Spruch:
1.) Der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil der Rekursentscheidung (hinsichtlich des Punktes 2 des erstinstanzlichen Beschlusses) wird zurückgewiesen.
2.) Im übrigen /also in Ansehung des aufhebenden Teiles der Rekursentscheidung hinsichtlich der Punkte 1 und 3 des erstinstanzlichen Beschlusses) wird dem Revisionsrekurs n i c h t stattgegeben.
Text
Begründung
Anton A ist am 9.Juli 1981 gestorben. Seine Ehefrau war am 18.Juni 1981 vorverstorben. Nach ihr war der Erblasser als Witwer kraft Erbvertrages und Testamentes zum Alleinerben berufen, hatte aber bis zu seinem eigenen Ableben keine Erbserklärung abgegeben. Auch namens der Verlassenschaft erfolgte keine Erbserklärung. Die beiden Kinder der Verstorbenen gaben zum Nachlaß ihres Vaters ebenso wie zu dem ihrer Mutter auf Grund des Gesetzes bedingte Erbserklärungen ab. Das Abhandlungsgericht nahm diese Erbserklärungen an.
Der Erblasser war ebenso wie seine vorverstorbene Ehefrau Eigentüner je eines Hälfteanteiles mehrerer Liegenschaften einer niederösterreichischen Weinbaugemeinde. Nachdem der Sohn in übereinstimmung mit einer Äußerung der niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer - aber im Widerspruch zur Stellungnahme seiner Schwester - die Eigenschaft des im Miteigentum der beiden verstorbenen Elternteile gestandenen landwirtschaftlichen Betriebes als eines Erbhofes behauptet und seinen Anspruch auf übernahme des Hofes als Anerbe geltend gemacht hatte, stellte das Abhandlungsgericht beschlußmäßig fest, daß der den beiden Erblassern gehörende landwirtschaftliche Betrieb ein Erbhof im Sinne des Anerbengesetzes ist. Diese Erkenntnis (ON 51) erwuchs in Rechtskraft. Nach der Einholung der Gutachten zweier von der niederösterreichischen Landes-Landwirtschaftskammer namhaft gemachten bäuerlichen Sachverständigen zur Bestimmung des übernahmswertes brachte die Tochter Erinnerungen vor und beantragte eine neuerliche Begutachtung durch zwei weitere Sachverständige; überdies begehrte sie die neuerliche Einholung einer Äußerung der Landwirtschaftskammer über das Vorliegen des Merkmales nach § 1 Abs.1 Z 2 AnerbenG unter Zugrundelegung des von den Sachverständigen in ihren Gutachten angenommenen durchschnittlichen Nettojahresertrages.
Mit dem Beschluß vom 4.März 1985, ON 76, wies das Abhandlungsgericht den Antrag auf neuerliche Einholung einer Kammerauskunft zurück (Punkt 2); es wies den Antrag auf Beiziehung weiterer Sachverständiger ab (Punkt 3) und bestimmte den übernahmspreis des dem Anerbengesetz unterworfenen Vermögens mit 486.775 S (Punkt 1).
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Tochter gegen die Zurückweisung ihres Antrages auf neuerliche Einholung einer Kammerauskunft nicht statt, hob aber die Entscheidung des Erstgerichtes über den Antrag auf Bestellung weiterer Sachverständiger sowie über die Bestimmung des Übernahmspreises zur Verfahrensergänzung auf.
Die Tochter ficht diese Rechtsmittelentscheidung sowohl in ihrem bestätigenden Ausspruch als auch in ihren aufhebenden Teilen mit den Abänderungsanträgen an, daß die begehrte neuerliche Anfrage an die Landwirtschaftskammer gerichtet werde, zwei weitere Sachverständige zur Bestimmung des übernahmswertes beigezogen, die Nichtzugehörigkeit einer näher umschriebenen Teilfläche zu dem als Erbhof gewerteten landwirtschaftlichen Betrieb festgestellt und die Bestimmung des übernahmspreises im Sinne des Rekursantrages im Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß 'ersatzlos' aufgehoben werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Anfechtbarkeit des bestätigenden Teiles der Rekursentscheidung ist mangels untrennbaren Sachzusammenhanges mit den aufhebenden Teilen dieser Entscheidung unabhängig von diesen zu beurteilen. Gemäß § 16 Abs. 1 AußStrG hängt sie von der Geltendmachung eines der dort aufgezählten Anfechtungsgründe ab. Die Rechtsmittelwerberin zählt zwar unter dem ihren Ausführungen vorangestellten Schlagwort 'Berufungsgründe' die Anfechtungsgründe der Aktenwidrigkeit, 'Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens', der unrichtigen rechtlichen Beurteilung und der offenbaren Gesetzwidrigkeit auf, bringt aber mit ihren Ausführungen keinen nach § 16 Abs.1 AußStrG erheblichen Anfechtungsgrund zur schlüssigen Darstellung.
