Spruch:
Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsverfahrens werden gegenseitig aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Streitteile haben am 5. Juni 1981 die Ehe geschlossen, der die Kinder Herbert, geboren am 2. September 1982 und Christian, geboren am 2. Dezember 1983, entstammen.
Der Kläger (und Widerbeklagte) begehrte die Scheidung der Ehe aus dem Verschulden der Beklagten (und Widerklägerin). Er behauptete, die Beklagte habe nach der Eheschließung mit ihren Eltern Kontakte aufrecht erhalten, die weit über das übliche Maß hinausgegangen seien, und alles mit ihnen besprochen. Sie habe ihre Eltern oftmals auch gegen den Willen des Klägers besucht und sei dann mit völlig weltfremden Meinungen zurückgekommen. Sie habe dann tagelang mit dem Kläger nichts gesprochen und auch auf gutes Zureden ablehnend reagiert. Im Februar 1982 sei die Beklagte mit ihrem Kind zu ihren Eltern gezogen. Der Kläger habe sie um sofortige Rückkehr gebeten. Die Streitteile hätten sich geeinigt, bei der C*** Eheberatungsunterricht zu nehmen. Diese Beratung habe aber nichts gebracht, weil die Beklagte weiterhin tagelang nicht ansprechbar gewesen sei und wieder in übertriebenem Maß die Besuche bei ihren Eltern aufgenommen habe. Am 30. März 1983 sei die Beklagte mit dem Kind wieder ausgezogen. Der Kläger habe sie zurückhalten wollen, doch sei er von ihrem Onkel Karl W***, der die Beklagte abgeholt habe, weggestoßen worden. Der Kläger habe die Beklagte mehrfach um Rückkehr gebeten. Er habe insgesamt dreimal vergeblich versucht, die Beklagte vom Hof seiner Schwiegereltern wieder zu sich zurückzuholen. Die Beklagte begehrte Scheidung der Ehe aus dem Verschulden des Klägers und brachte vor, der Kläger und insbesondere seine Mutter hätten versucht, der Beklagten jegliche Kontakte mit ihren Eltern und auch mit anderen Personen zu verweigern. Dies sei so weit gegangen, daß die Schwiegermutter die Beklagte nicht einmal habe einkaufen gehen lassen wollen. Der Wunsch der Beklagten, normale Kontakte mit den Eltern aufrecht zu erhalten, habe Anlaß zu Streitigkeiten gegeben, die primär von der Mutter des Klägers ausgegangen seien, aber vom Kläger unterstützt worden seien. Von den Eltern des Klägers sei öfters behauptet worden, die Beklagte sei nicht normal und müsse "eingeliefert werden". Dabei hätten der Kläger und dessen Eltern der Beklagten angedroht, der ältere Sohn müsse am Hof bleiben und werde der Beklagten abgenommen werden. Diese Drohungen hätten die Beklagte bewogen, zu ihren Eltern zurückzukehren. Die Streitteile hätten zwar bei der C*** eine Eheberatung in Anspruch genommen, doch habe sich der Kläger geweigert, zu weiteren Gesprächen zu kommen. Die Beklagte habe nach einer Lungenoperation einen Dauerschaden an der Leber und sei ständig bei dem in Kasten ansässigen Arzt Dr. Rudolf F*** in Behandlung. Nach der Eheschließung hätten der Kläger und insbesondere seine Eltern diese Arztbesuche mit der Begründung verweigert, die Beklagte könne auch den Arzt in Laaben konsultieren. Insbesondere die Mutter des Klägers habe die Beklagte "unterdrückt". Der Kläger sei aber nicht willens gewesen, sich gegen seine Mutter durchzusetzen und mit der Beklagten eine ordentliche Ehe zu führen. Das Erstgericht sprach die Scheidung aus dem gleichteiligen Verschulden beider Streitteile aus und stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:
Das Verhältnis zwischen dem Kläger und seinen Schwiegereltern, insbesondere seiner Schwiegermutter Josefa V***, war nie besonders herzlich. Der Kläger war deswegen bestrebt, den Kontakt der Beklagten mit ihrer Mutter möglichst einzuschränken. Nach der Eheschließung übergaben die Eltern des Klägers ihr Anwesen. Ein Hälfteanteil wurde auf die Beklagte übertragen. Die Beklagte übertrug über Wunsch des Klägers ihr Sparguthaben (von S 150.000,-- oder 160.000,--) auf das Konto des Klägers bei der örtlichen Raiffeisenkasse. Das gemeinsame Geld wurde in einer Schachtel verwahrt, zu der beide Streitteile Zutritt hatten. Der Kläger fragte die Beklagte, wenn diese zu Beginn der Ehe Geld für Einkäufe aus der gemeinsamen Kasse genommen hatte, was sie damit gemacht habe und warf ihr manchmal vor, daß sie zu viel ausgegeben habe. Die Einkäufe erledigte der Kläger zumeist selbst. Die Beklagte entnahm bald nichts mehr aus der gemeinsamen Kasse, um Fragen des Klägers nach Verwendung des Geldes und Vorwürfen wegen seines Erachtens unnötiger Ausgaben zu entgehen. Der Kläger verwendete das von der Beklagten übergebene Geld zum Ankauf eines gebrauchten Traktors mit Frontladeeinrichtung. Die Beklagte erhob gegen diese Verwendung des Geldes zwar Widerspruch, leistete aber keinen ernsthaften Widerstand. Im Herbst 1981 (im Ersturteil offenbar irrig: 1985) und im Frühjahr 1982 verdiente die Beklagte durch Zusammenräumen beim Nachbarn rund S 10.000,--. Nachdem sie dieses Geld auf Verlangen des Klägers in die gemeinsame Kasse gegeben hatte, verwendete es der Kläger zum Ankauf von Kunstdünger. Das Mutterschaftsgeld, das die Streitteile nach der Geburt des älteren Sohnes erhielten, verwendete der Kläger nicht, wie vorgesehen, zur Entlohnung einer die Arbeit der Beklagten in der Landwirtschaft ersetzenden Hilfskraft, sondern zum Ankauf von Maschinen. Auch die Familienbeihilfe floß in die gemeinsame Kasse und wurde vom Kläger für den landwirtschaftlichen Betrieb verwendet. Dem Wunsch der Beklagten nach einer neuen Waschmaschine kam der Kläger erst nach Geburt des ersten Kindes nach. Der Kläger gestattete der Beklagten nicht immer, das Schlafzimmer zu heizen sondern meinte, bei geringer Kälte genüge es auch, wenn sie das Kind mit dem Körper wärme. Den Haushalt führten die Beklagte und die Mutter des Klägers gemeinsam. Die Beklagte hätte die Möglichkeit gehabt, bei der Speisenfolge auf ihre durch ein Leberleiden bedingten besonderen Verpflegungsbedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Sie nahm aber kaum Diätverpflegung in Anspruch, weil sie fürchtete, der Kläger könnte ihr dies vorwerfen. Beide Streitteile arbeiteten im gemeinsamen landwirtschaftlichen Betrieb und wurden dabei von den Eltern des Klägers nach Kräften unterstützt. Bei Meinungsverschiedenheiten sprach sich die Beklagte nicht aus, sondern reagierte verschlossen, bisweilen auch zornig. Sie war launenhaft und redete oft tagelang nichts mit dem Kläger. Wenn er den Grund ihrer Verstimmung wissen wollte, erklärte sie, es genüge, wenn sie ihn kenne. Bei Auseinandersetzungen hielten sich die Eltern des Klägers meist zurück, ergriffen aber doch für den Kläger Partei, wenn der Streit heftiger wurde. Beide Streitteile besprachen ihre Probleme immer mehr mit den jeweiligen Eltern, wodurch das gegenseitige Vertrauen immer mehr schwand. Zu Beginn der Ehe besuchte die Beklagte etwa einmal monatlich ihre Eltern; meist kam der Kläger mit. Wenn die Beklagte hiebei alleine mit ihren Eltern sprach, beanstandete dies der Kläger, weil er der Ansicht war, er müsse an allen Gesprächen seiner Gattin teilnehmen können. Die Beklagte hätte gerne öfter Kontakt mit ihren Eltern gehabt. Dies scheiterte am Widerstand des Klägers.
