OGH 6Ob203/15v

OGH6Ob203/15v26.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Mag. Wurzer als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der Antragstellerin W***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Josef Olischar und Dr. Johannes Olischar, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Antragsgegner F*****, vertreten durch Neudorfer Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Enteignungsentschädigung, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin (Revisionsrekursinteresse 1.737.499 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 20. August 2015, GZ 14 R 65/15d‑180, mit dem der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 16. Februar 2015, GZ 61 Nc 6/07b‑173, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00203.15V.1126.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner die mit 4.699,62 EUR (darin enthalten 783,27 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 62 Abs 1 AußStrG) kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Der Antragsgegner ist Eigentümer mehrerer Grundstücke in Wien‑Aspern, auf denen er eine Gärtnerei und seine Ehefrau als Pächterin ein Handelsunternehmen betreibt. Im Zuge des Ausbaus des Wiener U‑Bahn‑Netzes wurde ob der Liegenschaft des Antragsgegners mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des Landeshauptmanns von Wien vom 10. 5. 2006 zu Gunsten der Antragstellerin die Enteignung durch zwangsweise Einräumung der Dienstbarkeit der Duldung der Errichtung, des Bestands und der Benützung der U‑Bahn‑Anlage sowie eines Begleitwegs bewilligt. Weiters wurde eine befristete Servitut begründet, und zwar auf Baudauer im Ausmaß von 14 Monaten die Dienstbarkeit der Duldung der zum Ausbau der Verkehrsanlage notwendigen Maßnahmen. Die Entschädigungssumme wurde in diesem Bescheid mit 969.374 EUR festgesetzt. Diesen Betrag zahlte die Antragstellerin am 8. 11. 2006 dem Antragsgegner. Die Enteignung wurde am 18. 4. 2007 durch Einweisung der Antragstellerin in den physischen Besitz der Servitutsflächen vollzogen.

Bei der Gärtnerei des Antragsgegners handelt es sich um einen Familienbetrieb. Aufgrund der Enteignung wurden einige Gebäude (Gewächshäuser und Nebenanlagen, Wohnhaus, Betriebsobjekte etc) abgerissen, deren Wert 343.118 EUR betrug. Die Gärtnerei kann auf der Standortliegenschaft in angepasster Form weiter betrieben werden. Dies ist wirtschaftlicher als die Absiedlung der Gärtnerei. In diesem Sinn hat sich der Betrieb des Antragsgegners auf den verbliebenen Flächen so gut wie möglich reorganisiert. Der Betrieb wird in vermindertem Umfang weitergeführt. Die Betriebsfortführung ist bis 2023 veranschlagt.

Sowohl die Antragstellerin als auch der Antragsgegner begehrten die gerichtliche Festsetzung der letzterem zustehenden Enteignungsentschädigung nach § 4 EisbEG. Die Antragstellerin hielt einen Betrag von maximal 830.000 EUR für angemessen. Der Antragsgegner begehrte die Neufestsetzung der Enteignungsentschädung, wobei er zunächst von der Notwendigkeit der Einlösung des gesamten Betriebs ausging, der an anderer Stelle neu aufgebaut werden müsse. Davon ausgehend ermittelte er einen geschätzten Gesamtbetrag von 5 Mio EUR.

