Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Der Antrag der klagenden Partei auf Zuspruch von Kosten für die Rekursbeantwortung wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Alleingeschäftsführer und Alleingesellschafter der klagenden Gesellschaft mbH, die das Gewerbe der Realitätenvermittlung betrieb, hatte eine Angestellte am 23.5.1995 schriftlich dazu bevollmächtigt, "fällige Vermittlungsprovisionen zu kassieren und alle notwendigen Schritte zur gerichtlichen Einbringung durchzuführen" (Beil C). Die Verwaltungsbehörde hatte der Klägerin mit Bescheid vom 16.3.1995 die Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Immobilienmaklergewerbes entzogen. Der Kläger interessierte sich im April 1995 für den Ankauf einer Wohnung, die ihm von einem anderen Realitätenvermittler zu einem Kaufpreis von 3 Mio S angeboten worden war. Eine Käuferprovision hätte der Beklagte nicht zu zahlen gehabt. Er war schon seit Jahren mit der Angestellten der Klägerin bekannt. Der Beklagte wollte sein Einfamilienhaus verkaufen und erteilte der Klägerin einen Alleinvermittlungsauftrag. Im Zuge der Gespräche über diesen Geschäftsfall teilte der Beklagte der Angestellten der Klägerin auch sein Interesse am Erwerb der ihm angebotenen Wohnung mit. Sie einigten sich dahin, daß sich die Angestellte (für die Klägerin) um die Vermittlung der Wohnung und eine Reduzierung des Kaufpreises bemühen sollte. Die Angestellte unterbreitete der Verkäuferin am 15.5.1995 ein vom Beklagten gefertigtes schriftliches Kaufanbot bezüglich der Wohnung mit einem Kaufpreis von 2,850.000 S, das von der Verkäuferin auch angenommen wurde. Das vom Beklagten gefertigte Anbot enthielt ua folgenden Text: "Gleichzeitig wird festgehalten, daß die einvernehmlich vereinbarte Käuferprovision drei Prozent vom Kaufpreis zzugl. 20 % Ust. bei Annahme dieses Anbotes rechtsgültig von der Firma O***** Immobilien & Bauträger GmbH ***** verdient wurde". In diesem maschingeschriebenen Text war handschriftlich unterhalb der Zeile "Käuferprovision drei Prozent ..." folgendes eingefügt: "lt Vereinbarung S 75.000 inkl. MWSt."
Die anwaltlich vertretene Klägerin begehrt mit ihrer am 13.3.1996 beim Erstgericht eingelangten Mahnklage das Honorar von 75.000 S für die Vermittlung einer Liegenschaft aufgrund der Vereinbarung vom 15.5.1995. Der Beklagte habe die Bezahlung dieser Provision zugesagt. Durch die verdienstliche Bemühung der Klägerin sei eine "reelle Ersparnis" des Beklagten von zumindest 75.000 S eingetreten. Es bestehe kein Provisionsverbot, weil die vermittelte Wohnung ohne Wohnbauförderung errichtet worden sei.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehens. Neben der infolge Parteinamenberichtigung (ON 12) nicht mehr relevanten Einwendung, die Klägerin sei keine Rechtsperson, behauptete der Beklagte, daß er von der Klägerin über das Vorliegen einer Gewerbeberechtigung in Irrtum geführt worden sei. Bei Kenntnis des Umstandes, daß der Klägerin die Gewerbeberechtigung schon am 5.4.1995 entzogen worden war, hätte er den Vermittlungsvertrag nicht geschlossen. Es sei überdies eine provisionsfreie Vermittlungsvereinbarung geschlossen worden. Zur Vertretung der Klägerin im Prozeß führte der Beklagte noch aus, daß mangels eines Organs der klagenden Gesellschaft mbH keine Prozeßvollmacht erteilt hätte werden können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es traf über den schon wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch die auf den S 5 bis 7 in ON 16 ersichtlichen Feststellungen, aus denen folgendes hervorzuheben ist:
Die Klägerin habe ungeachtet der Entziehung der Gewerbeberechtigung und des Todes des Geschäftsführers das Immobilienmaklergewerbe noch bis Ende Juni 1996 durch zwei Angestellte weiter ausgeübt. Ob die handschriftliche Ergänzung ("lt. Vereinbarung S 75.000 inkl. MWSt") im Kaufanbot des Beklagten schon bei der Fertigung durch den Beklagten auf der Urkunde aufgeschienen sei, könne nicht festgestellt werden. Wenn der Beklagte gewußt hätte, daß die Klägerin bei der Erstellung des Kaufanbotes nicht mehr im Besitz der notwendigen Gewerbeberechtigung war, hätte er keinen Vertrag mit der Klägerin geschlossen.