Im Sommer 1982 kam es zu einer Meinungsverschiedenhiet zwischen den Streitteilen. Die Beklagte lief weinend aus dem Haus, als gerade ihre Mutter und ihr Bruder zu Besuch kamen. Sie rief ihnen zu, daß sie mit dem Kläger entzweit sei und forderte sie auf, gleich wieder heimzufahren. Dann lief die Beklagte in den Wald und kehrte erst nach einigen Stunden zurück, weil sie fürchtete, der Kläger werde ihr wegen des Besuches ihrer Angehörigen Vorwürfe machen und sie schlagen, obwohl der Kläger tatsächlich bis dahin noch nie gegen sie tätlich geworden war. Der Kläger beschwerte sich über dieses Verhalten bei seiner Schwiegermutter. Daraus entstand ein Streit, in dessen Verlauf der Kläger drohte, die Gendarmerie zu Hilfe zu holen. Ab diesem Zeitpunkt war der Kontakt zwischen der Beklagten und ihren Verwandten unterbrochen. Das Verhalten des Klägers zu seinen Schwiegereltern besserte sich erst wieder nach der Geburt des mj. Herbert am 2. September 1982 etwas. Ab diesem Zeitpunkt kam es zu Kontakten im früheren Umfang. Im Februar 1983 mußte die Beklagte den Frauenarzt aufsuchen und wollte das Kind inzwischen von ihrer Mutter beaufsichtigen lassen. Der Kläger meinte, es sei wegen der kalten Witterung günstiger, das Kind zu Hause in Obhut seiner Mutter zu lassen. Im Zuge der anschließenden Auseinandersetzung packte der Kläger die Beklagte am Mantel, um sie am Verlassen des Raumes zu hindern. Als sich die Beklagte zu Boden fallen ließ, rissen zwei Mantelknöpfe ab. Die Beklagte ließ dann das Kind in Obhut ihrer Schwiegermutter zurück und wurde vom Kläger zum Arzt nach St. Pölten gebracht. Wenige Tage danach hatte die Beklagte mit ihren Schwiegereltern über den Zeitpunkt des Mittagessens eine Auseinandersetzung, in der der Kläger die Partei seiner Eltern ergriff. Da die Beklagte befürchtete, daß ihr der Kläger am Abend weitere Vorwürfe machen werde, ersuchte sie von einem nahe gelegenen Gasthaus ihren Bruder telefonisch, sie und das Kind von dort abzuholen. Der Kläger suchte sie noch am selben Tag bei ihren Eltern auf und ersuchte sie, zurückzukehren. Sie erklärte sich unter der Bedingung einverstanden, daß gemeinsam eine Eheberatungsstelle aufgesucht werde. Dort erklärte die Beklagte, daß ihre Arbeit vom Kläger zu wenig geschätzt werde und der Kläger häufig gemeinsam mit seinen Eltern gegen sie Stellung beziehe. Als Abhilfe wurde eine räumliche Distanzierung der Streitteile von den Eltern des Klägers empfohlen, was der Kläger jedoch ablehnte. Der Kläger beanstandete, daß die Beklagte zu sehr unter dem Einfluß ihrer Eltern stehe. Den Streitteilen wurde ein Thema bekannt gegeben, über das sie sich unterhalten und über das sie beim nächsten Termin berichten sollten. Der Kläger weigerte sich, den nächsten Besprechungstermin zu besuchen, weil er im Verhalten der Beklagten keine sofortige Änderung wahrnahm und aus diesem Grunde die Eheberatung für unnütz hielt.
Am Mittwoch der Karwoche 1983 kam es wegen der Essenszubereitung zu einer Auseinandersetzung zwischen der Beklagten und ihrer Schwiegermutter und am Nachmittag dieses Tages auch zwischen den Streitteilen, weil sich die Beklagte weigerte, dem Kläger bei der Abholung von einigen Jungstieren zu helfen. Es handelte sich um ein Mißverständnis, weil die Beklagte meinte, sie solle auf der Rückfahrt gemeinsam mit den Stieren im Anhänger befördert werden, während der Kläger ihre Hilfe nur zum Abwiegen der Stiere benötigte und sie bei der Fahrt am Traktor mitnehmen wollte. Der Kläger rief darauf hin seine Schwiegereltern an und teilte ihnen mit, daß die Beklagte störrisch sei und nicht ordentlich arbeite. Er ersuchte die Schwiegereltern, bei der Beklagten eine Änderung ihres Verhaltens zu erwirken. Am Abend fuhren die Eltern und der Onkel der Beklagten zu den Streitteilen. Die Beklagte bestand darauf, zu ihren Eltern zurückzukehren und das Kind mitzunehmen. Der Kläger wollte seinen Sohn an sich nehmen, wurde aber vom Onkel der Beklagten daran gehindert. Daraufhin sperrte der Kläger sich mit der Beklagten im Schlafzimmer ein und versuchte, sie umzustimmen. Ohne daß sie vom Kläger daran gehindert wurde, sprang