OGH 6Ob199/02m

OGH6Ob199/02m29.8.2002

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz G*****, gegen die beklagten Parteien 1. E***** AG, ***** und 2. Ernst R*****, beide vertreten durch Braunegg, Hoffmann & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Bewilligung der Verfahrenshilfe und Wiederaufnahme des Verfahrens 12 C 1278/99z des Bezirksgerichtes für Handelssachen Wien, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom 18. Juli 2001, GZ 1 R 238/01y-20, womit der Verfahrenshilfeantrag der klagenden Partei abgewiesen und die Klage auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens 1 R 354/00f des Handelsgerichtes Wien zurückgewiesen wurden, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das auf Schadenersatzrecht gestützte Klagebegehren wurde von den Vorinstanzen rechtskräftig abgewiesen. Die Entscheidung des Berufungsgerichtes wurde dem durch einen Verfahrenshelfer vertretenen Kläger am 22. 11. 2000 zugestellt. Mit dem am 8. 6. 2001 beim Berufungsgericht eingelangten Schreiben beantragte der Kläger die Verfahrenshilfe, "um die Wiederaufnahmsklage einbringen zu können". Es seien Zeugen nicht geladen worden. Der Kläger verfüge über einen schriftlichen Beweis über eine falsche Aussage des Zweitbeklagten. Das Berufungsgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab, wertete das Schreiben des Klägers schon als Wiederaufnahmsklage und wies diese wegen unzureichender Darstellung eines Anfechtungsgrundes zurück. Der Beschluss wurde dem Verfahrenshelfer des Klägers am 21. 9. 2001 zugestellt, dem Kläger persönlich am 15. 1. 2002.

Am 29. 1. 2002 langte beim Berufungsgericht ein am 28. 1. 2002 zur Post gegebenes Schreiben des Klägers mit folgendem Wortlaut ein:

"Betrifft Wiederaufnahmsklage.

Ich Franz G***** beantrage Verfahrenshilfe um die Wiederaufnahmsklage einbringen zu können. Es liegen neue Beweise vor.

  1. 2. Wurden Zeugen nicht vorgeladen und befragt
  2. 3. Hat Hr. Ernst R***** falsch ausgesagt und gehört nochmals unter Eid einvernommen.

    4. Hr. Ernst R***** hat Unterlagen manipuliert das ich beweisen kann. Ich ersuche um Stattgebung da der Schaden S 450.000 erreicht hat. Hochachtungsvoll".

    Am 5. 2. 2002 gab der Kläger eine Erläuterung zu gerichtlichem Protokoll, dass er mit dem zitierten Schreiben vom 29. 1. 2002 Rekurs gegen den Beschluss des Berufungsgerichtes erheben habe wollen und beantragte, ihm die Verfahrenshilfe zu bewilligen und das ordentliche Verfahren über die Wiederaufnahmsklage einzuleiten.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist unzulässig.

1. Insoweit sich das Rechtsmittel gegen die Abweisung der Verfahrenshilfe richtet, ist es unabhängig von der Frage der Rechtzeitig absolut unzulässig. Entscheidungen über die Verfahrenshilfe können beim Obersten Gerichtshof nicht angefochten werden (§ 528 Abs 2 Z 4 ZPO; Kodek in Rechberger ZPO2 Rz 6 zu § 528). Der Rechtsmittelausschluss gilt für Entscheidungen der zweiten Instanz über die Verfahrenshilfe, auch wenn diese funktionell als Prozessgericht bzw in erster Instanz tätig wurde (RS0113116).

2. Der Rekurswerber wendet sich auch gegen die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage durch das Berufungsgericht. Vorweg ist zur Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels auszuführen, dass der Rekurs erst Monate nach der Zustellung der angefochtenen Entscheidung an den Verfahrenshelfer des Klägers erhoben wurde. Wenn dieser auch noch für das Verfahren über die Wiederaufnahmsklage vertretungsbefugt gewesen sein sollte, wäre das Rechtsmittel verspätet. Nach Ansichten im Schrifttum (Fucik in Rechberger ZPO2 Rz 1 zu § 64; Fasching, ErgBd Anm 1 zu § 64) und der Judikatur (OLG Wien, EvBl 1947/547) wirkt die Verfahrenshilfe nicht für die Rechtsmittelklagen. Bei Richtigkeit dieser Ansicht wäre der Rekurs nach wirksamer Zustellung des angefochtenen Beschlusses an den Kläger am 15. 1. 2002 rechtzeitig erhoben worden. Die Frage kann auf sich beruhen, weil der Rekurs schon mangels Beschwer unzulässig ist, weshalb auch kein Verbesserungsverfahren zur Fertigung des Rekurses durch einen Rechtsanwalt (§ 520 Abs 1 ZPO) eingeleitet werden muss:

Der Kläger hat in unmissverständlicher Weise sowohl im verfahrenseinleitenden Schreiben vom 8. 6. 2001 als auch im Rekurs und der dazu gegebenen Erläuterung zu verstehen gegeben, dass er die Bewilligung der Verfahrenshilfe zum Zwecke der Einbringung einer Wiederaufnahmsklage beantragt. Die Auffassung des Berufungsgerichtes, der Kläger habe mit seinem Schreiben schon eine Wiederaufnahmsklage erhoben, geht am Wortlaut der Erklärungen des Klägers vorbei. Durch die Zurückweisung einer gar nicht erhobenen Wiederaufnahmsklage kann sich der Kläger aber nicht für beschwert erachten.

Der aus den dargelegten Gründen insgesamt unzulässige Rekurs ist zurückzuweisen.

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