Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
In dem beim Handelsgericht Wien geführten Firmenbuch ist unter FN ***** die „b*****gmbH eingetragen. Der Sitz der Gesellschaft befindet sich in Wien. Stichtag für den Jahresabschluss ist der 31. Dezember. Einziger Geschäftsführer ist seit 18. 3. 2004 Martin H*****.
Mit Beschluss vom 23. 7. 2007 forderte das Erstgericht den Geschäftsführer Martin H***** unter Androhung einer Zwangsstrafe von 700 EUR pro Jahresabschluss auf, die Unterlagen gemäß §§ 277 ff UGB für die Geschäftsjahre 2001 bis 2003 zur Offenlegung binnen vier Wochen beim Firmenbuch einzureichen. Dieser Beschluss wurde dem Geschäftsführer am 22. 8. 2007 zugestellt (ON 5). Eine Einreichung erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 11. 1. 2008 verhängte das Erstgericht über den Geschäftsführer die angedrohte Zwangsstrafe von jeweils 700 EUR (insgesamt 2.100 EUR und forderte ihn unter Androhung der Verhängung einer weiteren Zwangsstrafe von 1.500 EUR pro Jahresabschluss und deren Veröffentlichung ferner auf, die Jahresabschlüsse zum 31. 12. 2001, 31. 12. 2002 und 31. 12. 2003 binnen zwei Monaten nach Rechtskraft des Beschlusses beim Firmenbuchgericht einzureichen (ON 10).
Dem dagegen erhobenen Rekurs wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 1. 4. 2008, AZ 4 R 45/08d, nicht Folge gegeben (ON 14).
In der Folge verhängte das Erstgericht über den Geschäftsführer die angedrohte Zwangsstrafe von jeweils 1.500 EUR (insgesamt 4.500 EUR) und ordnete die Veröffentlichung an (ON 19), da der Geschäftsführer der Anordnung in der gesetzten Frist nicht nachgekommen war.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Die geltend gemachte Nichtigkeit liege nicht vor, weil - wenngleich der angefochtene Beschluss keine Begründung aufweise - nach der Aktenlage die Erwägungen des Erstgerichts nachvollzogen werden könnten (SZ 39/1; RZ 1977, 195; G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 161; vgl auch 6 Ob 246/07f).
Ein besonderer Hinweis seitens des Gerichts auf die ordnungsgemäß kundgemachte Verpflichtung zur Vorlage der Jahresabschlüsse sei nicht erforderlich. Dem Rekurswerber sei aus dem Firmenbuch schon vor Übernahme der Stellung eines Geschäftsführers erkennbar gewesen, dass die Jahresabschlüsse für die Geschäftsjahre 2001 bis 2003 nicht offen gelegt waren. Die Erhöhung der Zwangsstrafe für den Fall der weiteren Unterlassung der Vorlage binnen zwei Monaten sei zudem mit Beschluss vom 11. 1. 2008 ohnehin angedroht worden.
Nach § 277 UGB sei pro Geschäftsjahr die rechtzeitige Vorlage des Jahresabschlusses und des Lageberichts spätestens binnen neun Monaten nach dem Bilanzstichtag zur Offenlegung zu bewirken. Diese jährlich anfallende Verpflichtung sei daher auch einzeln sanktionierbar. Demgemäß habe das Rekursgericht schon bisher gegen die Ausmessung der Strafen im Rahmen des Höchstbetrags pro (fehlendem) Jahresabschluss keine Bedenken gehabt (4 R 89/05w, 4 R 245/05w). Auch der Oberste Gerichtshof habe zu 6 Ob 41/02a die wegen der Nichtvorlage der Jahresabschlüsse zum 28. 2. 1997, 28. 2. 1998 und 28. 2. 1999 verhängten Zwangsstrafen von jeweils 50.000 ATS auf 730 EUR (10.000 ATS) pro nicht vorgelegtem Jahresabschluss nicht wegen einer insgesamt damit etwa bewirkten Überschreitung der Höchstgrenze gemäßigt, sondern weil er die Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens bei der Erstverhängung der Strafe noch nicht für geboten gehalten habe.
Bei einem Rahmen von bis zu 3.600 EUR erscheine die konkret verhängte (Einzel-)Strafe von 1.500 EUR angesichts der Dauer der Säumnis seit vielen Jahren und der Wirkungslosigkeit der bereits davor verhängten Strafe von 700 EUR angemessen; eine Ermäßigung sei nicht angebracht.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, ob die Beträge nach § 283 Abs 2, 3 und 4 UGB pro nicht vorgelegtem Jahresabschluss verhängt werden dürfen.
