Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 21.302,82 (darin S 3.550,47 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstbeklagte M***** Gesellschaft mbH ist alleinige Gesellschafterin der Zweitbeklagten M***** und S***** GesmbH, ehemals S***** BeteiligungsgesmbH. Diese wiederum ist Komplementärgesellschaft der H***** M***** und S***** GesmbH & CoKG, ehemals S*****KG, bei welcher der Kläger Kommanditist ist und vormals Komplementär war. Gesellschafter der Komplementärgesellschaft (Zweitbeklagte) war der Kläger nie.
Am 29.4.1986 trafen der Kläger, sein Sohn und die erstbeklagte Partei, die beabsichtigte, alle Anteile an der damaligen S***** BeteiligungsgesmbH zu erwerben, und den Kläger sowie Oskar K***** zu Geschäftsführern der KomplementärgesmbH zu bestellen, eine Vereinbarung, deren § 5 lit c lautet:
"Zu den Geschäftsführern der KomplementärgesmbH werden Hans H***** senior und Oskar K***** bestellt. Herr H***** senior ist bis zur Vollendung seines 65. Lebensjahres als Geschäftsführer der GesmbH unkündbar (laut Angestelltengesetz). Das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß den gesetzlichen Vorschriften und den Regelungen des Gesellschaftsvertrages bleibt hievon unberührt."
Nach Erwerb sämtlicher Anteile an der S***** BeteiligungsgesmbH am 15.5.1986 beschloß die erstbeklagte Partei als deren nunmehrige alleinige Gesellschafterin in einer außerordentlichen Generalversammlung am 16.5.1986 unter anderem, die Änderung der Firma in M*****und S*****gesmbH und die Neufassung des Gesellschaftsvertrages. In diesem ist unter Punkt 7 festgehalten:
"7. a) Zu Geschäftsführern mit je selbständiger Vertretungsbefugnis sind ernannt: Herr Johann H*****, geboren 1936, sowie Herr Dkfm. Oskar K*****.
b) Die bereits mit Gesellschafterbeschluß vom 15.5.1986 erfolgte Bestellung des Herrn Johann H*****, geboren 1936, zum Geschäftsführer kann nur aus wichtigen Gründen vor Ablauf seines 65. Lebensjahres widerrufen werden. Wichtige Gründe sind insbesondere Konkurs, Zahlungsunfähigkeit, Mißachtung von Gesellschafterbeschlüssen, die in § 27 des Angestelltengesetzes genannten wichtigen Gründe für die vorzeitige Entlassung von Angestellten."
Eine gleichartige Bestimmung enthält ein undatierter Geschäftsführervertrag zwischen der M*****gesmbH & CoKG Österreich, vormals S***** KG und dem Kläger:
"§ 2, 2.) Der Vertrag ist auf unbestimmte Dauer abgeschlossen. Er kann von Seiten der Gesellschaft vor Ablauf des 65. Lebensjahres des Herrn H***** nicht gekündigt werden. Nach Beendigung der Tätigkeit von Herrn H***** senior wird Herr H***** junior neuer Geschäftsführer. Herr H***** senior kann diesen Vertrag jederzeit kündigen und auf seinen Sohn übertragen.
3. Die Kündigung dieses Vertrages bedarf der Schriftform. Die Kündigung durch Herrn H***** ist, wenn ein weiterer Geschäftsführer vorhanden ist, gegenüber der Gesellschaft zu erklären, sonst gegenüber dem Gesellschafter mit der höchsten Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft. Das Recht zur fristlosen Entlassung aus dem im Angestelltengesetz und im Gesellschaftsvertrag genannten Gründen bleibt hievon unberührt.
4. Dieser Vertrag endet ohne Kündigung am Ende des Monates, indem Herr H***** das 65. Lebensjahr vollendet."
In der Neufassung des Gesellschaftsvertrages der Firma S***** KG vom 27.5.1986, deren Firma auf H***** M***** und S*****gesellschaft mbH & CoKG geändert wurde, wird auf die am 29.4.1986 zwischen dem Kläger und der erstbeklagten Partei getroffene Vereinbarung Bezug genommen. Deren §§ 4 und 5 werden als wesentliche Bestandteile der Neufassung des Gesellschaftsvertrages der H***** KG angeführt.
