OGH 6Ob573/91

OGH6Ob573/914.7.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Redl, Dr. Kellner und Dr. Schiemer als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Michael *****, infolge Revisionsrekurses des Minderjährigen, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Imst als Unterhaltssachwalter, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 3. Mai 1991, GZ 3 b R 64/91-55, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Imst vom 8. April 1991, GZ P 46/87-52, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Text

Begründung

Der mj. Michael ***** ist der uneheliche Sohn der Renate ***** und des Gebhard *****. Er lebt im Haushalt der Mutter und besucht die vierte Klasse einer Höheren Technischen Lehranstalt, Fachrichtung Hoch- und Tiefbau. Der Vater ist, ebenso wie seine Ehefrau, Hauptschullehrer und noch für drei eheliche Kinder sorgepflichtig. Ausgehend von diesen Umständen wurde über Antrag des Unterhaltssachwalters im Einvernehmen mit dem Unterhaltspflichtigen dessen Unterhaltsbeitrag für den minderjährigen außerehelichen Sohn mit Beschluß des Erstgerichtes vom 30.1.1991 ab 1.2.1991 mit S 3.580 (Regelbedarf) festgesetzt.

Der Vater stellte den Antrag, seinen Unterhaltsbeitrag für die Zeit vom 6.7.1991 bis 10.7.1992 auf monatlich S 1.000 herabzusetzen, weil er in diesem Zeitraum lediglich S 5.101 an Karenzgeld beziehen werde. Er werde anstelle seiner Ehefrau, welche das erste Karenzjahr in Anspruch genommen habe, das zweite Karenzjahr für sein jüngstes Kind konsumieren. Der Karenzurlaub sei ihm bereits vom Amt der Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 19.11.1990 bewilligt worden.

Der Unterhaltssachwalter sprach sich in seiner Stellungnahme gegen den Herabsetzungsantrag des Vaters aus, weil die Wahl des Karenzurlaubes nicht zwingend notwendig sei, sondern dieser freiwillig in Anspruch genommen werde. Dieser freiwillige Verzicht des Vaters auf sein Gehalt, an dessen Stelle jenes seiner Ehefrau, ebenfalls Hauptschullehrerin, trete, dürfe sich nicht zum Nachteil des außerehelichen Kindes, das auf die Unterhaltsleistungen des Vaters angewiesen sei, auswirken.

Das Erstgericht wies den Herabsetzungsantrag des Vaters ab.

Die freiwillige Inanspruchnahme des Karenzurlaubes dürfe im Sinne des Gleichheitsgrundsatzes nicht zu Lasten des unehelichen Kindes gehen. Die Existenz des unterhaltspflichtigen Vaters sei nicht gefährdet, weil seine in Zukunft wieder berufstätige Ehefrau für das Familieneinkommen zu sorgen habe. Der Unterhalt des Minderjährigen könne auch aus dem niedrigen Einkommen des Vaters oder aus Rücklagen bestritten werden. Es gehe nicht an, daß eine Verminderung des Unterhaltes für sein außereheliches Kind indirekt zu einer Erhöhung des Einkommens der Familie des Vaters führe, wie dies hier offenbar angestrebt werde. Ein Einkommensverzicht aus bloßen Loyalitätserwägungen des Vaters gegenüber seiner Ehefrau dürfe den außerehelichen Minderjährigen nicht belasten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und setzte den Unterhaltsbeitrag des Vaters für die Zeit vom 6.7.1991 bis 10.7.1992 um S 1.580 auf S 2.000 monatlich herab. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei und führte aus, nach der Absicht des Gesetzgebers, der den Karenzurlaub für den Vater ermöglicht habe, müsse einem Vater in der Regel zugebillgit werden, daß er die Führung des Haushaltes und die Betreuung der Kinder übernehme, anstatt sich dem Erwerb im Berufsleben zu widmen. Mache ein Vater von diesem Recht Gebrauch, dürfe er nicht angespannt und auf die mögliche Erzielung eines höheren Erwerbseinkommens verwiesen werden. Die Verminderung des Einkommens des Vaters könne daher nicht ohne Einfluß auf die Unterhaltspflicht gegenüber seinem unehelichen Sohn bleiben. Das Karenzurlaubsgeld von S 5.101 monatlich bleibe grundsätzlich in der freien Verfügung des Vaters, weil seine berufstätige Ehefrau an seiner Stelle für das Familieneinkommen sorgen müsse. Es sei daher das dem Vater zur Verfügung stehende verringerte Einkommen zwischen dem Vater und seinem unehelichen Sohn, welcher an der notwendigen Einschränkung ebenso teilhaben müsse wie an einer Erhöhung, aufzuteilen. Angesichts der Bedarfslage des mittlerweile 18jährigen HTL-Schülers sei eine Einschränkung auf einen monatlichen Unterhaltsbeitrag auf weniger als S 2.000 nicht vertretbar, sodaß dieser Betrag gerechtfertigt sei.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Mit dem Elternkarenzurlaubsgesetz (idF des Karenzurlaubserweiterungsgesetzes BGBl 1990/408) hat der Gesetzgeber eine Wahlmöglichkeit der Eltern geschaffen, welcher Teil die Pflege nach der Geburt eines im gemeinsamen Haushalt lebenden Kindes übernehmen will. Er hat sowohl in § 94 Abs 2 als auch in § 140 ABGB die Gleichwertigkeit von Haushaltsführung und Betreuung mit dem Geldunterhalt normiert sowie im AB zum Karenzurlaubsgesetz (1166 BlgNR 17.GP 2) ausgeführt, daß der Karenzurlaub für Väter schon aus Gründen der Gleichheit und Gleichbehandlung eingeführt und ausgestaltet wurde. Beansprucht daher ein Vater einen Karenzurlaub, so tut er dies auf Grund eines ihm vom Gesetzgeber eingeräumten Rechtes. Dies ändert aber nichts daran, daß dadurch schon im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes ein uneheliches Kind, dem Unterhaltsansprüche zustehen, nicht benachteiligt werden darf. Denn die Verpflichtung der Eltern, gemäß § 140 ABGB zur Deckung der Bedürfnisse auch des unehelichen Kindes "nach ihren Kräften" beizutragen, wird durch die Inanspruchnahme eines Karenzurlaubes nicht gemindert. Der Verzicht auf die Erzielung eines höheren Einkommens, der nicht durch besondere berücksichtigungswürdige Umstände (solche wurden hier nicht behauptet) erzwungen ist, darf nicht zu Lasten eines Unterhaltsberechtigten gehen. Der Vater hat nichts vorgebracht, was eine Herabsetzung des mit seinem Einvernehmen ohnedies nur in Höhe des Regelbedarfes ab 1.2.1991 festgesetzten Unterhaltes für sein uneheliches Kind rechtfertigen könnte. Sein Verzicht auf die Erzielung eines möglichen höheren Einkommens während des von ihm beabsichtigten Karenzurlaubes kann, solange nicht besondere Gründe eine solche Maßnahme rechtfertigen, den Unterhaltsanspruch seines außerehelichen Kindes nicht schmälern.

Der Beschluß des Erstgerichtes war daher wiederherzustellen.

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