Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung eines Zinsenmehrbegehrens von 10 % aus 21.112,78 S ab 14. Juni 1986 unberührt bleiben, werden im übrigen aufgehoben. Die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen, das auf die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens gleich weiteren Verfahrenskosten Bedacht zu nehmen haben wird.
Text
Begründung
Die Beklagte war Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ 320 KG Lebern. Die angrenzende Liegenschaft EZ 1439 KG Lebern stand im Miteigentum der Beklagten und ihres Ehemannes. Die Grenze zwischen den beiden Liegenschaften verlief quer durch ein Wohnhaus. Da die Beklagte von der ihr gehörigen Liegenschaft zwei Teilflächen verkaufen wollte, wurde dem Kläger der Auftrag erteilt, einen Teilungsplan herzustellen. Nach dem vom Kläger hergestellten Plan wurde - ungeachtet der unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse - die Grenze zwischen den beiden Liegenschaften derart verlegt, daß sich das Haus zur Gänze auf der Liegenschaft EZ 320 befindet. Der Kläger stellte für seine Tätigkeit einen Betrag von 41.112,78 S in Rechnung, worauf die Beklagte eine Teilzahlung von 20.000 S leistete. Der Kläger begehrte die Bezahlung des Restbetrages von 21.112,78 S samt Anhang.
Die Beklagte wendete ein, die Verlegung der zwischen den Liegenschaften befindlichen Grenze habe nicht dem Auftrag entsprochen. Der Teilungsplan sei wegen der unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse grundbücherlich nicht durchführbar gewesen. Der Auftrag sei daher nicht ordnungsgemäß erfüllt worden. Es liege ein unbehebbarer wesentlicher Mangel vor. Der Beklagten sei nichts anderes übrig geblieben, als ihrem Ehemann die Hälfte ihrer Liegenschaft grundbücherlich ins Eigentum zu übertragen. Für die Vertragserrichtung seien 20.000 S zu bezahlen gewesen. Weiters habe die Beklagte die Grundstücksverkäufe erst verspätet durchführen und den Kaufpreis verspätet vereinnahmen können, sodaß ihr an "Gewinnzinsen" 8.032,11 S entgangen seien. Außerdem habe sie für einen bereits zuvor vereinbarten Ankauf einer Liegenschaft einen Kredit von 350.000 S aufnehmen müssen, was bei ordnungsgemäßer Planerstellung und Kaufabwicklung unterblieben wäre. Die Kreditzinsen und Nebengebühren beliefen sich auf 12.075 S. Unter dem Titel des Schadenersatzes würden als Gegenforderungen eingewendet der Zinsenverlust und die Kreditkosten von 19.474,90 S, die Kosten der Errichtung und Durchführung des Schenkungsvertrages von 20.000 S sowie der Schaden, der der Beklagten durch die Aufgabe ihres Eigentumsrechtes erwachsen sei.
Der Kläger erwiderte, der von ihm erstellte Plan habe dem erteilten Auftrag entsprochen. Die Beklagte habe keine Mängelrüge erhoben. Es wäre auch eine Änderung des Planes möglich gewesen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Aus seinen Feststellungen ist folgendes hervorzuheben:
Der Kläger hatte den Auftrag erhalten, zwei zur Liegenschaft EZ 320 gehörende Grundflächen im Ausmaß von 1500 m2 und 1000 m2 abzutrennen, einen Zufahrtsweg für diese Grundstücke zu errichten sowie "im nordöstlichen und südwestlichen Bereich die Grundstücksgrenze mit einem Meter Abstand von den vorhandenen Gebäuden zu errichten". Der Kläger, dem die Eigentumsverhältnisse bekannt waren, "entfernte" im Zuge seiner Tätigkeit die durch das Wohnhaus verlaufende Grundstücksgrenze, da gemäß der steiermärkischen Bauordnung solche Grundstücksgrenzen nur entlang einer Feuerwand verlaufen dürfen. Am 2. April 1986 reichte der Kläger die Planurkunde bei der Gemeinde zwecks Bewilligung gemäß § 35 des Raumordnungsgesetzes ein. Am 22. April wurde der Plan beim Vermessungsamt zwecks Bescheinigung eingereicht. Die diesbezüglichen Bescheide wurden dem Kläger am 22. Mai vom Vermessungsamt und am 13. Juni vom Gemeindeamt zugestellt, worauf er noch am selben Tag die Unterlagen dem Notar Dr. M*** übergab. Bereits am 18. Februar 1986 erhielt Dr. K*** eine Planurkunde zwecks Vertragserrichtung vom Kläger zugeschickt. Im März 1986 hatte die Beklagte einen Käufer für das Grundstück im Ausmaß von 1500 m2, weshalb die Planurkunde dringend benötigt wurde. Am 17. Februar 1986 schloß die Beklagte mit einem Ehepaar einen Kaufvorvertrag, in