Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluß vom 10. Jänner 1984 ordnete das Erstgericht für das Kind die gerichtliche Erziehungshilfe gemäß § 26 JWG an und genehmigte dessen Unterbringung bei Pflegeeltern. Mit Beschluß vom 23. Oktober 1986 wies es - unter anderem - den Antrag der Mutter auf Übergabe des Kindes in ihre Pflege und Erziehung ab und ersetzte die von ihr verweigerte Einwilligung in den am 27. Mai 1986 zwischen den Pflegeeltern Friedrich und Gertraud S*** und der Minderjährigen geschlossenen Adoptionsvertrag. Es führte hiezu aus, das Kind befinde sich seit 14. September 1984 bei den Eheleuten S*** in Herrnleis (Bezirk Mistelbach), die am 27. Mai 1986 die Bewilligung der Annahme der Minderjährigen an Kindesstatt beantragt hätten. Das Kind sei in der Pflegefamilie integriert und dort gut aufgehoben. Die Rückgabe des Kindes an die Mutter sei nicht zu verantworten, selbst wenn sie seit längerer Zeit mit einem Lebensgefährten zusammenlebe und sich ihre Verhältnisse demnach stabilisiert hätten. Sie zeige sich von der für das Kind abträglichen Wirkung eines Pflegeplatzwechsels völlig unbeeindruckt und beharre auf ihrem vermeintlichen Recht als Mutter. Die Weigerung der Mutter, in den Adoptionsvertrag einzuwilligen, sei zwar grundsätzlich beachtlich, könne aber dann vom Gericht ersetzt werden, wenn die Mutter sich besonders grober Verletzungen ihrer Pflichten schuldig gemacht habe. Das treffe im vorliegenden Fall zu, weil die Mutter ihren Pflichten dem Kind gegenüber seit dessen Geburt nicht nachgekommen sei. Es läge im Interesse des Kindes, es nicht nur der Mutter nicht zu überlassen, sondern deren verweigerte Einwilligung in den Adoptionsvertrag zu ersetzen.
Das Rekursgericht bestätigte den Ausspruch über die Abweisung des Antrages der Mutter, das Kind ihr in Pflege und Erziehung zu überlassen, hob aber den Ausspruch über die ersetzte Einwilligung der Mutter in den Adoptionsvertrag auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es vertrat die Auffassung, das Kind lebe erst eineinhalb Jahre bei seinen Pflegeeltern. Wenngleich es sich dort wohl fühle, gelte doch der Grundsatz, daß die Pflege und Erziehung den Eltern bzw. dem Elternteil überlassen bleiben solle. Ein Pflegeortwechsel solle zwar vermieden werden, doch müsse eine meist nur vorübergehende seelische Belastung des Kindes dann in Kauf genommen werden, wenn zumindest ein Elternteil die Gewähr für eine ordnungsgemäße Erziehung biete. Soweit das Erstgericht meine, die derzeit ausgezeichnete Unterbringung des Kindes lasse auf eine Adoption im Kindesinteresse schließen, sei dem entgegenzuhalten, daß das Leben der Mutter nach anfänglichen Irrungen nun seit der Aufnahme der Lebensgemeinschaft mit Josef S*** in geordneten Bahnen zu verlaufen scheine. Das Erstgericht habe keinerlei Feststellungen über die derzeitigen Lebensverhältnisse der Mutter getroffen. Die "Feststellungen" über die Vorstellungen der Mutter von der Gestaltung des Pflegewechsels seien großteils Schlußfolgerungen aus in früheren erstinstanzlichen Beschlüssen festgehaltenen Tatsachen. Dabei übersehe das Erstgericht, daß unterdessen geraume Zeit verstrichen sei, so daß diese Feststellungen längst überholt sein könnten. Die Bestätigung des erstgerichtlichen Beschlusses im Ausspruch über die Abweisung des Antrages der Mutter beruhe allein darauf, daß diese noch nicht versucht habe, zu ihrem Kind eine Beziehung aufzubauen. Deshalb erscheine es verfrüht, ihr das Kind zu überlassen, auch wenn die Verhältnisse der Mutter noch so gut wären. Keinesfalls dürfe der Mangel eines persönlichen Kontaktes dazu führen, der Mutter durch eine Adoption jedwede Aussicht auf die Übernahme des Kindes in ihre Obsorge zu nehmen.
