OGH 6Ob2391/96b

OGH6Ob2391/96b20.3.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Univ.Prof.Dr.Karl H*****, vertreten durch Dr.Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Erna H*****, vertreten durch Dr.Peter Windhopp, Rechtsanwalt in Wien, wegen 129.677,90 S, infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. Oktober 1996, GZ 12 R 11/96t-96, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 20.Oktober 1995, GZ 21 Cg 179/93k-92, aufgehoben und die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der beklagten Partei auf Zuerkennung von Kosten für die Rekursbeantwortung wird abgewiesen.

Text

Begründung

Der Kläger ist Facharzt für Kieferchirurgie. Er fertigte im Jahr 1985 für die Beklagte ein Oberkieferimplantat an. Auf die hergestellten Gerüstpfeiler (im Kiefer implantierte Metallzähne) hatte ein Zahnarzt eine provisorische Prothese aufgesetzt. Die Kauebene dieser Prothese entsprach insofern nicht der Norm, weil sie nicht im Bereich von 5 bis 15 Grad zur sogenannten "Deutschen Horizontalen" lag. Im Auftrag der Beklagten stellte der Kläger auch für das Unterkiefer ein Implantat her. Zuvor mußten einige Zähne der Beklagten entfernt werden. Der Kläger fertigte ein Fernröntgen an, um Aufschluß über die Kauebene zu bekommen. Bei der Operation zur Herstellung des Unterkieferimplantats am 4.3.1987 wurde ein Metallstreifen mit vier Gerüstpfeilern in den Unterkiefer eingesetzt. In Bezug auf die vorhandene Kauebene aufgrund des Provisoriums im Oberkiefer war ein Gerüstpfeiler des hergestellten Unterkieferimplantats zu hoch und zu weit distal eingesetzt worden. Das Unterkieferimplantat (der erwähnte Gerüstpfeiler) war jedoch im Verhältnis zu einer der Norm entsprechenden Kauebene mängelfrei. Im Bereich des Gerüstpfeilers im Unterkiefer kam es zu Entzündungen, die der Kläger mit Antibiotika behandelte. Die Beklagte ließ weder das Provisorium im Oberkiefer von einem Zahnarzt hinsichtlich der Kauebene korrigieren, noch ließ sie von einem Zahnarzt eine Prothese für den Unterkiefer herstellen.

Der Kläger begehrt das Honorar für die Herstellung des Unterkieferimplantats und die gesamte ärztliche Behandlung.

Die Beklagte beantragte die Abweisung der Klage. Es liege ein Kunstfehler vor. Das Implantat sei zu lang ausgeführt worden. Ein Pfeiler sei nicht richtig dimensioniert und positioniert worden. Die Beklagte wandte mehrere Gegenforderungen ein, und zwar eine Schmerzengeldforderung von 100.000 S, einen Kostenaufwand von 120.000 S für die teilweise Entfernung des Unterkieferimplantats und dessen Erneuerung sowie verschiedene Kosten der Spitalsbehandlung anläßlich der Entfernung des Implantats und des stationären Aufenthalts anläßlich des Einfügens des Implantats. Sie bestritt ferner die Angemessenheit der einzelnen Leistungen des Klägers, behauptete die mangelnde Fälligkeit der Forderungen des Klägers, der die weitere Behandlung abgelehnt habe, und behauptete schließlich, daß sie als Folge der Behandlung durch den Kläger eine Nierenkolik, verbunden mit einem Spitalsaufenthalt, sowie eine Durchtrennung des Trigeminusnerves erlitten habe.

Der Kläger bestritt einen Kunstfehler. Er habe die Beklagte mehrfach angewiesen, die obere Prothese von einem Zahnarzt korrigieren zu lassen (ON 48). Dies habe die Beklagte nicht getan (S 10 zu ON 66).