welchem vereinbart wurde, einen Kaufvertrag abzuschließen, sobald die Widmung für das Kaufobjekt erteilt worden ist und ein grundbuchsfähiger Teilungsplan vorliegt. Der Vertrag wurde befristet bis Ende Juni 1986. Als Kaufsumme wurden 500.000 S festgelegt, ein Zahlungstermin wurde nicht vereinbart. Am 8. Juni 1986 bezahlten die Käufer 150.000 S und am 24. November 1986 350.000 S. Der Schenkungsvertrag zwischen der Beklagten und ihrem Gatten wurde am 18. Juni 1986 abgeschlossen. Für die Durchführung des Schenkungsvertrages samt Ranganmerkung einschließlich sämtlicher Nebenarbeiten inklusive der grundbücherlichen Durchführung des Teilungsplanes verzeichnete der Vertragsverfasser Dr. M*** pauschal 20.000 S. Im Schenkungsvertrag zwischen der Beklagten und ihrem Gatten verpflichtete sich der Geschenknehmer, sämtliche Kosten dieses Rechtsgeschäftes zu übernehmen. Durch diesen Schenkungsvertrag verlor die Beklagte rund 360 m2 Grund, wobei die Grundstückspreise zwischen 300 S und 400 S pro Quadratmeter liegen. Die Beklagte hat mit ihrem Gatten im August 1986 eine Liegenschaft zum Preis von 750.000 S erworben und zur Finanzierung einen Kredit aufgenommen, woraus insgesamt Unkosten von 19.474,90 S entstanden sind. Nach Erhalt der Gebührenmitteilung rief die Beklagte beim Kläger an und erklärte, diesen Betrag nicht auf einmal zahlen zu können. Daraufhin vereinbarten die Streitteile eine Teilzahlung von 20.000 S sofort und den Rest binnen Monatsfrist.
Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, der Kläger hätte in dem Augenblick, in welchem er die unterschiedlichen Eigentumsverhältnisse habe erkennen können, mit dem Auftraggeber Rücksprache halten müssen. Hier liege sogar ein schuldhaftes Verhalten des Klägers vor, da es nicht angehe, ohne diesbezüglichen Auftrag eine Grundstücksgrenze zu verlegen und dadurch verschiedene Eigentumsverhältnisse zu schaffen. Da diese Verletzung der Aufklärungspflicht "schuldhaft vorgenommen" sei, sei dem Kläger nicht nur der Anspruch auf Entgelt für sein Werk verloren gegangen, sondern er werde auch für den weiteren Schaden der Auftraggeber haften müssen.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil dahin ab, daß die eingeklagte Forderung - abgesehen von einem Zinsenmehrbegehren - zu Recht, die Gegenforderung aber nicht zu Recht bestehe und die beklagte Partei schuldig sei, die als zu Recht bestehend festgestellte Klagsforderung samt 4 % Zinsen ab 14. Juni 1986 zu bezahlen. Das Zinsenmehrbegehren von 10 % wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht erklärte die Revision für nicht zulässig. Es ging bei seiner Entscheidung davon aus, daß der Kläger den Auftrag gehabt habe, die Grenze zwischen beiden Liegenschaften zu verlegen, allerdings nicht, wie er es getan habe, sondern in einem Abstand von einem Meter zum Wohnhaus. Daraus zog das Berufungsgericht den Schluß, daß dann, wenn der Kläger vereinbarungsgemäß vorgegangen wäre, höhere Kosten entstanden wären, weil der Kläger eine weitere Grundstücksgrenze hätte ausmessen müssen. Der Abschluß eines Schenkungsvertrages wäre auch in diesem Fall notwendig gewesen. Der zeitliche Ablauf wäre nicht anders gewesen. Ein Anspruch auf Gewinnzinsen und Kreditzinsen bestehe daher nicht. Der Betrag von 20.000 S sei nach dem Schenkungsvertrag vom Beschenkten übernommen worden. Es handle sich also um keinen Schaden der Klägerin. Den Schaden wegen Übergabe eines Hälfteanteiles an ihren Ehemann habe die Beklagte nicht beziffert. Da die Beklagte selbst davon ausgehe, daß eine Mängelbehebung nicht möglich sei, sei die Beklagte zur Leistung verpflichtet, zumal die Gegenforderungen nicht zum Tragen kämen und ein Preisminderungsanspruch nicht berechtigt sei. Die Beklagte bekämpft das Urteil des Berufungsgerichtes mit außerordentlicher Revision und beantragt, es dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. Hilfsweise stellt die Beklagte einen Aufhebungsantrag.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen, allenfalls ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist trotz des Ausspruches des Berufungsgerichtes über ihre Unzulässigkeit - gemäß § 508 a Abs 1 ZPO ist der Oberste Gerichtshof an diesen Ausspruch nicht gebunden - zulässig und auch berechtigt.
