Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung der beklagten Parteien aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Der Vater des Klägers verstarb am 1. 6. 1996. Er hatte dem zweiten Sohn Horst S***** mit Übergabsvertrag vom 23. 6. 1971 eine Liegenschaft in Kitzbühel mit einer dort befindlichen Kraftfahrzeugwerkstätte übergeben. Der Sohn hatte Pfandrechte zu übernehmen und verschiedene Gegenleistungen zu erbringen. Der Übernehmer verstarb bereits am 25. 1. 1972. Die Beklagten sind seine Ehefrau und die beiden Töchter. Der Nachlass wurde der Witwe (der Erstbeklagten) zu 5/8 und den Töchtern zu je 3/16 eingeantwortet. Der Kläger begehrt mit seiner am 3. 2. 1997 beim Erstgericht eingelangten Pflichtteilsergänzungsklage von der Erstbeklagten die Zahlung von 937.500 S und von der Zweitbeklagten und der Drittbeklagten je 281.250 S. Der Vater sei vermögenslos verstorben. Dem Kläger stehe ein Schenkungspflichtteil gegen die Erben seines vorverstorbenen Bruders zu. Im Hinblick auf die drei Geschwister des Klägers betrage die Pflichtteilsquote 1/8. Der Wert des 1971 übergebenen Automechaniker- und Autohandelsunternehmens sei mit 20 bis 40 Mio S anzusetzen. Für die Pflichtteilsberechnung sei zumindest von 15 Mio S auszugehen.
Die Beklagten beantragten die Abweisung der Klagebegehren und wandten im Wesentlichen ein, dass der Erblasser nicht vermögenslos gestorben sei. Der Kläger habe auf Forderungen gegenüber den Beklagten verzichtet. Er könne im Übrigen von den Erben des Beschenkten keinen Schenkungspflichtteil verlangen. Im Hinblick auf die vom Betriebsübernehmer übernommenen Verpflichtungen und Lasten bestehe kein Anspruch des Noterben. Der Kläger verschweige, dass ihm selbst unentgeltlich vom Vater Vermögenswerte übertragen worden seien. Im Hinblick darauf, dass im Revisionsverfahren nur die Frage der Passivlegitimation entscheidungswesentlich ist, braucht auf das detaillierte weitere Parteivorbringen der Beklagten, insbesondere über die Werte des vom vorverstorbenen Sohn übernommenen Vermögens und seine übernommenen Verpflichtungen und Lasten hier nicht weiter eingegangen zu werden.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren teilweise statt, verurteilte die Erstbeklagte zur Zahlung von 55.767,59 EUR und die beiden anderen Beklagten zu je 16.130,28 EUR und wies die Mehrbegehren ab. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist hervorzuheben, dass der Wert des geschenkten Unternehmens zuzüglich des nicht betrieblich genutzten Teils der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Todes des Übergebers im Juni 1996 10,629.179 S betragen habe, wovon die im Übergabsvertrag festgelegten Gegenleistungen (Leibrente; Nutzungsrecht; an die Geschwister des Klägers ausbezahlten Beträge) abzuziehen seien. Der Schenkungspflichtteil sei von dem sich daraus ergebenden Betrag von 9,853.979 S zu errechnen. Die im Übergabsvertrag übernommenen Gegenleistungen und Belastungen stellten nur einen Bruchteil des Wertes des Betriebes einschließlich der Liegenschaften dar. Wegen des Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung sei im Sinne der Rechtsprechung zu § 785 ABGB von einer Schenkungsabsicht auszugehen. Die Verpflichtungen des Übernehmers seien auf die beklagten Erbinnen übergegangen. Der Einwand der Erstbeklagten, sie habe nie zum Kreis der Pflichtteilsberechtigten gehört, sei deshalb nicht stichhältig, weil sie nicht aus eigener Stellung zum Erblasser verpflichtet sei, sondern als Erbin des pflichtteilsberechtigten Übernehmers. Die Pflichtteilsforderung des Klägers hätte in dem mit Verkehrswerten berechneten Reinnachlass nach seinem Bruder Horst Deckung gefunden. Der Kläger sei daher berechtigt, von den Beklagten entsprechend ihren Erbquoten den Schenkungspflichtteil zu verlangen. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und wies die Klagebegehren ab. Es behandelte von den geltend gemachten Berufungsgründen nur den in der Rechtsrüge erhobenen Einwand der fehlenden Passivlegitimation, verneinte diese und führte dazu im Wesentlichen Folgendes aus:
