OGH 6Ob204/13p

OGH6Ob204/13p28.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj L***** S*****, vertreten durch die Mutter A***** S*****, diese vertreten durch Mag. Arno Hajek LL.M., Rechtsanwalt in Wien, über den Rekurs der Mutter gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 9. Oktober 2013, GZ 11 Nc 18/13a-77, womit die mit Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 28. Juni 2013, GZ 2 Ps 57/10s-74, ausgesprochene Übertragung der Zuständigkeit zur Führung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Gänserndorf nicht genehmigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Gegenstand des Pflegschaftsverfahrens ist die Regelung der Kontakte des Vaters mit dem Kind. Der erste Antrag des Vaters stammt vom Februar 2010. Das Bezirksgericht Floridsdorf hat im Laufe des Verfahrens Besuchsbegleitung angeordnet. Am 4. 6. 2013 beantragte der Vater die Einräumung eines Kontaktrechts alle 14 Tage an einem Tag nach Wahl der Mutter von 16:00 bis 19:00 Uhr. Eine Entscheidung darüber liegt noch nicht vor.

Am 17. Juni 2013 gab die Mutter bekannt, mit dem Kind in den Sprengel des Bezirksgerichts Gänserndorf verzogen zu sein, und beantragte die Übertragung der Zuständigkeit für die Pflegschaftssache an dieses Gericht.

Mit Beschluss vom 28. Juni 2013 übertrug das Bezirksgericht Floridsdorf die Zuständigkeit zur Besorgung der Pflegschaftssache gemäß § 111 JN an das Bezirksgericht Gänserndorf, weil sich das Kind jetzt ständig im Sprengel dieses Gerichts aufhalte.

Das Bezirksgericht Gänserndorf lehnte die Übernahme der Pflegschaftssache ab, weil das Bezirksgericht Floridsdorf besser in der Lage sei, endgültig über die persönlichen Kontakte zu entscheiden, wohingegen sich das Bezirksgericht Gänserndorf erst Kenntnis über den gesamten Akteninhalt verschaffen müsste, was eine gravierende Verzögerung der Erledigung zur Folge hätte.

Das Bezirksgericht Floridsdorf legte den Akt daraufhin dem Oberlandesgericht Wien zur Entscheidung gemäß § 111 Abs 2 JN vor.

Das Oberlandesgericht Wien genehmigte mit dem angefochtenen Beschluss die Übertragung der Zuständigkeit nicht. Es führte aus, offene Anträge hinderten die Zuständigkeitsübertragung nur dann, wenn im Einzelfall eine Entscheidung durch das schon bisher zuständige Gericht zweckmäßiger sei, insbesondere wenn es sich bereits eingehend mit dem offenen Antrag befasst habe und ihm deshalb eine besondere Sachkenntnis zukomme. Dies sei hier der Fall, weil sich das Bezirksgericht Floridsdorf in einem umfangreichen Verfahren bereits intensiv mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob und in welchem Umfang dem Vater ein „Besuchsrecht“ einzuräumen ist. Es sei zu erwarten, dass das Bezirksgericht Floridsdorf aufgrund des von ihm bereits durchgeführten Verfahrens sofort inhaltlich über den offenen Antrag des Vaters entscheiden könne, und zwar zügiger als das Bezirksgericht Gänserndorf, das sich in den Akt erst einarbeiten müsste. Es liege daher im Interesse des Minderjährigen, dass vor der Entscheidung über den Antrag des Vaters die Zuständigkeit für die Pflegschaftssache nicht übertragen werde.

Der dagegen erhobene Rekurs der Mutter ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die angefochtene Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0047032 [T5a, T7, T12, T14, T16, T23]). Den Argumenten des Oberlandesgerichts Wien ist hinzuzufügen, dass das Verfahren seit fast vier Jahren läuft, der Akt mittlerweile 80 Ordnungsnummern umfasst und der zuständige Pflegschaftsrichter beim Bezirksgericht Floridsdorf bereits zahlreiche im Akt dokumentierte unmittelbare Begegnungen mit den Eltern hatte, was für den zuständigen Pflegschaftsrichter des Bezirksgerichts Gänserndorf nicht zutrifft. Gerade für Kontaktegelungsentscheidungen ist aber für das Kindeswohl der unmittelbare Eindruck des Richters von den beteiligten Eltern und deren Persönlichkeit ein wesentliches Element bei der Entscheidungsfindung.

Dagegen trägt die Mutter im Rekurs keine stichhaltigen Argumente vor, weshalb dem Rekurs nicht Folge zu geben war.

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