Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit S 11.125,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer S 1.854,30) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine Kreditunternehmung. Sie hatte einer Warenhandelsgesellschaft mbH einen Kontokorrentkredit bis zur Höhe von S 500.000,-- eröffnet. Diesen Kredit hatte die Gesellschaft um S 36.000,-- überzogen. Sie befand sich in einem Liquiditätsengpaß und benötigte für Wareneinkäufe verfügbare Geldmittel. Geschäftsführer der Handelsgesellschaft war deren Alleingesellschafter.
Die Beklagte war im Frühjahr 1985 - die einzige - Angestellte der Handelsgesellschaft. Sie ist seit ihrer Kindheit halbseitig gelähmt, kann nur mit einer Hand maschinschreiben und ist wegen ihrer körperlichen Behinderung keine voll einsatzfähige Arbeitskraft. Sie bezog ein monatliches Gehalt von ungefähr S 7.200,-- netto. Sie war im Frühjahr 1985 24 1/2 Jahre alt, etwa zwei Jahre bei der Warenhandelsgesellschaft beschäftigt und - in Kenntnis um die finanziellen Schwierigkeiten ihrer Dienstgeberin - besorgt, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Nach dem fehlgeschlagenen Versuch einer Kreditaufnahme bei einer anderen Kreditunternehmung ersann der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der in die Liquiditätskrise geratenen Gesellschaft folgenden Vorgang zur Geldbeschaffung: Die Beklagte erwirbt vom Alleingesellschafter der Dienstgeberin einen 40 %igen Geschäftsanteil um den Preis von S 264.000,--, nimmt zur Bezahlung dieses Betrages bei der Klägerin ein entsprechendes Darlehen auf, das von der Gesellschaft in Anrechnung auf die erwarteten künftigen Gewinnanteile der Beklagten rückbezahlt werden sollte. Die Beklagte stimmte diesem Vorschlag des Geschäftsführers und Alleingesellschafters ihrer Dienstgeberin in der Hoffnung auf künftige Gewinne des Gesellschaftsunternehmens und Erhaltung ihres Arbeitsplatzes zu.
Der Geschäftsführer und Alleingesellschafter der kreditsuchenden Dienstgeberin der Beklagten schloß mit dieser am 14. März 1985 die unter der Überschrift "Vorvertrag für Gesellschaftsvertrag" schriftlich niedergelegte Vereinbarung. Die Urkunde hat folgenden Wortlaut:
"Laut Geschäftsbeschluß vom 14. März 1985 gibt der
Hauptgesellschafter......, Geschäftsführer der Firma...., bekannt,
daß Frl......, bis dato Angestellte der Firma....., in den
Gesellschaftsvertrag dieser Firma einsteigt, und Herr......."
(Alleingesellschafter) ".....40 % seines Geschäftsanteiles zu einem
Betrag von
S 264.000,-- für 40 %
an Frl...... abtritt.
Da es Frl....... derzeit nicht anders möglich ist, den oben
angeführten Betrag aufzubringen, bürgt Herr....."
(Alleingesellschafter) ".... für die Rückzahlung der
Geschäftsanteile in dem mit der...." (Klägerin) "....vereinbarten Kredit und die festgesetzten Raten werden vom Geschäftskonto monatlich abgebucht.
Frl. ....erklärt sich damit einverstanden, daß sie die erworbenen Geschäftsanteile nicht an Dritte oder andere Personen weiterveräußern kann, sondern diese wieder nur an den Hauptgesellschafter.... verkaufen kann.
Dieser Vorvertrg wurde im beiderseitigen Einverständnis aufgesetzt und ist so lange rechtsgültig, bis die Angelegenheit unserem Firmennotar vorgelegt wurde und eine notarielle Beglaubigung stattgefunden hat."
Der Geschäftsführer der Gesellschaft und die Beklagte suchten gemeinsam eine Geschäftsstelle der Klägerin auf, legten dort dem Kreditreferenten ihren Schriftsatz vom 14. März 1985 vor und der Geschäftsführer der Gesellschaft erklärte dem Referenten der Klägerin, daß er für die Gesellschaft einen Kredit aufnehme, der über das Geschäftskonto der Gesellschaft bei der Klägerin abgedeckt werden solle; in diesem Zusammenhang teilte der Geschäftsführer der Gesellschaft dem Angestellten der Klägerin auch mit, daß die Darlehensvaluta zum Wareneinkauf benötigt werde. Dem Kreditreferenten der Klägerin waren die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beklagten bekannt. Er war sich darüber im klaren, daß sie zur Kreditrückzahlung aus eigenen Mitteln nicht imstande wäre, und nahm zur Kenntnis, daß der Kredit von der Gesellschaft zurückbezahlt werde.