Der von der Mutter erhobene Revisionsrekurs richtet sich seinem gesamten Inhalt nach ausschließlich gegen den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses. Nach einhelliger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SZ 57/119 uva) ist durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 der sinngemäßen Anwendung des Jud 56 neu (= SZ 24/335) die Grundlage entzogen worden. Demnach gilt auch für den Bereich der §§ 14 und 16 AußStrG bei teils bestätigenden, teils abändernden (bzw. aufhebenden) Entscheidungen des Rekursgerichtes der Grundsatz, daß gegen den bestätigenden Teil nur ein nach § 16 Abs 1 AußStrG zu beurteilendes Rechtsmittel erhoben werden kann. Die Grenzlinie ist dort zu ziehen, wo dem Rechtsmittel einer Partei in trennbarer Weise auch nur teilweise Folge gegeben wurde. Damit kann kein Zweifel bestehen, daß das Rekursgericht den Ausspruch des Erstgerichtes über die Abweisung des Antrages der Mutter, ihr das Kind in Pflege und Erziehung zu überlassen, bestätigt hat, so daß der von ihr erhobene Revisionsrekurs den im § 16 Abs 1 AußStrG vorgesehenen Anfechtungsbeschränkungen unterliegt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist danach nicht zulässig.
Das Rechtsmittel gegen eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes im Verfahren außer Streitsachen ist nur soweit zulässig, als es sich auf die im § 16 Abs 1 AußStrG genannten Anfechtungsgründe stützen kann, und zurückzuweisen, wenn nicht erkennbar ist, worin eine offenbare Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nullität gelegen sein soll. Das Vorbringen der Mutter im Rechtsmittel erschöpft sich in Behauptungen, daß sie nun schon seit längerer Zeit in geordneten Verhältnissen lebe und daher der Übernahme ihrer Kinder - insbesondere ihrer Tochter Romana - nichts mehr im Wege stehe. Mit diesem Vorbringen zeigt sie weder eine offenbare Gesetzwidrigkeit noch eine Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses auf. Welche tatsächlichen Umstände im Einzelfall Maßnahmen gemäß § 26 JWG rechtfertigen oder unter welchen Voraussetzungen solche Maßnahmen abgeändert oder - wie hier von der Mutter angestrebt - aufgehoben werden dürfen, ist im Gesetz nicht näher geregelt. Welche Erziehungsmaßnahmen zu ergreifen sind, hat das Gericht vielmehrnach Prüfung der konkreten Umstände unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl nach seinem Ermessen zu entscheiden (vgl. EvBl 1974/139 uva). Die Behauptung, die konkreten Umstände hätten sich im Einzelfall derart geändert, daß nun eine Übernahme des Kindes in die Pflege und Erziehung der Eltern bzw. eines Elternteils wieder oder - wie hier - erstmals gerechtfertigt erscheine, reicht deshalb zur Darstellung des Anfechtungsgrundes der offenbaren Gesetzwidrigkeit nur dann aus, wenn der Rechtsmittelwerber dartut, daß das Rekursgericht die Entscheidung in Mißachtung des Grundprinzips des Kindeswohles oder unter Mißbrauch des ihm eingeräumten Ermessens getroffen hat (3 Ob 550/84 ua). Das Rekursgericht hat jedoch dargetan, weshalb es dem Antrag der Mutter nicht stattgegeben hat:
sie müsse sich erst um persönliche Kontakte zum Kind bemühen, um die mit dem Pflegeplatzwechsel verbundene Irritation möglichst gering zu halten.
Der Revisionsrekurs war deshalb als unzulässig zurückzuweisen.
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