Gemäß § 785 Abs 1 ABGB seien bei der Berechnung des Nachlasses auf Verlangen eines pflichtteilsberechtigten Kindes Schenkungen des Erblassers in Anschlag zu bringen. Gemäß § 785 Abs 3 ABGB bestehe eine unbefristete Schenkungsanrechnung nur für Schenkungen an pflichtteilsberechtigte Geschenknehmer. Darunter seien jene zu verstehen, die sowohl zum Zeitpunkt der Schenkung als auch zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers "konkret" pflichtteilsberechtigt waren. Diese Voraussetzung erfüllten die Beklagten nicht, weil sie nur zum Zeitpunkt des Todes des Erblassers, nicht aber zum Zeitpunkt der Schenkung konkret pflichtteilsberechtigt gewesen seien, weil ihr Vater damals noch gelebt habe. Der Anspruch des verkürzten Noterben auf Pflichtteilsergänzung richte sich gegen den Nachlass bzw den Erben. Erst wenn seine Deckung im Wege des § 785 Abs 1 ABGB nicht erreicht werden könne, stehe dem Noterben nach § 951 Abs 1 ABGB ein Anspruch gegen den Beschenkten zu. Die Klage habe auf Zahlung des Ausfalls an Pflichtteil bei Exekution in die geschenkte Sache zu lauten. Hier habe mangels Nachlassvermögens keine Verlassenschaftsabhandlung nach dem Vater des Klägers stattgefunden. Es sei nun zu prüfen, ob die Rechtsnachfolger des Beschenkten für den Pflichtteilsanspruch hafteten. Nach übereinstimmender Ansicht von Lehre und Rechtsprechung sei diese Frage für den Einzelrechtsnachfolger zu verneinen. Beschenkter im Sinne des § 951 ABGB sei nur der vom Erblasser Beschenkte, nicht aber auch ein dritter Geschenknehmer, dem der vom Erblasser Beschenkte seinerseits ein Geschenk gemacht habe. Nach den Lehrmeinungen Kraliks (unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH vom 19. 3. 1981) und Welsers sei die Haftung der Gesamtrechtsnachfolger des Beschenkten nach § 951 ABGB zu bejahen. Dies werde von Schwind (Der aktiv- und passiv Pflichtteilsberechtigte, in FS Firsching, 267 f, und Grenzen der Universalsukzession, in FS Kralik, 517 ff) abgelehnt. Die Erben des Beschenkten könnten nicht mit diesem gleichgesetzt werden. Das Gesetz spreche ausschließlich vom "Beschenkten". Die Qualität des "Beschenktseins" gehe auf den Erben des Beschenkten nicht über. Der Schutz des Pflichtteilsberechtigten gegen Verkürzungen durch andere Pflichtteilsberechtigte sei dem Verkehrsschutz gegenüberzustellen, nach dem rechtmäßig erworbenes Eigentum, über das grundsätzlich frei verfügt werden dürfe, nicht durch nachträgliche Anfechtung in Frage gestellt werden solle. Eingriffe in bestehende Rechte seien als Ausnahmebestimmungen im Zweifel einschränkend auszulegen. Ausfluss der Verfügungsfreiheit sei einerseits die übereinstimmend verneinte Haftung des Singularsukzessors des Beschenkten und andererseits die Bestimmung des § 952 ABGB, wonach der Beschenkte, soferne er die geschenkte Sache nicht in unredlicher Weise aus dem Besitz gelassen habe, nicht mehr nach § 951 ABGB hafte. Wenn der Gesetzgeber redliche Verfügungen zulasse, obwohl dies zur Verkürzung eines Pflichtteilsberechtigten führen könne, komme dem Verkehrsschutz Vorrang zu. Auch dem § 954 ABGB