Spruch:
Beiden Rekursen wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wieder hergestellt wird.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist zu 1/6, der Antragsgegner zu 5/6 Miteigentümer einer Liegenschaft in Klagenfurt. Auf dieser befindet sich ein aus Keller, Erdgeschoss, erstes Obergeschoss und Mansarde bestehendes Haus. Das Erdgeschoss (122,65 m2) ist als eine Wohnung geplant, die aus vier Zimmern, einer Wohnküche, Speisekammer, Bad, WC und Vorraum besteht. Eine Benützungsregelung wurde bisher nicht getroffen. Zwischen den Parteien besteht Einvernehmen darüber, dass die Antragstellerin im Rahmen einer Benützungsregelung das Südwestzimmer, die Küche, die Speisekammer, das WC und das Bad im Erdgeschoss zur Alleinbenutzung erhält und die auf der Liegenschaft befindliche Doppelgarage bei der Bewertung außer Betracht zu bleiben hat.
Die Antragstellerin strebt eine Benützungsregelung an, wonach ihr neben den genannten Räumlichkeiten noch ein weiteres südlich gelegenes Zimmer im Erdgeschoss, ein anteiliger Vorraum samt Kellerraum im Südwestteil des Hauses sowie ein ihrem Miteigentumsanteil entsprechender Gartenanteil zur Benützung zugewiesen werden. Die Zuweisung der in ihrem Antrag bezeichneten Räume ermögliche die Schaffung einer geschlossenen Wohneinheit.
Der Antragsgegner sprach sich gegen die Zuweisung des südlich gelegenen Zimmers im Erdgeschoss aus. Die übrigen im Erdgeschoss gelegenen, der Antragstellerin zuzuweisenden Räume entsprächen ihrem Anteil ohnehin und ermöglichten die Bildung einer geschlossenen Wohneinheit. Der Antragstellerin soll das Kellerabteil in der Südost-Ecke und ein Grundstreifen westlich des Hauseinganges, reichend nach Süden bis zum Garagengebäude eingeräumt werden, dieser Grundstreifen sei mit einem Zugangs- und Zufahrtsrecht zur Garage des Antragsgegners zu belasten.
Das Erstgericht wies der Antragstellerin die von ihr beanspruchten Räumlichkeiten im Erdgeschoss (einschließlich des Süd-Zimmers) im Gesamtausmaß von 74,10 m2 zur alleinigen Benützung zu, wobei es anordnete, dass der Ausgang der dadurch entstehenden Wohnung auf Kosten der Antragstellerin nach Westen zu errichten sei. Weiters wies es ihr die bisherige Waschküche, die über einen eigenen Ausgang zur Allgemeinfläche vor der Garage verfügte, zur Alleinbenutzung zu; die Tür zum Kellervorraum sollte geschlossen werden. Die Antragstellerin erhielt ferner eine Gartenfläche von rund 58 m2 nördlich des Hauses zur angrenzenden Straße hin zur Alleinbenutzung. Der Zugang von der Richard Wagnerstraße zum Stiegenhaus und die Fläche zwischen dieser Straße und der Garage des Antragsgegners, im Osten begrenzt durch die Verlängerung des Westendes des Stiegenaufganges in die Erdgeschosswohnung, verblieben als Allgemeinfläche. Alle übrigen Teile von Haus und Garten verblieben dem Antragsgegner zur Alleinbenützung.
Das Erstgericht stellte die Nutzflächen von Erdgeschoss (122,65 m2), Obergeschoss (123,50 m2) und Mansardenwohnung (118,64 m2) fest. Es ging von einem Nutzwert des Oberschosses als "Regelgeschoss" von 1 aus und nahm hinsichtlich des Erdgeschosses Abschläge von 10 % aufgrund der Straßenlage und weiteren 15 % aufgrund des "fast desolaten Zustandes" der Erdgeschossräume und beim Mansardengeschoss einen Abschlag von 10 % aufgrund der Lage vor. Unter Zugrundelegung der so errechneten Nutzwerte für das gesamte Objekt von 323 (92 Erdgeschoss, 124 Obergeschoss und 107 Mansarde) errechne sich der Nutzwertanteil der Antragstellerin von 1/6 mit 53,8, was einer ihr im Erdgeschoss zuzuteilenden Fläche von 71,7 m2 entspreche. Die Antragstellerin erhalte nur um 3 % mehr, als ihrem 1/6-Anteil entspreche. Die getroffene Benützungsregelung stehe damit nicht nur flächenmäßig mit den Eigentumsanteilen in Einklang, sie berücksichtige auch die Ausstattung (Nutzungsmöglichkeit), eine allfällige Wertänderung und die Kosten der Trennung der Nutzfläche. Auch halte sie die Berührungspunkte der gemeinsamen Flächen möglichst gering. Die der Antragstellerin zugewiesene Gartenfläche betrage im Gegensatz zum errechneten 1/6-Anteil von 132 m2 zwar nur 58 m2, sie ermögliche es der Antragstellerin jedoch, einen PKW-Abstellplatz zu errichten, was zu einer Aufwertung dieser Fläche führe.
