Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.301,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 152,70 S Umsatzsteuer und 240 S Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit dem „Wärmelieferungsübereinkommen“ vom 24. 9. 1979 verpflichtete sich die beklagte Partei zur Lieferung von Fernwärme an den Kläger. Die für den Rechtsstreit bedeutsamen Vertragsbestimmungen lauten wie folgt:
„...
3.2 Laufende Vergütungen für die Wärmelieferung:
3.21 Wärmepreis:
Dieser beträgt zum Zeitpunkt des Abschlusses für Raumheizung und Aufheizung von Gebrauchwasser S 400/Gcal =1,16 MWh.
Hiezu kommt die jeweils gültige Mehrwertsteuer. Ein Leistungspreis (Grundpreis) kommt nicht zur Verrechnung ...
3.3 Wertsicherung:
Alle in diesem Übereinkommen vereinbarten Preise sind mit dem Verbraucherpreisindex 1966 (oder dem an dessen Stelle tretenden Index, wie dieser jeweils vom Österreichischen Statistischen Zentralamt verlautbart wird) wertgesichert. Als Basis gilt die Indexzahl 179,4.
Eine Veränderung erfolgt dann, wenn dieser Index die Toleranzgrenze von 10 % überschritten hat.
...
5. Sonstige Vereinbarungen:
5.1 Sollten nach Abschluss dieses Übereinkommens für die vertragsgegenständlichen Leistungen behördliche Mindest-, Höchst- oder Fixpreise, die höher bzw tiefer als die vereinbarten Preise liegen, verordnet werden, sind die Leistungsentgelte ab dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der behördlichen Preise anzugleichen.
5.2 Wenn außerhalb einer allfälligen gesetzlichen Preisregelung durch Veränderung der wirtschaftlichen Verhältnisse einem Partner die vereinbarten Lieferbedingungen oder die vereinbarten Preise laut Punkt 3. nicht mehr zumutbar erscheinen, so ruht die Lieferverpflichtung der FHK bzw die Abnahmeverpflichtung des Abnehmers bis zur einvernehmlichen Änderung des Übereinkommens längstens jedoch ein Jahr.
5.3 Änderungen dieses Übereinkommens und zusätzliche Vereinbarungen gelten nur, wenn sie von beiden Seiten schriftlich anerkannt sind.
...“
Aufgrund der vereinbarten Wertsicherung erhöhte sich der Preis je Megawattstunde (ausschließlich der Umsatzsteuer) ab Juni 1979 auf 380,68 S und ab Jänner 1981 auf 422,55 S).
Am 21. 7. 1981 stellte die beklagte Partei beim Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie den Antrag auf Festsetzung der für die Fernwärmeversorgung von Kirchdorf an der Krems zulässigen Höchstpreise gemäß den §§ 2 und 7 Preisgesetz mit der Begründung, die auf dem Verbraucherpreisindex beruhende Wertsicherung bilde keine Deckung für den übermäßig gestiegenen Erdgaseinstandspreis. In der hierüber anberaumten Sitzung des Preisbeirats am 19. 10. 1981 wurde über Anfrage des Vertreters der OÖ Arbeiterkammer bekanntgegeben, dass die begehrte Preisregelung in den Wärmelieferungsverträgen berücksichtigt sei. Mit Bescheid vom 27. 10. 1981 setzte der Landeshauptmann von Oberösterreich höchstzulässige Verkaufspreise für die Lieferung von Fernwärme durch die beklagte Partei fest und ermächtigte sie zur Verrechnung der im Einzelnen im Bescheid angeführten Höchstpreise ab 1. 11. 1981 (Tarif I) und 1. 1. 1982 (Tarif II).