könne entnommen werden, dass der Gesetzgeber zwischen dem Beschenkten und dessen Erben differenziere. Hier werde die Passivlegitimation sowohl des Beschenkten als auch von dessen Erben normiert. § 951 Abs 1 ABGB bestimme aber allein die Haftung des Beschenkten. Zutreffend verweise Schwind auch darauf, dass zum Zeitpunkt des Einrückens in die Stellung des beschenkten Erblassers der Pflichtteilsberechtigte lediglich ein Anwartschaftsrecht habe, dessen Bestand aber keineswegs gesichert sei. Zum Zeitpunkt des Todes seines Bruders (1972) habe nicht festgestanden, ob der Kläger zum Zeitpunkt des Todes des Vaters (1996) konkret pflichtteilsberechtigt sein werde. § 531 ABGB definiere die Verlassenschaft als Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten eines Verstorbenen, insofern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen begründet seien. Als Erblasserschulden seien alle Schulden des Erblassers zu qualifizieren, auch wenn sie zu seinen Lebzeiten nur dem Rechtsgrund nach entstanden seien. Der Anspruch des Noterben entstehe aber erst im Zeitpunkt des Erbfalls des Geschenkgebers, sodass diese Verbindlichkeit nicht Gegenstand des Nachlasses des Beschenkten gewesen sei.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision mangels jüngerer oberstgerichtlicher Judikatur zur Passivlegitimation der Erben des Beschenkten im Anfechtungsprozess nach § 951 ABGB zulässig sei.
Mit seiner ordentlichen Revision beantragt der Kläger die Aufhebung des Urteils des Berufungsgerichtes zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der Beklagten.
Die Beklagten beantragen, der Revision nicht stattzugeben. Die Revision ist zulässig, weil zur Rechtsfrage, ob der Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 951 ABGB auch gegen den Universalsukzessor des Beschenkten geltend gemacht werden kann, keine jüngere einschlägige oberstgerichtliche Judikatur vorliegt und überdies die Lehrmeinungen zu dieser Frage nicht einheitlich sind. Die Revision ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Berufungsgericht erachtete die Argumente Schwinds (Grenzen der Universalsukzession, in FS Kralik [1986] 515 ff, sowie Der Aktiv- und Passivpflichtteilsberechtigte, in FS Firsching [1985] 263 ff) für stichhältig und verneinte die Passivlegitimation der Erben des Geschenknehmers, ohne auf die Gegenargumente Welsers (Zur Berücksichtigung von Schenkungen im Pflichtteilsrecht, in FS Kralik 583 ff) einzugehen. Soweit überblickbar, haben sich nur diese beiden Autoren mit der gestellten Frage eingehend auseinandergesetzt. Schubert (in Rummel ABGB3 Rz 2 zu § 951) schloss sich der Auffassung Welsers nur an. Ohne nähere Begründung bejahte die Lehre allerdings sehr früh die Passivlegitimation des Universalsukzessors des Beschenkten im Pflichtteilsergänzungsprozess nach § 951 ABGB. Unger hielt schon 1894 die Rückforderungsklage (querela inofficiosae donationis) gegen die Erben des Beschenkten für zulässig (Unger, Das österreichische Erbrecht 363), Gleiches wurde 1914 in dem von Kafka herausgegebenen Lehrbuch Krasnopolkis, Österreichisches Erbrecht 237, vertreten, der sich auf eine ältere Belegstelle von Stubenrauch aus dem Jahr 1841 stützte. Aus jüngerer Zeit (1983) ist die Ansicht Kraliks (in Ehrenzweig, System3, 4. Buch, Das Erbrecht3 308) hervorzuheben, dass jede Haftung nach den §§ 951 f ABGB nur den Beschenkten und seine Gesamtrechtsnachfolger, nicht aber seine Einzelrechtsnachfolger treffe. Kralik stützt sich dabei - ohne weitere Erläuterungen - auf die Entscheidung des BGH vom 19. 3. 1981, BGHZ 80, 205 = NJW 1981, 1446.
