OGH 6Ob618/94(6Ob619/94)

OGH6Ob618/94(6Ob619/94)23.3.1995

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Kellner, Dr.Schiemer und Dr.Prückner als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Parteien 1. Karl H*****, vertreten durch Dr.Bruno Binder ua Rechtsanwälte in Linz, und

2. Johann F*****, vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger ua Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei H*****verband Österreich, Landesverband Oberösterreich, ***** vertreten durch Dr.Winfried Sattlegger, Rechtsanwalt in Linz, jeweils wegen Feststellung (Streitwerte S 80.000 und S 120.000), infolge der Revisionen beider Kläger gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 10.Mai 1994, AZ 4 R 257/93(ON 36), womit das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 19.August 1993, GZ 7 Cg 16/92-28, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Keiner der beiden Revisionen wird Folge gegeben.

Der Kläger Karl H***** ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.086,40 (darin S 1.014,40 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Der Kläger Johann F***** ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 6.337,80 (darin S 1.056,30 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zweck des beklagten ideellen Vereines ist nach seinen Statuten die Mithilfe bei Interessenvertretung der bereits zurückgekehrten Heimkehrer österreichischer Staatsbürgerschaft und ihrer Angehörigen, die Pflege kameradschaftlicher Beziehung unter den Vereinsmitgliedern, fallweise Unterstützung in Not geratener Heimkehrer sowie die Abhaltung von Vorsprachen bei Behörden und sonstigen amtlichen Stellen im Interesse seiner Mitglieder (§ 2). Dieser Zweck soll unter anderem erreicht werden durch Herausgabe eines fallweise erscheinenden Mitteilungsblattes bzw einer Verbandszeitung (§ 3). Der Verein erstreckt seine Tätigkeit auf das Landesgebiet Oberösterreich. Der Sitz befindet sich am jeweiligen Wohnort des Obmannes. In jedem politischen Bezirk bzw in jeder Ortsgemeinde können sich im Rahmen der Statuten mit Zustimmung des Landesvorstandes Zweigvereine konstituieren, deren Sitz sich am jeweiligen Wohnort des Obmannes befindet (§ 1). Die Mitglieder des Vereines gliedern sich in a) ordentliche Mitglieder, b) außerordentliche Mitglieder und c) Ehrenmitglieder. Ordentliche Mitglieder sind Personen, die in ursächlichem Zusammenhang mit den Kriegsereignissen heimgekehrt sind. Sie nehmen an allen Rechten und Pflichten des Vereines teil. Das Stimmrecht in der Landesgeneralversammlung sowie das aktive und passive Wahlrecht steht nur den ordentlichen Mitgliedern und den Ehrenmitgliedern zu (§§ 4, 8). Alle Mitglieder haben nach besten Kräften und Können die Interessen des Vereines stets voll zu bewahren und zu fördern, die Mitgliedsbeiträge pünktlich zu zahlen und sich an die Statuten des Vereines sowie an die Beschlüsse der Vereinsorgane zu halten und diese anzuerkennen. Den Mitgliedern wird es zur Pflicht gemacht, alles zu unterlassen, was dem Ansehen des Vereines abträglich sein könnte (§ 9). Organe des Vereines sind a) die Landesgeneralversammlung, b) der Landesausschuß, c) der Landesvorstand, d) die Rechnungsprüfer und e) das Schiedsgericht (§ 10). Die ordentliche Landesgeneralversammlung findet alle drei Jahre innerhalb von drei Monaten nach Beginn des Kalenderjahres am Sitz des Vereines statt. Eine außerordentliche Landesgeneralversammlung kann einberufen werden, so oft die Führung der Geschäfte dies erfordert, worüber der Landesvorstand beschließt. Sie muß einberufen werden, wenn dies von mindestens einem Viertel sämtlicher Mitglieder unter Angabe der Gründe beim Landesvorstand schriftlich beantragt wird. Die außerordentliche Landesgeneralversammlung ist spätestens vier Wochen vom Zeitpunkt des Beschlusses bzw des Einlangens des schriftlichen Begehrens einzuberufen. Sowohl bei ordentlichen wie bei außerordentlichen Landesgeneralversammlungen ist eine Einberufungsfrist von mindestens 14 Tagen