Spruch:
1.) Aus Anlaß des Revisionsrekurses werden der angefochtene Beschluß und die Entscheidung erster Instanz sowie das gesamte bisherige Verfahren, soweit sich diese auf das zu Punkt 2 der Klage gestellte Feststellungsbegehren beziehen, als nichtig aufgehoben. Die Klage wird in diesem Umfange zurückgewiesen.
Die auf dieses Begehren entfallenden Verfahrenskosten werden gegenseitig aufgehoben;
2.) Im übrigen wird dem Revisionsrekurs nicht stattgegeben. Der Kläger hat die Kosten seines Revisionsrekurses, soweit sie auf die Punkte 1 und 3 seines Klagebegehrens entfallen, selbst zu tragen.
Text
Begründung
Der Kläger ist Eigentümer eines Hauses in der Wiener Innenstadt. Seine Schwester hat als Vermieterin der Beklagten eine im zweiten Stock des Hauses gelegene Wohneinheit für die Zeit vom 1.April 1985 bis 1.April 1989 vermietet. Die Beschreibung des Mietgegenstandes in der Vertragsurkunde vom 28.März 1985 enthält den Satz: "Zum Gegenstand vorliegenden Mietvertrags gehört ein Kellerabteil, sowie die Benützung des Aufzugs und ein Autoabstellplatz im Hof neben der Stiege 1." Bereits im Mai 1985 standen die Streitteile wegen ihrer unterschiedlichen Standpunkte zur Benützung des Autoabstellplatzes im Briefwechsel.
Im August 1985 brachte der Kläger gegen die Beklagte eine Klage mit einem dreigliedrigen Begehren ein. Dabei behauptete der Kläger, seine Schwester habe als Hauptmieterin der Beklagten die erwähnte Wohneinheit in Bestand gegeben und damit ein echtes Untermietverhältnis begründet, der Hauptmieterin sei aber kein mietvertragliches oder sonstiges übertragbares Recht auf Benützung eines Abstellplatzes im Hof zugestanden und sie habe daher ein solches Benützungsrecht auch an die Beklagte nicht weitergeben können; die Benützung des Bestandobjektes zu Geschäftszwecken wäre ohne behördliche Bewilligung bauordnungswidrig, weil das Haus in einer innerstädtischen Schutzzone stünde. Der Geschäftsführer der Beklagten habe im Verlaufe der mit dem anwaltlichen Vertreter des Klägers geführten Besprechungen behauptet, die Beklagte habe keinen Untermietvertrag (mit der Schwester des Klägers), sondern einen Hauptmietvertrag (mit dem Kläger selbst) abgeschlossen. In einem am 4. November 1985 überreichten Schriftsatz ergänzte der Kläger das Vorbringen zu seinem Feststellungsbegehren mit der Ausführung, die - von der Beklagten verfochtene - Annahme, der von der Hausinhabung bereits im Jahre 1940 mit der Schwester des Klägers abgeschlossene Hauptmietvertrag wäre nur zur Umgehung der sondergesetzlich einem Hauptmieter zukommenden Rechtsstellung abgeschlossen worden, sei geradezu absurd.
Der Kläger begehrte gegenüber der Beklagten die Feststellung, daß sie nicht Hauptmieterin der näher bezeichneten Wohnung sei (Punkt 2 des Klagebegehrens); weiters begehrte der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung a) Kraftfahrzeuge im Hof des Hauses..., insbesondere neben der Stiege 1 abzustellen (Punkt 1 des Klagebegehrens), und b) die Wohnung....zu Geschäftszwecken (Büro oder Lager) zu benützen sowie das neben der Türe zur Stiege 1 im Hof des Hauses....angebrachte Firmenschild mit dem Hinweis auf das Unternehmen zu entfernen (Punkt 3 des Klagebegehrens). Die Klagsgleichschrift wurde der Beklagten am 5.September 1985 im Wege der Hinterlegung zugestellt.