Die Beklagte unterfertigte die mit 14. März 1985 datierte Vertragsurkunde über einen "Abstattungskredit" (Einmalkredit). Nach dem Wortlaut dieser Vertragsurkunde gewährte die Klägerin der Beklagten einen in 60 gleichbleibenden monatlichen Annuitätsbeträgen von S 5.610,-- ab 30. April 1985 rückzahlbaren Kredit von S 264.000,-- zum angegebenen Verwendungszweck "Beteiligung bei der Fa......". Die Kreditgeberin sollte zur sofortigen Fälligstellung des gesamten Kredites unter anderem dann berechtigt sein, wenn die Kreditnehmerin oder der Bürge die Zahlungen einstellten. Als Sicherheit sollte die Beklagte einen der Klägerin genehmen Bürgen stellen. Der Geschäftsführer der Gesellschaft gab der Klägerin am 14. März 1985 eine schriftliche Bürgschaftserklärung ab. In diesem Zusammenhang erklärte der Bankangestellte der Beklagten, für sie bestünde keine Gefahr, die Darlehensraten zahle die Gesellschaft, sollte diese in Konkurs verfallen würde der Geschäftsführer der Gesellschaft persönlich die Rückzahlung zu leisten haben. Der Kreditreferent der Klägerin nahm nicht nur den Verwendungszweck des von der Beklagten aufgenommenen Darlehens, sondern auch zur Kenntnis, daß die Rückzahlungen von der Gesellschaft geleistet werden sollten.
Der Darlehensbetrag (abzüglich von Gebühren und Spesen) von S 259.138,-- wurde mit Wissen der Beklagten unmittelbar dem Geschäftskonto der Gesellschaft bei der Klägerin gutgebracht. Ab Mai 1985 zahlte die Gesellschaft der Klägerin kein Gehalt mehr. Der Geschäftsführer der Gesellschaft war für sie nicht mehr erreichbar. Zur Übertragung eines 40 %igen Geschäftsanteiles vom Geschäftsführer und Alleingesellschafter an die Beklagte kam es nicht. Die Beklagte löste ihr Dienstverhältnis zur Gesellschaft. Bis Ende des Jahres 1985 wurden die Darlehensrückzahlungen durch Abbuchungen vom Geschäftskonto der Gesellschaft bewirkt. Im Jahre 1986 leistete die Beklagte selbst aus Furcht vor Zwangsvollstreckung einige Darlehensrückzahlungen. Zum 10. April 1987 stellte die Klägerin das Darlehen fällig. Zum 30. Juni 1988 haftete ein Betrag von S 291.969,-- kontomäßig aus. Mit der am 26. Mai 1988 angebrachten Klage, deren Gleichschrift der Beklagten am 1. Juni 1988 zugestellt wurde, begehrte die Klägerin den nach ihren Kontoauszügen aushaftenden Darlehensbetrag von der Beklagten. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 6. Juli 1988 dehnte die Klägerin ihr Begehren auf Zahlung des Betrages von S 291.969,-- samt 10 % Zinsen und 4 % Verzugszinsen ab 1. Juli 1988 aus. Dabei stützte sich die Klägerin auf ihren mit der Beklagten geschlossenen Vertrag und deren schriftlichen Auftrag zur Überweisung der Darlehensvaluta an die Gesellschaft.
Die Beklagte wendete ein, die Klägerin habe die Gesellschaft offensichtlich für einen weiteren zur Geschäftsfortführung benötigten Kredit nicht mehr würdig erachtet. Ihr sei auch bekannt gewesen, daß der Geschäftsführer der Gesellschaft kein tauglicher Bürge gewesen sei. Die Klägerin habe eine "entsprechende Bonitätsprüfung" unterlassen, und die Darlehensvaluta "entgegen jeder Vereinbarung" an die Gesellschaft überwiesen, ohne daß der Geschäftsführer und Alleingesellschafter dieser Gesellschaft den im Vorvertrag genannten 40 %igen Geschäftsanteil an die Beklagte übertragen gehabt hätte. Der Geschäftsführer der Gesellschaft habe seine Verpflichtung zur Übertragung dieses Geschäftsanteiles nicht erfüllt. Die der Beklagten daraus gegen den Geschäftsführer erwachsende Einwendung der Nichterfüllung des Vorvertrages stehe der Beklagten "nach den einschlägigen Bestimmungen des KSchG auch gegenüber der klagenden Partei zu".