einzuhalten. Zeitpunkt, Versammlungsort, Beginn der Versammlung und die Tagesordnung sind gleichzeitig mit der Einladung bekanntzugeben. Die Einberufung erfolgt durch den Landesvorstand. Die wahlberechtigten Mitglieder haben das Recht, Anträge an die Landesgeneralversammlung zu stellen, jedoch müssen diese spätestens acht Tage vor Abhaltung derselben beim Landesvorstand schriftlich eingebracht werden. Gültige Beschlüsse, ausgenommen solche über einen Antrag auf Einberufung einer außerordentlichen Landesgeneralversammlung, können nur zur Tagesordnung gefaßt werden. Die Landesgeneralversammlung ist bei Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Delegierten beschlußfähig. Ist die Landesgeneralversammlung zur festgelegten Stunde nicht beschlußfähig, so findet eine halbe Stunde später eine Landesgeneralversammlung mit derselben Tagesordnung statt, die ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Delegierten beschlußfähig ist. Wenn über Statutenänderungen oder über die Auflösung des Vereines zu beschließen ist, so ist die Zweidrittelmehrheit, bei Wahlen oder bei sonstigen Beschlüssen, soweit die Statuten nichts anderes vorsehen, die einfache Stimmenmehrheit erforderlich. Die Übertragung des Stimmrechtes auf ein anderes Mitglied im Wege einer schriftlichen Bevollmächtigung ist zulässig (§ 11). Zum Wirkungskreis der Landesgeneralversammlung zählt unter anderem die Wahl des Landesausschusses, des Landesvorstandes und der Rechnungsprüfer (§ 12). Der Landesvorstand besteht aus dem Obmann, zwei Obmannstellvertretern, dem Schriftführer und dem Kassier sowie aus Obmännern der für die einzelnen Bezirke bestehenden Ortsgruppen. Weitere Mitglieder können von der Landesgeneralversammlung gewählt werden. Der Landesvorstand, der von der Landesgeneralversammlung gewählt wird, hat bei Ausscheiden eines gewählten Mitgliedes das Recht an ihre (richtig: seine) Stelle ein anderes wählbares Mitglied zu kooptieren, wozu die nachträgliche Genehmigung in der nächstfolgenden Landesgeneralversammlung einzuholen ist. Die Funktionsdauer der Mitglieder des Landesvorstandes beträgt drei Jahre. Ausgeschiedene Mitglieder sind wieder wählbar. Der Landesvorstand ist beschlußfähig, wenn alle Mitglieder eingeladen und mindestens die Hälfte derselben erschienen sind. Zur Gültigkeit von Beschlüssen des Landesvorstandes genügt die einfache Stimmenmehrheit, bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Auf Verlangen von mindestens einem Drittel der anwesenden Mitglieder ist namentlich oder geheim mittels Stimmzettel abzustimmen. Der Landesvorstand wird vom Obmann in dessen Verhinderung vom Obmannstellvertreter schriftlich oder mündlich, bei Bedarf jedoch mindestens zweimal jährlich, einberufen. Über begründetes Verlangen von mindestens drei Mitgliedern des Landesvorstandes muß die Einberufung des Landesvorstandes binnen acht Tagen jederzeit erfolgen (§ 15). Der Landesvorstand ist das leitende Organ des Vereines und hat für die Abwicklung der Vereinsgeschäfte entsprechend § 2 der Statuten zu sorgen. In seinen Wirkungsbereich fallen alle nicht anderen Vereinsorganen ausdrücklich zugewiesenen Angelegenheiten, insbesondere die Einberufung der ordentlichen und außerordentlichen Landesgeneralversammlung (§ 16). Der Obmann vertritt den Verein in allen Belangen, so auch nach außen, führt den Vorsitz im Landesvorstand, im Landesausschuß und in der Landesgeneralversammlung. Wichtige Geschäftsstücke, insbesondere den Verein verpflichtende Urkunden u.dgl. zeichnet er gemeinsam mit dem Schriftführer, in Geldangelegenheiten gemeinsam mit dem Kassier. Bei Gefahr in Verzug ist der Obmann allein berechtigt, gegen nachträglichen Bericht an den Landesvorstand bzw die Landesgeneralversammlung unter eigener Verantwortung eine Anordnung zu treffen (§ 17).

Die Kläger sind Mitglieder des beklagten Vereines. Sie behaupten die Rechtsunwirksamkeit der in den Generalversammlungen vom 15.9.1988, 9.7.1991 und 9.4.1992 durchgeführten Vostandswahlen, der Kläger F***** auch die der übrigen Funktionärswahlen.

