Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Beschluß derart geändert, daß er lautet:
"Zu den die bisher in dem vom Landesgericht Klagenfurt geführten Firmenbuch unter Gen 1/67 erfolgten, die V*****, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung ***** betreffenden Eintragungen ist einzutragen:
Der Genossenschaftsvertrag wurde im Sinne des Generalversammlungsbeschlusses vom 23.Dezember 1991 durch Neuregelungen nach § 14a Abs 1 und 2 ergänzt.
Das weitere Begehren auf Eintragung, daß § 7 Abs 3 des Genossenschaftsvertrages geändert und dieser Vertrag im Sinne des § 14a Abs 3 ergänzt worden sei, wird abgewiesen."
Text
Begründung
Satzungsgemäßer Gegenstand des Unternehmens der eingetragenen Genossenschaft ist vor allem der Betrieb von Bankgeschäften. Die Genossenschaft hat sich der Revision durch einen Revisionsverband unterworfen. Darüber hinaus hat sie in ihre Statuten die programmatische Erklärung aufgenommen, ihren Förderungsauftrag im Verbund dieses Revisionsverbandes zu verwirklichen und in ihrer außerordentlichen Generalversammlung vom 23.Dezember 1991 dazu die Bestimmung hinzugefügt, daß sie "daher auf Dauer ihres Bestandes" dem genannten Verbund angehöre. Diese Satzungsänderung wurde bereits antragsgemäß in das Firmenbuch eingetragen (ON 186 Punkt I).
Nach der der Anmeldung von Satzungsänderungen angeschlossenen Abschrift des Sitzungsprotokolles wurden in der außerordentlichen Generalversammlung vom 23.Dezember 1991 außer einer Reihe von Abänderungen und Ergänzungen des Genossenschaftsvertrages mit einem Stimmenverhältnis von 37 : 0 bei Anwesenheit von 37 der 4444 Mitglieder auch folgende Neuregelungen beschlossen:
a) Im § 7 Abs 3 der Statuten die Einfügung der beiden hier durch Unterstreichung hervorgehobenen Wörter "der Genossenschaft", sodaß die geänderte Bestimmung insgesamt laute:
"Ist ein Mitglied innerhalb eines Geschäftsjahres nicht auffindbar, so gilt es als ausgeschlossen mit dem Ende des Geschäftsjahres, in dem zwei eingeschriebene Briefe, zwischen denen eine Frist von mindestens sechs Monaten liegen muß, an die zuletzt der Genossenschaft bekannten Anschrift nicht zugestellt werden konnten."
b) Weiters die Ergänzung des Genossenschaftsvertrages durch die Einzelzustimmungsvorbehalte nach der Neuregelung gemäß § 14a. Diese Bestimmung soll nach der beschlossenen Satzungsänderung folgenden Wortlaut haben:
"(1) Vor Durchführung der folgenden Maßnahmen ist die Zustimmung des Verbandes einzuholen:
a) Bei Investitionen, die den Betrag von S 1 Million bzw. den vom Verbandsvorstand nach den Bestimmungen der Verbandssatzung entsprechend valorisierten Betrag und gleichzeitig 20 % des Haftkapitals (§ 12 Abs 3 KWG) der Genossenschaft übersteigen; unter Investitionen sind nicht nur solche zu verstehen, die die Genossenschaft selbst durchführt, sondern auch solche, die in einer ihr mehrheitlich (über 50 %) gehörigen Tochtergesellschaft, im Wege einer Leasing-Konstruktion oder auf irgendeine andere Art und Weise vorgenommen werden, die eine wirtschaftliche Zurechnung der Investition an die Genossenschaft rechtfertigt; die Zustimmung des Verbandes ist vor Auftragsvergabe bzw vor Ankauf des Investitionsgutes einzuholen;
b) bei Beteiligungen an juristischen Personen sowie an Personengesellschaften, ausgenommen bei Beteiligungen an Unternehmungen, die zum Verbund der gewerblichen Kreditgenossenschaften gehören und bei Beteiligungen, deren Höhe unterhalb der vom Verbandsvorstand festgesetzten Wertgrenzen liegt; als Beteiligung gilt auch der Erwerb von Partizipations- und Ergänzungskapital. Unter Beteiligungen sind nicht nur solche zu verstehen, die die Genossenschaft selbst eingeht, sondern auch solche, die von einer ihr mehrheitlich (über 50 %) gehörigen Tochtergesellschaft oder auf irgendeine andere Art und Weise eingegangen werden, die eine wirtschaftliche Zurechnung der Beteiligung an die Genossenschaft rechtfertigt; die Zustimmung des Verbandes ist vor Eingehen der Beteiligung einzuholen.