Die Beklagte, die die Vertragsurkunde vom 28.März 1985 als Gesellschaft mit beschränkter Haftung unter ihrer protokollierten Firma gefertigt hatte, wendete ein, der Kläger habe den Vertrag ausdrücklich genehmigt; der Vertrag sei in seinem Auftrag geschlossen worden, es liege ein Scheinverhältnis im Sinne des § 2 Abs.3 MRG vor.
Im Oktober 1985 brachte die Beklagte einen Antrag im Sinne der §§ 2 Abs.3, 37 Abs.1 Z 1 MRG bei der zuständigen Schlichtungsstelle ein.
Hierauf beantragte sie die Unterbrechung des Rechtsstreites gemäß § 41 MRG.
Der Kläger bestritt das Vorliegen der Unterbrechungsvoraussetzungen, einerseits weil die Antragstellung im Sinne des § 37 MRG erst nach Eintritt der Streitanhängigkeit erfolgt sei, andererseits weil das (positive) Feststellungsbegehren keine Vorfrage für die im Rechtsstreit verfolgte (negative) Feststellung darstelle.
In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. November 1985 verkündete der Prozeßrichter den Beschluß auf Abweisung des Unterbrechungsantrages. Eine Ausfertigung dieses Beschlusses unterblieb.
Im Rekurs gegen die Abweisung ihres Unterbrechungsantrages machte die Beklagte die Unzulässigkeit des streitigen Verfahrens für das Feststellungsbegehren des Vermieters geltend, der ein Recht, dessen positive Feststellung der nominelle Untermieter gemäß § 37 Abs.1 Z 1 MRG nur im Verfahren außer Streitsachen verfolgen könne, bestreite und deshalb eine verneinende Feststellung anstrebe. Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß im Sinne einer Stattgebung des Unterbrechungsantrages ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 15.000 S übersteigt. Eine darüber hinausreichende Bewertung unterblieb. Das Rekursgericht sprach weiters aus, daß der Rekurs zulässig sei, und begründete dies damit, die Anfechtbarkeit einer Ablehnung der Unterbrechung nach § 41 MRG ebenso wie die Beurteilung der Unterbrechungsvoraussetzung des "bereits" anhängigen Verfahrens nach § 502 Abs.4 Z 1 ZPO seien qualifizierte Fragen des Verfahrensrechtes.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel ist zulässig. Das Rekursgericht hat in seinem abändernden Beschluß zwar gemäß § 527 Abs.1 Satz 2 ZPO einen Bewertungsausspruch aufgenommen, nach dem beurteilt werden kann, daß der Rekursausschluß nach § 528 Abs.1 Z 5 ZPO nicht vorliegt. Mit Rücksicht auf die positive Zulässigkeitsvoraussetzung im § 528 Abs.2 ZPO wäre ein weiterer Ausspruch im Sinne des § 500 Abs.2 Z 3 (§ 526 Abs.3) ZPO erforderlich gewesen. Der Mangel des Ausspruches darüber, ob der Wert des von der Abänderung betroffenen Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt, ist im vorliegenden Fall unerheblich: Das Rekursgericht gelangte einerseits infolge der Bejahung der Anfechtbarkeit eines die Unterbrechung nach § 41 MRG ablehnenden Beschlusses und andererseits durch zeitliche Beziehung der Unterbrechungsvoraussetzung des § 41 MRG, daß ein Verfahren nach § 37 MRG "bereits" anhängig sei, auf den Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Unterbrechung zu seiner angefochtenen Entscheidung; überdies hätte das Rekursgericht die Prozeßvoraussetzung der Zulässigkeit des streitigen Verfahrens im Hinblick auf § 37 Abs.1 Z 1 MRG zu prüfen gehabt. Diese verfahrensrechtlichen Fragen sind im Sinne des § 502 Abs.4 Z 1 ZPO qualifiziert. Die Lösung der beiden vom Rekursgericht ausdrücklich behandelten Fragen sind auch Gegenstand der Rechtsmittelausführungen. Die Anfechtung ist daher schon aus diesem Grunde zulässig. Die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 502 Abs.4 Z 2 ZPO ist danach unerheblich, weil sie auch an der Beachtlichkeit der tatsächlich ausgeführten Anfechtungsgründe nichts änderte.