Der Kläger H***** begehrte zuletzt die Feststellung, daß die jeweils in der Generalversammlungen der beklagten Partei vom 15.9.1988, 9.7.1991 und 9.4.1992 vorgenommenen Wahlen des Vorstandes der beklagten Partei rechtsunwirksam seien und der jeweils in diesen Generalversammlungen gewählte Vorstand für die beklagte Partei nicht vertretungsbefugt sei.

Der Kläger F***** begehrte zuletzt, daß zwischen ihm in eigener Person und auch als Obmann des von ihm vertretenen Bezirksverbandes des H*****verbandes Oberösterreich Bezirk Linz-Stadt und Urfahr-Umgebung und der beklagten Partei festgestellt werde, daß die in den Versammlungen der beklagten Partei vom 15.9.1988, 9.7.1991 und 9.4.1992 vorgenommenen Wahlen der Funktionäre des Landesverbandes, insbesondere eines Landesvorstandes und eines Landesausschusses rechtsunwirksam seien und die in den genannten Versammlungen gewählten Personen für die beklagte Partei nicht vertretungsbefugt seien.

Beide Kläger machen Mängel der Einberufung zu den Generalversammlungen geltend. Die Einberufung der Generalversammlung vom 15.9.1988 sei nicht durch einen ordnungsgemäßen Beschluß des Vorstandes erfolgt, überdies seien nicht sämtliche wahlberechtigte Mitglieder, sondern bloß 119 Delegierte geladen worden. Der dabei gewählte Vereinsvorstand sei daher für den Verein nicht handlungsfähig und zur Anberaumung der Generalversammlung vom 9.7.1991 nicht berechtigt gewesen. Auch diese Generalversammlung sei bloß durch Einschaltung einer "Einladung" in der Verbandszeitschrift des H*****verbandes Österreichs und nicht durch Ladung aller Mitglieder erfolgt. Diese Zeitschrift sei auch zahlreichen Mitgliedern, insbesondere den Klägern und dem Vereinsmitglied Ing.Franz J***** nicht zugegangen. Auch die Wahl des Vorstandes am 9.4.1992 sei statutenwidrig erfolgt und daher rechtsunwirksam. Dies zunächst deshalb, weil der Verein über keinen handlungsfähigen Vorstand verfüge, welcher berechtigt wäre, eine Generalversammlung einzuberufen und durchzuführen. Dazu komme, daß zu jener Vorstandssitzung, welche die Durchführung der Generalversammlung vom 9.4.1992 beschlossen habe, nicht sämtliche Vorstandsmitglieder geladen worden seien, insbesondere sei die Ladung des Klägers F***** als Vorstandsmitglied unterblieben. Die beklagte Partei habe es wieder unterlassen, sämtliche Mitglieder zu dieser Generalversammlung zu laden. Dadurch sei eine Vielzahl von Mitgliedern, der überwiegende Teil der dem Bezirksverband Linz-Stadt und Urfahr-Umgebung angehörenden Mitglieder, die der Kläger F***** vertreten habe, nicht geladen worden. Es sei zwar offensichtlich provokativ dem Kläger F***** eine Ladung zugestellt worden, nicht aber zahlreichen Mitgliedern der beklagten Partei, wodurch diese sowohl vom aktiven als auch passiven Wahlrecht sowie vom Recht zur Teilnahme an der Generalversammlung ausgeschlossen worden seien.

Die letzte nach den damals noch geltenden Satzungen ordnungsgemäß zustande gekommene Funktionärswahl sei in der Generalversammlung vom 22.2.1986 erfolgt. Der dabei gewählte Vorstand habe weder die Generalversammlung vom 15.9.1988 noch jene vom 9.7.1991 und 9.4.1992 einberufen. Er habe diese nicht nur deshalb nicht einberufen können, weil seine dreijährige Funktionsdauer bereits abgelaufen gewesen sei, sondern auch deshalb, weil sämtliche Mitglieder in der Generalversammlung vom 15.9.1989 von ihren Funktionen zurückgetreten seien. Da die beklagte Partei seit 15.9.1988 über keinen rechtswirksam gewählten Vorstand verfüge, komme auch eine Sanierung der Vorstandswahl vom 15.9.1988 durch die nachfolgenden Generalversammlungen nicht in Betracht.