Das Erstgericht setzte die Enteignungsentschädigung mit insgesamt 2.410.077 EUR fest, wovon 237.300 EUR auf die Entschädigung für die Pächterin entfielen (die Ehefrau des Antragsgegners betreibt auf dessen Liegenschaft einen Handelsbetrieb). Es erkannte die Antragstellerin schuldig, dem Antragsgegner 1.440.703 EUR binnen 14 Tagen zu zahlen, und zwar wertgesichert nach VPI 2005 ohne Schwellenwert ab April 2007. In diesem Betrag sind unter anderem die Abgeltung für die dauerhafte Verkehrswertminderung der Liegenschaft, für die Ertragsminderung aufgrund der eingeschränkten Unternehmensfortführung auf dem Restgrund, für die Restflächenabwertung, pauschale Wiederbeschaffungskosten in Höhe von 38.439 EUR (9 % vom Wert der belasteten Liegenschaft) sowie die Entschädigung für die vorübergehende Beanspruchung aufgrund der Bauservitut und jene für das Wohnhaus sowie für Übersiedlungskosten enthalten.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin, mit dem sie die Festsetzung der Entschädigung mit 672.578 EUR begehrte, gegen diese Entscheidung nicht Folge. Die herangezogene Methode sei auch hinsichtlich der festgestellten Ertragsminderung des Unternehmens nicht zu beanstanden. Zweck der Entschädigung nach § 4 Abs 1 EisbEG sei der Ausgleich der Vermögensdifferenz, die der Enteignete durch das ihm abverlangte Sonderopfer erleide. Folgeschäden seien zu ersetzen, soweit sie nicht schon im Verkehrswert berücksichtigt würden. Diese Grundsätze seien auch dann anzuwenden, wenn die Enteignung durch Einräumung einer Zwangsservitut verwirklicht werde. Die Berücksichtigung der Wiederbeschaffungskosten sowie der Wertsicherung entspreche der Rechtsprechung. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil die Entschädigung der enteignungsbedingten Ertragsminderung einer Gärtnerei zusätzlich zum Verkehrswertersatz des Grundes als Bauhoffnungsgebiet noch nicht Gegenstand einer höchstgerichtlichen Entscheidung gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete, vom Antragsgegner beantwortete Revisionsrekurs der Antragstellerin ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1. Auch wenn das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig erklärte, muss der Rechtsmittelwerber eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung (§ 62 Abs 1 AußStrG) aufzeigen. Macht der Rechtsmittelwerber aber nur solche Gründe geltend, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, so ist das Rechtsmittel zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0048272).

Dass Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer bestimmten Fallgestaltung fehlt, reicht für die Zulässigkeit nicht aus (RIS‑Justiz RS0102181). Geht es nur darum, ob schon vorhandene Rechtsprechungsgrundsätze auf einen konkreten Sachverhalt anwendbar sind, rechtfertigen nur grobe Subsumtionsfehler eine Anrufung des Obersten Gerichtshofs (Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 71 mwN).

Die Antragstellerin zeigt in ihrem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage auf.

2. Zur Restflächenabwertung:

a. Das Erstgericht stellte fest, dass jene Flächen, die nicht unmittelbar von der Servitut betroffen, aber in der Bauverbotszone nach § 42 Abs 1 EisbEG gelegen sind, im Norden der Liegenschaft durch die Enteignung eine Wertminderung von 41.400 EUR und jene im Süden eine von 104.300 EUR erfuhren.

b. Gegen eine Entschädigung für diese Wertminderung infolge eingeschränkter wirtschaftlicher Nutzbarkeit wendet sich die Antragstellerin mit dem Argument, dass die Wertminderung nicht unmittelbar durch die Enteignung, sondern ausschließlich durch die gesetzliche Eigentumsbeschränkung des § 42 Abs 1 EisbEG verursacht worden sei.

c. Das Rekursgericht legte in diesem Zusammenhang näher dar, diese Argumentation widerspreche dem Vorbringen der Antragstellerin im erstinstanzlichen Verfahren und verstoße gegen das Neuerungsverbot des § 49 Abs 2 AußStrG.

d. Die Antragstellerin führt dagegen nur aus, dass sie diese Beurteilung nicht nachvollziehen könne, weil es sich um eine Rechtsfrage handle. Damit zeigt sie zum Verstoß gegen das Neuerungsverbot keine erhebliche Rechtsfrage auf. Vor allem übersieht sie, dass ohne die Enteignung (Einräumung der Zwangsservitut) die U‑Bahn‑Trasse nicht über die Grundstücke des Antragsgegners hätte geführt werden dürfen. Die Bauverbotszone im Sinn des § 42 Abs 1 EisbEG ist damit Folge der Enteignung.

3. Zum Ertragsverlust des Unternehmens und zur Doppelentschädigung“:

a. Unter diesem Punkt ihres Rechtsmittels releviert die Antragstellerin, dass der Antragsgegner zusätzlich zur Minderung des Verkehrswerts der von der Enteignung betroffenen Betriebsfläche auch eine Wertminderung seines Unternehmens, das nach Anpassungen der Betriebsanlage auf der eingeschränkten Betriebsfläche weitergeführt werden könne, erhalte. Dadurch werde ein‑ und derselbe Nachteil doppelt entschädigt.

