Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die Klägerin ist schuldig, den beklagten Parteien die mit S 3.737,08 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer S 339,73) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Erstbeklagte hatte bereits im Jahre 1982 gemeinsam mit ihrem Ehemann die Absicht verfolgt, ihrer Tochter aus dem Gutsbestand ihrer bäuerlichen Liegenschaft eine zur Errichtung eines Wohnhauses taugliche Teilfläche zu schenken. Die Erstbeklagte und ihr Ehemann hatten damals eine etwa 600 m2 große, an die Landesstraße anliegende, aber außerhalb des Baugebietes nach dem Flächenwidmungsplan gelegene Fläche ausgewählt und vermessen lassen. Da diese Fläche in einem nicht als katastrophensicher geltenden Gebiet gelegen war, war ein Antrag auf Umwidmung in Bauland nicht aussichtsreich. Die elterliche Absicht, der Tochter einen Baugrund zu schenken, wurde daher in der zunächst vorgesehenen Form nicht weiter verfolgt. Als nach dem 1983 eingetretenen Witwenfall der Erstbeklagten ein Bruder ihrer zu bedenkenden Tochter Liegenschaftsmiteigentümer geworden war, wurde im Jahre 1984 die Angelegenheit wieder aufgegriffen. Verschiedene Versuche, eine etwa 600 m2 große, als Baugrund geeignete Teilfläche auszustecken, scheiterten daran, daß die gewählten Flächen außerhalb des Baugebietes nach dem Flächenwidmungsplan gelegen waren. Am 7. November 1984 vermaß ein staatlich befugter und beeideter Ingenieurkonsulent für Vermessungswesen im Auftrag der Tochter und im Einverständnis ihrer Mutter und ihres Bruders eine nach dem Teilungsausweis 660 m2 große Teilfläche eines insgesamt rund 84 a großen Grundstückes und steckte das Trennstück auch in der Natur aus. Bei der Vermessung erzielten Tochter, Mutter und Bruder Einigung darüber, daß die Tochter die eben vermessene Fläche als Baugrund schenkungsweise erhalten sollte. Nach dem Teilungsplan war das neu zu bildende Grundstück nach Art einer Enklave vollständig vom Restgrundstück eingeschlossen. Als mögliche Zufahrt bot sich in der Natur ein im Dritteigentum stehender Privatweg oder ein mindestens 400 m langer, über den Grund der Geschenkgeber führender, noch als Zufahrt auszubauender und bis zur Landesstraße zu verlängernder Feldweg an. Nachdem der Ehemann der Geschenknehmerin die erhoffte Zustimmung der Eigentümer des Privatweges zu dessen Benutzung nicht erhalten hatte, äußerte er die Absicht, sich eine Zufahrt von der Landesstraße her zu machen. Dazu erklärte die Mutter der Geschenknehmerin, ohne daß der Bruder der Geschenknehmerin dieser gegenüber einen Einwand geäußert hätte, dies werde schon möglich sein. Die Geschenknehmerin vereinbarte in diesem Sinne mit den Geschenkgebern, daß ihr die Zufahrt auf ihre Kosten von der Landesstraße über den bestehenden Feldweg eingeräumt würde. Die Geschenknehmerin beauftragte einen Notar "mit der Durchführung der Schenkung". Dessen Einladung (zur Vertragserrichtung) beantworteten die Geschenkgeber mit einem Schreiben vom 14. November 1984, in dem sie mitteilten, daß ihnen die Schenkungen des Baugrundes an die Geschenknehmerin nicht möglich sei; dazu führten sie wörtlich als Begründung aus:
"Die als Baugrund ausgewiesene Fläche ist zu klein, um neben einem Haus einen ungestörten landwirtschaftlichen Betrieb zu ermöglichen.
Die Nachbarn, sie entscheiden über das Zufahrtsrecht, haben
dieses beide abgelehnt, nach der Vermessung. Daher wäre der ohnehin
zu enge Baugrund von ..." (der Ortschaft) "... aus ohne Zufahrt.
