OGH 6Ob615/94

OGH6Ob615/947.12.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der am 25.7.1989 geborenen Sabrina L***** infolge Revisionsrekurses der Minderjährigen, vertreten durch den Magistrat Villach, Jugendamt, als Unterhaltssachwalter, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Klagenfurt vom 16.Juni 1994, GZ 2 R 247/94-22, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Villach von 21.März 1994, GZ 3 P 33/91-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf Antrag des Vaters setzte das Erstgericht den monatlich an seine dreijährige außereheliche Tochter zu zahlenden Unterhalt von bisher S 2.000 ab 24.2.1994 auf S 1.700 herab. Der Vater beziehe nach einem schweren Autounfall lediglich ein Krankengeld von monatlich S 11.500 und sei für ein weiteres, am 3.9.1992 geborenes Kind, für das er S

1.800 monatlich Unterhalt zu leisten habe, unterhaltspflichtig.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Minderjährigen, in welchem vorgebracht wurde, der Vater habe kurz vor der Beschlußfassung in erster Instanz rund S 50.000 an Schmerzengeld ausgezahlt erhalten, dieses sei als Einkommensbestandteil in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen, keine Folge. Es führte aus, alle dem Unterhaltsschuldner tatsächlich zufließenden verfügbaren Mittel seien zwar grundsätzlich in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen; solle mit solchen Mitteln jedoch ausschließlich ein bestimmter Sonderaufwand des Unterhaltsberechtigten abgedeckt werden, seien diese bei der Bemessung des Unterhaltes aber nicht zu berücksichtigen. Schmerzengeldansprüche des Unterhaltspflichtigen könnten nicht berücksichtigt werden, weil das Schmerzengeld, das der Wiedergutmachung ideeller Schäden diene, es dem Geschädigten im wesentlichen ermöglichen solle, sein seelisches Gleichgewicht wieder herzustellen; es sei demnach einem Heilaufwand gleichzusetzen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil zu der entscheidungswesentlichen Frage, ob Schmerzengeld in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei, eine höchstgerichtliche Judikatur noch fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Die Gerichte zweiter Instanz haben in ständiger konformer Rechtsprechung erkannt, daß das einem Unterhaltspflichtigen zukommende Schmerzengeld nicht in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist (EFSlg 65351; 56334; 45218 u.a.). Dieser Judikatur ist zuzustimmen.

Unter Einkommen eines Unterhaltspflichtigen ist grundsätzlich alles zu verstehen, was diesem, sei es an Naturalleistungen oder an Geldleistungen welcher Art immer, auf Grund eines Anspruches zukommt, soferne gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen. Wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung 6 Ob 635/93 dargelegt hat, führt eine der Leistung zugrunde liegende Zweckbestimmung für sich allein im allgemeinen noch nicht zwingend zum Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage; dies kann jedoch dann der Fall sein, wenn die Leistung ausschließlich einen bestimmten Sonderbedarf abdecken soll, sodaß jene Teile der Einkünfte (in der zitierten Entscheidung Pflegeld nach dem BPG; in der Entscheidung EvBl 1992/27 = EFSlg 66471 ein Hilfelosenzuschuß), die dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes dienen, jedenfalls außer Betracht zu bleiben haben. Ähnliches trifft auf einen Schmerzengeldanspruch zu: Das Schmerzengeld hat keine Entgeltersatzfunktion. Es soll vielmehr den ideellen, immateriellen Schaden abgelten, Vorteile für Nachteile gewähren, ein Ausgleich zur Gewährung von Daseinsfreude, zumindest aber für entzogene Lebensfreude sein und auf andere Weise gewisse Annehmlichkeiten und Erleichterungen verschaffen. Das Schmerzengeld als Genugtuung für alles Ungemach, das der Verletzte im ideellen Bereich erdulden mußte bzw muß, dient auch dazu, das gestörte Gleichgewicht der Persönlichkeit (zumindest teilweise) wiederherzustellen. Es ist daher ähnlich wie ein Ersatz für Sonderbedarf zu sehen und daher in die Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht einzubeziehen. Daran vermag auch nichts zu ändern, daß das Schmerzengeld unter den in §§ 290 und 290 a EO als unpfändbaren oder nur beschränkt pfändbaren Ansprüchen nicht angeführt ist.

Dem Revisionsrekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

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