OGH 6Ob2075/96g

OGH6Ob2075/96g20.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner, Dr.Schiemer, Dr.Prückner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Maria H*****, vertreten durch Dr.Herbert Duma, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gemeinde S*****, vertreten durch Dr.Friedrich Harrer, Dr.Iris Harrer-Hörzinger, Rechtsanwälte in Salzburg, wegen S 3,620.829,-- und Feststellung, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 22.März 1996, GZ 2 R 266/95-31, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Durch einen Tunnelbau der Beklagten entstanden am Haus der Klägerin massive Sachschäden. Der Sachwert des Hauses betrug am 4.6.1993 S 4,062.000,--, derjenige der gesamten Liegenschaft S 5,982.000,--. Die Beklagte hatte sich (zur Vermeidung eines Enteignungsverfahrens) gegenüber der Klägerin verpflichtet, durch den Tunnelbau verursachte Schäden in der Natur zu beseitigen oder Schadenersatz zu leisten.

Die Kosten einer Generalsanierung des Hauses der Klägerin betrugen am 4.6.1993 S 4,110.000,--. Aus dem Titel "neu für alt" ist ein Abzug von 20 % gerechtfertigt, sodaß der Sanierungsbedarf der Klägerin S 3,434.000,-- beträgt. Bei einer bisher noch nicht durchgeführten Sanierung ist nach den erstinstanzlichen Feststellungen eine merkantile Wertminderung von S 604.000,-- wegen verbleibender Gefügelockerung, des Risikos für statische Unsicherheit, einer verkürzten Lebensdauer und der erschwerten Verkaufsmöglichkeit "wegen der Tunneltrasse" (S 12 in ON 17) gerechtfertigt.

Die Klägerin begehrt nach Zahlung von S 411.000,-- im Zuge des Verfahrens und einer Einschränkung ihres ursprünglichen Klagebegehrens S 3,620.829,-- und die Feststellung der Haftung der Beklagten für künftige weitere Schäden aufgrund des Baus und des Betriebes des Umfahrungstunnels.

Die Vorinstanzen gaben der Klage statt.

Rechtliche Beurteilung

Die auch in der außerordentlichen Revision geltend gemachte mangelnde Beiziehung eines weiteren Sachverständigen wurde schon vom Berufungsgericht behandelt. Es verneint einen Verfahrensmangel erster Instanz. Der Mangel kann daher nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr mit Revision geltend gemacht werden (Kodek in Rechberger ZPO Rz 3 zu § 503 mwN).

Die Feststellung, daß die Klägerin die Sanierung des Hauses beabsichtige, wurde von den Vorinstanzen mit der mangelnden substantiellen Bestreitung des entsprechenden Klagevorbringens durch die Beklagte begründet. Entgegen der Auffassung der Revisionswerberin liegt darin kein Abweichen von der oberstgerichtlichen Judikatur (SZ 47/3, 55/116; Rechberger aaO Rz 5 zu §§ 266, 267).

Die Revisionswerberin strebt eine Schadensberechnung nach der objektiv abstrakten Schadenberechnungsformel zum Zeitpunkt des Tunnelbaus Mitte 1990 an. Dabei wird übersehen, daß nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes der Schadenseintritt erst durch Senkungen im Laufe der Jahre nach dem Tunnelbau erfolgte, sodaß schon aus diesem Grund der Zuspruch von Reparaturkosten berechnet auf der Basis Juni 1993 (selbst damals war der Schadenseintritt infolge der Bodensenkungen noch nicht abgeschlossen) unbedenklich ist. Im Gegensatz zur Meinung der Revisionswerberin ist hier nicht nach der bei der Zerstörung einer Sache maßgeblichen objektiv-abstrakten Schadensberechnung vorzugehen. Die Geschädigte verlangt zulässigerweise die für die technisch mögliche Wiederherstellung nötigen Aufwendungen (Koziol Grundriß I10 458 mwN), also gerade nicht den Geldersatz, weil eine Naturalherstellung nicht möglich oder untunlich (das ist wirtschaftlicher Totalschaden) wäre. Begrenzt ist der Wiederherstellungsanspruch nur insofern, daß die Reparaturkosten den Wert der Sache nicht erheblich übersteigen dürfen (JBl 1995, 785). Das ist hier nicht der Fall. Der Geschädigte kann auch schon vor der Durchführung der Reparatur die Reparaturkosten verlangen, wenn festgestellt wird, daß er die Schadensbeseitigung beabsichtigt (JBl 1995, 785). Nur wenn dies nicht beabsichtigt ist, sind die dann bloß fiktiven Schadensbehebungskosten mit der Höhe der Minderung des gemeinen Wertes der beschädigten Sache begrenzt.

Gegen den Zuspruch einer merkantilen Wertminderung führt die Beklagte ins Treffen, daß eine Minderung wegen erschwerter Verkaufsmöglichkeiten infolge der Tunneltrasse auch ohne Setzungsschäden bestanden hätte. Dabei wird übersehen, daß das Erstgericht zu diesem Punkt feststellte, daß die Wertminderung wegen des Wissens (des präsumtiven Käufers) zustehe, daß das Gebäude im Umfeld einer Tunneltrasse steht und bereits Setzungen stattgefunden haben (S 15 in ON 19). Für die anzunehmende preisbeeinflussende Abneigung des Käuferpublikums ist daher auch der Schadenseintritt und nicht nur die Existenz der Tunneltrasse als kausal anzusehen.

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