Mit Gesellschafterbeschluß der zweitbeklagten Partei vom 17.11.1988 wurde der Kläger als Geschäftsführer abberufen; die Abberufung wurde am 14.12.1988 ins Handelsregister eingetragen.
Unter Berufung auf die Vereinbarung vom 29.4.1986, den Gesellschafterbeschluß vom 15.5.1986, die Neufassung des Gesellschaftsvertrages der zweitbeklagten Partei vom 16.5.1986 und die Neufassung des Gesellschaftsvertrages der H***** KG vom 27./28.5.1986 begehrt der Kläger in seiner am 17.3.1989 überreichten Klage, die beklagten Parteien schuldig zu erkennen, 1. ihn zum handelsrechtlichen Geschäftsführer der M***** und S*****gesmbH zu bestellen und 2. seine Abberufung vor Ablauf seines 65. Lebensjahres ohne Vorliegen wichtiger Gründe zu unterlassen. Für seine Abberufung am 17.11.1988 seien wichtige Gründe nicht vorgelegen. Die Abberufung sei daher rechtswidrig, weshalb der Kläger Anspruch auf neuerliche Bestellung zum Geschäftsführer habe. Die Art und Weise der rechtswidrigen Abberufung des Klägers als handelsrechtlicher Geschäftsführer lasse befürchten, daß die beklagten Parteien auch die Rechtswirkungen eines stattgebenden rechtskräftigen Urteils hinsichtlich des Begehrens auf Bestellung zum Geschäftsführer dadurch umgingen, daß neuerlich ein rechtswidriger Beschluß auf Abberufung des Klägers als Geschäftsführer gefaßt werde. Dadurch sei die Wiederholungsgefahr evident.
Neben seinem Begehren auf (Wieder-)Bestellung zum handelsrechtlichen Geschäftsführer erhob der Kläger folgende Eventualbegehren:
a) Die zweitbeklagte Partei hafte dem Kläger für alle Rechtsnachteile, die ihm aus der Nichterfüllung seines Anspruches auf Bestellung zum Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei entstehen, und
b) der Beschluß der Generalversammlung der zweitbeklagten Partei vom 17.11.1988 sei nichtig.
Die beklagten Parteien bestritten und wandten ein, die zweitbeklagte Partei sei passiv nicht zur Klage legitimiert, da ausschließlich die Gesellschafter zur Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern berechtigt seien. Die Abberufung des Klägers sei rechtswirksam. Der geltend gemachte Wiederbestellungsanspruch sei gesetzlich ebensowenig begründet wie ein Unterlassungsbegehren. Der Kläger habe sich gesetz-, gesellschaftsvertrags- und gesellschafterweisungswidrig verhalten, so daß eine weitere Zusammenarbeit unmöglich erschienen sei.
Das Erstgericht wies sowohl die beiden Hauptbegehren als auch alle Eventualbegehren ab. Rechtlich führte es aus, die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer sei nach den zwingenden Vorschriften des § 16 GmbHG, da der Kläger nicht Gesellschafter-Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei gewesen sei, ohne Beschränkung auf wichtige Gründe jederzeit zulässig. Der Kläger sei auf allfällige Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen beschränkt. Zur Anfechtung des Generalversammlungsbeschlusses vom 17.11.1988 sei der Kläger als wirksam abberufener Geschäftsführer nicht legitimiert. Ein Feststellungsinteresse sei nicht dargetan, weil eine Leistungsklage möglich wäre.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, der die Abweisung seines Begehrens, den Beschluß der Generalversammlung der zweitbeklagten Partei vom 17.11.1988 für nichtig zu erklären, nicht angefochten hat, keine Folge. Der klare Wortlaut der §§ 15 Abs 1, 16 Abs 2 GmbHG lasse eine Beschränkung der freien Abberufbarkeit der Geschäftsführer (§ 16 Abs 1 GmbHG) auf wichtige Gründe nur für Gesellschafter-Geschäftsführer zu. Ein Anspruch auf neuerliche Bestellung zum Geschäftsführer nach gültiger Abberufung ergebe sich aus den getroffenen Vereinbarungen, insbesondere aus jener vom 29.4.1986, nicht. Für die Abberufung des Klägers als Geschäftsführer seien wichtige Gründe geltend gemacht worden. Der Kläger habe keine Vereinbarungen oder Umstände dargetan, aus denen sich eine vertragliche Beschränkung der Gesellschafter bzw. des einzigen Gesellschafters der zweitbeklagten Partei in der Beurteilung der Frage, ob ein solcher wichtiger Grund auch vorliege, ergäbe. Es könne daher auch dahingestellt bleiben, aus welchen Gründen eine vertragliche Beschränkung der freien Abberufbarkeit des Klägers als Geschäftsführer der zweitbeklagten Partei erfolgt sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, da eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Konsequenzen einer vertraglichen Einschränkung der freien Abberufbarkeit eines Fremdgeschäftsführers einer KomplementärgesmbH, der gleichzeitig Kommanditist sei, nicht aufgefunden werden konnte.