die Beklagte aus dem Fenster des ebenerdig gelegenen Zimmers und fuhr unter Mitnahme ihres Sohnes mit ihren Verwandten weg. Der Kläger suchte die Beklagte mehrmals auf, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Bei diesen Besuchen unterband die Beklagte weitgehend den Kontakt zwischen dem Kläger und seinem Sohn, was sich ungünstig auf das Gesprächsklima auswirkte. Als Bedingung für die Rückkehr nannte die Beklagte die gemeinsame Inanspruchnahme der Eheberatung. Der Kläger lehnte dies jedoch ab. Daraufhin ließ der Kläger die Beklagte durch seinen Anwalt auffordern, die Ehegemeinschaft wiederaufzunehmen, widrigenfalls er die Scheidungsklage einbringen werde. Der Anwalt der Beklagten antwortete, daß die Beklagte zur Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft bereit wäre, wenn der Kläger ihr den Kontakt mit ihren Eltern gestatte und mit ihr die Eheberatung aufsuche. Der Kläger war nicht bereit, diese Forderungen zu erfüllen, weil er eine Einmischung der Schwiegereltern fürchtete und die Eheberatung als unnütz ansah. Mit Schreiben vom 22. Juli 1983 forderte der Anwalt der Beklagten vom Kläger einen monatlichen Unterhalt von je S 2.000,-- für die Beklagte und das gemeinsame Kind sowie die Herausgabe der vom Kläger bezogenen Familienbeihilfe. Der Kläger wandte ein, daß die Beklagte die Ehegemeinschaft unberechtigt verlassen und damit den Unterhaltsanspurch verwirkt habe. Nach Geburt des zweiten Kindes am 2. Dezember 1983 - von der die Beklagte den Kläger erst drei oder vier Tage später verständigte - kam es anläßlich der Taufe zu einem Gespräch zwischen den Streitteilen. Auch bei dieser Gelegenheit einigten sie sich nicht auf eine Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft. Im Frühjahr 1984 forderte der Anwalt des Klägers die Beklagte zur Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft auf. Die Beklagte lehnte ab, weil sie noch ihren Sohn stille und der Kläger zu der von ihr geforderten eingehenden Aussprache nicht bereit sei. Der Kläger teilte ihr daraufhin brieflich mit, er habe sie geheiratet, um mit ihr gemeinsam die übernommene Landwirtschaft weiterzuführen. Sie müsse ihr Versprechen, ihm dabei zu helfen, halten, widrigenfalls er annehmen müsse, daß sie ihn nur geheiratet habe, um ohne Gegenleistung das Hälfteeigentum an seiner Landwirtschaft zu erlangen. Die Beklagte habe ihm nie konkrete Forderungen bekannt gegeben, die er erfüllen solle, um sie zur Rückkehr zu bewegen. Er sei bereit, mit ihr von neuem zu beginnen, müsse aber im Falle ihrer Weigerung die Scheidung durchsetzen und sich nach einer anderen Frau umsehen. Mit Schreiben vom 11. Mai 1984 wies die Beklagte die Beschuldigungen und Forderungen des Klägers zurück, machte ihn darauf aufmerksam, daß er ihre Ersparnisse verbraucht habe und forderte ihn neuerlich zu einer Aussprache an einem Sonntag nachmittag auf. Der Kläger lehnte eine derartige Aussprache unter Hinweis auf seine bisherigen vergeblichen Besuche ab. Für die Beklagte leistete der Kläger seit ihrem Auszug am 30. März 1983 keinen Unterhalt. Für die Kinder zahlte er ab Februar 1985 monatlich je S 900,-- Unterhalt. Mit Beschluß vom 11. November 1985 verpflichtete das Pflegschaftsgericht den Kläger ab 1. April 1985 zu einer Unterhaltszahlung von je S 1.150,--. Beide Streitteile sind nicht mehr bereit, die Lebensgemeinschaft miteinander wieder aufzunehmen.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß beide Streitteile die Verpflichtungen zur umfassenden Lebensgemeinschaft verletzt hätten. Die Beklagte sei wegen ihrer Krankheit und des Zusammenwohnens mit den Eltern des Klägers in einer schwierigen Situation gewesen, in der sie der liebevollen Zuwendung des Klägers bedurft hätte. Für den Kläger seien aber der Betrieb und der Ausbau seiner Landwirtschaft das wichtigste Anliegen gewesen, dem er auch seine Ehe untergeordnet habe. Er habe die Wünsche der Beklagten kaum beachtet und nicht nur das von der Beklagten in die Ehe mitgebrachte Geld, sondern auch ihren Zusatzverdienst und sogar die Mutterschaftshilfe für den landwirtschaftlichen Betrieb verwendet. Darüber hinaus