b. Nach der Rechtsprechung sind im Rahmen der Enteignungsentschädigung auch Vermögensfolgeschäden zu ersetzen, wenn sie nicht schon im Verkehrswert der entzogenen Liegenschaft berücksichtigt wurden, wenn sie also durch den Ersatz der Wertminderung des entzogenen Objekts (der belasteten Liegenschaft) allein noch nicht abgegolten sind (8 Ob 84/13f mwN). Enteignungsfolgeschäden, die durch den Wertersatz des enteigneten Objekts allein noch nicht abgegolten sind, können dem Enteigneten insbesondere daraus erwachsen, dass er infolge der Enteignung genötigt ist, ein auf dem von der Enteignung betroffenen Grundstück betriebenes Unternehmen zu verlegen. In diesem Fall ist auf die Betriebsverlegungs- und Übersiedlungskosten, den Ertragsausfall, die Anlaufverluste und auf die Einbuße von Standortvorteilen Bedacht zu nehmen (7 Ob 39/13f). Ist eine Verlegung des Unternehmens nicht möglich oder zumutbar, sodass durch die Enteignung letztlich eine Betriebsaufgabe erzwungen wird, so muss der dadurch eingetretene Nachteil im Vermögen des Enteigneten ein Äquivalent in der Vergütung des Werts des Unternehmens haben, zumal dem Enteigneten die Möglichkeit genommen wird, weitere Einkünfte aus dem Betrieb zu erzielen (8 Ob 84/13f). Die gleichen Überlegungen gelten für die Ertragsminderung eines in eingeschränkter Form am bisherigen Standort fortgeführten Unternehmens als Folge der Enteignung (hier durch Begründung einer Zwangsservitut), wenn diese Fortführung die gegenüber der Übersiedlung ökonomischere Variante ist.

c. Die Vorinstanzen gingen davon aus, dass der Antragsgegner den Betrieb der Gärtnerei in angepasster und eingeschränkter Form fortführen könne und fortführe. Darin, dass die Unternehmensfortführung auf dem Restgrund enteignungsbedingt nur noch in geringerem Umfang möglich sei, liege ein ‑ im Vergleich zum Substanzverlust der Liegenschaft ‑ weiterer Vermögensnachteil.

d. Das Rekursgericht stützte sich dabei auf die Ausführungen des Sachverständigen, nach dessen Gutachten die Ertragsverluste des Unternehmens des Antragsgegners nicht in die Verkehrswertermittlung des Bodens einflossen. Die Antragstellerin meint, dies sei keine taugliche Begründung für den doppelten Zuspruch desselben Schadens. Sie übersieht, dass die Beurteilung des Rekursgerichts den von ihm zitierten und zutreffend angewandten Grundsätzen der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (insbesondere der Entscheidung 8 Ob 84/13f) entspricht.

e. Der Sachverständige hat selbst die geeignete Methode unter Beachtung des jeweiligen Standes der Wissenschaft und der im redlichen Verkehr bestehenden Gepflogenheiten auszuwählen, wenn ihm das Gericht nicht eine bestimmte Bewertungsmethode vorgibt (RIS‑Justiz RS0066223). Besteht ‑ wie hier ‑ für die Wertermittlung durch einen Sachverständigen keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, so kann der Oberste Gerichtshof dem Sachverständigen die im Zuge der Auftragserteilung anzuwendende Methode nicht vorschreiben (4 Ob 93/12y). Die Auswahl der Methode kann im Enteignungsverfahren nur dann als eine nicht dem Tatsachenbereich zuzurechnende Frage vom Obersten Gerichtshof überprüft werden, wenn das Rekursgericht die vom Erstgericht gewählte Methode ohne Änderung der Sachverhaltsgrundlage aufgrund rein abstrakter Argumente modifiziert und dadurch zu anderen Ergebnissen gelangt als das Erstgericht; sonst gehört die Ermittlung des Verkehrswerts dem Tatsachenbereich an, es sei denn, sie beruhte auf mit den Gesetzen der Logik oder der Erfahrung unvereinbaren Schlussfolgerungen (1 Ob 138/13w mwN; RIS‑Justiz RS0043517). Daher fallen Vollständigkeit und Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens ebenso in den Bereich der vom Obersten Gerichtshof nicht überprüfbaren Beweiswürdigung (RIS‑Justiz RS0113643), wie die Frage, ob ein verwertetes Sachverständigengutachten die getroffenen Feststellungen stützt und das Gutachten erschöpfend ist (RIS‑Justiz RS0043163).