Diese Höchstpreise gab die beklagte Partei den Fernwärmeabnehmern noch im November 1981 bekannt und kündigte im Rundschreiben vom 30. 11. 1981, in dem sie die Gründe für ihren Preisregelungsantrag noch einmal darlegte, an, die Preise müssten auch in Hinkunft auf diese Weise festgesetzt werden, sodass die in den Wärmelieferungsübereinkommen getroffenen Preisvereinbarungen damit aufgehoben seien und die Wertsicherung künftighin nicht mehr anzuwenden sei. Sie verwies in diesem Schreiben ferner auf ihre beim Notar Dr. Pöttinger hinterlegte Erklärung, sie sehe vor Eintritt der Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung erbrachte Zahlungen vorgeschriebener höherer Teilbeträge noch nicht als Anerkenntnis der mit Bescheid festgelegten Tarife an, sofern das Gerichtsverfahren bis zum 31. 3. 1982 eingeleitet worden sein sollte. Damit sollte ein unangemessen hoher Verwaltungsaufwand der beklagten Partei vermieden werden, weil sonst Abnehmer, die die einseitige Preiserhöhung nicht hinnehmen wollten, Abbuchungsaufträge widerrufen oder in betragsmäßig begrenzte Daueraufträge umwandeln könnten.
Der Kläger begehrte die Feststellung, er sei nicht verpflichtet, einen über Punkt 3.21 in Verbindung mit 3.3 des Wärmelieferungsübereinkommens vom 24. 9. 1979 hinausgehenden Preis je Wärmeeinheit (derzeit 422,55 S) zu bezahlen. Er behauptete, der Preisregelungsbescheid sei von der beklagten Partei veranlasst worden und binde ihn deshalb nicht. Überdies sei die Preisvereinbarung nur dann an die behördliche Preisregelung anzugleichen, wenn die Höchstpreise unter dem vereinbarten Entgelt lägen; das treffe indessen nicht zu, sodass die beklagte Partei auch nicht berechtigt sei, höhere als die vereinbarten Preise einzufordern oder gar einen Grundpreis einzuführen.
Die beklagte Partei beantragte Abweisung dieses Feststellungsbegehrens, wobei sie im Wesentlichen vorbrachte, ihre Vorgangsweise finde im Punkt 5.1 des Wärmelieferungsübereinkommens Deckung.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, bejahte das Feststellungsinteresse, weil der Kläger nicht bis zur gerichtlichen Einforderung des Entgelts zuwarten müsse, und verneinte die Voraussetzungen für die im Punkt 5.1 vorgesehene Preisangleichung. Dort sei nur von verordneter Preisregelung die Rede, während die Höchstpreise bescheidmäßig festgesetzt worden seien. Überdies gelte die Vertragsbestimmung nur für Höchstpreise, die unter dem vereinbarten Entgelt lägen, und außerdem seien danach die Leistungsentgelte bei behördlicher Preisregelung bloß anzugleichen, sodass die höchstzulässigen Preise nicht als vertraglich vereinbartes Entgelt anzusehen seien. Die im Begehren genannte Bezugsgröße sei indessen nicht in den Spruch aufzunehmen, weil mittlerweile eine Änderung eingetreten sei.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und führte in rechtlicher Hinsicht aus, Punkt 5.1 des Wärmelieferungsübereinkommens sei entgegen seinem Wortlaut dem Vertragszweck zufolge dahin auszulegen, dass er gleichermaßen die Preisregelung durch Verordnung und mittels Bescheids im Auge habe, zumal im Punkt 5.2 nur von der „gesetzlichen“ Preisregelung die Rede sei, doch berechtige der Bescheid die beklagte Partei nicht, die dort für zulässig erklärten Höchstpreise einzufordern, weil die im Vertrag getroffene Preisvereinbarung keine unmittelbare Änderung durch diese Art der Preisregelung erfahren könne. Dem Wortlaut des Vertrags zufolge („bzw“) solle die Festsetzung höherer oder tieferer Preise nur dann zu einer Angleichung der vereinbarten Entgelte führen, wenn die dort „gewünschte Beziehung“ eintrete. Welche Beziehung maßgebend sei, entscheide der Geschäftszweck. Die Parteien hätten im Vertrag zum Ausdruck gebracht, dass sie sich den „Intentionen“ der Preisregelung unterwerfen. Bei Festpreisen liege die Verpflichtung zur Angleichung der vereinbarten Preise ebenso auf der Hand wie bei höheren Mindestpreisen oder niedrigeren Höchstpreisen. Durch die Anhebung niedrigerer vertraglicher Preise auf das Niveau behördlich festgesetzter Höchstpreise werde indessen deren Zweck, Geschäfte zu Überpreisen hintanzuhalten, ebensowenig angestrebt wie die Sicherung der Bedarfsdeckung zu zulässigen Preisen, weil auch Preise unter dem Niveau der Höchstpreise zulässig seien. Das Begehren auf Angleichung der vereinbarten an die höchstzulässigen Preise widerstreite demnach dem Geschäftszweck und sei deshalb nicht berechtigt.