Eine Zufahrt von der ... Straße aus müßte über fruchtbare
landwirtschaftliche Nutzflächen führen und wird daher von uns abgelehnt."
Die Geschenknehmerin begehrte die Verurteilung der beiden Geschenkgeber zur Zuhaltung der Schenkung des im näher beschriebenen Teilungsplan ausgewiesenen Grundstückes sowie zur Einwilligung in die grundbücherliche Abschreibung des neu gebildeten Grundstückes, Eröffnung einer neuen Einlage für dieses und Einverleibung des Eigentumsrechtes der Geschenknehmerin.
Die Geschenknehmerin ist während des Rechtsstreites gestorben. In ihre Parteistellung ist ihre Verlassenschaft eingetreten. Die Verstorbene wird in der Folge als Klägerin bezeichnet. Die Klägerin erblickte in der Vermessung und der Errichtung des Teilungsplanes (mit der ausgewiesenen Naturaufnahme vom 12. Oktober 1984) samt Teilungsausweis unter der Bezeichnung als "Auszeige" einen als wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB zu wertenden Übertragungsakt und folgerte daraus eine Formwirksamkeit der Grundstücksschenkung.
Die Beklagten bestritten nicht nur die Äußerung eines Abschlußwillens zu dem in Aussicht genommenen Schenkungsvertrag. Sie wendeten vor allem dessen Formunwirksamkeit ein. Darüber hinaus machten sie geltend, daß einem Eigentumserwerb der Klägerin an der begehrten Fläche grundverkehrsrechtliche Bestimmungen entgegenstünden und daß unter anderem mangels gesicherter Zufahrt eine Baubewilligung nicht erwartet werden könnte.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im klagsabweisenden Sinne ab. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt.
Während das Erstgericht die anläßlich der Vermessung vom 7. November 1984 gewechselten Erklärungen als Abschluß eines Schenkungsvertrages und das Ausstecken und Vermessen des Grundes als wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB gewertet hatte, nahm das Berufungsgericht eine Formunwirksamkeit der Schenkung mangels wirksamer Übergabe an. Es legte das Erfordernis der wirklichen Übergabe im Sinne der auf dem Judikat 142 fußenden Rechtsprechung und Lehre dahin aus, daß außer der Rechtsgeschäftserklärung ein sinnfälliger, nach außen hin bemerkbarer Akt gesetzt werden müßte, der derart beschaffen sein müßte, daß aus ihm der ernstliche Wille des Schenkers hervorgehe, das Objekt der Schenkung sofort aus seiner Gewahrsame in den Besitz des Beschenkten zu übertragen. Die festgestellte Vermessung und Aussteckung des Grundes habe zwar Umfang und Lage der geschenkten Grundfläche augenfällig festgelegt, eine Handlung zur Besitzübertragung sei aber darüber hinaus nicht einmal behauptet, geschweige denn festgestellt worden. Dazu erachtete das Berufungsgericht einen Akt als erforderlich, nach dem ein weiterer Besitz der Geschenkgeber an der geschenkten Grundfläche erkennbar auszuschließen gewesen wäre.
Die Klägerin ficht das abändernde Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem auf Wiederherstellung des klagsstattgebenden Urteiles erster Instanz zielenden Abänderungsantrag an.
Die Beklagten streben die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die gerügte Aktenwidrigkeit liegt nicht vor:
Das erstinstanzliche Tatsachenvorbringen der Klägerin zur Beachtung des Formerfordernisses der wirklichen Übergabe beschränkte sich auf die Behauptung einer "Auszeige" des Schenkungsgrundstückes in der Natur durch die Beklagten. Diesen Vorgang wertete sie als wirkliche Übergabe im Sinne des § 943 ABGB. Die Vermessung und Aussteckung der als Schenkungsgegenstand vorgesehenen Grundfläche durch einen von der Klägerin beigezogenen Geometer und das Verhalten der Beklagten zu diesem Vorgang wurden festgestellt. Die Wertung dieser Vorgänge als Aufgabe der eigenen tatsächlichen Verfügungsgewalt durch die Geschenkgeber und als Einräumung einer für die wirkliche Übergabe als notwendig angesehenen tatsächlichen Verfügungsmacht der Geschenknehmerin ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung.