Der Kläger H***** brachte weiters vor, er habe ein rechtliches Interesse an der Feststellung der mangelnden Vertretungsbefugnis des Vereinsvorstandes im Sinne des § 228 ZPO schon deshalb, weil eine Klärung der derzeitigen Vertretungssituation des Vereines sowohl für dessen Fortbestand als auch für die Ausübung seiner Mitgliedschaftsrechte von grundlegender Bedeutung sei. Dazu komme, daß zwischen der beklagten Partei und ihm ein Rechtsstreit beim Landesgericht Linz zu 9 Cg 73/90 darüber anhängig sei, ob er verpflichtet sei, ein in einem Bankdepot befindliches Sparbuch an den Verein herauszugeben. Die Klärung der Vertretungsbefugnis für den Verein sei daher von entscheidender Bedeutung. Jedes Vereinsmitglied habe einen Rechtsanspruch auf Klärung der Frage, wer für den Verein nunmehr vertretungsbefugt sei. Nur unter dieser Voraussetzung sei dem Kläger die Wahrnehmung seiner Vereinsrechte entsprechend den Statuten möglich.

Der Kläger F***** begründete sein rechtliches Interesse damit, er sei als Obmann des Bezirksverbandes Linz-Land und Urfahr-Umgebung von seinen Mitgliedern beauftragt und bevollmächtigt, dem statutenwidrigen Vorgehen der für die beklagte Partei agierenden Personen entgegenzutreten, dafür Sorge zu tragen, daß die beklagte Partei der Satzung entsprechend vertretungsbefugte Organe erhalte, hiefür allenfalls auch einen Prozeßkurator zur Führung des gegenständlichen Prozesses bestellen zu lassen, zumal, wie satzungswidrige Beschlüsse bewiesen, die Gefahr drohe, daß sich für die beklagte Partei satzungswidrig handelnde Personen Rechte anmaßten, die ihnen nicht zustünden. Dadurch erlitten auch Mitglieder des vom Kläger geleiteten Bezirksverbandes Nachteile.

Die beklagte Partei wandte ein, die Ladungen zu den einzelnen Generalversammlungen seien ordnungsgemäß erfolgt, die beklagte Partei verfüge daher über einen ordnungsgemäß gewählten Vorstand. Selbst wenn man davon ausgehe, daß die am 15.9.1988 durchgeführte Wahl nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, sei eine Heilung durch die Generalversammlungen vom 9.7.1991 bzw 9.4.1992 eingetreten. Dabei sei die Wahl vom 15.9.1988 einstimmig bestätigt und die Wahlentscheidung wiederholt worden. Zur ordnungsgemäßen Einladung zur Generalversammlung genüge die Einschaltung im Mitteilungsblatt des H*****verbandes. Die Zeitschrift werde auch allen Mitgliedern zugesandt. Den Klägern mangle es an einem Rechtsschutzinteresse.

Das Erstgericht wies die beiden Klagebegehren ab. Es traf außer zu den wiedergegebenen Statuten folgende Feststellungen:

Am 15.9.1988, am 9.7.1991 und am 9.4.1992 fanden Generalversammlungen der beklagten Partei statt, bei denen jeweils die Funktionäre des Landesvorstandes und des Landesausschusses neu gewählt wurden. Der bei der Generalversammlung vom 9.7.1991 gewählte Vorstand hat die letzte Generalversammlung vom 9.4.1992 einberufen und die Einladung zu dieser Generalversammlung sowohl in der Verbandszeitung "Der österreichische H*****" Folge 1/1992 als auch mit einem zusätzlichen Schriftsatz jedem Mitglied des Landesverbandes persönlich und rechtzeitig im Postweg zugesandt. Das "Triumvirat" J*****, H***** und F***** erhielt die Einladung sogar eingeschrieben.

Tagesordnungspunkt 5 war die Neuwahl der Funktionäre des Landesvorstandes und des Landesausschusses. Der Vorsitzende des Wahlausschusses hat die einzelnen zeitgerecht eingebrachten Vorschläge verlesen und festgestellt, daß kein weiterer Vorschlag vorliege. Die Bezirksstelle Linz erklärte mit Schreiben an die Sicherheitsdirektion Oberösterreich vom 27.3.1992, welches in Abschrift auch dem H*****-Bundesobmann zugegangen ist, an dieser Generalversammlung nicht teilzunehmen. Aufgrund des Wahlvorschlages wurde der neue Landesvorstand in jeder Funktion einzeln gewählt. Es gab keine Gegenstimmen und keine Stimmenthaltung, somit eine einstimmige Annahme des Wahlvorschlages. Der Landesausschuß wurde im Block ebenfalls einstimmig gewählt. Ein Verzeichnis der neu gewählten Funktionäre wurde dem Generalvesammlungsprotokoll beigefügt.