Das Prozeßgericht erster Instanz hatte in rechtlicher Würdigung des Kontokorrentkreditverhältnisses zwischen der klagenden Kreditunternehmung und der Gesellschaft und der Kenntnis des Kreditreferenten der Klägerin von der tatsächlichen Verwendung des von der Beklagten bei ihr aufzunehmenden Darlehens zur Deckung des Übernahmspreises von Geschäftsanteilen des Alleingesellschafters als eine wirtschaftliche Einheit des zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Darlehensvertrages und des zwischen dem Alleingesellschafter und der Beklagten abgeschlossenen Kaufvertrages in analoger Anwendung des § 18 KSchG der Beklagten auch gegenüber der Klägerin als Finanzierer die Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft, im vorliegenden Fall also die Einrede des nicht erfüllten (oder unwirksamen) Vorvertrages über die entgeltliche Übertragung von Geschäftsanteilen zugestanden. Überdies war das Prozeßgericht erster Instanz der Auffassung, daß ungeachtet einer Unterfertigung eines Schriftstückes über die Verwendung des Darlehensbetrages durch die Beklagte die Überweisung der Darlehensvaluta auf das Geschäftskonto der Gesellschaft vertragswidrig erfolgt wäre, weil - nach dem auch in der Darlehensurkunde festgehaltenen Darlehenszweck - eine derartige Überweisung zumindest einen formgerechten Vertrag über die Geschäftsanteilsübertragung vorausgesetzt hätte.
Das Berufungsgericht teilte zwar die erstinstanzliche Ansicht über eine Vertragswidrigkeit der Überweisung des Darlehensbetrages auf das Geschäftskonto der Gesellschaft nicht, billigte aber die erstinstanzliche Wertung der Darlehensgewährung im Zusammenhang mit der vorgesehenen entgeltlichen Übertragung von Geschäftsanteilen der Gesellschaft als drittfinanzierten Ratenkauf, bei dem wegen der wirtschaftlichen Einheit von Ratenkauf und Darlehen dem Käufer in Analogie zu § 18 KSchG der Einredendurchgriff gegen den Finanzierer offenstünde. Selbst bei Verneinung der Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 18 KSchG und Nichtannahme eines Scheingeschäftes, mit dem eine tatsächliche Kreditgewährung der Klägerin an die Gesellschaft hätte verdeckt werden sollen, sei der Erwerb von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft durch die Beklagte eine selbstverständliche, auch der Klägerin bekannt gewesene Geschäftsgrundlage der Darlehensaufnahme durch die Beklagte gewesen. Diese Geschäftsgrundlage sei mangels Errichtung eines Notariatsaktes über die Geschäftsanteilsübertragung vom Alleingesellschafter an die Beklagte nicht eingetreten, die Erfüllung dieser Voraussetzung sei auch für die Zukunft nicht mehr zu erwarten. Dieser Wegfall der Geschäftsgrundlage gewähre der Beklagten das Recht, die Erfüllung ihrer Vertragspflichten aus dem Darlehensvertrag zu verweigern, zumal die Darlehensvaluta nicht ihr, sondern der Gesellschaft zugute gekommen sei und das Darlehen zunächst auch von der Gesellschaft zurückzuzahlen gewesen wäre.
Die Klägerin ficht das bestätigende Berufungsurteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 2 ZPO wegen qualifiziert unrichtiger rechtlicher Beurteilung des Falles in Ansehung der analogen Anwendung von Regelungen des § 18 KSchG mit einem auf Klagsstattgebung zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die Beklagte bestreitet die Voraussetzung einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung von Rechtsfragen, denen im Sinne des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO erhebliche Bedeutung zukomme, und strebt im übrigen die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist wegen unzureichender Würdigung des Zusammenhanges zwischen dem Angestelltenverhältnis der Beklagten zur Gesellschaft einerseits und dem zu finanzierenden Rechtsgeschäft der Beklagten mit dem Alleingesellschafter als Verkäufer von Geschäftsanteilen an der Gesellschaft andererseits zulässig, aber eben deshalb nicht berechtigt.