Aus der oberstgerichtlichen Rechtsprechung, die einhellig davon ausgeht, dass mit dem "Beschenkten", von dem gemäß § 951 ABGB die Deckung des Fehlbetrages verlangt werden kann, nur der vom Erblasser (unmittelbar) Beschenkte - und nur dieser - gemeint ist und nicht etwa ein dritter Geschenknehmer, dem der vom Erblasser Beschenkte seinerseits ein Geschenk gemacht hat (RIS-Justiz RS0019073), lassen sich nur mittelbar Hinweise für die hier gestellte Frage der Haftung eines Univesalsukzessors ableiten. Der Entscheidung 3 Ob 638/53 (RS0015412: "Mangelnde Passivlegitimation bezüglich Anfechtung nach § 951 ABGB wegen Fehlens der Gesamtrechtsnachfolge...") ist das obiter dictum zu entnehmen, dass die Universalsukzessoren des Beschenkten nach § 951 ABGB haften. Der Begründung der Entscheidung 1 Ob 882/54 = JBl 1955, 122 (auch dort ging es nicht um einen Erben des Beschenkten), wurde der schon zitierte Rechtssatz (der Entscheidungskette RS0019073) entnommen, dass § 951 ABGB nur den vom Erblasser Beschenkten meine. Auf diese Formulierung stützt sich ua auch die Argumentation Schwinds (in FS Firsching 268). In der FS Firsching (aaO 268) beschränkt sich Schwind auf die oben angeführte Begründung der Entscheidung JBl 1955, 122. Dort war aber kein Erbe des Geschenknehmers geklagt worden. Die Aussage, dass das Gesetz nur den vom Erblasser Beschenkten und nicht dessen Singularsukzessor im Auge habe, lässt keinen zwingenden Schluss zu, dass auch die Haftung des Universalsukzessors zu verneinen ist. In der FS Kralik (aaO 517 ff) stellt Schwind zunächst die sich "diametral" gegenüberstehenden Wertungsgesichtspunkte dar, nämlich den Schutz des Pflichtteilsberechtigten gegen Verkürzungen durch andere Pflichtteilsberechtigte ("familia suspecta") und das Verkehrsschutzinteresse, dass einmal rechtens erworbenes Eigentum nicht durch nachträgliche Anfechtung verunsichert werden soll. Die Auflösung der Wertungswidersprüche sei (nach Schwind) einfach. Schon zum Schutz des Beschenkten selbst bestimme § 952 ABGB, dass dieser für die geschenkte Sache oder deren Wert, wenn er die Sache nicht mehr habe, nur hafte, wenn "er sie unredlicherweise aus dem Besitz gelassen hat". Dass auch der Erbe des Beschenkten in Anspruch genommen werden könne, werde ausdrücklich nur im § 954 ABGB (Widerruf wegen nachgeborener Kinder) erwähnt. Es werde aber nur bestimmt, dass im Notfall gegen den Erben des Beschenkten das im § 947 ABGB angeführte "Recht auf die gesetzlichen Zinsen des geschenkten Betrages geltend" gemacht werden könne, nicht aber, dass das Geschenk gegenüber dem Erben des Beschenkten widerrufen werden könne. Der Umstand, dass selbst im Notfall kein Herausgabeanspruch gegen den Erben des Beschenkten bestehe, lasse erkennen, dass der Gedanke der Rechts- und Verkehrssicherheit, der Schutz bestehender Rechte, vor den Interessen des Schenkers auf Rückstellung des Geschenks den Vorrang habe. Aus den spärlichen gesetzlichen Bestimmungen lasse sich der Schluss ziehen, dass überall dort, wo ein "Notfall" nicht vorliege, nicht einmal ein Anspruch auf die Zinsen geltend gemacht werden könne und schon gar nicht ein Anspruch auf dingliche Herausgabe des geschenkten Gegenstandes oder dessen Werts. Das Gesetz spreche ausdrücklich nur vom "Beschenkten" und verpflichte nur diesen zur Herausgabe. Der Erbe des Beschenkten sei nicht selbst Beschenkter, andernfalls man der Auffassung sein müsste, dass auch die Qualität des "Beschenktseins" auf den Erben übergehe. Gegen diese Rechtsansicht Schwinds brachte Welser in derselben Festschrift (FS Kralik [1986], 583 ff) beachtliche Gegenargumente vor. Nach Erörterungen zum Gesetzeszweck der Anrechnungsbestimmung des § 785 ABGB (Ausgleichsgedanke unter Pflichtteilsberechtigten;