In seiner rechtlichen Beurteilung folgerte das Erstgericht aus dem Umstand, daß alle Mitglieder zur Generalversammlung vom 9.4.1992 geladen worden seien, allfällige Mangelhaftigkeiten bei den Wahlen in den vorangegangenen beiden Generalversammlungen seien damit saniert. Darauf, ob allenfalls die Generalversammlung vom 9.4.1992 von einem nicht statutengemäß gewählten Vorstand einberufen worden sei, komme es nicht an. Der gegenteilige Rechtsstandpunkt der Kläger sei realitätsfremd und würde in der Praxis zu unlösbaren Verwicklungen führen. Es sei daher der Rechtssatz, wonach ein Vorstand nach Ablauf einer Funktionsperiode noch eine Generalversammlung zur Durchführung der Neuwahl einberufen könne (SZ 58/15) sinngemäß auch auf einen allenfalls fehlerhaft bestellten Vorstand anzuwenden.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen der beiden Kläger keine Folge.

Es führte eine Beweiswiederholung durch und kam zu dem Ergebnis, daß die von den Klägern bekämpfte Feststellung des Erstgerichtes, die Ladung zur Generalversammlung vom 9.4.1992 sei jedem Mitglied des Landesverbandes persönlich und rechtzeitig mit einem zusätzlichen Schriftsatz im Postwege zugesandt worden, zu entfallen habe und traf folgende weitere Feststellungen:

Die beklagte Partei ist Mitglied des H*****verbandes Österreichs (H*****). Ordentliche Mitglieder jenes Vereines, welcher denselben Zweck hat wie die beklagte Partei, sind nach § 4 dessen Satzungen Vereine, die denselben Charakter und dieselben Ziele haben und vereinsbehördlich genehmigt sind.

Mitteilungsblatt des H*****verbandes Österreichs ist die Wien erscheinende Zeitschrift "Der österreichische H*****".

Auch nach den vor der derzeit gültigen Satzung in Geltung gestandenen Satzungen waren ordentliche Mitglieder des beklagten Vereines physische Personen und besaßen in der Generalversammlung das aktive und passive Stimmrecht.

Die Einladungen zu den im Zeitraum 1960 bis 1984 abgehaltenen ordentlichen Generalversammlungen des H***** Landesverbandes Oberösterreich ergingen an alle Bezirksstellen, Ortsstellen und Schriftenempfänger und enthielten jeweils den Hinweis, daß die Außenstellen des Landesverbandes für eine bestimmte Zahl von Mitgliedern jeweils einen Delegierten entsenden. Die Meldungen der beklagten Partei an die Bundespolizeidirektion Linz über die Abhaltung von Generalversammlungen enthielten den Hinweis, daß diese durch Delegierte abgeführt würden. Die Anmeldung der Generalversammlung vom 2.2.1986 enthielt erstmals keinen Hinweis auf die Abhaltung durch Delegierte.

Nach den geltenden Statuten ist die Generalversammlung bei Anwesenheit von mindestens einem Drittel der Delegierten (und eine halbe Stunde nach dem festgelegten Beginn ohne Rücksicht auf die Zahl der anwesenden Delegierten) beschlußfähig.

Zur Generalversammlung vom 15.9.1988 sind 110 Delegierte und ca 100 Kameraden und Kameradinnen sowie verschiedene Bezirksverbände erschienen. Der Vereinsbehörde wurden die in den Landesvorstand gewählten Personen sowie die Bezirksobmänner mitgeteilt.

Die Ankündigung der ao Generalversammlung mit der Tagesordnung, darunter die Neuwahl der Funktionäre, erschien im Mitteilungsblatt des H*****verbandes Österreichs. Der in dieser Versammlung gewählte Landesvorstand wurde der Bundespolizeidirektion Linz mit denselben Personen wie sie schon bei der vorangegangenen Generalversammlung gewählt wurden, bekanntgegeben.

Der bei dieser Generalversammlung gewählte Vorstand berief für den 9.4.1992 eine ordentliche Generalversammlung ein. Die Einladung hiezu erschien wieder im Mitteilungsblatt des H*****verbandes Österreichs, der österreichische H***** 1992 Folge 1, in welchem wieder Berichte aus sechs Bundesländern enthalten waren, mit folgendem Text:

"Lieber Kamerad! Es ergeht an Dich die Einladung zur ordentlichen Generalversammlung des H*****-Landesverbandes Oberösterreich gemäß § 11 der Statuten des Vereines "H*****verband Österreichs Landesverband Oberösterreich". Diese Einladung zur Generalversammlung wird allen Mitgliedern des Landesverbandes Oberösterreichs - mit der vorliegenden Folge der Verbandszeitung - bekannt gemacht. Zeit:

Donnerstag, 9.April 1992, 9,00 Uhr. Ort: Volksheim *****. Wahlvorschläge und Anträge an die Generalversammlung sind laut den Statuten mindestens acht Tage vor der Versammlung an den H***** Landesverband Oberösterreich, Postamt ***** schriftlich zu richten.

