Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die klagende Partei bezeichnete die beklagte Partei mit "Firma A. E*** Handelsunternehmen, 4905 Holzleithen 30". Die beklagte Partei ließ sich in den Streit ein und verwendete in ihren Schriftsätzen auch diese Bezeichnung. Als sich im Zuge des Beweisverfahrens herausstellte, daß eine protokollierte Firma A. E*** nicht bestehe, wurde die Bezeichnung der beklagten Partei in Anna E***, Inhaberin eines Handelsunternehmens, 4905 Holzleithen Nr. 30, richtig gestellt.
Das klagsstattgebende Urteil wurde beiden Parteien am 30. Juni 1989 zugestellt. Die beklagte Partei wurde darin im Kopf des Urteiles ohne Berücksichtigung der Richtigstellung irrtümlich wieder mit "Firma A. E***, Handelsunternehmen" bezeichnet. Über Antrag der klagenden Partei berichtigte das Erstgericht mit Beschluß vom 10. Juli 1989 sein Urteil dahingehend, daß die Bezeichnung der beklagten Partei richtig "Anna E***, Inhaberin eines Handelsunternehmens 4905 Holzleithen 30" zu lauten habe. Dieser Beschluß wurde dem Beklagtenvertreter am 1. August 1989 mit der Aufforderung, die Urteilsausfertigung zum Zwecke der Berichtigung zurückzustellen, zugestellt. Der Beklagtenvertreter legte das Urteil in der Folge auch vor. Die berichtigte Urteilsausfertigung wurde dann dem Beklagtenvertreter, der mit Eingabe vom 8. September 1989 die neuerliche Zustellung mit dem Bemerken urgiert hatte, ohne Urteilsausfertigung sei die Verfassung der Berufung nicht möglich, am 11. September 1989 zugestellt. Am 21. September 1989 gab die beklagte Partei ihre Berufung zur Post.
Mit dem angefochtenen Beschluß wies das Berufungsgericht die Berufung der beklagten Partei als verspätet zurück. Es führte aus, da ein Zweifel über den wirklichen Inhalt des richterlichen Ausspruches von vornherein gar nicht habe aufkommen können, weil das Erstgericht schon im Berichtigungsbeschluß klar zum Ausdruck gebracht habe, daß nur die Bezeichnung der beklagten Partei berichtigt werde, habe die Rechtsmittelfrist schon mit der ersten Zustellung des Urteiles am 30. Juni 1989 zu laufen begonnen. Die erst nach rund sechs Wochen zur Post gegebene Berufung sei verspätet. Den Schwierigkeiten, die sich aus der Rücksendung der Urteilsausfertigung ergäben, hätte die beklagte Partei etwa durch Anfertigung einer Kopie oder durch früheres Verfassen des Rechtsmittels Rechnung tragen können.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Rekurs der beklagten Partei ist nicht berechtigt.
Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, daß die neuere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes den Spruch 8 neu, wonach im Falle einer Berichtigung eines Urteiles nach § 419 ZPO die Rechtsmittelfristen erst mit der Zustellung der berichtigten Ausfertigung neu beginnen, dahin eingeschränkt hat, daß dieser Grundsatz dann nicht zum Tragen kommt, wenn der Rechtsmittelwerber auch ohne Berichtigungsbeschluß über den wirklichen Inhalt des richterlichen Willens nicht im Zweifel sein konnte, die Berichtigung daher zu dessen Klärung nichts mehr beitragen konnte. Damit soll eine mißbräuchliche Verlängerung der Rechtsmittelfrist verhindert werden (EvBl 1975/224 mwN).
Nach dem hier vorliegenden Sachverhalt kann es keinem Zweifel unterliegen, daß für die beklagte Partei anläßlich der Zustellung des Berichtigungsbeschlusses, der den Inhalt der Berichtigung genau enthält, über den Entscheidungswillen des Erstgerichtes keinerlei Unklarheiten bestanden, die den Lauf einer neuen Rechtsmittelfrist rechtfertigen konnten. Von geforderten "hellseherischen Fähigkeiten", wie die beklagte Partei meint, kann hier wohl keine Rede sein. Damit durfte sie aber nicht damit rechnen, die Rechtsmittelfrist dennoch willkürlich verlängern zu können. Sie hatte es auch technisch in der Hand - selbst wenn sie nicht bis zur Überreichung der Berufung mit der Vorlage der zu berichtigenden Urteilsausfertigung an das Gericht, für welche keine Frist gesetzt war, zuwarten wollte - etwa durch Herstellen einer Fotokopie der unberichtigten Entscheidung die von der erfolgten Berichtigung nicht betroffenen Entscheidungsgründe des anzufechtenden Urteiles während der ganzen Berufungsfrist verwenden zu können. Ein solcher einfacher Vorgang muß bei Vertretung durch einen Rechtsanwalt, der die Folgen der Fristversäumung kennt, als üblich und zumutbar erkannt werden. Bei gegenteiliger, dem Standpunkt der Rekurswerberin entsprechender Beurteilung, ergäbe sich die nicht zu vertretende, weil die Rechte des Prozeßgegners unbillig verletzende Folge, daß der Berufungswerber eine - überdies durch die eigene Willkür der Wahl des Zeitpunktes der Vorlage der zu berichtigenden Entscheidung an das Gericht beeinflußbare - übermäßig lange Rechtsmittelfrist zur Verfügung hätte, obwohl der zu berichtigende Fehler offensichtlich war und die gefällte Entscheidung in Wahrheit jederzeit bekämpfbar blieb (so auch 7 Ob 192/74).
Der Ausspruch über die Kosten des unberichtigten Rekurses beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO.
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