Rechtliche Beurteilung
Der Revision kommt keine Berechtigung zu.
Nach § 15 Abs 1 GmbHG erfolgt die Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter. Werden Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt, so kann dies auch im Gesellschaftsvertrag geschehen, jedoch nur für die Dauer des Gesellschaftsverhältnisses. § 16 Abs 1 GmbHG normiert, unbeschadet der Entschädigungsansprüche aus bestehenden Verträgen, die jederzeitige Widerrufbarkeit der Bestellung zum Geschäftsführer durch Beschluß der Gesellschafter. Diese freie Widerruflichkeit der Geschäftsführerbestellung ist ein wesentliches Grundprinzip des GmbH-Gesetzes und zwingend. Die Gesellschafter können auf die Widerruflichkeit der Bestellung der Geschäftsführer nicht verzichten. Den Interessenkonflikt zwischen der GesmbH an der jederzeitigen Abberufung und den Geschäftsführern an der Beibehaltung ihrer Bestellung löst § 16 Abs 1 dahin, daß allfällige Entschädigungsansprüche der Geschäftsführer aus bestehenden Verträgen von der Abberufung nicht berührt werden, diese also bei Verlust ihrer Organstellung auf die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen beschränkt werden. Da § 39 Abs 5 GmbHG dem Geschäftsführer, der selbst Gesellschafter ist, bei der Beschlußfassung über seine Abberufung ohne Ausnahme und unverzichtbar das Stimmrecht gibt, konnte die Abberufung bei notwendiger Stimmenmehrheit des Gesellschafter-Geschäftsführers gänzlich verhindert werden. Dies führte anläßlich der Novellierung des GesmbH-Gesetzes 1980 zu einer Neufassung des § 16. Nach dessen Abs 2 kann nunmehr ein Geschäftsführer, der Gesellschafter ist, aus einem wichtigen Grund durch gerichtliche Entscheidung abberufen werden. Wenn die Bestellung der Geschäftsführer im Gesellschaftsvertrag erfolgt ist, kann die Zulässigkeit des Widerrufes auf wichtige Gründe beschränkt werden. In diesem Fall ist der Widerruf der Bestellung wirksam, so lange nicht über seine Unwirksamkeit rechtskräftig entschieden ist (§§ 41, 42 und 44). Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes und der Absicht des Gesetzgebers (5 BlgNR 15.GP 6) sollte durch die Bestimmung des § 16 Abs 2 nur eine Sonderregel für Gesellschafter-Geschäftsführer zur Beseitigung der möglichen nachteiligen Folgen des § 39 Abs 5 GmbHG geschaffen, nicht aber generell ein Klagerecht der Minderheit auf Abberufung auch eines Fremdgeschäftsführers aus wichtigen Gründen durch gerichtliche Entscheidung eröffnet werden, denn das Gesetz geht davon aus, daß die Mehrheit grundsätzlich über das Schicksal der Gesellschaft im Wege der Privatautonomie ohne gerichtliche Eingriffe entscheiden soll und regelt die Minderheitenrechte und Klagemöglichkeiten abschließend (SZ 61/99). Viel weniger noch kann aus dieser Bestimmung, wie dies der Revisionswerber meint, im Wege der Analogie eine Beschränkung der freien Abberufung eines Fremdgeschäftsführers und ein im Gesetz in keiner Weise vorgesehenes Klagerecht auf Wiederbestellung durch eine gerichtliche Entscheidung abgeleitet werden. Es trifft zu, daß der Oberste Gerichtshof und auch die Lehre ausgesprochen haben, daß in jenen Fällen einer GesmbH & CoKG, bei welcher die Kommanditisten der KG mit den Gesellschaftern der KomplementärgesmbH identisch sind - und dies trifft hier keineswegs zu - die rechtliche Selbständigkeit der beiden