Tagesordnung:

1. Begrüßung und Totengedenken, Genehmigung des Protokolls der letzten ao Generalversammlung (Juli 1991)

2. Wahl der Kommissionen für die Neuwahl und Mandatsprüfung

3. Berichte: a) Landesobmann, b) Landeskassier, c) Kassenprüfer

4. Entlastung des Landesvorstandes

5. Neuwahl der Funktionäre des Landesvorstandes und Landesausschusses

6. Anträge

7. Allfälliges"

Daß diese Zeitschrift mit der genannten Einladung nicht an alle Mitglieder der beklagten Partei gesandt worden wäre, kann nicht festgestellt werden.

Bei dieser Generalversammlung vom 9.4.1992, bei der der anwesende Bundesobmann eine Ansprache hielt und dabei feststellte, daß das Verhalten einzelner die Verbandsarbeit nicht beeinträchtigen sollte, wurden die in den vorangegangenen Wahlen bestellten Mitglieder des Landesvorstandes wieder gewählt. Der gewählte Obmann der Bezirksorganisation Linz-Stadt und Urfahr-Umgebung ist der Kläger F*****.

Diesen Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht rechtlich dahin, daß der in der Generalversammlung vom 9.7.1991 gewählte Vereinsvorstand ohne Rücksicht darauf, ob seine Wahl allenfalls fehlerhaft erfolgt sei, zur Einberufung der Generalversammlung vom 9.4.1992 berechtigt gewesen sei. In den Statuten der beklagten Partei sei geregelt, daß sowohl bei ordentlichen als auch bei außerordentlichen Generalversammlungen eine Einberufungsfrist von 14 Tagen einzuhalten und Zeitpunkt, Versammlungsort, Beginn der Versammlung und die Tagesordnung gleichzeitig mit der Einladung bekanntzugeben seien. In welcher Form die Einladung zur Generalversammlung zu erfolgen habe, sei in den Statuten nicht geregelt. Der Vorstand könne daher jede Form der Einberufung wählen, die sicherstelle, daß alle Mitglieder rechtzeitig unterrichtet würden und teilnehmen könnten. Möglich sei mangels abweichender Regelung die Ladung durch Bekanntgabe im Mitteilungsblatt des Vereines. Als solches sei das Mitteilungsblatt des H*****verbandes Österreichs, Der österreichische H*****, anzusehen. Umstände, die befürchten ließen, die Veröffentlichung der Einladung zur Generalversammlung am 9.4.1992 in der Nr.1 des Jahrganges 1992 der genannten Zeitschrift würde eine rechtzeitige Verständigung aller Mitglieder und Ermöglichung der Teilnahme nicht sicherstellen, hätten die Kläger im erstinstanzlichen Verfahren nicht dargetan. Die am 9.4.1992 erfolgte Vorstandswahl sei ordnungs- und satzungsgemäß erfolgt. Da bei dieser Wahl zum Obmann, zu den beiden Obmannstellvertretern, zum Schriftführer und zum Kassier dieselben Personen gewählt worden seien wie bei den Wahlen vom 15.9.1988 und 9.7.1991 seien allfällige Satzungswidrigkeiten bei den früheren Wahlen durch die Neuvornahme der Abstimmung geheilt. An der Feststellung der Unwirksamkeit der vorangegangenen Wahlen bestehe infolge späterer Bestätigung kein rechtliches Interesse. Dem Hinweis des Klägers H***** in der Berufung auf ein beim Landesgericht Linz zu 2 Cg 173/92 anhängiges Verfahren könne nicht nachgegangen werden, weil dieses Vorbringen gegen das Neuerungsverbot verstoße. Sollte damit jenes Verfahren gemeint sein, in dem es nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers H***** um die Herausgabe eines Sparbuches an den Verein gehe, sei durch die vorliegende Entscheidung klargestellt, daß er die Herausgabe an die beklagte Partei nicht mit der Begründung verweigern könne, der Vorstand sei nicht vertretungsbefugt. Im übrigen hätten die beiden Kläger ein Begehren, der in den Generalversammlungen vom 15.9.1988 und 9.7.1991 gewählte Vorstand sei für die beklagte Partei nicht vertretungsbefugt gewesen, gar nicht erhoben und nach außen hin bereits getätigte Rechtshandlungen aufgrund eines nichtigen Beschlusses nur dann rückwirkend wegfallen könnten, wenn die Satzung einen gültigen Beschluß zur Wirksamkeitsvoraussetzung erhebe.