Die Antragstellerin ließ den Beschluss des Erstgerichts unbekämpft.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners, der sich gegen die Zuweisung des Südzimmers im Erdgeschoss und die Festlegung des Hauszuganges (8 m2) als Allgemeinfläche wendete - Folge, hob die angefochtene Entscheidung auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Das Rekursgericht erachtete die vom Erstgericht bei der Nutzwertberechnung vorgenommenen Abschläge von je 10 % für die Räumlichkeiten im Erdgeschoss und jene in der Mansarde als gerechtfertigt, nicht jedoch den für das Erdgeschoss vorgenommenen weiteren Abschlag von 15 %. Es sei noch die Frage zu klären, ob der Bauzustand von Räumen (das Erstgericht habe einen fast desolaten Zustand der Räumlichkeiten im Erdgeschoss angenommen) einen Abschlag vom Nutzwert rechtfertige. Abgesehen von den Kosten der Errichtung des Ausganges der der Antragstellerin zugewiesenen Wohnung habe das Erstgericht auf die Kosten der realen Teilung der Räumlichkeiten nicht Bezug genommen. Es könne derzeit nicht nachvollzogen werden, ob die der Empfehlung des Sachverständigen folgende Benützungsregelung den dabei anzuwendenden Grundsätzen entspreche. Auch müsse die Frage der Tragung der Trennungskosten, die nach Auffassung des Rekursgerichtes im Sinn des § 839 Satz 1 ABGB anteilsmäßig von den Miteigentümern getragen werden müssten, noch mit den Parteien erörtert werden. Die Zuweisung des Hauszuganges im Ausmaß von 8 m2 zur von beiden Miteigentümern zu benutzenden Allgemeinfläche erachtete das Rekursgericht unter Hinweis darauf, dass es der Antragstellerin möglich sein müsse, den ihr zugewiesenen Liegenschaftsanteil durch ein kleines Tor zu betreten, ohne immer die große Garagentüre öffnen zu müssen, gerechtfertigt.
Das Rekursgericht bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 260.000 S und sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei, weil zur Berücksichtigung des Bauzustandes aufzuteilender Räume im Rahmen einer Benützungsregelung wie auch zur Frage der Tragung von Kosten der realen Teilung bestehender Räume Rechtsprechung fehle.
Beide Parteien erhoben Rekurs gegen den Aufhebungsbeschluss. Die Antragstellerin strebt die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses, der Antragsgegner die Aufhebung und Zurückverweisung an das Rekursgericht an.
Rechtliche Beurteilung
Beide Rekurse sind schon deshalb zulässig, weil das Rekursgericht die Teilrechtskraft des erstgerichtlichen Beschlusses nicht beachtet hat. Sie sind auch berechtigt (jener des Antragsgegners jedoch in einem anderen als von ihm angestrebten Sinn). Die Zulässigkeit des Rekurses ermöglicht die Überprüfung der Rechtsansicht in jeder Richtung. Trotz Rekurses des Antragsgegners kann - Spruchreife in der Sache vorausgesetzt - ein Beschluss auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung gefällt werden.