habe er der Beklagten zu wenig Freiheit gewährt und den Kontakt mit ihren Verwandten in unzulässiger Weise eingeschränkt, sich aber andererseits bei ihren Verwandten über ihr Verhalten beschwert und von ihnen Abhilfe verlangt. Trotz der deutlichen Krisenzeichen habe er sich dem Wunsch der Beklagten, eine Eheberatung in Anspruch zu nehmen, nicht gefügt, und sei auch nach Auflösung der Ehe nicht bereit gewesen, mit der Beklagten die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme und Fortsetzung der Ehegemeinschaft zu erörtern. Die Beklagte sei hingegen launenhaft gewesen und habe auf verhältnismäßig kleine Ursachen übertrieben reagiert, habe bei Meinungsverschiedenheiten nicht die Aussprache gesucht, sondern sich verschlossen gezeigt und den Kläger über die Ursachen ihrer Verstimmung im Unklaren gelassen. Sie habe tagelang nichts mit dem Kläger geredet und aus einem unbedeutenden Anlaß die Ehegemeinschaft aufgelöst. Sie habe den zumindest anfänglich ernsthaften Versuchen des Klägers, die Wiederaufnahme der Ehegemeinschaft zu erreichen, nur geringe Bereitschaft entgegengebracht und zu diesem Zeitpunkt keine konkreten Bedingungen genannt, unter denen sie zur Fortsetzung der Ehe mit ihm bereit sei. Schließlich habe sie ihn von der Geburt des zweiten Sohnes mit erheblicher Verspätung informiert.
Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien nicht Folge. Es übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes, wobei es die Frage, ob das Sparguthaben der Beklagten S 160.000,-- oder S 130.000,-- und S 20.000,-- betragen hat, ob die Waschmaschine vor oder nach der Geburt des ersten Kindes angeschafft wurde oder ob es im Februar 1983 zu einer Auseinandersetzung zwischen den Eltern des Klägers und der Beklagten über den Zeitpunkt des Mittagessens kam, dahingestellt ließ. Die Äußerung, es genüge, wenn die Beklagte ihr Kind mit dem Körper wärme, sei von der Mutter des Klägers und nicht vom Kläger selbst gemacht worden, doch komme auch diesem Umstand keine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Die vom Kläger vermißten Feststellungen habe das Erstgericht ohnehin sinngemäß getroffen.
Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsauffassung, daß dem Kläger der Vorwurf zu machen sei, durch sein Fehlverhalten im Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinsamen Geldes das Vertrauen der Beklagten untergraben und damit die Zerrüttung der Ehe eingeleitet zu haben. Auch der Versuch des Klägers, den Verkehr der Beklagten mit ihren Eltern und Geschwistern einzuschränken, müsse ihm zum Vorwurf gemacht werden. Weiters habe der Kläger die Beklagte zunächst gewaltsam am Verlassen der Wohnung gehindert, als diese den Frauenarzt habe aufsuchen wollen. Schließlich habe er für seine beiden Kinder fast zwei Jahre lang keinen Unterhalt bezahlt. Auch die Beklagte habe schwere Eheverfehlungen und nicht nur entschuldbare Reaktionshandlungen gesetzt, als sie sich bei Meinungsverschiedenheiten nicht ausgesprochen, sondern verschlossen und zornig reagiert habe, launenhaft gewesen sei und oft tagelang nicht mit dem Kläger gesprochen habe. Auch das Verlassen der Ehewohnung wegen einer unerheblichen Auseinandersetzung Anfang März 1983 habe die Beziehung der Streitteile belasten müssen. In der Karwoche 1983 habe die Beklagte eine schwere Eheverfehlung gesetzt, als sie die eheliche Gemeinschaft verlassen habe. Die vorangegangene Auseinandersetzung über das Abholen von Stieren habe dieses Verhalten jedenfalls nicht gerechtfertigt. Weiters sei der Beklagten das ablehnende Verhalten gegenüber den Versuchen des Klägers, sie zur Rückkehr zu bewegen, sowie das Unterbinden des Kontaktes des Klägers zu seinem Sohn als Verschulden anzulasten, während dem Kläger vorzuwerfen sei, daß er die Inanspruchnahme der Eheberatung abgelehnt habe. Da den Streitteilen kein sehr unterschiedliches Ausmaß an Verschulden anzulasten sei, habe das Erstgericht zu Recht das gleichteilige Verschulden beider Streitteile an der Zerrüttung der Ehe ausgesprochen.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richten sich die Revisionen beider Parteien.