(2) Vor der Begebung von Partizipations- und Ergänzungskapital ist ein Gutachten des Verbandes einzuholen.
(3) Vor Bestellung von Geschäftsleitern ist die Zustimmung des Verbandsvorstandes einzuholen. Versagt der Vorstand die Zustimmung, so entscheidet über entsprechenden schriftlichen Antrag der Genossenschaft ein Unterausschuß des Verbandsausschusses gemäß den Bestimmungen der Verbandssatzung endgültig. Vor Abschluß und Änderung von Dienstverträgen mit Geschäftsleitern ist ein Gutachten des Verbandes einzuholen. Äußert der Verband Bedenken, so ist das Gutachten jenem (jenen) Organ(en) zur Kenntnis zu bringen, welche(s) zum Abschluß des Dienstvertrages satzungsmäßig berufen ist (sind). Wird den Bedenken des Verbandes durch die Genossenschaft nicht Rechnung getragen, hat sie die beabsichtigte Abweichung dem Verband gegenüber zu begründen und ihm Gelegenheit zur Teilnahme an jener Sitzung zu geben, in welcher über die Bestellung eines Geschäftsleiters oder über den Abschluß oder die Änderung des Dienstvertrages mit einem Geschäftsleiter beschlossen wird. Die Verpflichtung zur Einholung des Verbandsgutachtens entfällt bei geringfügigen Änderungen von Dienstverträgen im Rahmen der vom Verbandsvorstand mit Zustimmung des Verbandsausschusses festgelegten Richtlinien."
Das Firmenbuchgericht wies das Begehren auf Eintragung der Satzungsänderungen in den beiden wiedergegebenen Punkten ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000,-- S übersteigt und daß eine Rechtsmittelvoraussetzung im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG vorliege.
Das Firmenbuchgericht erblickte in der Regelung einer an die Erfüllung eines Tatbestandes selbsttätig geknüpften Beendigung der Mitgliedschaft eine die Wirksamkeit der Regelung ausschließende Unvereinbarkeit mit dem Grundsatz, daß die Zugehörigkeit zur Genossenschaft ohne Zustimmung des Mitgliedes nur durch eine ihm bekanntzugebende und zu begründende Willenserklärung eines Genossenschaftsorganes beendet werden dürfe.
Das Rekursgericht teilte diese Ansicht unter Bezug auf Kommentarmeinungen zu § 68 dGenG und auf die mehrfach veröffentlichte Entscheidung OGH 29.6.1989, 6 Ob 605/89 (EvBl 1989/187; RdW 1989, 365; GesRZ 1990, 97, ecolex 1990, 418).
Rechtliche Beurteilung
Der von der eingetragenen Genossenschaft gegen die Bestätigung der Abweisung des sich auf die Verdeutlichung von § 7 Abs 3 der Statuten beziehenden Anmeldung ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Das Genossenschaftsgesetz schreibt vor, daß der Genossenschaftsvertrag Regelungen über "die allfälligen besonderen Bestimmungen über das Ausscheiden (Austritt, Tod oder Ausschließung)" der Genossenschafter enthalten müsse. Eine Beendigung der Mitgliedschaft außer durch Tod oder entsprechende Willenserklärung des Genossenschafters selbst sieht das Gesetz nur in der Form einer darauf gerichteten Willenserklärung durch ein statutenmäßig hiezu bestimmtes Organ der Genossenschaft in Ansehung eines individuell bestimmten Genossenschafters, nämlich durch den näher zu regelnden Ausschluß, vor. Der erkennende Senat hat eine Bestimmung des Genossenschaftsvertrages, nach der die Beendigung der Mitgliedschaft eines Genossenschafters selbsttätig an den objektiven Verzug mit einer Zahlungsverpflichtung geknüpft wird, als unvereinbar mit dem im § 1 GenG umschriebenen Förderungszweck erkannt (siehe die bereits vom Rekursgericht zitierte, oben erwähnte Entscheidung vom 29.6.1989). Das muß aber umsomehr bei der Unzustellbarkeit näher bezeichneter eingeschriebener Briefsendungen gelten, weil in einem derartigen Fall der betroffene Genossenschafter - im Gegensatz zu den Organen der Genossenschaft - über aufrechten Bestand oder Beendigung der Mitgliedschaft völlig im Ungewissen bliebe.
Eine derartige Statutenbestimmung ist nach ihrem Inhalt unwirksam.
An einer derartigen Unwirksamkeit änderte nichts, daß sie Bestandteil des der Eintragung der Genossenschaft zugrundegelegten Textes des Genossenschaftsvertrages oder einer in das Firmenbuch bereits eingetragenen Satzungsänderung wäre. An der Verdeutlichung einer unwirksamen Satzungsbestimmung gebricht es der Genossenschaft an jedem Rechtsschutzinteresse.