Gesellschaften nicht unnötig überdehnt werden soll (GesRZ 1976, 126 mwN). Aus diesem Grund wurde die Möglichkeit der Abberufung eines Geschäftsführers im Klageweg dann abgeleitet, wenn Identität des betroffenen Geschäftsführers mit einem Gesellschafter besteht oder der Geschäftsführer nur "Strohmann" des Gesellschafters ist (RdW 1988, 131, 196; SZ 61/99). Der Revisionswerber übersieht aber, daß in diesen Fällen, abgeleitet aus der engen persönlichen Verflechtung der Gesellschafter der beiden juristischen Personen und deren gegenseitiger Treuebindung, dem im Gesetz verankerten Grundprinzip der Abberufungsmöglichkeit des Geschäftsführers im Interesse der übrigen Gesellschafter zum Durchbruch verholfen werden sollte. Auch Nowotny (Der lästige Gesellschafter der GesmbH & CoKG, NZ 1972, 81) den der Revisionswerber zur Sützung seiner Argumente anführt, vertritt die Ansicht, daß die Generalversammlung der GesmbH den Kommanditisten-Geschäftsführer nur dann eingeschränkt auf wichtigen Grund abberufen kann, wenn der Kommanditist auch Gesellschafter der GesmbH und im Gesellschaftsvertrag zum Geschäftsführer bestellt worden ist. Daraus den "Umkehrschluß" zu ziehen, einem GesmbH-Geschäftsführer, der nicht Gesellschafter der KomplementärgesmbH, sondern nur Kommanditist der GesmbH & CoKG ist, müsse wegen dieser "Nahebeziehung" nach rechtsgültiger Abberufung durch Gesellschafterbeschluß ein Recht auf Wiederbestellung und Unterlassung neuerlicher Abberufung durch gerichtliche Entscheidung zustehen, hieße den Grundsatz der freien und nur in den im Gesetz angeführten Fällen (Bestellung zum Gesellschafter-Geschäftsführer durch Einräumung eines gesellschaftsvertraglichen Sonderrechtes auf Geschäftsführung oder gesellschaftsvertragliche Beschränkung der Abberufung auf wichtige Gründe) überhaupt einschränkbaren Abberufungsmöglichkeit des Geschäftsführers in sein Gegenteil verkehren und stellte einen in keiner Weise gerechtfertigten Eingriff in die Privatautonomie dar.
Die hier getroffenen Vereinbarungen sind auch nicht als Stimmbindungs(Syndikats-)verträge gültig. Durch solche Verträge verpflichten sich Gesellschafter, nicht die Gesellschaften als juristische Personen, die im vorliegenden Fall in Anspruch genommen werden, anderen Gesellschaftern oder auch Dritten gegenüber ihr Stimmrecht in einer bestimmten Richtung auszuüben. Eine solche Verpflichtung (welches Gesellschafters?) liegt hier nicht vor, ganz abgesehen davon, daß Syndikatsverträge, die gegen gesetzliche Verbote, gegen die guten Sitten oder gegen zwingende Grundsätze des Gesellschaftsrechtes verstoßen, nichtig sind, überdies nur obligatorische Wirkung entfalten und nicht in das Gesellschaftsverhältnis hineinwirken (Reich-Rohrwig, GesmbH-Recht 366 f; Torggler, Die Rechtsstellung des GesmbH-Geschäftsführers, GesRZ 1974/4). Eine solche Stimmbindung widerspräche schon den zwingenden Bestimmungen des § 16 GesmbHG.
Die Abweisung des Begehrens auf Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für alle Rechtsnachteile, die dem Kläger aus der Nichterfüllung seines Anspruches auf Bestellung zum Geschäftsführer entstehen, wird in der Revision nicht mehr bekämpft, so daß dieser insgesamt ein Erfolg zu versagen war.
Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
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