Die beiden Berufungen seien daher nicht berechtigt.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß die Werte der Entscheidungsgegenstände jeweils S 50.000 übersteigen und ordentliche Revisionen zulässig seien, weil Fragen zu lösen gewesen seien, zu denen eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die beiden Revisionen der Kläger sind zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Mitgliederversammlung eines Vereines als Willensbildungsorgan ist das oberste Vereinsorgan. Es gehört daher zu den wichtigsten Rechten eines Vereinsmitgliedes, durch Teilnahme an der Mitgliederversammlung an der Willensbildung mitzuwirken und die Gelegenheit zu sachlicher Stellungnahme zu haben. Ein Beschluß der Mitgliederversammlung eines Vereines ist rechtsunwirksam, wenn nicht allen Mitgliedern die Möglichkeit hiezu gegeben wird. Leidet die Einberufung der Mitgliederversammlung an einem Fehler, so hat dies grundsätzlich, da das Vereinsgesetz eine Unterscheidung zwischen Nichtigkeits- und Anfechtungsgründen nicht kennt, die Nichtigkeit der darin gefaßten Beschlüsse zur Folge, die mit Feststellungsklage im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden kann.

Die Zuständigkeit sowie Inhalt und Form der Einberufung der Mitgliederversammlung richtet sich zunächst nach der Vereinsverfassung. Sind in der Satzung keine Regelungen vorgesehen, so hat die Einberufung durch den Vorstand zu erfolgen, dem es freisteht, eine Form der Einberufung zu wählen, die allen Mitgliedern die Gelegenheit gibt, von Zeit, Ort und Gegenstand der Versammlung rechtzeitig Kenntnis zu erlangen, wobei auch eine durch längere Zeit hindurch geübte Observanz beachtlich sein kann. Ob eine gewählte Einberufungsart ausreichend ist, kann wegen der Vielfältigkeit der Vereine, die wegen der differierenden Größe, den Zielsetzungen, der Zahl und Zuammensetzung sowie des Wohnortes der Vereinsmitglieder keine Generalisierung zulassen, nur im Einzelfall geprüft werden. Hat ein Verein ein eigenes Mitteilungsblatt oder wird, wie im vorliegenden Fall, von einem Dachverband ein Mitteilungsblatt herausgegeben, das auch allen Mitgliedern von selbständigen Zweigverbänden übermittelt wird, so genügt es, eine Mitgliederversammlung in einer solchen als Mitteilungsblatt benützten Zeitung bekanntzumachen (vgl auch die in Deutschland hiezu übereinstimmende Lehre Steffen in RGRK12 Rz 5 zu § 32 BGB; Reuter in Münchner Kommentar2 Rz 14 zu § 32 BGB, Staudinger-Coing12 Rz 11 zu § 32 BGB; Soergel-Hadding Rz 9 zu § 32 BGB). Entgegen der Ansicht der Revisionswerber ist aber unter regelmäßigen Verhältnissen, wie diese bei der Verläßlichkeit der österreichischen Post als gegeben anzusehen sind, die Einladung mit der Aufgabe eines einfachen Briefes oder der an alle Vereinsmitglieder adressierten Vereinszeitung an die Post als bewirkt anzusehen. Damit hat der einberufende Vorstand alle nach den Umständen möglichen und zumutbaren Vorkehrungen getroffen, die geeignet sind, unter regelmäßigen Verhältnissen allen erreichbaren Mitgliedern die Möglichkeit der Kenntniserlangung zu bieten (vgl BGHZ 59, 369, 376). Die Kläger behaupten nicht einmal, von der Einberufung der hier strittigen Generalversammlungen keine Kenntnis erlangt zu haben, sondern bestreiten lediglich, daß alle Mitglieder eine Ladung erhalten hätten, wobei das Berufungsgericht aus dem Gesamtvorbringen zutreffend ableitete, daß darunter ein an jedes einzelne Mitglied persönlich gerichtetes Ladungsschreiben verstanden wurde, erst in der Folge stellten sie die Behauptung auf, daß einzelne Mitglieder die Verbandszeitung nicht erhalten hätten. Ein Unterbleiben der Absendung wurde nicht behauptet.