Die Vorinstanzen haben die Eintragung einer Verdeutlichung des § 7 Abs 3 der Statuten im Sinne des Beschlusses der außerordentlichen Generalversammlung vom 23.Dezember 1991 daher ohne Rechtsirrtum abgelehnt.
Das Firmenbuchgericht hat weiters statutarische Bindungen der Genossenschaft an die Zustimmung eines Verbandorganes als dem Grundsatz der Genossenschaftsautonomie widersprechend schlechthin für unwirksam erkannt.
Auch das Rekursgericht wertete die im Sinne des § 14a beschlossene konkrete Satzungsänderung als unzulässige Eingriffe in die Selbstverwaltung der Genossenschaft, die die Risken ihrer Geschäftsführung auch selbst zu tragen habe.
Der von der eingetragenen Genossenschaft gegen die Bestätigung der Abweisung des sich auf die Ergänzung ihrer Statuten im Sinne des neu beschlossenen § 14a beziehenden Antrages ist zulässig, aber nur teilweise berechtigt.
Die statutenmäßige Bestimmung, vor einer Begebung von Partizipationskapital (im Sinne des § 12 Abs 6 KWG bzw § 23 Abs 4 BWG) oder von Ergänzungskapital (im Sinne des § 12 Abs 7 KWG bzw § 23 Abs 7 BWG) das Gutachten des Verbandes einzuholen, erscheint unter dem Gesichtspunkt der Genossenschaftsautonomie unbedenklich, weil eine statutarisch selbst auferlegte Entscheidungshilfe durch Gutachteneinholung vor wichtigen Strukturentscheidungen zwar möglicherweise eine Verzögerung des Entscheidungsvorganges, aber keinerlei Beschränkung der freien Willensbildung zur Folge haben kann. Die Regelung dürfte keinesfalls so ausgelegt werden, daß der Verband durch Verweigerung einer Gutachtenserstattung die Beschlußfassung der Genossenschaft verhindern könnte. Die Verpflichtung zur Gutachteneinholung ist nur als Umschreibung der gebotenen Sorgfaltspflichten in besonderen Geschäftsfällen zu verstehen. In diesem Sinn ist die Statutenergänzung im Sinne der Regelung nach § 14a Abs 2 unbedenklich.
Zustimmungsrechte des Verbandes bedeuten dagegen eine mögliche Blockierung der Genossenschaft:
Geschäftsleiter (im Sinn des § 4 Abs 3 KWG bzw § 2 Z 1 BWG) sind notwendige Organe einer Kreditgenossenschaft, deren Bestellung in keiner Weise von einer Willenserklärung eines Außenstehenden abhängig sein darf. Es ist als gesetzliche Verpflichtung der Genossenschaft anzusehen, dafür zu sorgen, daß sie jederzeit handlungsfähige Organe besitze. Das ist eine Voraussetzung dafür, daß ihr Rechtspersönlichkeit verliehen ist. In der Erfüllung ihrer Organbestellungsverpflichtungen darf die Genossenschaft nicht von einem außenstehenden Dritten abhängig sein; auch bloße Verzögerungen in der Organbestellung durch allenfalls notwendig werdende Reaktionen auf die Nichterteilung einer Zustimmung (verbandsinterner Rechtszug, gerichtliche Zustimmungserwirkung, Änderung der Statuten) wären mit der Verpflichtung zur Organbestellung unvereinbar.
Die Vorinstanzen haben aus dieser Erwägung die Ergänzung der Statuten durch Neuaufnahme der Regelung nach § 14a Abs 3 zu Recht abgewiesen.
Bestimmte Arten von Investitionen und Beteiligungen nicht ohne Zustimmung des Verbandes vorzunehmen, stellt zwar eine die Geschäftspolitik der Genossenschaft sehr weitreichend beschränkende Bindung an die Geschäftspolitik des Verbandes dar, betrifft aber keine rechtlich als zwingend vorgesehene, wenn auch möglicherweise im gegebenen Fall wirtschaftlich und daher auch im Sinne der Sorgfaltspflicht gebotene Einzelmaßnahme. Hier erscheint eine - äußerstenfalls durch eine Satzungsänderung wieder aufhebbare - Selbstbindung der Genossenschaft nicht derart einschneidend, daß die Statutenbestimmung als nichtig gewertet werden müßte.
Ein Einwand gegen die Eintragung der beschlossenen Änderung der Satzung im Sinne des § 14a Abs 1 besteht daher nicht.
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