OGH 6Ob2217/96i

OGH6Ob2217/96i26.9.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ralph K*****, vertreten durch Dr.Hermann Graus, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Stefanie K*****, vertreten durch Dr.Helmuth Kasseroler, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Anfechtung einer Pflichtteilsverzichtserklärung (Streitwert S 1,000.000,--) infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 14. Juni 1996, GZ 4 R 85/96y-40, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen sind bei ihren Entscheidungen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Anfechtbarkeit von Verträgen mit aleatorischem Charakter gefolgt. Ein Erbverzichts- oder Pflichtteilsverzichtsvertrag ist ein Vertrag mit aleatorischen Elementen, bei dem das Risiko beiden Parteien bekannt und die Entwicklung des Vermögens des Erblassers nicht sicher vorherzusehen ist. Die Gültigkeit eines solchen Vertrages ist nach Vertragsrecht zu beurteilen, dies gilt auch für die Frage der Anfechtbarkeit oder Sittenwidrigkeit. Sittenwidrige Äquivalenzstörungen sind daher auch bei Verträgen mit Glückscharakter möglich, doch müssen besondere Umstände vorliegen, um eine sittenwidrige Äquivalenzstörungen annehmen zu können. Eine solche wird dann bejaht, wenn ein durchschnittlicher Wert der unbestimmten Leistungen nach der Wahrscheinlichkeit festgestellt werden konnte, die Hoffnung des ungewissen Vorteiles aber nur ganz einseitig zu Gunsten eines Vertragsteiles gegeben war oder der Noterbe unter Ausnutzung einer Notlage zu einem Erbverzichtsvertrag gedrängt wurde (NZ 1986, 158 mwN). Solche besonderen Umstände sind im vorliegenden Fall aber nicht festgestellt. Anders als bei einem Leibrentenvertrag, bei welchem der Rentenempfänger schon durch den Vertragsabschluß zu seinen Lebzeiten regelmäßig wiederkehrende Leistungen erhält und nach versicherungsmathematischen Grundsätzen die Dauer der Leistung und damit der Gesamtbetrag nach der Wahrscheinlichkeit ermittelt werden können, bedeutet ein entgeltlicher Erb- oder Pflichtteilsverzichtsvertrag nur einen Verzicht auf ein Anwartschaftsrecht. Der künftige Erblasser kann zu seinen Lebzeiten sein gesamtes Vermögen verbrauchen und ist nicht verpflichtet, den Noterben überhaupt etwas zu hinterlassen. Auch bei schon fortgeschrittenem Alter des künftigen Erblassers ist für beide Vertragsteile nicht absehbar, ob sich die Vermögensverhältnisse - etwa durch kostenaufwendige Krankheit oder Pflegebedürftigkeit - nicht erheblich verändern können. Deshalb ist für beide Teile nicht abzusehen, ob sich der Vertrag im Endergebnis für den einen oder anderen Teil vorteilhaft auswirken werde. Es kann auch ein durchschnittlicher Wert der beiderseitigen Leistungen nach Wahrscheinlichkeitskriterien nicht ermittelt werden. Der Kläger hat anläßlich seines freiwillig abgegebenen Verzichtes gar nicht versucht, den objektiven Wert seiner Verzichtsleistung zu ermitteln, diese war vielmehr nur von subjektiven Erwägungen und Hoffnungen bestimmt. In solchen Fällen ist aber in analoger Anwendung des § 1268 ABGB auch das Rechtsmittel wegen Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes ausgeschlossen (SZ 50/144 ua). Dafür aber, daß der Erblasser eine Notlage des Klägers ausgenützt hätte (§ 879 Abs 2 Z 4 ABGB) fehlt es an einer Feststellungsgrundlage.

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