Das Schwergewicht der Revisionsausführungen liegt in der Behauptung der Kläger, der nach ihrer Ansicht ungültig bestellte Vorstand sei zur Einberufung von Generalversammlungen nicht berechtigt gewesen. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, daß auch ein Vereinsvorstand, dessen Funktionsperiode abgelaufen ist, zur Wahrung der Vereinskontinuität berechtigt ist, zur Durchführung von Neuwahlen eine Generalversammlung einzuberufen (SZ 58/15). Vielmehr noch muß dies gelten, wenn ein in der Vereinsversammlung gewählter, der Vereinsbehörde bekanntgegebener Vorstand, der seine Tätigkeit aufgenommen hat und noch nicht abberufen wurde, eine Generalversammlung zur Neuwahl eines Vorstandes einberuft und dessen Legitimation nur von einem einzelnen oder mehreren Mitgliedern bestritten wird. Der von den Klägern vertretene Rechtsstandpunkt müßte zu dem unhaltbaren Ergebnis führen, daß ein einziges Vereinsmitglied durch die bloße Behauptung einer Nichtigkeit in der Beschlußfassung durch Jahre hindurch die gesamte Vereinstätigkeit blockieren und eine im Vereinsinteresse wünschenswerte Sanierung eines allenfalls ungültigen Beschlusses verhindern könnte.

Der schon in der Generalversammlung vom 15.9.1988 und 9.7.1991 gewählte Vereinsvorstand war daher unabhängig davon, ob bei den Einberufungen zu diesen Fehler unterlaufen sind oder nicht, zur Einberufung der Generalversammlung vom 9.4.1992, auf deren Tagesordnung auch die Neuwahl des Vorstandes stand, berechtigt. Ob diese nun als ordentliche oder außerordentliche Generalversammlung zu betrachten ist, macht keinen Unterschied, weil die Satzung der beklagten Partei in den Kompetenzen keine Differenzierung oder Einschränkung enthält. Die Einberufung durch rechtzeitige Bekanntgabe in der an die Mitglieder der beklagten Partei versandten Verbandszeitschrift war auch fehlerfrei, so daß die Wahl der schon in den beiden vorangegangenen Generalversammlungen gewählten Vorstandsmitglieder mit keinem Mangel behaftet war. Damit besteht aber über das zu bejahende Interesse jedes Vereinsmitgliedes hinaus, daß der Verein durch ordnungsgemäß bestellte Organe vertreten wird, kein allgemeines rechtliches Interesse mehr daran, daß ein früherer Vorstand des Vereines fehlerhaft gewählt war. Hiezu bedürfte es eines konkreten, darüber hinausgehenden besonderen rechtlichen Interesses. Ein solches hat der Kläger F***** nicht geltend gemacht, der Kläger H***** begründete sein rechtliches Interesse mit einem anhängigen Rechtsstreit über die Herausgabe eines Sparbuches an den Verein, hiezu sei die Klärung der Vertretungsbefugnis von entscheidender Bedeutung. Abgesehen von den bereits vom Berufungsgericht dargelegten Argumenten haben, wie sich aus dem Akt der Vereinsbehörde ergibt, der stellvertretende Vorstandsvorsitzende und die Kassierin am 18.2.1988 dieser Behörde mitgeteilt, daß Regierungsrat H***** seine Funktion als Obmann des Landesverbandes zurückgelegt habe, der bisherige Obmannstellvertreter Regierungsrat S***** mit Vorstandsbeschluß vom 15.2.1988 zum geschäftsführenden Landesobmann bestellt worden sei und eine Generalversammlung für die nächste Zeit anberaumt werde. Da nach den Behauptungen der Kläger die Vorstandsmitglieder zu diesem Zeitpunkt ordnungsgemäß gewählt waren, wäre die Rückgabe des Vereinssparbuches an eines dieser Vorstandsmitglieder ohne jede Schwierigkeit möglich gewesen, denn die nach der Behauptung erste ungültige Vorstandswahl fand erst am 15.9.1988 statt.

Schließlich wäre jedenfalls eine gerichtliche Hinterlegung des Sparbuches gemäß § 1425 ABGB möglich gewesen.

Den Revisionen der beiden Kläger war daher ein Erfolg zu versagen.

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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