Das Erstgericht gab der Klage statt. Es stellte über den schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch den auf den S 4 bis 16 in ON 92 ersichtlichen Sachverhalt fest, von dem für das Rekursverfahren folgende Feststellungen zusammengefaßt hervorzuheben sind:

Die operative Herstellung des Unterkieferimplantats sei am 20.5.1987 abgeschlossen gewesen. Die eingetretene Komplikation (eitrige Entzündung) sei vom Kläger sachgemäß behandelt worden. Die Beklagte habe gewußt, daß sie auf die Implantate von einem Zahnarzt Prothesen "draufmachen" lassen müsse. Der Kläger habe die Beklagte zu einer Zahnärztin geschickt. Diese habe aber keine prothetischen Arbeiten für die Beklagte durchgeführt. Der Kläger habe die Beklagte bis 22.12.1987 behandelt. Danach habe er sie nicht mehr weiterbehandelt, weil sie sich geweigert habe, die Operationskosten zu bezahlen. Es sei möglich gewesen, vor der Inangriffnahme des Unterkieferimplantats eine neue Oberkieferprothese mit einer Kauebene im Bereich von 5 bis 15 Grad zur "Deutschen Horizontalen" machen und einsetzen zu lassen. Für eine Kauebene in diesem Bereich sei der vom Kläger hergestellte linke distale Pfeiler des Unterkieferimplantats nicht zu hoch und nicht zu weit distal gewesen. Dieser Pfeiler sei nur zu weit distal und zu hoch im Verhältnis zu dem von der Beklagten getragenen, fehlerhaften Provisorium gewesen, nicht aber im Verhältnis zu einer den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechend hergestellten Kauebene. Eine Zusammenarbeit des Klägers bei der Herstellung des Unterkieferimplantats mit einem Prothetiker sei nicht möglich gewesen, weil die Beklagte zu der Zeit, als der Kläger für sie gearbeitet habe, keinen Prothetiker beauftragt habe. Es könne nicht festgestellt werden, daß dem Kläger bei der Behandlung der Beklagten ein Behandlungsfehler (Kunstfehler) unterlaufen wäre.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht (neben den im Rekursverfahren nicht relevanten Erwägungen zur Angemessenheit der Klageforderungen) die Auffassung, daß der Beweis des Behandlungsfehlers dem Patienten obliege. Dieser Beweis sei nicht erbracht worden, weil der Kläger das Implantat so gestalten habe dürfen, daß es zu einer kunstgerecht hergestellten Kauebene (des Oberkiefers) gepaßt hätte, nicht aber zum fehlerhaften Oberkieferprothesenprovisorium, von dem die Beklagte angenommen habe, daß es gleichzeitig mit den Zähnen für das Unterkiefer gemacht werden könnte. Ein Kunstfehler des Klägers könne auch nicht darin liegen, daß er es unterlassen hätte, mit dem Prothetiker Kontakt zu pflegen. Die Beklagte habe ohnehin daran gedacht, das mangelhafte Provisorium im Oberkiefer ersetzen zu lassen. Ein Prothetiker hätte anstandslos hinter dem Kläger "nacharbeiten" können. Mangels nachgewiesenen Kunstfehlers könne die Beklagte ihre Einwendungen zur Nachbehandlung wegen einer Kunstfehlerkorrektur, zum Schmerzengeldanspruch und zu den übrigen Gegenforderungen nicht mit Erfolg geltend machen. Der ärztliche Behandlungsvertrag sei als freier Dienstvertrag einzustufen. Es sei kein Dauerschuldverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden. Am 22.12.1987 sei die letzte vertragliche Behandlung abgeschlossen worden. Danach habe keine weitere Behandlungspflicht des Klägers bestanden. Jedenfalls stünde dem Arzt das Recht zu, jederzeit und ohne Angabe von Gründen von der Krankenbehandlung zurückzutreten. Die Honorare für die erbrachten Leistungen seien fällig.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge und hob das angefochtene Urteil zur Verfahrensergänzung auf. Es erachtete die Feststellungen des Erstgerichtes (mit Ausnahme der Feststellung, daß bei der Implantation im Unterkiefer kein Behandlungsfehler erfolgt sei, dies stelle eine Rechtsfrage dar) für unbedenklich und legte diese Feststellungen und die vom Berufungsgericht wörtlich wiedergegebenen Feststellungen des Erstgerichtes, die dieses im Rahmen der rechtlichen Beurteilung traf, der rechtlichen Beurteilung zugrunde. Diese zitierten Feststellungen lauten wie folgt:

"Laut dem Sachverständigengutachten zeigt der distale linke Pfeiler (des Unterkieferimplantats) zwei vom Sachverständigen als Behandlungsfehler qualifizierte konstruktive Mangel, und zwar liegt dieser Pfeiler erstens zu weit distal, wodurch er Entzündungen der Wange und der Schleimhaut am Vorderende des Unterkieferastes sowie Druckschmerzen im Bereich des mittleren Kieferschließmuskels, verbunden mit einer schmerzhaft eingeschränkten Mundöffnung, verursachte, zweitens liegt der Pfeiler zu hoch, sodaß bei Schlußbißstellung die vorderen Pfeiler 3 bzw 5 mm von den Schneidkanten der oberen Zähne (der Oberkieferprothese) entfernt liegen, während der hintere distale Pfeiler bereits Kontakt mit den Prothesenzähnen im Oberkiefer hat; in dieser Beziehung besteht ein ungenügendes Gerüstdesign, wodurch die wiederholten Entzündungen mit Zystenbildung und beginnender Knochenresorption unter dem Pfeiler verursacht wurden. Zwischen den beiden genannten Punkten besteht ein ursächlicher Zusammenhang. Die Kauebene (Okklusionsebene) wies bei der Beklagten mit eigenen Zähnen (vor der Implantation) 13 Grad zur deutschen Horizontalen auf. Das von der Beklagten (im Oberkiefer) getragene Provisorium wies einen Winkel von 0 Grad zur deutschen Horizontalen auf. Bei dieser von der Klägerin (richtig: Beklagten) benützten provisorischen Prothese im Oberkiefer war die Kauebene nicht dort, wo sie hätte sein sollen, nämlich nicht im Bereich 5 bis 15 Grad zur deutschen Horizontalen. Der Sachverständige hätte die Beklagte darauf hingewiesen, daß die falsche Kauebene der Suprastruktur im Oberkiefer vor Inangriffnahme des Unterkieferimplantats hätte in Ordnung gebracht werden müssen, das heißt, daß eine neue Suprastruktur im Oberkiefer erforderlich wäre, weil es sonst Platzprobleme im Unterkiefer geben werde. Wenn die Kauebene im Bereich 5 bis 15 Grad zur deutschen Horizontalen gelegen wäre, wäre der Pfeiler sicherlich nicht zu hoch und auch nicht zu weit distal gewesen. Es war allerdings zulässig, die Implantation im Unterkiefer bereits vorher durchzuführen, weil der Kläger offenbar davon ausging, daß die Korrektur der Okklusionsebene aufgrund einer provisorischen Oberkieferprothese erst sekundär durchgeführt werde. Der Umstand, daß die fehlerhafte provisorische Suprastruktur im Oberkiefer mit dem Unterkieferimplantat nicht zusammenpaßte, ist zwar nur eine von mehreren Erklärungsmöglichkeiten für die Entzündung, allerdings die am ehesten zutreffende. Mangelnde Mundhygiene als Ursache für die Entzündung kann nicht ganz ausgeschlossen werden."

In rechtlicher Hinsicht beurteilte das Berufungsgericht den Sachverhalt wie folgt:

Der Arzt schulde dem Patienten nur eine fachgerechte Behandlung, nicht aber einen bestimmten Erfolg. Die Bestimmungen des Werkvertrages seien nicht anwendbar. Die Behandlung müsse den Grundsätzen der medizinischen Wissenschaft und den Regeln der ärztlichen Kunst entsprechen. Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers und seine Kausalität habe der Patient zu beweisen. Dieser müsse das Entstehen eines Gesundheitsschadens durch das Verhalten des Arztes als überwiegend wahrscheinlich nachweisen. Der Arzt hafte auch dann, wenn ihm kein Kunstfehler unterlaufen sei, wenn er über Art und Schwere sowie über mögliche Gefahren und schädliche Folgen der Behandlung nicht aufgeklärt habe. Die Belehrung sei ein Teil der Heilbehandlung. Für die Erfüllung der Aufklärungspflicht sei der Arzt behauptungs- und beweispflichtig. Von einer Kausalität könne hier ausgegangen werden, weil das mangelnde Zusammenpassen von Oberkieferprothese (Provisorium) und Unterkieferimplantat, das vom Kläger fachgerecht angefertigt worden sei, die am ehesten wahrscheinliche Ursache für die festgestellten Entzündungen im Mundbereich der Beklagten gewesen sei. Bei der Anfertigung und Einsetzung des Implantats sei dem Kläger kein Kunstfehler vorzuwerfen. Er habe davon ausgehen können, daß sich die Beklagte eine ordnungsgemäße Oberkieferprothese anfertigen lassen werde. Der Kläger sei aber verpflichtet gewesen, die Beklagte darauf hinzuweisen, daß sie sich unverzüglich um eine in Beziehung auf die Kauebene passende Oberkieferprothese bemühen müsse, weil es sonst zu Entzündungen kommen könne. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht bewirke zwar nicht, daß der Kläger seinen gesamten Honoraranspruch verliere, habe aber zur Folge, daß ihm kein Honorar für die Behandlungen im Zusammenhang mit der Entzündung im Mundbereich der Beklagten zustehe. Zur Erfüllung der ärztlichen Aufklärungspflicht habe der Kläger zwar ein Vorbringen erstattet, das Erstgericht habe dazu aber keine Feststellungen getroffen, was seitens des Klägers im Berufungsverfahren ungerügt geblieben sei. Es sei daher von einer Verletzung der Aufklärungspflicht auszugehen. Dies habe zur Folge, daß dem Kläger ein Honoraranspruch nur bis zur Implantateinsetzung am 4.3.1987 dem Grunde nach zustehe. Den Feststellungen des Erstgerichtes sei allerdings nicht zu entnehmen, ob und wie weit die nachfolgenden Leistungen des Klägers ihre Ursache darin gehabt hätten, daß es infolge des mangelhaften Zusammenpassens von Oberkieferprothese und Unterkieferimplantat zu Entzündungen im Mundbereich gekommen sei, oder ob diese Behandlungen auch ohne diese Entzündungen notwendig gewesen seien. Dazu seien weitere Feststellungen erforderlich. Ergänzungsbedürftig sei das Verfahren auch hinsichtlich der eingewandten Gegenforderungen, zu welchen das Erstgericht keinerlei Feststellungen getroffen habe. Von einer mangelnden Fälligkeit des Honoraranspruchs des Klägers könne nicht ausgegangen werden. Der Kläger habe den Behandlungsvertrag einseitig auflösen dürfen.

Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Mit seinem Rekurs beantragt der Kläger die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Dem Berufungsgericht möge eine "sachliche Entscheidung über die Berufung" aufgetragen werden. Hilfsweise beantragt der Kläger die Abänderung dahin, daß der Berufung der Beklagten nicht Folge gegeben werde.

Die Beklagte beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist mangels Vorliegens erheblicher Rechtsfragen unzulässig.

Das Berufungsgericht ging von einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht deshalb aus, weil der Kläger zwar "ein eher unbestimmtes Vorbringen" dahin erstattet habe, daß er der Beklagten geraten habe, die Anfertigung einer kautechnisch korrekten Prothese zu veranlassen, daß er es aber unterlassen habe, in seiner Berufungsbeantwortung den Mangel von diesbezüglichen Feststellungen zu rügen. Der Kläger bekämpft diese Rechtsansicht des Berufungsgerichtes nicht und verweist nur darauf, schon aus den getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes sei rechtlich abzuleiten, daß er seiner Aufklärungspflicht nachgekommen sei. Daß das Berufungsgericht allenfalls zu Unrecht eine Rügepflicht des in erster Instanz obsiegenden Klägers (der in seiner Berufungsbeantwortung ON 94 nur auf dem Standpunkt stand, daß ihn bezüglich des Oberkiefers keine Warnpflicht getroffen hätte) angenommen habe, weil eine solche nur bei der Anfechtung der Beweiswürdigung des Erstgerichtes, nicht aber bei auf unrichtiger rechtlicher Beurteilung (über die Spruchreife der Sache) beruhenden Feststellungsmängeln, bestehen könnte, wird vom Kläger nicht releviert. Nach dem Rekursvorbringen ist daher von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt auszugehen.