Aus Anlaß des zulässigen Rekurses ist die von den Vorinstanzen nicht ausdrücklich behandelte Frage nach der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges für das klageweise erhobene Feststellungsbegehren zu prüfen:
§ 37 MRG verweist Anträge in den in seinem ersten Absatz genannten Angelegenheiten nach seinem dritten Absatz in das Verfahren außer Streitsachen; zu den "Angelegenheiten" zählt nach Z 1 des Abs.1 die "Anerkennung als Hauptmieter (§ 2 Abs.3)". Für die Bestimmung des nach § 37 MRG in das außerstreitige Verfahren gewiesenen Verfahrensgegenstandes ist ungeachtet der Eingangsworte des Absatzes 1 ("über die Anträge...") im allgemeinen und ungeachtet der Formulierung der Anspruchsberechtigung nach § 2 Abs.3 MRG ("..., so kann der Mieter, mit dem der Untermietvertrag geschlossen worden ist, begehren..") nicht die formelle Antragstellung, sondern der Inhalt des Begehrens entscheidend. Nach diesem Verständnis verweist der Klammerausdruck im § 37 Abs.1 Z 1 MRG auf den materiellrechtlichen Anspruch der formell als Untermieter bezeichneten Vertragspartei. Dieser Anspruch ist ein Feststellungsanspruch (5 Ob 9/86 in Übereinstimmung mit Würth-Zingher MRG 2 in Anm.15 zu § 2 und Anm.10 zu § 37; Würth in Rummel ABGB, § 2 MRG Rz 9 und Derbolav MRG in Anm.3 zu § 37). Gegenstand der Feststellung ist das Vorliegen eines durch die besondere im § 2 Abs.3 MRG umschriebene Umgehungsabsicht gekennzeichneten Scheingeschäftes. Ein schutzwürdiges Interesse an der Berufung auf das verdeckte Rechtsgeschäft billigt das Gesetz nur dem fälschlich in die Rolle des Untermieters gedrängten Mieter zu. In diesem Sinne kommt auch das positive Feststellungsinteresse nur diesem zu. Berühmt sich die als Untermieter bezeichnete Vertragspartei aber ernstlich eines Feststellungsanspruches im Sinne des § 2 Abs.3 MRG, ist dem Vermieter ein negativer Feststellungsanspruch zuzugestehen. Dieser in der reinen Negation des Anspruches des Mieters bestehende Feststellungsanspruch sollte sinnvollerweise in derselben Verfahrensart verfolgbar sein wie der im § 2 Abs.3 MRG umschriebene Rechtsanspruch des Mieters, über den Anspruch sollte zur Hintanhaltung vermeidbarer Entscheidungskonflikte mit derselben erweiterten Rechtskraftwirkung entschieden werden, wie sie einer Sachentscheidung über den Antrag des Mieters eigen ist.
Ein Antrag des Vermieters auf Feststellung, daß ein Anspruch des Untermieters im Sinne des § 2 Abs.3 MRG nicht bestehe, hat die im § 37 Abs.1 Z 1 MRG umschriebene "Angelegenheit" zum Inhalt und ist daher unter Ausschluß des Prozeßweges in das Verfahren außer Streitsachen gewiesen.
Die gegenteiligen Kommentarmeinungen von Derbolav MRG Anm.3 zu § 37 aber auch von Würth im HBzMRG,502, wie schon in ImmZ 1984,6 vernachlässigen in einer zu engen Wortinterpretation die sich aus der Identität des Verfahrensgegenstandes bei positivem Feststellungsbegehren des Mieters und negativem Feststellungsbegehren des Vermieters aufdrängende erweiternde Auslegung des Tatbestandes "Antrag in der Angelegenheit betreffend die Anerkennung des Hauptmieters in einer nach § 2 Abs.3 MRG umschriebenen Sachlage" auch auf Anträge des Vermieters, wenn sie bloß in einer Negation eines Anspruches des Mieters im Sinne des § 2 Abs.3 MRG bestehen.