Im Gesetz ist nicht ausdrücklich vorgesehen, nach welchen rechtlichen Gesichtspunkten die Benützungsregelung zwischen Miteigentümern vorzunehmen ist. Nach Lehre und Rechtsprechung hat grundsätzlich jeder Miteigentümer Anspruch auf eine seinem Miteigentumsanteil entsprechende Sachbenützung, wenn diese Benützung teilbar ist. Bei der zu treffenden Regelung ist auch zu beurteilen, ob sie im Hinblick auf das Interesse der Gesamtheit der Miteigentümer vertretbar ist, wobei die Umstände des Einzelfalles von Bedeutung sind (Gamerith in Rummel, ABGB2 Rz 7 zu § 835; Hofmeister/Egglmeier in Schwimann, ABGB2 Rz 25 zu § 835; Schimetschek, Die Benützungsregelung ImmZ 1973, 113 ff [116]; Kocevar, Zur Benützungsregelung ImmZ 1975, 19 ff [21]; MietSlg 31.077, 34.101, 48.059; WoBl 1992/114). Es handelt sich daher bei der Benützungsregelung durch das Gericht im Wesentlichen um eine von Billigkeitserwägungen getragene Ermessensentscheidung, der der Oberste Gerichtshof schon bisher nicht nur die Fläche der zur Benützung zuzuweisenden Räumlichkeiten, sondern auch deren Qualität zugrunde gelegt hat, um den jeweiligen Miteigentümern eine ihrem Anteil entsprechende Sachbenützung zu ermöglichen (JBl 1956, 72).
Im vorliegenden Fall berücksichtigte das Erstgericht den seiner Einschätzung nach "desolaten Zustand" der Räumlichkeiten im Erdgeschoss und nahm deshalb einen Abzug von 15 % der dafür errechneten Nutzwerte vor. Das Rekursgericht verneinte die Berechtigung dieses Abschlages und vertrat dazu die Auffassung, die Kosten der Behebung eines schlechten Bauzustandes seien als gemeinsame Lasten im Sinn des § 839 ABGB von den Miteigentümern im Verhältnis ihrer Anteile zu tragen. Ein fast desolater Bauzustand dieser Räume könne nicht dazu führen, dass die Antragstellerin ein Mehr an Fläche zur Alleinbenutzung zugewiesen erhalte.
Die Frage, ob der (unterschiedliche) Bauzustand von der Benützungsregelung unterliegenden Räumen Einfluss auf die Regelung nimmt, war noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes. In Fällen, in denen die durch den Bauzustand eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit auf Schäden zurückzuführen ist, die die Substanz des Hauses betreffen und deren Behebungskosten daher allen Miteigentümern entsprechend § 839 ABGB zur Last fallen, widerspräche es dem Grundsatz der Billigkeit, jenem Miteigentümer, dem diese Bereiche zugewiesen werden, ein höheres Ausmaß an Raum zuzugestehen. Er würde nach Behebung dieser Bauschäden auf Kosten der übrigen Miteigentümer aus der davor zugewiesenen größeren Fläche dauerhaft Vorteil ziehen, während die übrigen Miteigentümer anteilsmäßig weniger erhalten hätten, obwohl sie für die Sanierungskosten gemeinsam aufzukommen hatten. Ist der schlechte Bauzustand von in die Benützungsregelung einzubeziehenden Räumen auf Schäden zurückzuführen, deren Behebungskosten nach § 839 ABGB von allen Miteigentümern zu tragen sind, verbietet es der Grundsatz der Billigkeit, den (schlechten) Bauzustand durch ein Mehr an zuzuweisender Fläche auszugleichen.
Einer Klärung der Frage, in wessen Verantwortungsbereich die Schadensbehebung fällt, bedarf es im vorliegenden Fall nicht. Die vom Erstgericht vorgenommene Benützungsregelung entspricht nämlich auch dann der Billigkeit, wenn der schlechtere Erhaltungszustand der Räumlichkeiten im Erdgeschoss nicht berücksichtigt wird.
