Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Im Vorprozess 15 C 67/00t des Bezirksgerichts Hallein wurde über die Ehelichkeitsbestreitungsklage des Beklagten (dort Kläger) rechtskräftig festgestellt, dass der Beklagte nicht Vater der am 8. 11. 1987 geborenen Klägerin sei. Der Beklagte widerlegte somit erfolgreich die Ehelichkeitsvermutung des § 138 Abs 1 ABGB. Ein Sachverständigengutachten war in diesem Vorverfahren aber nicht eingeholt worden. Das Urteil stützte sich im Wesentlichen auf die Angaben der Mutter und des Beklagten.
In einem weiteren Prozess (3 C 13/02s) des Bezirksgerichts Hallein wurde die Klage des Kindes auf Feststellung der Vaterschaft eines anderen Mannes rechtskräftig abgewiesen. Die Vaterschaft des dort Beklagten konnte nach Einholung eines DNA-Gutachtens ausgeschlossen werden.
In dem hier zu beurteilenden dritten Verfahren war das Klagebegehren der durch den Jugendwohlfahrtsträger vertretenen Klägerin zunächst auf die Feststellung der Vaterschaft des Beklagten mit der Begründung gerichtet, dass er der Mutter in der gesetzlichen Vermutungsfrist beigewohnt habe. Die Klägerin stützte sich auf eine schriftliche Aussage ihrer Mutter (diese freilich im völligen Gegensatz zur Aussage im Vorprozess) sowie erkennbar auch auf ein einzuholendes medizinisches Gutachten. Der Beklagte bestritt seine Vaterschaft und wandte das Prozesshindernis der entschiedenen Sache ein. Nach Einholung eines DNA-Gutachtens schloss das Erstgericht am 15. 3. 2004 die Verhandlung. Nach Wiedereröffnung der Verhandlung und Anleitung durch den Prozessrichter stellte die Klägerin ihr Klagebegehren um und begehrte nunmehr die Wiederaufnahme des Vorprozesses über die Ehelichkeitsbestreitungsklage des Beklagten (15 C 67/00t des Bezirksgerichts Hallein), die Aufhebung des dort ergangenen Urteils und die Abweisung der Ehelichkeitsbestreitungsklage.
Der Beklagte sprach sich gegen die Zulassung der Klageänderung aus.
Das Erstgericht gab dem Wiederaufnahmebegehren statt, hob das erstinstanzliche Urteil im Ehelichkeitsbestreitungsprozess auf und wies die Ehelichkeitsbestreitungsklage ab. Es stellte fest, dass nach dem eingeholten Gutachten der Beklagte als Vater der Klägerin nicht ausgeschlossen werden könne, dass vielmehr die Vaterschaftswahrscheinlichkeit aufgrund der ermittelten Erbmerkmalverteilung 99,99 % betrage, dass also die Vaterschaft praktisch erwiesen sei. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, dass in der Umstellung des Klagebegehrens keine Klageänderung gemäß § 235 ZPO, sondern nur eine Richtigstellung im Rahmen der richterlichen Manuduktionspflicht zu erblicken sei. Der Wiederaufnahmsgrund der geänderten Aussage der Mutter der Klägerin sei nicht verfristet, weil die Frist mit der am 17. 9. 2003 eingebrachten Klage infolge der Gerichtsferien eingehalten worden sei.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es teilte die Auffassung des Erstgerichts, dass mit der Umstellung des Klagebegehrens nur eine Richtigstellung auf Grund der erforderlichen materiellen Prozessleitung und Belehrung des Erstgerichts erfolgt sei (§§ 182 und 182a ZPO). Das Rechtsschutzziel der Klägerin sei trotz Formulierung eines auf die Feststellung der Vaterschaft gerichteten Begehrens klar dahin erkennbar gewesen, dass die Klägerin die Beseitigung der Rechtskraftwirkung des Urteils im Ehelichkeitsbestreitungsprozess anstrebe. Die Anleitungspflicht des Erstgerichts ergebe sich schon aus dem für das Abstammungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz. Dass die Umstellung des Klagebegehrens nicht sofort, sondern erst nach Wiedereröffnung des Verfahrens vorgenommen worden sei, könne der Klägerin nicht im Sinne einer Verfristung der Wiederaufnahmsgründe angelastet werden. Eine Wiederaufnahmsklage könne schon vor Beginn der Klagefrist mit Erfolg erhoben werden. Aus der Klage ergebe sich, dass ein DNA-Gutachten eingeholt werden sollte. Die Klägerin habe damit und mit der vorgelegten schriftlichen Aussage ihrer Mutter neue Beweismittel im Sinne des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend gemacht.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil zum Umfang der richterlichen Anleitungspflicht zu einer Umstellung des Klagebegehrens eine einschlägige oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Beklagte die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren der Klägerin zurückgewiesen werde (hilfsweise abgewiesen werde).
Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil zur gestellten Rechtsfrage eine jüngere oberstgerichtliche Judikatur nicht vorliegt. Die Revision ist aber nicht berechtigt.
Die Frage, ob eine Klageänderung im Sinne des § 235 Abs 1 bis 3 ZPO vorliegt oder aber bloß eine Richtigstellung des Klagebegehrens ohne Änderung des Klagegrundes im Sinne des § 235 Abs 4 ZPO, hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Die vom Beklagten bekämpfte Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist zusammengefasst diejenige, dass die nicht durch einen sachkundigen Rechtsanwalt vertretene Klägerin von Anfang an mit ihrer Klage auf Feststellung der Vaterschaft des Beklagten die Wirkungen des rechtskräftigen Urteils im Ehelichkeitsbestreitungsprozess mit neuen Beweismitteln beseitigen habe wollen und sich nur rechtsirrtümlich in der Fassung des Klagebegehrens vergriffen habe. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Anleitungspflicht des Prozessgerichts und zur Richtigstellung von offenbaren Irrtümern bei der Fassung des Klagebegehrens (zu Letzterer RIS-Justiz RS00039388) sind nicht als rechtliche Fehlbeurteilung zu beanstanden. Die bejahte Zulässigkeit der Umdeutung des Klagebegehrens in ein Wiederaufnahmsbegehren kann auf die - wenn auch schon ältere - oberstgerichtliche Entscheidung 2 Ob 300/56 gestützt werden, der ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag. Auch dort war in einem Vorprozess die (uneheliche) Vaterschaft des Beklagten rechtskräftig festgestellt worden. Im Folgeprozess begehrte der Vater (als Kläger) die Feststellung, dass er nicht der Vater des Kindes sei. Das Berufungsgericht erklärte das meritorische erstinstanzliche Urteil für nichtig und wies das Klagebegehren wegen entschiedener Sache zurück. Der Oberste Gerichtshof hob diese Entscheidung mit der wesentlichen Begründung auf, dass es dem rechtsunkundigen Kläger nicht auf die Form seines Klagebegehrens, sondern nur darauf angekommen sei, dass seinerzeit im Vaterschaftsprozess die Durchführung der erbbiologisch-anthropologischen Untersuchung nicht durchgeführt worden sei. Dem Kläger sei es nicht auf die prozessuale Form seines Klagebegehrens, sondern darauf angekommen, das zuvor gegen ihn ergangene Vaterschaftsurteil durch Durchführung des Sachverständigenbeweises aus den Angeln zu heben. Wenn der Prozessrichter eine Belehrung des Klägers entgegen den Bestimmungen des § 182 ZPO unterlassen habe und ihn nicht zu einer entsprechenden Verbesserung des Klagebegehrens angeleitet habe, so ändere dies nichts daran, dass es sich bei der Klage nach dem offenbaren Willen des Klägers um eine Wiederaufnahmsklage im Sinn des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO gehandelt habe, mit welcher er die Durchführung der erbbiologisch-anthropologischen Untersuchung durchsetzen habe wollen. Für die Beurteilung der Frage, ob und was begehrt werde, sei nicht allein der Wortlaut des Klagebegehrens maßgebend, sondern auch der übrige Inhalt der Klage. Wenn es sich nur darum handle, das unrichtig geformte Klagebegehren richtig zu fassen, stehe dem auch nicht die Bestimmung des § 405 ZPO im Wege. Dem Kläger werde nicht etwas anderes zugesprochen, als er verlangt habe.
Diesen Rechtsausführungen ist beizutreten. Sie sind auch im vorliegenden Fall maßgeblich. Wenn bei richtigem Verständnis des Klagebegehrens und der zugrunde liegenden Klageerzählung die am 17. 9. 2003 eingebrachte Klage als Wiederaufnahmsklage aufzufassen ist, ist den Revisionsausführungen zum Prozesshindernis der entschiedenen Sache und zur Unzulässigkeit einer Klageänderung der Boden entzogen. Zur fehlenden Verfristung der Wiederaufnahmsgründe kann auf die Erwägungen des Berufungsgerichts verwiesen werden (§ 510 Abs 3 ZPO). Da die Revision zur Tauglichkeit der Wiederaufnahmsgründe nichts ausführt, bedarf es zu diesem Thema keiner weiteren Begründung.
Der Revision des Beklagten ist daher nicht stattzugeben.
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