Die Revisionswerberin führt aus, das Berufungsgericht habe Fragen materiellen und formellen Rechtes, denen erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO zukomme, unrichtig gelöst. Die Beklagte sei berechtigt gewesen, vom Vertrag zurückzutreten. Sie wäre nur im Rahmen einer Bereicherung leistungspflichtig, wobei allerdings ihre für die Sanierung des mangelhaften Werkes gemachten Aufwendungen zu berücksichtigen seien. Der Teilungsplan sei zur Verwendung in der beabsichtigten Form ungeeignet gewesen. Ein Auftrag zur Verlegung der Grenze zwischen den beiden Liegenschaften sei überhaupt nicht erteilt worden. Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes entsprächen nicht den Feststellungen und beruhten auf einem Irrtum. Ein Preisminderungsanspruch der Beklagten müsse sich im Rahmen der Verbesserungsarbeiten bewegen, die zur Brauchbarmachung des Werkes erforderlich seien. Dieser Verbesserungsaufwand habe 20.000 S betragen. Wer für diesen Aufwand aufzukommen habe, sei unbeachtlich. Es sei klar, daß dieser Aufwand "aus dem gemeinsamen Topf der Ehegatten gekommen" sei. Ein Preisminderungsanspruch in der Höhe des Klagsbetrages sei der Beklagten jedenfalls zuzubilligen. Durch den Abschluß des Schenkungsvertrages habe sich eine zeitliche Verschiebung ergeben. Die Geltendmachung von Kreditgebühren und Zinsen sei daher zu Recht erfolgt, da der Käufer eines der beiden Grundstücke den Kaufpreis erst nach grundbücherlicher Durchführung bezahlt habe. Durch die Gleichstellung der Eigentumsverhältnisse habe die Beklagte eine Grundfläche von 360 m2 verloren und dadurch einen Schaden von 108.000 S erlitten.
Der Oberste Gerichtshof hat folgendes erwogen:
Gemäß § 498 ZPO hat das Berufungsgericht seiner Entscheidung die Feststellungen des Erstgerichtes, soweit diese nicht bekämpft oder durch Beweiswiederholung widerlegt wurden, zugrudezulegen (Fasching, Zivilprozeßrecht, Rz 1832). Weicht das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung vom festgestellten Sachverhalt ab, dann verletzt es einen wesentlichen Grundsatz des Verfahrensrechtes, der eine Zulassung der Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO rechtfertigt. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen über den dem Kläger erteilten Auftrag sind unklar. Es kann ihnen nicht entnommen werden, daß der Kläger die zwischen den beiden Liegenschaften befindliche Grenze derart verlegen sollte, daß sie nicht durch das Haus verläuft. Daß das Erstgericht einen Auftrag zur Verlegung dieser Grenze nicht annahm, ergibt sich eindeutig aus seiner rechtlichen Beurteilung. Was die Feststellung, der Kläger habe "im nordöstlichen und südwestlichen Bereich die Grundstücksgrenze mit einem Meter Abstand von den vorhandenen Gebäuden zu errichten" gehabt, bedeuten soll, ist unklar. Davon, daß es sich bei der erwähnten Grenze um jene zwischen den beiden Liegenschaften und bei den "vorhandenen Gebäuden" um das Wohnhaus handeln sollte, kann auf Grund der Feststellungen nicht ausgegangen werden. Trotzdem nahm das Berufungsgericht ohne Beweiswiederholung oder Beweisergänzung an, der Kläger habe den Auftrag gehabt, die zwischen den beiden Liegenschaften befindliche Grenze zu verlegen. Die Beklagte rügt dies auch in der Revision, da sie darauf hinweist, daß die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichtes den Feststellungen nicht entsprechen und auf einem Mißverständnis beruhen.
Solange nicht feststeht, welchen Auftrag der Kläger tatsächlich hatte, insbesondere, ob er die zwischen den beiden Liegenschaften befindliche Grenze ändern sollte, ist eine abschließende rechtliche Beurteilung nicht möglich. Sollte sich herausstellen, daß eine Verlegung der Liegenschaftsgrenze nicht dem Auftrag entsprach, müßte geklärt werden, ob nachträglich noch eine Änderung des Teilungsplanes möglich und zweckmäßiger gewesen wäre (die Parteien vertreten hiezu verschiedene Ansichten) als eine Anpassung der Eigentumsverhältnisse an die neuen Grenzen. Nach den derzeitigen Feststellungen kann jedenfalls noch nicht ausgeschlossen werden, daß die Beklagte bei auftragswidrigem Verhalten des Klägers zumindest Schadenersatzansprüche hätte, wobei auch noch nicht feststeht, ob und in welchem Umfang ihr tatsächlich ein Schaden erwachsen ist. Auf die damit zusammenhängenden Fragen kann erst eingegangen werden, wenn der Sachverhalt entsprechend ergänzt ist.
Aus diesen Gründen mußten die Urteile der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung aufgehoben werden, wobei wegen des allenfalls erforderlichen Umfanges des zu ergänzenden Verfahrens eine Zurückverweisung der Sache an das Erstgericht erfolgte. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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