abstrakter Verkürzungsverdacht bei Vorhandensein schon eines Kindes;
Privilegierung von dritten Geschenknehmern durch Befristung der Schenkungsanfechtung) führt er gegen das Argument des Verkehrsschutzes ins Treffen, dass der Erbe in die vermögensrechtlichen Rechte und Pflichten, also auch in Rechtsverhältnisse eintrete, die vor Anfechtungen wegen Irrtums, Wandlung, Rücktritt, laesio enormis keineswegs geschützt seien. Einen Vertrauensschutz gebe es nicht, weil man nicht im Vertrauen auf das Eigentum des Erblassers Erbe werde. § 954 ABGB spreche eher für die herrschende Auffassung über die Haftung von Universalsukzessoren des Beschenkten. Wenn diese Bestimmung gegenüber dem Erben des Beschenkten nur das Recht auf Zinsen gebe, sei dies die konsequente Durchführung der Regeln der Universalsukzession. Bei der Unterhaltsverkürzung nach § 947 ABGB sei der Beschenkte selbst nur zur Zahlung der Zinsen verpflichtet, daher brauche auch sein Erbe nur diese leisten. In den Fällen, in denen der Beschenkte das Geschenk herausgeben muss, treffe diese Pflicht aber auch seine Gesamtrechtsnachfolger. Daher bestimme § 949 ABGB, dass beim Schenkungswiderruf wegen Undanks die Widerrufsklage auch gegen den "Erben des Verletzers" gerichtet werden könne. Dass dieser allgemeine Grundsatz bei § 951 ABGB nicht nochmals ausdrücklich wiederholt werde, sei wohl kein Grund für die Annahme, es gelte hier das Gegenteil. Die Redaktoren der Teilnovelle hätten § 951 ABGB ua nach dem Vorbild des § 2329 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches gestalten wollen. Der BGH habe in der Entscheidung BGHZ 80, 205 ausführlich begründet, dass die Anfechtung nach den §§ 2317 ff BGB gegenüber Universalsukzessoren des Beschenkten erfolgen könne. Der Leitsatz der zitierten Entscheidung des BGH, dass sich der Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen die Erben des Beschenkten richten könne, wenn der Beschenkte vor dem Erbfall gestorben sei, basiert auf einer klaren gesetzlichen Grundlage. Die mit § 951 ABGB vergleichbare Anfechtungsbestimmung des § 2329 BGB (in der ebenfalls nur vom Beschenkten die Rede ist) ist anhand der Bestimmung über die Gesamtrechtsnachfolge (§ 1922 BGB) und über die Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB) auszulegen. Nach § 1967 Abs 2 BGB gehören zu den Nachlassverbindlichkeiten auch "insbesondere die Verbindlichkeiten aus Pflichtteilsrecht". Darunter versteht der BGH in ständiger Rechtsprechung auch den Pflichtteilsergänzungsanspruch. Die zu Lebzeiten des Beschenkten begründete "potentielle Verpflichtungslage" gehe auf seine Erben über. Auf diesen Gesichtspunkt wird bei der nachfolgenden Beurteilung nach österreichischem Recht noch zurückzukommen sein. Schließlich führt der BGH für die Haftung der Erben im Pflichtteilsergänzungsprozess noch ihre vergleichbare Haftung für Anfechtungsansprüche nach dem deutschen Anfechtungsrecht und der deutschen Konkursordnung ins Treffen.