Die Rechtsmittelwerberin vermag nicht aufzuzeigen, daß die angefochtene Rekursentscheidung die Erklärungen eines Verfahrensbeteiligten oder den Inhalt eines Beweismittels in Abweichung von der schriftlichen Niederlegung in den Protokollen und Eingaben oder Beweisurkunden als Entscheidungsgrundlage herangezogen hätte.
Die Rechtsmittelwerberin erachtet offfenkundig die in Rechtskraft erwachsene beschlußmäßige Feststellung der Erbhofeigenschaft des in die Verlassenschaften gefallenen landwirtschaftlichen Betriebes wegen einer nunmehr zur Vorbereitung der Entscheidung über den übernahmspreis vorliegenden Einschätzung des durchschnittlichen Jahresertrages mit einem wesentlich unter der in der Kammeräußerung zur Erbhofeigenschaft zugrundegelegten Höhe nicht mehr als bindend und unverrückbar. Demgegenüber hat das Rekursgericht in übereinstimmung mit dem Abhandlungsgericht die mit dem in Rechtskraft erwachsenen Beschluß getroffene Feststellung der Erbhofeigenschaft als nicht mehr aufrollbar angesehen. Ob und welche Veränderungen im Bestand des landwirtschaftlichen Betriebes zwischen Erbfall und Hofzuweisung für die Beurteilung des Erbhofes von Einfluß sein können, braucht nicht geprüft zu werden, weil derartige tatsächliche Änderungen nicht behauptet und festgestellt wurden und diesbezüglich nicht einmal ein zur Veranlassung amtswegiger Ermittlungen hinreichender konkreter Anhaltspunkt besteht. Der Sache nach will die Rechtsmittelwerberin die zur Feststellung des übernahmspreises eingeholten Beweisergebnisse als Anfechtungsgründe gewertet wissen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens zur Feststellung der Erbhofeigenschaft rechtfertigten. Die den Entscheidungen der Vorinstanzen implizite zugrundegelegte Auffassung, daß im außerstreitigen Verfahren gefällte Entscheidungen einer Wiederaufnahme im technischen Sinne entzogen seien, kann aber mangels positiv-rechtlicher Anordnungen über dieses Verfahrensinstitut im Verfahren außer Streitsachen keinesfalls offenbar gesetzwidrig sein.
Mangels schlüssiger Ausführung eines nach § 16 Abs.1 AußStrG erheblichen Anfechtungsgrundes war der Revisionsrekurs zurückzuweisen, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet.
Zu den aufhebenden Aussprüchen im Zusammenhang mit der Bestimmung des übernahmspreises ist aber zu erwägen:
Das Rekursgericht hat das erstinstanzliche Verfahren vor allem wegen der im Sinne der Rekursausführungen als erörterungsbedürftig erachteten Unklarheiten in den Gutachten der vom Abhandlungsgericht beigezogenen Sachverständigen für ergänzungsbedürftig angesehen und den Ausspruch über die Feststellung des übernahmspreises zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung aufgehoben. Es hat dabei dem Erstgericht entgegen dem von der Rekurswerberin in ihrem Rekurs gegen die Entscheidung erster Instanz gestellten Rechtsmittelantrag nicht die Ansicht überbunden, daß - schon nach dem derzeitigen Verfahrensstand - zwei weitere bäuerliche Sachverständige zur Schätzung beizuziehen seien. Es hat vielmehr die Entscheidung darüber dem Ergebnis der aufgetragenen Erörterung und Ergänzung der von den bisher beigezogenen Sachverständigen erstatteten Gutachten abhängig gemacht.
In dieser rekursgerichtlichen Erledigung ist kein Verfahrensmangel zu erkennen. Soweit nicht besondere Verfahrensvorschriften die Beiziehung in bestimmter Weise qualifizierter Sachverständiger oder die Beiziehung einer bestimmten Anzahl von Sachverständigen (etwa im Sinne des § 19 AnerbenG) vorsehen oder - wie in der hier gepflogenen Abhandlung - solche Vorschriften nicht verletzt wurden, ist die Entscheidung über die Beiziehung weiterer Sachverständiger von der Abwägung abhängig, ob durch die bereits erstatteten Gutachten im Zusammenhang mit den übrigen Beweisergebnissen die erheblichen Tatumstände ins Klare gesetzt erscheinen oder nicht. Eine solche Beurteilung ist aber von einem Beweiswürdigungsakt abhängig, der auch im Verfahren außer Streitsachen keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt; eine rechtliche Beurteilung liegt nur insoweit vor, als das Gericht zweiter Instanz in seinem Verfahrensergänzungsauftrag bestimmte Tatumstände für die Sachentscheidung in bindender Weise als erheblich oder unerheblich erklärt. Dies berührt aber im vorliegenden Fall nicht die rekursgerichtliche Entscheidung über die Anfechtung des erstinstanzlichen Beschlusses in seinem Punkt 3. Dem Revisionsrekurs war daher insoweit nicht stattzugeben. Die Festsetzung des übernahmspreises durch das Erstgericht mit Punkt 1 seines Beschlusses hatte die Rechtsmittelwerberin einerseits wegen angeblich unterlaufener Verfahrensmängel und andererseits wegen unrichtiger rechtlicher Einschätzung der Bestimmungsfaktoren zwar mit dem offenkundigen Endziel einer höheren Festsetzung des übernahmspreises, falls die Anwendbarkeit der Erbteilungsvorschriften des Anerbengesetzes entgegen ihrem Standpunkt weiterhin bejaht werden sollten, angefochten, aber ihrerseits kein ziffernmäßig bestimmtes Wertfestsetzungsbegehren gestellt.