Rechtliche Beurteilung
Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. Nach § 277 Abs 1 UGB haben die gesetzlichen Vertreter von Kapitalgesellschaften den Jahresabschluss und den Lagebericht nach seiner Behandlung in der Hauptversammlung, jedoch spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag, mit dem Bestätigungsvermerk oder dem Vermerk über dessen Versagung oder Einschränkung beim Firmenbuchgericht des Sitzes der Kapitalgesellschaft einzureichen. Diese Verpflichtung besteht, wie sich aus dem Wortlaut der Bestimmung in einer jeden Zweifel ausschließenden Deutlichkeit ergibt, für jedes Geschäftsjahr. Demgemäß beziehen sich die in § 283 UGB zur Erzwingung dieser Verpflichtung vorgesehenen Zwangsstrafen auf jede einzelne Zuwiderhandlung, das heißt die Verletzung der Offenlegungspflicht für jedes einzelne Geschäftsjahr, in dem der Verpflichtung nach § 277 UGB nicht entsprochen wurde. Bereits in der Entscheidung 6 Ob 14/00b (= SZ 73/44) sprach der Oberste Gerichtshof aus, die in Umsetzung der Publizitätsrichtlinie vom österreichischen Gesetzgeber in § 283 UGB getroffene Regelung sei auch dann nicht unverhältnismäßig, wenn die Zwangsstrafe zufolge fortgesetzter Nichteinhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen mehrmals gegen alle Geschäftsführer verhängt werde. Dass dieser Grundsatz auch dann gilt, wenn nur ein einziger Geschäftsführer besteht, dass dann also die Zwangsstrafe wegen fortgesetzter Nichteinhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen mehrmals gegen den einzigen Geschäftsführer verhängt werden kann, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
2. Nach einhelliger Auffassung in Lehre und Rechtsprechung beschränkt die Strafobergrenze von 3.600 EUR nur die Höhe der jeweils zu verhängenden Einzelstrafe, nicht die zulässige Gesamtsumme im Fall mehrfachen Zuwiderhandelns (G. Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 24 Rz 58).
3. Auch das Rekursgericht hat schon zutreffend darauf hingewiesen, dass der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 6 Ob 41/02a zwar die wegen der Nichtvorlage mehrerer Jahresabschlüsse verhängten Zwangsstrafen ermäßigt hat; er hat dabei aber nicht etwa den Umstand herangezogen, dass andernfalls die (damalige) Höchstgrenze durch die Summe der verhängten Strafen überschritten würde, sondern ausschließlich darauf abgestellt, dass die Ausschöpfung des gesetzlichen Strafrahmens bei der Erstverhängung der Strafe noch nicht geboten sei. Außerdem hat der Oberste Gerichtshof bereits in mehreren (ohne Begründung ergangenen und daher nicht in das RIS-Justiz aufgenommenen) Entscheidungen außerordentliche Revisionsrekurse gegen die Verhängung von Zwangsstrafen für die Nichtvorlage der Bilanzen mehrerer Geschäftsjahre zurückgewiesen, obwohl die Summe dieser Strafen die Höchstgrenze des § 283 Abs 3 UGB überschritt.
4. Auch verfahrensrechtlich erfolgt die Erzwingung der Vorlage des Jahresabschlusses für jedes Geschäftsjahr jeweils in einem gesonderten Verfahren, wie sich schon daraus ergibt, dass die Einleitung des Verfahrens nach § 283 UGB zeitnah an die jeweilige Zuwiderhandlung anschließen muss. Auch wenn mehrere derartige Verfahren aus Gründen der Verfahrensökonomie miteinander verbunden werden, so behalten diese Verfahren doch rechtlich ihre Selbständigkeit. Auch unter diesem Aspekt besteht für die Annahme des Revisionsrekurswerbers, § 283 Abs 2 UGB enthalte eine Gesamtobergrenze für alle Verstöße gegen die Offenlegungspflicht für alle Geschäftsjahre, nicht der geringste Anhaltspunkt.
5. Die gegenteilige Auffassung hätte zur Folge, dass gerade für besonders schwere, sich über mehrere Jahre erstreckende Verstöße gegen die Offenlegungspflicht dieselben Zwangsmittel zur Verfügung stünden wie bei Verletzung der Offenlegungspflicht für ein einziges Geschäftsjahr. Ein derartiges Ergebnis würde aber auch der gemeinschaftsrechtlichen Verpflichtung zur Einführung wirksamer Sanktionen zur Durchsetzung der Offenlegungspflicht nicht entsprechen.
6. Die Ausmessung der Zwangsstrafe hängt - wie der Revisionsrekurswerber selbst einräumt - von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und bildet in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (6 Ob 306/00v).
7. Zusammenfassend bringt der Revisionsrekurs somit keine Rechtsfragen der in § 14 Abs 1 AußStrG geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.
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