OGH 6Ob568/90

OGH6Ob568/9029.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Schlosser, Dr. Redl und Dr. Kellner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Dkfm. Geza M***, Exportkaufmann; 2.) Lydia M***, Haushalt, beide in 1200 Wien, Ospelgasse 13, beide vertreten durch Dr. Herbert Gartner und Dr. Thomas Furherr, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Karl N***, Kaufmann; 2.) Monika N***, Kauffrau, beide in 1190 Wien, Agnesgasse 15 b, beide vertreten durch Dr. Guido Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Duldung und Unterlassung (Streitwert 30.000 S), infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 14. November 1989, GZ 45 R 670/89-30, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Bezirksgerichtes Döbling vom 4. August 1989, GZ 5 C 1301/89m-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die als "außerordentliche Revision" bezeichnete Revision wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die beiden Kläger als Notwegeberechtigte an dem zum Gutsbestand der Liegenschaft EZ 725 KG Obersievering gehörigen Grundstück Nr. 318/7 stellten das Begehren, die beiden Beklagten als gleichfalls Notwegeberechtigte dieses Grundstückes schuldig zu erkennen, die Benützung des Notweges auf dem genannten Grundstück (verlängerte Nottebohmstraße) durch die Kläger und von diesen beauftragte Personen zu dulden und weiters alles zu unterlassen, was geeignet ist, die Kläger und von ihnen beauftragte Personen an der Benützung des Notweges und der Durchführung von Bauarbeiten auf der Liegenschaft EZ 609 KG Obersievering zu hindern. Die Kläger gaben den Wert des Streitgegenstandes mit 30.000 S an.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des gestellten Klagebegehrens. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 60.000 S nicht übersteige. Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich das von den Beklagten als "außerordentliche Revision" bezeichnete Rechtsmittel, das vom Erstgericht sofort und unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorgelegt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig.

Das Rechtsmittel der Beklagten ist entgegen seiner - nach § 84 Abs 2 ZPO unerheblichen - unrichtigen Benennung keine außerordentliche Revision. Eine solche liegt nämlich nach der im Hinblick auf das Datum der berufungsgerichtlichen Entscheidung noch vor dem 31. Dezember 1989 anzuwendenden Fassung der Zivilprozeßordnung vor Inkrafttreten der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 (Art. XLI Z 5 WGN 1989) nur dann vor, wenn das Berufungsgericht in einem Fall, in welchem die Revision schon nach § 502 Abs 2 oder 3 ZPO jedenfalls unzulässig oder nach § 502 Abs 4 Z 2 ZPO jedenfalls zulässig ist, gemäß § 500 Abs 3 ZPO ausgesprochen hat, daß die Revision nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO nicht zulässig ist (§ 505 Abs 3 ZPO). Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben: Gegenstand der Anfechtung ist ein bestätigendes Urteil, das insgesamt über einen nicht in Geld bestehenden Streitgegenstand ergangen ist und in welchem das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs 2 erster Satz Z 2 ZPO ausgesprochen hat, daß der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes 60.000 S nicht übersteigt. Die dagegen von den Beklagten erhobene ("ordentliche") Revision ist daher gemäß § 502 Abs 3 erster Satz ZPO unzulässig (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1870, 1873; Petrasch in ÖJZ 1983, 175). Wenn die Beklagten demgegenüber die Bewertung des Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht als unrichtig und daher offenbar für den Obersten Gerichtshof nicht bindend bezeichnen, kann ihnen nicht gefolgt werden.

Ein Ausspruch nach § 500 Abs 2 erster Satz ZPO ist einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof grundsätzlich entzogen. Er könnte das Revisionsgericht nur dann nicht binden, wenn das Berufungsgericht die dort gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsbefugnis überschritten, also insbesondere bei der Ermittlung des Wertes eines nicht in einem Geldbetrag bestehenden Streitgegenstandes die im zweiten Satz der angeführten Gesetzesstelle vorgeschriebene sinngemäße Anwendung der §§ 54 bis 60 JN unterlassen hätte (ÖBl 1985, 166; ÖBl 1987, 63 ua; zuletzt etwa 4 Ob 506/90; 6 Ob 745/89). Inwiefern dem Berufungsgericht hier ein solcher Verfahrensverstoß unterlaufen wäre, ist aber nicht zu sehen. Gemäß § 500 Abs 2 zweiter Satz ZPO ist das Berufungsgericht bei seinem Ausspruch nach dem ersten Satz dieser Gesetzesstelle (u.a.) nicht an die Geldsumme gebunden, die die Kläger - hier gemäß § 56 Abs 2 JN - als Wert des Streitgegenstandes angegeben haben. Das Gericht zweiter Instanz war daher berechtigt, die wirtschaftliche Bedeutung des Rechtsstreites und damit das Interesse der Kläger an der von ihnen begehrten Duldung und Unterlassung selbständig und ohne Bindung an die Bewertung in der Klage nach eigenem pflichgemäßen Ermessen einzuschätzen. Daß es dabei nicht die Sicherungsverfahren auferlegte Sicherungsleistung bzw. den dort bestimmten Befreiungsbetrag berücksichtigt hat, verstößt entgegen der Meinung der Beklagten nicht gegen die Bewertungsgrundsätze der §§ 54 bis 50 JN. Der Oberste Gerichtshof ist daher an den Wertausspruch des Berufungsgerichtes gebunden.

Die somit unzulässige Revision wäre bereits vom Prozeßgericht erster Instanz zurückzuweisen gewesen (§ 507 Abs 1 erster Satz ZPO). Es bedarf daher keiner Zustellung einer Ausfertigung der Revisionsschrift an die Revisionsgegner und keiner Nachholung der Aktenvorlage im Wege des Berufungsgerichtes (§ 508 Abs 1 ZPO) mehr. Die Zurückweisung der unzulässigen Revision konnte vielmehr bei dieser Sachlage sofort durch den Obersten Gerichtshof ausgesprochen werden.

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