Dagegen wendet sich die beklagte Partei mit ihrer Revision aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und beantragt die Abänderung des Urteils im Sinne der Klageabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Ob die mit Bescheid der Verwaltungsbehörde verfügte Preisregelung die beklagte Partei zur Einforderung eines vom Vertrag abweichenden Entgelts berechtigt, ist den hiefür bedeutsamen Bestimmungen des Wärmelieferungsübereinkommens zu entnehmen. Ist deren objektiver Aussagewert zweifelhaft, muss sein Gehalt durch Auslegung ermittelt werden (Koziol-Welser, Grundriss des bürgerlichen Rechts6, I 73). Da Anhaltspunkte für einen vom Wortlaut der Vertragsbestimmungen abweichenden Parteiwillen fehlen, ist die Auslegung des von der beklagten Partei formulierten Vertragstextes, die das Ergebnis der rechtlichen Beurteilung und somit revisibel ist (SZ 49/59 ua), streitentscheidend.
Dabei muss zunächst vom Wortsinn in seiner gewöhnlichen Bedeutung ausgegangen werden (Koziol-Welser aaO, Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 914), doch ist nach § 914 ABGB nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern die Absicht der Parteien auszumitteln und der Vertrag so zu deuten, wie es der Verkehrssitte entspricht (SZ 49/59; Rummel aaO Rdz 4 und 5). Unter „Absicht der Parteien“ ist nicht etwa die Auffassung einer Partei oder gar der nicht erklärte und damit nicht überprüfbare Parteiwille zu verstehen, sondern es gilt, die dem Erklärungsempfänger erkennbare Absicht des Erklärenden zu erforschen (Gschnitzer in Klang-Komm 2 IV/1, 404; Koziol-Welser aaO, Rummel aaO).
Nach diesen Grundsätzen ist Punkt 5.1 des Wärmelieferungsübereinkommens auszulegen, der die Voraussetzungen für die Angleichung des vereinbarten Entgelts an behördlich geregelte Preise festlegt. Danach sind die Leistungsentgelte anzugleichen, wenn nach Abschluss des Übereinkommens behördliche „Mindest-, Höchst- oder Fixpreise, die höher bzw tiefer als die vereinbarten Preise liegen, verordnet werden“. Der Wortlaut dieser Bestimmung bringt namentlich durch die Reihung der Preisbegriffe und deren Verknüpfung mit dem vereinbarten Entgelt (arg „höher bzw tiefer“) deutlich zum Ausdruck, dass dieses nur dann an die behördlich festgesetzten Preise angeglichen werden soll, wenn es sonst gegen diese Anordnung verstieße. Daher ist das Leistungsentgelt nach dieser Vereinbarung nur an tiefere Höchst-, höhere Mindest- sowie überhaupt an Festpreise anzugleichen. Wollte man der Auffassung der beklagten Partei folgen, dass sie in jedem Fall behördlicher Preisregelung berechtigt sei, (nach ihrem Ermessen) jenes Entgelt vorzuschreiben und einzufordern, das nach dem Inhalt der behördlichen Anordnung - wie hier - für zulässig erklärt wird, hätte es der besonderen Erwägung der Mindest-, Höchst- und Fixpreise sowie deren Relation zum vereinbarten Entgelt gar nicht bedurft. Darüber hinaus stünde es dann im Belieben der beklagten Partei, das an sich selbst nach dem Inhalt des Preisregelungsbescheids zulässige vereinbarte Entgelt im Bereich bis zu der dort vorgesehenen Höchstgrenze einseitig festzusetzen. Eine solche Vereinbarung wäre zwar an sich zulässig (HS 3183/16; Koziol-Welser aaO 254), ist aber im Zweifel schon angesichts der präzisen Entgeltsvereinbarung (Punkt 3.) hier nicht anzunehmen (vgl hiezu auch Aicher in Rummel, ABGB, Rdz 7 zu § 1056). Dieses Auslegungsergebnis wird auch durch die Regel des § 915 ABGB erhärtet, weil undeutliche Formulierungen zum Nachteil der beklagten Partei als Vertragsverfasserin ausgelegt werden müssen.