Nach diesem Meinungsüberblick ist zur Vererblichkeit der Verbindlichkeit des Geschenknehmers nach § 951 ABGB Folgendes zu erwägen:
Gemäß § 1448 ABGB erlöschen durch den Tod nur solche Rechte und Verbindlichkeiten, welche auf die Person eingeschränkt sind oder die bloß persönliche Handlungen des Verstorbenen betreffen. Nach § 531 ABGB ist der Nachlass eines Verstorbenen der Inbegriff der Rechte und Verbindlichkeiten, insofern sie nicht in bloß persönlichen Verhältnissen begründet sind. Der Erbe erwirbt durch Einantwortung den gesamten Nachlass und wird Gesamtrechtsnachfolger des Erblassers. Er tritt in alle Rechte und Pflichten des Erblassers ein. Vermögensrechtliche Rechte und Pflichten sind im Allgemeinen vererblich (RIS-Justiz RS0012194), es sei denn, sie wären höchstpersönlich. Unter Rechte und Verbindlichkeiten sind auch rechtliche Positionen des Erblassers zu subsumieren, aus denen Rechte und Rechtsverhältnisse künftig entstehen, untergehen oder sich ändern können. Es wurde schon ausgesprochen, dass eine durch den bloßen Sachbesitz (an einem Sparbuch) verschaffte Rechtsposition vererblich sein könne (1 Ob 530/95). Dies entspricht der vom BGH bejahten Vererblichkeit einer potentiellen Verpflichtungslage. Die Ablehnung der Haftung der Erben des Geschenknehmers setzt voraus, dass die Verpflichtung zur Pflichtteilsergänzung eine höchstpersönliche Verpflichtung des Beschenkten wäre, die mit seinem Tod erlischt (§ 1448 ABGB). Dies ist zu verneinen:
Eine gesetzliche Anordnung über den Charakter einer höchstpersönlichen Verpflichtung fehlt. Dass der Anfechtungsanspruch in sinnvoller Weise nur gegen den Beschenkten selbst, nicht aber gegen seine Erben, gerichtet werden könnte, ist nicht ersichtlich. Der Pflichtteilsanspruch ist nach der ständigen, von der Lehre gebilligten oberstgerichtlichen Rechtsprechung vererblich (RS0003854; Eccher in Schwimann ABGB2 Rz 9 zu § 531). Der vererbliche Pflichtteilsanspruch umfasst auch die Befugnisse nach den §§ 785, 951 ABGB (EvBl 1972/317). Es wäre ein Wertungswiderspruch, den durch eine Schenkung ausgelösten Pflichtteilsergänzungsanspruch als vererblich zu qualifizieren (ein höchstpersönliches Recht also zu verneinen), die korrespondierende Verbindlichkeit des Geschenknehmers aber als unvererblich anzusehen.
Wohl spricht § 951 ABGB nur vom Beschenkten selbst. Damit allein kann die Höchstpersönlichkeit der Ergänzungsverpflichtung des Geschenknehmers aber nicht begründet werden. Grundsätzlich ist jeder vermögenswerte Anspruch und jede vermögenswerte Verbindlichkeit vererblich. Der mit dem Pflichtteilsanspruch verfolgte Gesetzeszweck, also der Schutz von Pflichtteilsberechtigten vor Verkürzung, soll ohne ausdrückliche oder doch erschließbare Anordnung des Gesetzgebers grundsätzlich nicht vom zufälligen Umstand abhängen, wann der Geschenknehmer stirbt. Dem Verkehrsschutzargument Schwinds hält Welser zutreffend entgegen, dass es keinen Gutglaubenserwerb des Erben gibt und dieser vollständig in die Rechtspositionen des Erblassers eintritt. Wenn der Gesetzgeber diesem allgemeinen Grundsatz im Pflichteilsrecht nicht folgen wollte, hätte er dies klar zum Ausdruck bringen müssen, andernfalls der Erbe des Beschenkten nicht auf ein im Erbweg erworbenes, anfechtungsfestes Vermögen vertrauen kann.