Die Parteien wenden sich nicht mehr gegen die vom Rekursgericht bei der Nutzwertberechnung vorgenommenen Abzüge von jeweils 10 % für die im Erdgeschoss und in der Mansarde gelegenen Flächen. Unter Berücksichtigung dieser Abzüge ergibt sich gegenüber der Gesamtfläche von 364,79 m2 ein Nutzwert von insgesamt 341 (110 für Erdgeschoss, 124 für Obergeschoss und 107 für Mansarde), davon beträgt der 1/6-Anteil der Antragstellerin 56,83. Bezogen auf die im Erdgeschoss gelegenen Räume und unter Berücksichtigung ihres 1/6-Anteiles hat die Antragstellerin somit rechnerisch Anspruch auf 63,36 m2 (Gesamtfläche des Ergeschosses 122,65 : Nutzwert 110 x 56,83 = 63,36 m2). Tatsächlich erhielt sie 74,10 m2. Demgegenüber wurde der Antragstellerin jedoch eine wesentlich geringere Gartenfläche zugewiesen, als ihrem Miteigentumsanteil entsprochen hätte: Unter Berücksichtigung der für Haus, Garage und gemeinsame Nutzung überlassenen Flächen (diese werden vom Antragsgegner nicht mehr in Frage gestellt) hätte die Antragstellerin Anspruch auf eine Gartenfläche von insgesamt 132 m2. Tatsächlich hat sie jedoch nur eine zwischen Haus und Straße gelegene Vorgartenfläche von 58 m2 zur Alleinbenutzung zugewiesen erhalten, eine Fläche, die aufgrund ihrer Lage nur als Abstellplatz, in keiner Weise aber als Garten zu Erholungszwecken genutzt werden kann. Sie hat überdies die Kosten der Errichtung des Wohnungszu- und ausganges im Westen allein zu tragen, obwohl diese Kosten für die im Interesse beider Parteien gestaltete Benützungsregelung erforderlich werden und den Wert des gesamten Miteigentumsobjektes positiv beeinflussen. Diese ihr auferlegten Nachteile stellen einen angemessenen Ausgleich zu der ihr zugesprochenen größeren Fläche (ca 10 m2) im Erdgeschoss dar.
Die vom Erstgericht vorgenommene Benützungsregelung verletzt auch die Interessen des Antragsgegners nicht in unbilliger Weise. Zum einen erhält er den gesamten hinter dem Haus und an dessen Ostseite gelegenen Gartenbereich zur Alleinbenutzung. Zum andern ist es ihm auch möglich, die ihm zur Alleinbenutzung verbliebenen Räumlichkeiten im Erdgeschoss als selbständige Wohneinheit zu nutzen. Schon der Sachverständige hat in seinem Gutachten darauf hingewiesen, dass im Nordzimmer die Möglichkeit besteht, an Wasser- und Abwasserleitungen des daneben liegenden Bades anzuschließen (oder Rohrleitungen dazu im Kellerbereich zu führen).
Die Auffassung des Rekursgerichtes, das Erstgericht hätte über die weiteren Kosten der hier angeordneten realen Trennung nach Erörterung mit den Parteien entscheiden müssen, wird nicht geteilt. Sinn und Zweck der hier vorgenommenen Trennung und Zuweisung bestimmter Räumlichkeiten in das alleinige Nutzungsrecht der Parteien besteht ausschließlich darin, ihnen die ihrem Miteigentumsanteil entsprechende Nutzung des gemeinsamen Objektes zu ermöglichen. Die mit der Ausführung dieser Benützungsregelung verbundene Kosten (wie jene für die Errichtung einer Trennwand und das Verschließen zweier Türen) stellen somit Aufwendungen auf das Miteigentumsobjekt dar, die dem Gebrauch der gemeinsamen Sache (Hofmeister/Egglmeier aaO Rz 4 zu § 839) und somit seiner besseren Nutzung im Sinn des § 839 ABGB dienen. Sie sind nach dieser Gesetzesstelle von den Miteigentümern entsprechend ihrer Anteile zu tragen (Hofmeister/Egglmeier aaO Rz 31 zu § 835), ohne dass es - mangels entsprechender Antragstellung - eines Ausspruches im Beschluss über die Benützungsregelung bedurfte. Das Erstgericht hat der Antragstellerin zwar die Kosten der Errichtung des Ausganges der ihr zugewiesenen Wohnung (als Ausgleich für die ihr aus der Regelung zukommenden Vorteile) auferlegt, seine Entscheidung ist in diesem Punkt unbekämpft geblieben. Im Übrigen hat keine der Parteien beantragt, der jeweils anderen Kosten der Benützungsregelung (oder deren Durchführung) aufzuerlegen. Auch die Rekurse gegen den Aufhebungsbeschluss relevieren die Frage der Kostentragung nicht.
Einer Ergänzung des erstgerichtlichen Beschlusses in dem vom Rekursgericht angestrebten Sinn bedarf es daher nicht.
Den Rekursen der Verfahrensbeteiligten ist Folge zu geben und - da sich die Rechtssache als spruchreif erweist - die Entscheidung des Erstgerichtes, mit dem dieses die Benützung geregelt hatte, wieder herzustellen.
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