Der Kläger macht als Revisionsgrund Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Aktenwidrigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung des Urteiles dahin, daß das alleinige, in eventu das überwiegende Verschulden der Beklagten an der Scheidung der Ehe ausgesprochen werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte macht als Revisionsgrund unrichtige rechtliche Beurteilung geltend und beantragt die Abänderung des Urteiles dahin, daß die Ehe aus dem Alleinverschulden, in eventu aus dem überwiegenden Verschulden des Klägers geschieden werde. Die Streitteile beantragen, jeweils der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.
Beide Revisionen sind nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Soweit der Kläger unter dem Berufungsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens Feststellungsmängel geltend macht, wendet er sich entweder unter Wiederholung der Beweisrüge der Berufung in unzulässiger Weise gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen oder rügt das Fehlen von Feststellungen, die von den Vorinstanzen ohnehin getroffen wurden.
Zu Unrecht wenden sich die Revisionswerber auch gegen die rechtliche Beurteilung der Vorinstanzen.
Der Ausspruch, daß die Schuld eines Ehegatten überwiegt, ist nur dann zulässig, wenn dessen Verschulden erheblich schwerer ist und das Verschulden des anderen fast völlig in den Hintergrund tritt (EFSlg 48.832 ua). Dem Kläger ist vor allem vorzuwerfen, daß er die sich schon aus den Lebensumständen ergebende Isolation der Beklagten - die Eheleute wohnten in einem abgelegenen Hof mit den Eltern des Klägers - noch dadurch verstärkte, daß er der Beklagten die Verfügung über das von ihr eingebrachte, das von ihr durch Zusammenräumen bei Nachbarn verdiente Geld und das Mutterschaftsgeld entzog, ihr darüber hinaus auch noch Einkäufe mit aus der gemeinsamen Kasse entnommenem Geld verleidete, indem er ihr vorhielt, sie habe zu viel ausgegeben und schließlich auch Kontakte der Beklagten mit ihren Eltern möglichst einschränkte. Diese Situation wurde noch dadurch verschärft, daß der Kläger bei Auseinandersetzungen mit seinen Eltern Stellung gegen die Beklagte bezog. Daraus, daß sich die Beklagte unter diesen Umständen verschlossen und "störrisch" zeigte, tagelang mit dem Kläger nichts redete und dem Pfarrer Anton W*** gegenüber erklärte, sie werde vom Kläger unmenschlich behandelt, kann ihr wohl kein besonders ins Gewicht fallender Vorwurf gemacht werden. Zufolge der Isolation der Beklagten erscheint es verständlich, daß sie sich mit ihren Problemen an ihre Eltern wandte, zumal der Kläger dem Bestreben der Beklagten, diese Fragen ihm Rahmen der Eheberatung mit unbeteiligten Dritten zu erörtern, ablehnend gegenüberstand.
Andererseits ist dem Kläger zuzugeben, daß es nicht bloß als entschuldbare Reaktionshandlung der Beklagten auf das ehewidrige Verhalten des Klägers angesehen werden kann, daß sie in der Karwoche 1983 aus nichtigem Anlaß gegen den Willen des Klägers mit dem gemeinsamen Kind die Ehewohnung verließ und zu ihren Eltern zog, trotz der Bemühungen des Klägers eine Rückkehr ablehnte und insbesondere den Kontakt zwischen dem Kläger und seinem Sohn weitgehend unterband (vgl. EFSlg 48.755).
Berücksichtigt man aber, daß der Kläger durch sein Verhalten den ersten Anstoß zur Zerrüttung der Ehe gegeben hat und später zum Unterhalt seiner Kinder längere Zeit nichts beitrug, ist dem Fehlverhalten der Beklagten, auch wenn es nicht als entschuldbare Reaktion zu qualifizieren ist, jedenfalls kein größeres Gewicht beizumessen als dem Verschulden des Klägers. Es tritt aber auch gegenüber dem Verhalten des Klägers nicht so weit in den Hintergrund, daß der Ausspruch des alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des Klägers gerechtfertigt wäre.
Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO.
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