In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, daß eine Handlungsunfähigkeit der Klägerin infolge Todes des alleinigen Geschäftsführers nicht vorliege. Dieser habe am 23.5.1995 zwei Angestellte bevollmächtigt, fällige Vermittlungsprovisionen zu kassieren und auch die notwendigen Schritte zur gerichtlichen Einbringung durchzuführen. Eine derartige von einem Kaufmann im Betrieb seines Handelsgewerbes erteilte Vollmacht erlösche gemäß Art 8 Nr.10 der 4.EVzHGB durch den Tod des Vollmachtsgebers im Zweifel nicht. Der Beklagte sei hinsichtlich der Person der Klägerin über das Vorhandensein einer erforderlichen verwaltungsrechtlichen Befugnis zur Erbringung von Immobilienvermittlungsleistungen in Irrtum geführt worden. Der Irrtum sei durch die Klägerin veranlaßt worden, weil diese trotz Entzugs der gewerberechtlichen Genehmigung weiterhin in diesem Gewerbe tätig gewesen sei. Da der Beklagte in Kenntnis der wahren Umstände keinen Vertrag geschlossen hätte, entstehe für ihn gemäß den §§ 871, 873 ABGB keine Verbindlichkeit.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin Folge und hob das angefochtene Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Es nahm eine Beweiswiederholung vor und änderte die erstinstanzlichen Feststellungen - die es im übrigen übernahm - in dem Punkt über den hypothetischen Nichtabschluß des Geschäfts durch den Beklagten dahin ab, daß nicht festgestellt werden könne, ob der Beklagte, hätte er gewußt, daß die Klägerin über keine Gewerbeberechtigung verfüge, sie mit der Ankaufsvermittlung der Wohnung beauftragt hätte. Der Beklagte sei der Meinung gewesen, daß die Klägerin über eine Gewerbeberechtigung als Immobilienmaklerin verfüge.
Den solcherart gegenüber den Feststellungen des Erstgerichtes abgeänderten Sachverhalt beurteilte das Berufungsgericht rechtlich im wesentlichen dahin, daß die vom Geschäftsführer der Klägerin der Angestellten erteilte Vollmacht durch den Tod des Geschäftsführers nicht erloschen sei. Gemäß § 873 ABGB könne ein Irrtum über die Person des Vertragspartners zur Anfechtung (§ 871 ABGB) oder zur Anpassung (§ 872 ABGB) des Vertrages führen. Ein Irrtum in der Person des Vertragspartners liege auch vor, wenn er eine erforderliche verwaltungsrechtliche Befugnis zur Erbringung der Leistung betreffe. Zur Vertragsanfechtung müsse es sich um eine wesentliche Eigenschaft des Vertragspartners handeln. Der Irrtum sei nur dann wesentlich, wenn bei Kenntnis der wahren Umstände kein Vertrag geschlossen worden wäre. Hiefür sei der hypothetische Parteiwille das Entscheidende. Neben diesen Voraussetzungen müßten auch die Voraussetzungen des § 871 ABGB vorliegen. Wer gesetzlich vorgeschriebene Aufklärungspflichten verletze, habe den Irrtum des Vertragspartners veranlaßt. Auch derjenige, der nicht aufkläre, daß er keine verwaltungsrechtliche Befugnis habe, müsse als adäquater Verursacher im Sinne des § 871 ABGB angesehen werden. Die Kausalität des Irrtums für die Erklärung des Irrenden müsse allerdings auch in diesem Fall geprüft werden. Die Klägerin hätte über das Nichtbestehen einer gewerberechtlichen Befugnis aufklären müssen. Die erste Alternative des § 871 Abs 1 ABGB sei erfüllt. Zur Kausalität des Irrtums sei eine Negativfeststellung getroffen worden. Die Beweislast hiefür treffe nach zwei Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes (JBl 1987, 521 und JBl 1994, 404) den Gegner des wegen Irrtums Anfechtenden. Wenn es wegen Irrtums zu einer Vertragsaufhebung komme, so stünde der Klägerin aber gemäß § 877 ABGB ein Kondiktionsanspruch zu. Als Maßstab für den Rückforderungsanspruch könne das gelten, was der Bereicherte sonst auf dem Markt für diesen Vorteil hätte aufwenden müssen. Bei Wegfall der Provisionsvereinbarung sei das Entgelt für die Leistung der Klägerin nach der üblichen Provision am Ort der Niederlassung zu ermitteln. Die Klägerin habe ausdrücklich vorgebracht, daß ihre Tätigkeit verdienstlich gewesen sei. In diesem Punkt sei das erstinstanzliche Verfahren noch ergänzungsbedürftig. Es sei noch festzustellen, welche üblichen Provisionen für die Leistung der Klägerin gebührten.
Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Ob die dargelegte oberstgerichtliche "Grundsatzjudikatur" zur Beweislastverteilung auch für die Fälle des bloßen Fehlens einer gewerberechtlichen Befugnis gelte, sei noch nicht ausgesprochen worden.
Mit seinem Rekurs beantragt der Beklagte die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag zur neuerlichen Entscheidung des Berufungsgerichtes gestellt.
Die Klägerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten ist unzulässig.
Der Rekurswerber zieht die für seinen Standpunkt günstige Rechtsansicht des Gerichtes zweiter Instanz zur Beweislastverteilung zum Thema, ob der Beklagte bei Kenntnis des Mangels der Gewerbeberechtigung der Klägerin den Vermittlungsvertrag dennoch geschlossen hätte, nicht in Zweifel. Bei Ablehnung dieser Ansicht hätte der beweispflichtige Beklagte die Kausalität des Irrtums (§ 873 ABGB) zu beweisen gehabt. Die Negativfeststellung ginge zu seinen Lasten. Die Zulässigkeit des Rekurses ist daher ausschließlich anhand der vom Rekurswerber aufgezeigten Rechtsfragen zu überprüfen.
Entgegen den Rekursausführungen ist die Sache nicht schon deshalb im Sinne der Klageabweisung spruchreif, weil nach den Feststellungen ein unentgeltlicher Vermittlungsvertrag geschlossen worden wäre. Das Berufungsgericht hat den Sachverhalt zutreffend dahin beurteilt, daß es nicht auf den handschriftlichen Vermerk über die Provision von 75.000 S ankomme, weil sich der Beklagte ja auf jeden Fall ausdrücklich zu einer Provision verpflichtet hatte, nämlich zu einer solchen von 3 % des Kaufpreises zuzüglich 20 % Umsatzsteuer, also zu mehr, als von der Klägerin begehrt wird. Es kann daher keine Rede von einem unentgeltlichen Vermittlungsvertrag sein.
Unter der zu unterstellenden Annahme einer erfolgreichen Irrtumsanfechtung ist der Vermittlungsvertrag gemäß § 877 ABGB nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen rückabzuwickeln. Entgegen den Rekursausführungen hat sich die Klägerin auch auf den Rechtsgrund der Bereicherung berufen, indem sie auf die verdienstliche Bemühung der Klägerin und eine dadurch eingetretene "reelle Ersparnis" des Beklagten hinwies (ON 8). Bei der Bejahung eines Kondiktionsanspruchs der Klägerin ist das Berufungsgericht nicht von der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen. Bei der Vertragsaufhebung wegen Irrtums entstehen - wie auch beim Rücktritt vom Vertrag oder bei der Wandlung eines Vertrags nach Gewährleistungsrecht - beiderseitige Kondiktionsansprü- che. Die beiderseitigen Leistungen sind gemäß § 877 ABGB zurückzustellen. Dieser Norm kommt nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung aber kein eigener Regelungsinhalt zu, sie verweist vielmehr auf das allgemeine Bereicherungsrecht (JBl 1988, 250, 1992, 456 und 594 uva; Rummel in Rummel, ABGB2 Rz 1 zu § 877; Apathy in Schwimann, ABGB2 Rz 10 zu § 877). Neben der Naturalherstellung durch Rückgabe der Leistungen kommt auch ein Wertersatz in anderer Form in Frage. Ein Aufwandsersatz wäre nach den §§ 331, 336 ABGB zu beurteilen (JBl 1992, 594). Für die rechtsgrundlose Benützung einer Sache ist ein Entgelt zu leisten (JBl 1992, 456). Ohne Rechtsgrund oder nach Wegfall des Rechtsgrundes erbrachte Arbeitsleistungen sind zu vergüten (bei einem Lehrling aufgrund eines nichtigen Lehrvertrags:
SZ 59/99; 57/144; bei einem Ehegatten, der Leistungen in Erwartung des Fortbestandes der Ehe erbrachte: SZ 48/59). Es wurde auch schon ausgesprochen, daß der Vermittler aus einem nichtigen Geschäft Ersatz für die Provision begehren kann, wenn der Geschäftsherr aus der Vermittlungstätigkeit tatsächlich einen Vorteil gezogen hat (EvBl 1961/293). Das Berufungsgericht ist dieser gesicherten oberstgerichtlichen Rechtsprechung gefolgt. Dagegen vermag der Rekurswerber keine tauglichen Argumente vorzubringen. Wenn das Berufungsgericht den Sachverhalt zur Höhe der ortsüblichen Provision (vgl den auch in Bereicherungsfällen im Wege der Analogie maßgeblichen § 1152 ABGB) sowie zur Frage, ob und in welcher Höhe der Beklagte aus der Vermittlungstätigkeit einen Vorteil zog, für ergänzungsbedürftig hielt, vermag dem der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht entgegenzutreten.
Abschließend ist noch auf den vom Rekurswerber wiederholten, aber nur allgemein ausgeführten Einwand zur Vertretung der Klägerin im Prozeß einzugehen. Nach der Aktenlage ist davon auszugehen, daß die anwaltlich vertretene Klägerin schon seit der Einleitung des Prozesses über kein Organ verfügt, weil der einzige Geschäftsführer und Alleingesellschafter verstorben ist und nicht feststeht, ob ein Notgeschäftsführer bestellt wurde. Die Vollmacht des Rechtsvertreters der Klägerin kann jedoch aus der Erteilung einer Sondervollmacht (§ 28 Abs 1 GmbHG) durch den Geschäftsführer an eine Angestellte des Unternehmens abgeleitet werden. Diese Sondervollmacht ermächtigte die Angestellte, einen Rechtsanwalt mit der gerichtlichen Durchsetzung fälliger Provisionsforderungen zu betrauen. Sie konnte aufgrund ihrer vom Organ der Gesellschaft abgeleiteten Vollmacht einen Rechtsanwalt zur Vertretung der Gesellschaft bevollmächtigen. Gemäß Art 8 Nr.10 der 4.EVzHGB erlischt die vom Organ erteilte Vollmacht durch den Tod des Vollmachtsgebers im Zweifel nicht (vgl § 35 Abs 1 ZPO). Der Rekurswerber verweist in seinem Rekurs nur auf einen "möglicherweise vorliegenden Vertretungsnotstand", zeigt konkret aber nicht auf, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die erteilte Sondervollmacht nicht wirksam geworden wäre und warum eine Sondervollmacht im Sinne des § 28 Abs 1 GmbHG nicht zur Erteilung einer Prozeßvollmacht berechtigte. Nur ergänzend ist noch darauf zu verweisen, daß die Vertretungsbefugnis des einschreitenden Rechtsvertreters schon vom Erstgericht zum Gegenstand eines Verbesserungsverfahrens gemacht und danach die Vertretungsbefugnis bejaht wurde. Insoweit dabei ein Verfahrensmangel erster Instanz unterlaufen wäre, hätte ihn das Berufungsgericht verneint. Ein solcher Verfahrensmangel könnte im Rekursverfahren vor dem Obersten Gerichtshof nicht mehr geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN).
Mangels aufgezeigter erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 519 Abs 2 iVm § 502 ZPO ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof als unzulässig zurückzuweisen.
Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hingewiesen. Die Rechtsmittelgegenschrift ist daher nicht als zur Rechtsverfolgung zweckmäßig anzusehen (§§ 41, 50 ZPO). Der Kostenantrag ist daher abzuweisen.
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