Auch die §§ 952 und 954 ABGB stellen keine Stütze für die Ansicht dar, die Verpflichtung des Geschenknehmers nach § 951 ABGB sei unvererblich. § 952 ABGB regelt den Fall, dass der Beschenkte die Sache nicht mehr hat und normiert eine Haftung nur bei Unredlichkeit der Besitzauflassung. Abgesehen vom Fall der Unredlichkeit ist die Haftung auf die vorhandene Bereicherung beschränkt (SZ 67/50). § 954 ABGB normiert für den Fall, dass ein kinderloser Geschenkgeber, dem Kinder nachgeboren werden, wenn er in Not gerät, Anspruch auf Zinsen des geschenkten Betrages gegen den Beschenkten oder dessen Erben hat. Wenn Schwind aus diesen Gesetzesstellen einen Vorrang der Interessen der Erben des Beschenkten gegenüber denjenigen des Geschenkgebers ableitet, weil im Notfall des Geschenkgebers das Geschenk gegenüber dem Erben des Beschenkten nicht widerrufen werden könne und nur ein Anspruch auf Zinsen zustehe, ist ihm zu entgegnen, dass den Geschenknehmer selbst keine weitergehende Verpflichtung trifft, das Gesetz also nur - wie Welser zutreffend ausführt - die Regeln der Universalsukzession anwendet, wie dies bei der Widerrufsklage nach § 949 ABGB ebenso der Fall ist. Es bleibt daher abschließend nur noch zu prüfen, warum das Gesetz sowohl im § 949 ABGB als auch im § 954 ABGB die Erben des Beschenkten ausdrücklich erwähnt, nicht aber in den §§ 951 f ABGB. Eine besondere gesetzgeberische Absicht für die Anführung der Erben beim Widerruf wegen groben Undanks könnte allenfalls darin liegen, dass der Tatbestand eine verwerfliche Gesinnung des Geschenknehmers voraussetzt, der Anfechtungsanspruch sich also auf besondere persönliche Verhältnisse gründet, die Anlass zur Auslegung geben könnten, der Widerruf und die Duldungspflicht des Beschenkten seien höchstpersönlich, weil nur der potentiell vom Widerruf bedrohte, undankbare Geschenknehmer zur Herausgabe des Geschenkes verhalten werden soll. Die Anordnung der Haftung der Erben des Verletzers diente danach der Klarstellung der fehlenden Höchstpersönlichkeit von Anspruch und Verpflichtung. Einer solchen Klarstellung bedarf es bei der Anfechtung nach § 951 ABGB aber nicht, weil der Tatbestand keinerlei bloß in besonderen persönlichen Verhältnissen der Parteien liegende Umstände voraussetzt, die für die Annahme höchstpersönlicher Rechte und Pflichten aber Voraussetzung wären.
Der Oberste Gerichtshof folgt daher den überwiegenden Lehrmeinungen, dass im Pflichtteilsergänzungsprozess über die Schenkungsanfechtung nach § 951 ABGB die Erben des Beschenkten als Universalsukzessoren passiv legitimiert sind. Ihre Verbindlichkeit zur Herausgabe des Geschenks bzw zur Zahlung des Fehlbetrages ist keine höchstpersönliche Schuld des Erblassers. Dessen Verpflichtung geht auf die Erben im Wege der Universalsukzession genauso über wie der Anfechtungsanspruch des verkürzten Noterben auf dessen Erben. Die Klagebegehren sind daher nicht mangels Passivlegitimation der Beklagten abzuweisen. Damit wird das Berufungsgericht über die Berufung unter Berücksichtigung der unerledigt gebliebenen Berufungsgründe neuerlich zu entscheiden haben.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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