Unstrittig ist, daß den Arzt die Behauptungs- und Beweislast trifft, daß keine Verletzung der Aufklärungspflicht erfolgte (JBl 1994, 336 uva). Die Aufklärung ist Teil der ärztlichen Behandlung. Ohne Aufklärung darüber, daß das hergestellte Unterkieferimplantat nur im Zusammenwirken mit einem fehlerfreien Oberkieferprovisorium mängelfrei funktionieren werde, daß also eine Korrektur des Provisoriums zur Vermeidung von Komplikationen erforderlich ist, war die Behandlung insgesamt mangelhaft. Die Vorinstanzen sind, dem eingeholten Sachverständigengutachten folgend, davon ausgegangen, daß die Implantation im Unterkiefer entweder erst nach Korrektur der Kauebene im Oberkiefer durchgeführt hätte werden dürfen oder aber, daß der maßgebliche distale Pfeiler so zu plazieren gewesen wäre, daß er mit der fehlerhaften Kauebene nicht kollidiert (vgl Ergänzungsgutachten ON 75, AS 327). Es war grundsätzlich noch kein Kunstfehler des Klägers, daß er die Unterkieferimplantation so ausführte, daß sie mit einer normgerechten Kauebene des Oberkiefers korrespondierte, daß also die Unterkieferimplantation schon vor der Oberkieferkorrektur erfolgte. In diesem Fall hätte der Kläger aber zur sofortigen Korrektur des Oberkiefers raten und auf mögliche Komplikationen hinweisen müssen. Diese rechtliche Beurteilung zieht der Rekurswerber auch gar nicht in Zweifel. Er steht nur auf dem Standpunkt, daß er nach den getroffenen Feststellungen seiner Aufklärungspflicht entsprochen hätte. Dieser Ansicht kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Kläger führt für seinen Standpunkt die Feststellungen des Erstgerichtes ins Treffen, daß die Beklagte gewußt habe, daß sie auf die Implantate von einem Zahnarzt Prothesen "draufmachen" lassen müsse; daß die Beklagte dem Kläger eine Person namhaft gemacht habe, von der er gemeint habe, sie sei Dentistin, und daß diese Person in die Ordination des Klägers gekommen sei und mit ihm das Problem der Beklagten besprochen habe (S 8 in ON 92) und daß der Kläger die Beklagte zu einer Zahnärztin geschickt habe, die allerdings keine prothetischen Arbeiten für die Beklagte verrichtet habe. Eine ausreichende Aufklärung läßt sich aus diesen erstinstanzlichen Feststellungen jedoch nicht entnehmen. Daß der Kläger die Beklagte zu einer Zahnärztin geschickt hatte, war nur naheliegend, weil er selbst die Prothesenanfertigung nicht übernommen hatte. Daß die Beklagte wußte, daß auf das Unterkieferimplantat eine von einem Zahnarzt herzustellende Prothese aufzusetzen sein werde, und daß dies auch für den Oberkiefer gilt, wo die Beklagte ja nur über ein Provisorium verfügte, läßt noch nicht den Schluß zu, daß sie darüber Bescheid wußte (und demgemäß eine Aufklärung des Klägers nicht mehr erforderlich war), daß die Oberkieferprothese hinsichtlich der Kauebene zu korrigieren sei und daß dies im Hinblick auf mögliche Komplikationen (Entzündungen) sofort geschehen müsse. Hiefür hätte es einer eingehenden Aufklärung durch den Kläger bedurft. Dieser hätte auf den Mangel der Oberkieferprothese und den Umstand hinweisen müssen, daß das Unterkieferimplantat im Hinblick auf eine korrekte Kauebene hergestellt worden war. Eine solche detaillierte Aufklärung wurde nicht festgestellt. Daß der Kläger die Beklagte über die Gefahr des Entstehens von Entzündungen bei nicht sofortiger Korrektur des Oberkieferimplantates hingewiesen hätte, wurde im Verfahren erster Instanz vom Kläger nicht behauptet; eine Aufklärung erfolgte nicht einmal nach Auftreten der Entzündungen. Mit den vorliegenden Rekursausführungen kann die Annahme einer Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht nicht erschüttert werden. Bei Vorliegen einer solchen Verletzung erweist sich jedoch das Verfahren - insbesondere zu den eingewandten Gegenforderungen - als ergänzungsbedürftig.

Da die Entscheidung über den Rekurs des Klägers nicht von erheblichen Rechtsfragen der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO abhängt, ist der Rekurs gemäß § 519 Abs 2 ZPO unzulässig. Auf die vom Berufungsgericht für erheblich erachtete Rechtsfrage, ob dem Kläger ein Honoraranspruch für das grundsätzlich mängelfreie Implantat zusteht, obwohl er seine Aufklärungspflicht verletzte, kommt es mangels Anfechtung des Aufhebungsbeschlusses durch die Beklagte hier nicht an. Darüber wäre nur zu entscheiden gewesen, wenn auch die Beklagte den Aufhebungsbeschluß wegen der Überbindung der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes angefochten hätte (vgl dazu SZ 55/133 mwN).

Die Kosten der Rekursbeantwortung sind nicht zuzusprechen, weil die Beklagte auf die Unzulässigkeit des Rekurses nicht hinwies.

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