wird nicht nur im § 14 Abs 1 MRG, sondern schon im § 1116 a ABGB normiert. In den Mietvertrag treten daher - abgesehen von der hier nicht in Betracht kommenden Sonderrechtsnachfolge bei Wohnungsmieten gemäß § 14 Abs 2 und 3 MRG - die nach allgemeiner Erbfolge berufenen Erben mit der Einantwortung ein (Würth-Zingher, Miet- und Wohnrecht19, § 14 MRG Rz 1 und 2 mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung). Da die Beklagte somit ihr Benützungsrecht an den Bestandräumlichkeiten von einer ungekündigten Mitmieterin ableiten kann, mußte der Revision bereits ein Erfolg versagt bleiben. Bei dieser Sachlage konnte daher die weitere Frage, ob im Sinne des darüber hinausgehenden Sachgegenvorbringens der Beklagten Theresia S*** das von ihr in den Bestandräumlichkeiten geführte Unternehmen noch vor Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes in die Gesellschaft eingebracht hat und dadurch - bei Fehlen der Zustimmung des Vermieters - ein gespaltenes Schuld- (Miet-)verhältnis entstanden ist (vgl dazu Würth in Rummel, ABGB, Rz 16 zu § 1098; Fenyves in Korinek-Krejci, HdBzMRG, 312 ff) ebenso ungeprüft bleiben wie jene, ob die Beklagte von den Rechtsvorgängern der Kläger bereits als Hauptmieterin des Bestandobjektes anerkannt worden ist oder nicht.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

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