OGH 6Ob26/01v

OGH6Ob26/01v22.2.2001

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden und gefährdeten Partei Verlassenschaft nach der am 31. Mai 1999 verstorbenen Caterina B*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Georg Fialka, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei und Gegnerin der gefährdeten Partei Monika W*****, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Nichtigkeit bzw Unwirksamkeit eines Schenkungsvertrages, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 28. August 2000, GZ 16 R 29/00b-13, womit über den Rekurs der beklagten Partei der Beschluss des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 3. Februar 2000, GZ 23 Cg 5/00v-8, abgeändert und der Sicherungsantrag abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Verlassenschaft begehrt die Feststellung der Nichtigkeit bzw Rechtsunwirksamkeit eines von der Verstorbenen am 12. 3. 1996 vor einem öffentlichen Notar unterfertigten Schenkungsvertrages, womit der Beklagten, der Enkelin der verstorbenen Geschenkgeberin, 3/5-Anteile einer Liegenschaft geschenkt wurden. Die Vertragsurkunde wurde vom Notar, bei dem Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Geschenkgeberin entstanden waren, an den Sachwalter übermittelt, der am 15. 3. 1996 für die Geschenkgeberin unter anderem zur Vermögensverwaltung bestellt worden war. Der Sachwalter übermittelte den Schenkungsvertrag dem Pflegschaftsgericht. Die Klägerin steht auf dem Standpunkt, die Geschenkgeberin sei schon am 12. 3. 1996 geschäftsunfähig gewesen. Sie begehrt die Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Klageanspruchs ein Verfügungsverbot und ein an das Pflegschaftsgericht gerichtetes Verbot, die Originalurkunde des Vertrages an die Beklagte oder einen Bevollmächtigten herauszugeben. Die Herausgabe könnte zum Eigentumsverlust der Klägerin führen.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag statt.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten Folge und wies den Sicherungsantrag mangels Bescheinigung einer konkreten Gefährdung im Sinne des § 381 EO ab. Zwar könnten nach einem Teil der oberstgerichtlichen Rechtsprechung auch Feststellungsansprüche gesichert werden (2 Ob 2101/96a). Hier habe die Klägerin nur einen Formmangel des Schenkungsvertrages, der kein Notariatsakt sei, behauptet und auf die Gefahr einer Heilung des Formmangels durch Verbücherung hingewiesen. Damit wäre die Rechtsdurchsetzung erschwert. Für eine konkrete Gefährdung müsse aber unterstellt werden, dass der Grundbuchsrechtspfleger bei der ihm obliegenden Prüfung den Formmangel nicht erkenne und eine Eintragung im Grundbuch vornehmen werde. Eine konkrete Gefährdung liege daher nicht vor.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist mangels erheblicher Rechtsfragen im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig:

Während die ältere oberstgerichtliche Rechtsprechung entgegen verschiedener Lehrmeinungen die Sicherungsfähigkeit von Feststellungsansprüchen generell verneinte, wird in der jüngeren Judikatur eine einstweilige Verfügung für zulässig erachtet, wenn hinter dem Feststellungsanspruch bedingte oder künftige Leistungsansprüche stecken (6 Ob 2031/96m = ÖBA 1997/643; Zechner, Sicherungsexekution und Einstweilige Verfügung, Rz 4 zu § 378 EO mwN). Hinter dem Begehren auf Feststellung der (absoluten) Nichtigkeit des Schenkungsvertrags wegen Geschäftsunfähigkeit steckt der Anspruch auf Bewahrung des bücherlichen Eigentumsrechts. Ob der Feststellungsanspruch hier aber aus dem Grund nicht sicherungsfähig ist, weil der Klägerin gegen die Beklagte schon ein sicherungsfähiger Leistungsanspruch, nämlich ein Unterlassungsanspruch zusteht, braucht nicht untersucht zu werden, weil die Abweisung des Sicherungsantrages aus anderen Gründen jedenfalls zu Recht erfolgte:

Das Rekursgericht hat die Abweisung des Sicherungsantrags mit der fehlenden Gefährdung begründet. Der Grundbuchsrechtspfleger würde den Schenkungsvertrag, der kein Notariatsakt ist, nicht verbüchern. Gegen diese Begründung wendet die Klägerin zwar allenfalls zutreffend ein, dass im Schenkungsvertrag die tatsächliche Übergabe der Liegenschaft behauptet wurde, was zumindest bei der Schenkung einer ganzen Liegenschaft nach der Praxis in Grundbuchssachen für eine Eintragung des Eigentumsrechts ausreichte. Bejaht wird auch, dass ein ideeller Liegenschaftsanteil real übergeben werden kann (NZ 1991, 11; JBl 1993, 312). Die nach § 381 EO erforderliche konkrete Gefährdung (6 Ob 155/99k uva) fehlt hier aber schon nach den Klagebehauptungen:

Unstrittig ist, dass der Notar nach dem Auftreten von Bedenken gegen die Geschäftsfähigkeit der Geschenkgeberin die Originalurkunde dem Sachwalter übergeben hatte, der sie an das Pflegschaftsgericht weiterleitete. Die Geschenkgeberin war also selbst Inhaberin der Urkunde, diese erliegt nach wie vor beim Pflegschaftsgericht. Die Annahme einer Gefahr, dass die Beklagte bücherliches Eigentumsrecht erwerben und dann durch Weiterverkauf des Liegenschaftsanteils an einen gutgläubigen Erwerber eine Rückabwicklung unmöglich machen könnte, setzte voraus, dass die Beklagte mit einem Antrag auf Herausgabe der Originalurkunde beim Pflegschaftsgericht durchdringt. Dazu hat die Klägerin nichts vorgebracht. Eine Herausgabe an die Beklagte im Pflegschaftsverfahren ist jedoch geradezu unwahrscheinlich, weil sie dort nicht Partei ist. Die klagende Verlassenschaft ist Urkundeninhaberin und kann sich einer Ausfolgung an die Beklagte widersetzen.

Der Antrag auf Erlassung eines an die Beklagte gerichteten Verbots, über den Schenkungsvertrag zu verfügen, scheitert schon an der fehlenden Bescheinigung, dass die Beklagte überhaupt in den Besitz der Urkunde gelangen werde, das beantragte an das Pflegschaftsgericht zu richtende Verbot, den Vertrag an die Beklagte auszufolgen überdies auch daran, dass nach übereinstimmender Lehre und der ständigen jüngeren oberstgerichtlichen Rechtsprechung eine einstweilige Verfügung, mit der in die Befugnisse eines anderen Gerichtes oder einer Verwaltungsbehörde eingegriffen würde, unzulässig ist. Für Weisungen an die Gerichte ergibt sich dies aus der Verfassungsbestimmung über die Unabhängigkeit der Gerichte (Art 87 Abs 1 B-VG), für Weisungen an die Verwaltungsbehörde aus dem Trennungsgrundsatz des Art 94 B-VG (Kodek in Angst, Kommentar zur EO, Rz 27 zu § 378; Feil EO4 Rz 22 zu § 378; Zechner, Sicherungsexekution und einstweilige Verfügung, Rz 6 vor § 378 mwN aus der Rechtsprechung; Hausmaninger, Die Beeinträchtigung Dritter durch einstweilige Verfügungen, JBl 1990, 160; 1 Ob 5/94; SZ 69/59).

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