Der zur Entscheidung vorliegende Fall ist vor allem dadurch geprägt, daß eine bei Freisetzung wegen körperlicher Behinderung nicht leicht zu vermittelnde Dienstnehmerin aus berechtigter Sorge um die Erhaltung ihres Dienstverhältnisses das Anbot des Geschäftsführers und Alleingesellschafters ihrer Dienstgeber-Gesellschaft angenommen hat, einen Bankkredit aufzunehmen, die Darlehensvaluta der kreditbedürftigen Gesellschaft zur Verfügung zu stellen und als Gegenleistung für die Darlehensvaluta vom Alleingesellschafter einen 40 %igen Geschäftsanteil übertragen zu erhalten, wobei der als Kreditbearbeiter tätige Bankangestellte, dessen diesbezügliches Wissen sich die Bank zurechnen lassen muß, vom Kreditbedarf, der Gesellschaft, deren eigener weiterer Kreditunwürdigkeit, der Dienstnehmereigenschaft der Darlehensnehmerin und der primären Verwendung der Darlehensvaluta zugunsten der Gesellschaft wußte. Nach § 3 Kautionsschutzgesetz darf die Aufrechterhaltung eines Dienstvertrages vom Dienstgeber nicht davon abhängig gemacht werden, daß ihm vom Dienstnehmer ein Darlehen gewährt wird oder daß der Dienstnehmer sich mit einer Geschäftseinlage an dem Unternehmen des Dienstgebers als stiller Gesellschafter beteiligt. Verträge über Darlehen oder Geschäftsbeteiligungen die diesem Verbot widersprechen, sind nichtig.
Die Überlassung der Darlehensvaluta durch die Beklagte an ihre
Dienstgeberin als Vorausleistung auf die in einem formunwirksamen
Vorvertrag vorgesehene Übertragung eines Minderheitsanteiles an der
Dienstgeber-Gesellschaft mbH durch deren Geschäftsführer und
Alleingesellschafter ist wegen der Gleichartigkeit der
wirtschaftlichen Abhängigkeit der Beklagten vom Geschäftsführer und
Alleingesellschafter der Dienstgeber-Gesellschaft mit der
gesetzlichen vorausgesetzten Dienstnehmereigenschaft und wegen der
weiteren Gleichartigkeit des Risikos der Vorleistung auf die in
einem formunwirksamen Vorvertrag vorgesehene
Geschäftsanteilsübertragung mit der gesetzlich vorausgesetzten
Darlehensgewährung oder Beteiligung eines stillen Gesellschafters in
Analogie zu § 3 Kautionsschutzgesetz der Nichtigkeitssanktion des
§ 4 Kautionsschutzgesetz unterworfen. Das Wissen der klagenden
Kreditunternehmung um die erwähnten nichtigkeitsbegründenden
Umstände und ihre dennoch erfolgte vorbehaltslose, ohne
vorausgegangene Aufklärung und Warnung der Beklagten, in einem
offenkundigen eigenen wirtschaftlichen Interesse an der Erhaltung
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ihrer Kreditnehmerin
bewirkte Darlehensgewährung an die Beklagte, die ohne diese zur Vorausleistung an die Dienstgeber-Gesellschaft nicht in der Lage gewesen wäre, läßt aus dem im § 18 KSchG zum Ausdruck gebrachten Grundgedanken die Nichtigkeitssanktion auch das Finanzierungsgeschäft zwischen den Streitteilen erfassen. Wo nämlich der Gesetzgeber die Vertragsfreiheit zum Schutz der Interessen eines Vertragsteiles beschränkt hat, soll die gesetzliche Sanktion auch bei einer Aufspaltung der Vertragsstellung des dem schutzbedürftigen Vertragsteil gegenüberstehenden Partners aufrecht bleiben, wenn das nach Abwägung der Interessen des schutzbedürftigen Vertragsteiles mit denen des in die Geschäftsabwicklung einbezogenen Dritten vereinbar ist. Das muß im vorliegenden Fall ungeachtet des Vorliegens eines Einzelgeschäftsfalles (Vorfinanzierung einer entgeltlichen Geschäftsanteilsübertragung) wegen der vollen Kenntnis der Klägerin von der wirtschaftlichen Verflochtenheit aller Vorgänge zu einem nach dem Kautionsschutzgesetz verpönten Zweck bejaht werden. Die Vorinstanzen haben aus dieser Erwägung das auf Erfüllung des Kreditvertrages gestützte Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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