Durch die ergänzenden Ausführungen in seinem Schriftsatz ON 10 hat der Kläger klargestellt, daß sein klageweise erhobenes Feststellungsbegehren zu Punkt 2 der Klage nur eine solche Verneinung des von der Beklagten behaupteten und in der Folge auch gemäß § 39 MRG geltend gemachten Anspruches bezweckt. Dem Kläger ist daher zuzugeben, daß der Gegenstand des außerstreitgen Verfahrens für das klageweise geltend gemachte Feststellungsbegehren keine Vorfrage darstellt. Es handelt sich nämlich um dieselbe Hauptfrage (mit umgekehrten Vorzeichen). Daraus folgt aber nicht, daß eine Voraussetzung für die Unterbrechung des Rechtsstreites nach § 41 MRG fehlt, sondern vielmehr, wie der Beklagte bereits im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß geltend gemacht hat, daß es an der Zulässigkeit des streitigen Rechtsweges gebricht. Dies war gemäß § 240 Abs.3 ZPO wahrzunehmen. Die angefochtene Entscheidung, der erstinstanzliche Beschluß sowie das gesamte bisherige Verfahren waren, soweit sie sich auf Punkt 2 des Klagebegehrens beziehen, als nichtig aufzuheben, und die Klage war in diesem Umfange zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten des nichtigen Verfahrens beruht auf § 51 Abs.2 ZPO.
Die Begehren zu den beiden verbliebenen Klagspunkten 1 und 3 hängen unter anderem davon ab, ob der in der Vertragsurkunde vom 28. März 1985 niedergelegte Vertragswille auf Vermieterseite der Urkunde gemäß der Schwester des Klägers (als untervermietender Hauptmieterin) oder vielmehr dem Kläger selbst (als dem wahren Vermieter) zuzurechnen ist. In dieser Hinsicht ist die Entscheidung über den von der Beklagten nach § 73 Abs.1 Z 1 MRG gestellten Feststellungsantrag für die Entscheidung des Rechtsstreites präjudiziell.
Das Verfahren über den Antrag des Mieters war schon anhängig, als das Erstgericht am 13.November 1985 den Unterbrechungsantag des Beklagten abgewiesen hat. Die im § 41 MRG festgelegte Unterbrechungsvoraussetzung, daß ein Verfahren "bereits anhängig ist", soll klarstellen, daß trotz zwingenden Gebotes zur amtswegigen Unterbrechung des Rechtsstreites dem Prozeßgericht nicht schlechthin die Vorfragenbeurteilung entzogen wird, sondern nur ein verfahrensaufwandsparender Grundsatz zur Anwendung gelangen soll, andererseits aber aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung eine Unterbrechung des Rechtsstreites nicht zu dem Zweck gestattet werden soll, um eine erst künftige Antragstellung abzuwarten. Die im § 41 MRG umschriebene Unterbrechungsvoraussetzung der Verfahrensanhängigkeit ist erfüllt, wenn ein Verfahren nach § 37 MRG beim Gericht oder der Gemeinde im Zeitpunkt der Entscheidung über die Unterbrechung bereits anhängig ist (Würth in HBzMRG,493; wie schon in Würth-Zingher MRG 2 in Anm.5 zu § 41).
§ 41 MRG schreibt die Unterbrechung bindend vor. Eine Mißachtung dieses Gebotes ist bekämpfbar. Der Rechtsmittelausschluß nach § 192 Abs.2 ZPO, der nur für prozeßleitende Verfügungen gilt, die in das Ermessen des Gerichtes gelegt sind, findet keine Anwendung (vgl. SZ 7/407; Würth-Zingher MRG 2 in Anm.3 zu § 41; Würth im HBzMRG,493). Das Rekursgericht hat mit seiner abändernden Entscheidung daher nicht gegen die formelle Rechtskraft des erstinstanzlichen Beschlusses verstoßen.
Die sich auf die Begehren zu den Klagspunkten 1 und 3 beziehende Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40 und 52 Abs.1 ZPO.
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