Die als aktenwidrig gerügte Begründung des berufungsgerichtlichen Urteiles, daß die Klägerin einen weiteren, über die räumliche Bestimmung des Schenkungsgegenstandes durch Abgrenzung der Fläche in der Natur hinausgehenden Akt der Besitzübertragung nicht behauptet hätte, übergeht kein in den Schriftsätzen und Protokollen enthaltenes Tatsachenvorbringen der klagenden Partei und stimmt mit der Aktenlage überein. Dem von den Vorinstanzen zugrunde gelegten Sachverhalt haftet auch kein Feststelllungsmangel an.
Die rechtliche Beurteilung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes durch das Berufungsgericht trifft zu:
Ob ein in Anwesenheit der Parteien des Schenkungsvertrages und mit deren Zustimmung vorgenommenes Abstecken oder Auspflocken des als Schenkungsgegenstand abgesprochenen Grundes bereits dessen wirkliche Übergabe darstellt, hängt davon ab, ob mit dieser sicherlich sinnfällig in die Außenwelt getretenen Handlung nicht bloß eine eindeutige Bestimmung der als Schenkungsgegenstand vorgesehenen Landfläche vorgenommen, sondern auch gerade durch diese Vorgänge in erkennbarer Weise zum Ausdruck gebracht werden sollte, daß der in Ausmaß und Umriß bestimmte Grund aus der Verfügungsmacht des Geschenkgebers in jene des Geschenknehmers übertragen werde. Dieses zweite Element hat das Berufungsgericht nach dem festgestellten Sachverhalt mit Recht verneint:
Zum einen waren ähnliche Vorgänge in der Natur zur Bestimmung
einer Landfläche, die zu der als Geschäftsgrundlage vorausgesetzten
Verbauung geeignet gewesen wäre, vorangegangen, so daß den
Geschenkgebern zugesonnen werden durfte, mit dem Ausstecken von
Grenzen in der Natur zunächst nur die Grundlage für eine behördliche
Prüfung oder doch inoffizielle Vorbegutachtung durch behördliche
Organträger der für eine Verbauung und Eigentumsübertragung an die
Klägerin erforderlichen Voraussetzungen zu schaffen. Vor allem ist
aber eine Übertragung des tatsächlichen Gebrauches und der Nutzungen
des völlig vom Restgrund des Geschenkgeber eingeschlossenen
Schenkungsgegenstandes an die Geschenknehmerin solange nicht
anzunehmen, als eine Zutrittsmöglichkeit für die Geschenknehmerin
nicht konkret in einer rechtlich abgesicherten Weise und nicht bloß
in allgemeinen Zusicherungen festgelegt worden war. Eine Zufahrt
über die zur Landestraße erst zu verlängernden Trasse eines
bestehenden und als Zufahrtsweg noch auszubauenden Feldweges konnte
der Geschenknehmerin in tatsächlicher Hinsicht noch gar nicht
eingeräumt worden sein.
Die "Verrainung" (der in der Revision verwendete Ausdruck "Vereinigung" beruht wohl auf einem offenbaren Diktat- oder Schreibfehler) allein hat das Berufungsgericht im vorliegenden Fall wegen der fehlenden Besitzeinräumung an einem Recht auf Zugang über einen bereits eindeutig bestimmten Teil der Erdoberfläche mit Recht nicht als Akt der wirklichen Übergabe im Sinne des § 943 ABGB gewertet.
Das Berufungsgericht hat die das Klagebegehren stützende Schenkung zutreffend als formunwirksam erkannt.
Der Revision mußte daher ein Erfolg versagt bleiben. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Durch den im Sinne des § 500 Abs 2 ZPO vorgenommenen Bewertungsausspruch blieb allerdings die Kostenbemessungsgrundlage nach den §§ 3 und 4 RATG, § 56 Abs 2 JN unberührt. Diese blieb daher auch für das Revisionsverfahren mit S 70.000,-- unverändert.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)