f. Das Rekursgericht setzte sich eingehend mit den vom Sachverständigen angewandten Methoden auseinander und befand sie trotz der Rügen der Antragstellerin für unbedenklich. Das Rekursgericht verneinte insbesondere im Rekurs behauptete angebliche methodische Fehler des Sachverständigen bei der Ermittlung der Ertragsminderung des Unternehmens mit sorgfältiger Begründung. Es billigte die Beweiswürdigung des Erstgerichts zur Ermittlung des Ertragsverlusts des Unternehmens auf Basis des unter Rückgriff auf betriebliche Vergleichsdaten anderer Erwerbsgärtnereien erstellten Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen. Von einem Verstoß gegen zwingende Denkgesetze kann keine Rede sein.

g. Im Übrigen laufen die Ausführungen auf Seite 5 ff des Revisionsrekurses auf eine vor dem Obersten Gerichtshof nicht mögliche Bekämpfung der Feststellungen der Vorinstanzen zum wirtschaftlichen Vorgehen des Antragsgegners und zur Höhe des durch die Enteignung erlittenen Nachteils hinaus (RIS‑Justiz RS0007236; RS0069246).

4. Zu den Gehölzen:

a. Das Erstgericht stellte fest, dass sich auf der Liegenschaft Birken, eine davon im Verkaufsraum integriert, Schwarzföhren und einige Strauchpflanzen sowie ein Biotop befanden. Gehölze und Biotop mussten im Zuge der Errichtung der U-Bahn Trasse weichen. Sie waren 6.800 EUR wert.

b. Das Rekursgericht billigte eine gesonderte Entschädigung dieses Verlusts, weil die Pflanzen und das Biotop ‑ insbesondere für eine Gärtnerei ‑ durchaus einen Marktwert hätten und ihre Erneuerung (etwa in einem neuen Verkaufsraum) finanziellen Aufwand erfordere. Die vom Sachverständigen ermittelten Vergleichswerte für Bauerwartungsland umfassten nach dem Akteninhalt derartige für den Zweck einer Gärtnerei gedachten Bepflanzungen nicht.

c. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der Rechtsprechung. Nach dieser ist für Obstbäume etwa dann eine eigene Entschädigung zuzusprechen, wenn sie Teil einer Edelobstanlage sind (5 Ob 193/71). In der Entscheidung 1 Ob 505/82 differenzierte der Oberste Gerichtshof dahin, dass eine Entschädigung für Bewuchs nur dann zu leisten sei, wenn dieser nicht bereits bei der Verkehrswertermittlung berücksichtigt sei; bei Bauland bzw Bauerwartungsland falle ein geringwertiger Bewuchs bei der Wertermittlung in der Regel nicht ins Gewicht. Nur ein Bewuchs, der nach den Umständen für den Durchschnittskäufer einen Grund darstelle, einen höheren Preis zu bieten, wie etwa für besonders wertvolle und auch bei Verwendung des enteigneten Grundes als Bauland verwertbare Ziersträucher udgl, könnte die Entschädigung erhöhend wirken.

5. Zu den Wiederbeschaffungskosten:

a. Der Oberste Gerichtshof sprach bereits mehrfach aus, dass auch Wiederbeschaffungskosten (Kosten, die mit dem Erwerb eines Ersatzgrundstücks verbunden sind) zu ersetzen sind (8 Ob 84/13f; RIS‑Justiz RS0121649).

b. Die Rechtsmittelwerberin führt zu diesem Punkt nur aus, der Wertverlust der in der Bauverbotszone des § 42 Abs 1 EisbEG liegenden Flächen sei keine unmittelbare Folge der Enteignung. Wie schon ausgeführt, ist diese Ansicht unzutreffend.