Nach den Ausführungen zum bestätigenden Teil der Rekursentscheidung ist dem weiteren Verfahren die Beurteilung zugrundezulegen, daß der in die Abhandlungen fallende landwirtschaftliche Betrieb Erbhof im Sinne des § 1 AnerbenG ist. Daher ist mangels vorliegender Einigung der Beteiligten die gerichtliche Bestimmung des übernahmspreises im Sinne des § 11 AnerbenG unumgänglich. Die von der Rechtsmittelwerberin gerügten Verfahrensmängel im Wertermittlungsverfahren hat das Rekursgericht zum Anlaß seines Verfahrensergänzungsauftrages genommen. Insoweit ist eine Beschwer der Rechtsmittelwerberin nicht erkennbar.
Dem Verfahrensergänzungsauftrag hat das Rekursgericht unter anderem die Ansichten zugrundegelegt, daß der von der Rechtsmittelwerberin bereits in ihrer Eingabe an das Erstgericht vom 1. Februar 1985 (ON 73 Abschnitt VIII) umschriebene und dort als Baugrund bezeichneter Grundstücksteil nach den Verfahrensergebnissen als Hofbestandteil zu berücksichtigen sei, eine pauschale Ermittlung des Bauwertes hinreiche, nur ein entsprechend ermittelter durchschnittlicher Jahresertrag zur Wertermittlung heranzuziehen und der (davon abhängige) erzielbare (und nicht ein aus besonderen Erwägungen tatsächlich unter diesem liegender vereinbarter) Pachtzins ebenfalls als Richtschnur verwertbar sei, bei der Ausmittlung des übernahmspreises keinesfalls die Möglichkeit veranschlagt werden dürfe, der Anerbe könne Teile des Erbhofes in einem solchen Umfang veräußern, daß damit die Erbhofeigenschaft des Hofes beeinträchtigt würde.
Die Rechtsmittelwerberin wendet sich gegen diese vom Rekursgericht ausgesprochenen Rechtsansichten. Dazu ist zu erwägen:
über den bereits in erster Instanz gestellten Antrag der Rechtsmittelwerberin auf Feststellung, daß eine näher bestimmte Grundfläche keinen Hofbestandteil bilde, wird das Abhandlungsgericht formell zu entscheiden haben. Die vom Rekursgericht dazu im Rahmen der von ihm für die Feststellung des übernahmspreises ausgesprochenen überlegungen treffen nach der Aktenlage voll zu, der Rechtsmittelwerberin ist aber in dem zu ergänzenden Verfahren erster Instanz Gelegenheit zu geben, die Tatumstände vorzubringen, die ihrer Ansicht nach gegen den vom Rekursgericht richtig dargestellten Anschein sprechen, daß auch die strittige Grundfläche einen Hofbestandteil im Sinne des § 2 Abs. 1 AnerbenG bilde. Falls diese Entscheidung für die Festsetzung des übernahmspreises von Einfluß sein könnte, weil je nach ihrem Inhalt ein anderer Ertragswert zu ermitteln wäre, wird vor der Festsetzung des übernahmspreises die Rechtskraft der Entscheidung über den negativen Feststellungsantrag nach § 2 Abs.1 AnerbenG abzuwarten sein.
Für eine hauptsächlich am Ertragswert auszurichtende Festsetzung des übernahmspreises, wie hier das Rekursgericht im vorliegenden Fall zutreffend als richtig zugrunde gelegt hat, reicht eine pauschale Bewertung der Baulichkeiten durchaus hin, weil diese Bewertung für die Ertragswertermittlung ohne entscheidenden Einfluß ist.
Der erzielbare Pachtschillung ist unmittelbar von der Einschätzung des Ertragswertes abhängig und daher keine selbständige Wertbestimmungsgröße.
Die Möglichkeit eines Abverkaufes von Grundstücken hat bei der Ermittlung des übernahmspreises grundsätzlich außer Ansatz zu bleiben, weil nach den erkennbaren Zielen des Anerbenrechtes Erbhöfe in ihrer tatsächlich vorhandenen Betriebsgröße und nicht bloß in ihrem theoretischen Mindestmaß im Erbwege derart in die Hand einer einzigen natürlichen Person übergehen sollen, daß diese wohl bestehen könne.
Auch in Ansehung des aufhebenden Ausspruches zu Punkt 1 des erstinstanzlichen Beschlusses war daher dem Rekurs der Tochter des Erblassers ein Erfolg zu versagen.
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