Man kann auch nicht sagen, dass die Vertragsbestimmung bei dieser Auslegung inhaltsleer wäre, weil das Entgelt in diesen Fällen ohnehin selbst ohne besondere Vereinbarung anzugleichen wäre, die Parteien aber keine obsoleten Vertragspunkte hätten festlegen wollen. Abgesehen davon, dass zwingende gesetzliche Rechtsfolgen vielfach zur Klarstellung, dass sie durch den Vertrag nicht berührt werden sollen, vertraglich festgeschrieben werden, kommt Punkt 5.1 des Wärmelieferungsübereinkommens auch noch aus anderem Grunde besondere Bedeutung zu.
Zuleitungsverträge von Energie-versorgungsunternehmen sind Dauerschuldverhältnisse (Koziol-Welser aaO 255 mwN; vgl auch SZ 51/99), jedenfalls aber sind die Regeln der Dauerschuldverhältnisse unmittelbar auf sie anzuwenden (Reischauer in Rummel, ABGB, Rdz 18 zu § 918). Werden solche Verträge demnach von einer nachträglichen Preisregelung getroffen, können sie - weil ein wichtiger Grund vorliegt - mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden (Hanreich, Das zeitliche Element der Preisregelung, öffentlich-rechtliche und privat-rechtliche Überlegungen, ÖZW 1982, 7 ff, im besonderen 13); dazu sind die Vertragsteile indessen nicht berechtigt, wenn sie für diesen Fall - wie hier - die Angleichung des vereinbarten Entgelts an die geregelten Preise vereinbart haben, sodass die Beendigung des Vertragsverhältnisses aus diesem Grunde von vornherein ausgeschlossen wurde.
Verfehlt ist der auch noch in der Revision vertretene Standpunkt der beklagten Partei, die Vorinstanzen hätten gegen die Bindungswirkung verstoßen, indem sie der von der zuständigen Verwaltungsbehörde verfügten Preisregelung nicht Rechnung getragen hätten. Dem ist entgegenzuhalten, dass die bekämpfte Entscheidung keineswegs in die mit der behördlichen Preisfestsetzung verfügte Tatbestandswirkung (Hanreich aaO 11 mwN) verletzend eingreift. Denn einerseits ist die Auslegung von Vertragsbestimmungen dahin, ob sie überhaupt von einer verwaltungsbehördlichen Verfügung getroffen werden, den Gerichten vorbehalten, zum andern besteht keine Diskrepanz zwischen dem Preisregelungsbescheid und den Entscheidungen der Vorinstanzen, weil auch das vereinbarte wertgesicherte Entgelt dem im Bescheid festgesetzten zulässigen Höchstpreis gerecht wird. Allein diese Frage ist jedoch Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Ob die vertragliche Wertsicherung ausreicht, um die Kosten der beklagten Partei zu decken, und ob diese von der ihr im Punkt 5.2 eingeräumten Ermächtigung, die Lieferverpflichtung zeitlich begrenzt zum Ruhen zu bringen, Gebrauch zu machen genötigt sein wird, ist hier nicht zu untersuchen.
Da der Kläger schon diesen Erwägungen zufolge nicht verhalten ist, der von der beklagten Partei angestrebten Angleichung des vereinbarten Entgelts an den von der Preisbehörde für zulässig erklärten Höchstpreis zuzustimmen, kann es dahingestellt bleiben, ob Punkt 5.1 des Wärmelieferungsübereinkommens bloß durch Verordnung oder auch mittels Bescheids festgesetzte Preise im Auge hat. Nur der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass die im Bescheid eingeräumte Ermächtigung, die höheren Preise ab den dort vorgesehenen Zeitpunkten einzufordern, keineswegs die Ermächtigung der beklagten Partei in sich schließt, diese Preise ungeachtet der vertraglichen Entgeltsvereinbarungen den Abnehmern vorzuschreiben; zu einer solchen Ermächtigung wäre im Übrigen die Verwaltungsbehörde bei der von ihr gewählten Art der Preisregelung auch gar nicht berechtigt gewesen.
Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO.
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