6. Zum Handelsbetrieb der Pächterin:

a. Das Erstgericht stellte fest, dass der Erwerbsverlust des Handelsbetriebs der Ehefrau des Antragsgegners auf dessen Liegenschaft vor allem infolge der Enteignung (Verlegung der Verkaufsgelegenheit in den hinteren Liegenschaftsbereich) 239.000 EUR beträgt, wovon bloß vorübergehende, durch die verspätete Rückgabe von Flächen bedingte 11.700 EUR abzuziehen seien.

b. Die Rechtsmittelwerberin macht geltend, der gesamte Umsatzrückgang sei bloß vorübergehend auf die Bauarbeiten zurückzuführen; nach deren Abschluss hätte der Verkaufsstand wieder an die ursprüngliche Stelle rückverlegt werden können. Damit bekämpft sie entgegen ihrer Ansicht im Ergebnis Feststellungen des Erstgerichts, was vor dem Obersten Gerichtshof nicht möglich ist, und nicht eine unrichtige rechtliche Beurteilung. Das Rekursgericht hat sich mit den zutreffend als Beweisrüge qualifizierten Ausführungen des Rekurses zu diesem Punkt auseinandergesetzt und sie verworfen.

7. Zur Wertsicherung:

a. Die Rechtsmittelwerberin führt aus, eine Wertsicherung gebühre nicht, weil das Entschädigungsverfahren nicht ungewöhnlich lange gedauert habe und die Verfahrensverzögerungen der Antragsgegner zu vertreten habe, habe er doch zunächst einen weit überhöhten Entschädigungsbetrag begehrt.

b. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird die Zulässigkeit einer Wertanpassung des Entschädigungsbetrags jedenfalls bei einem krassen Missverhältnis zwischen dem Wert der enteigneten Liegenschaft im Zeitpunkt der Enteignung einerseits und im Zeitpunkt der Festsetzung der Entschädigung andererseits angenommen (1 Ob 138/13w mwN). Die Entscheidung 1 Ob 148/97i (SZ 71/4) betont, dass es sich nicht notwendigerweise um eine rasche Geldentwertung handeln muss und häufig deshalb, weil die Verzinsung erst nach rechtskräftiger Beendigung des gerichtlichen Verfahrens zu laufen beginnt, ein Äquivalent für die Geldentwertung, die eintreten kann, wenn dem Enteigneten die endgültige Entschädigung erst nach einem langwierigen Verfahren zuerkannt wird, zuzusprechen ist.

c. Das Rekursgericht verwies darauf, dass in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs eine Aufwertung bei einer Verfahrensdauer von elf Jahren und einer Indexsteigerung von 32 % (1 Ob 148/97i) und von mehr als sechs Jahren sowie einem Geldwertverfall von 13 % (1 Ob 138/13w) vorgenommen wurde.

d. Im zu entscheidenden Fall dauerte das Verfahren erster Instanz mehr als sieben Jahre. Seit dem Zufluss des von der Verwaltungsbehörde festgesetzten Betrags kam es zu einer Geldwertveränderung von 16,9 %. Die Zuerkennung einer Wertanpassung steht daher mit der Rechtsprechung im Einklang. Dass die Verfahrensdauer durch die überhöhte Entschädigungsforderung des Antragsgegners verursacht wurde, trifft nicht zu.

8. Die Ausführungen unter der Rubrik „Mängel des Rekursverfahrens“ zeigen solche Mängel nicht auf. Obwohl diese Beurteilung keiner Begründung bedarf (§ 71 Abs 3 AußStrG), ist dem Revisionsrekurs kurz zu erwidern:

Punkt 2. a): Ob sich das Rekursgericht „sachgerecht“ mit einer Rechtsfrage befasst, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung und keine Verfahrensfrage.

Punkt 2. b): Unter diesem Punkt bekämpft die Rechtsmittelwerberin in Wahrheit die Festellungen bzw die Beweiswürdigung der Vorinstanzen, was vor dem Obersten Gerichtshof nicht möglich ist. Das Rekursgericht hat sich mit der Beweisrüge, insbesondere mit der Bedeutung der Mitteilung der MA 37 für den Sachverhalt, auseinandergesetzt und sie verworfen.

Punkt 2. c): Auch hier wird zum einen ‑ wie schon oben unter Punkt 3. ausgeführt ‑ im Ergebnis die Beweiswürdigung des Rekursgerichts gerügt, zum anderen ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des Verfahrens erster Instanz moniert. Vom Rekursgericht verneinte Verfahrensmängel können ‑ von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ‑ auch im außerstreitigen Verfahren nicht an den Obersten Gerichtshof herangetragen werden (RIS‑Justiz RS0050037).

9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 44 EisbEG iVm § 41 ZPO. Die Bemessungsgrundlage im Revisionsrekursverfahren beträgt 1.737.499 EUR.

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