Spruch:
Den Revisionsrekursen wird Folge gegeben. Der angefochtene Beschluss wird dahingehend abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Erblasserin hinterließ sechs Kinder und eine Landwirtschaft. In ihrer letztwilligen Verfügung setzte sie ihren Sohn Johann „zum Alleinerben für das Schwaigerlehen" ein, enterbte ihre Söhne Josef und Rupert und setzte ihre Kinder Anton, Christine und Theresia „außer jedes Erbrecht", soweit dies „die Liegenschaft betrifft". Das „Schwaigerlehen" hatte sie jedoch noch zu Lebzeiten ihrer Tochter Theresia übergeben.
Josef R***** gab am 26. 6. 2004 eine bedingte Erbserklärung zum gesamten Nachlass ab. Johann R***** entschlug sich am 12. 7. 2004 zugunsten von Josef des Erbrechtes. Dessen ungeachtet gab er am 22. 10. 2004 eine bedingte, auf das „Testament" gestützte Erbserklärung ab (ON 142). Mit Erbschaftskaufvertrag vom 25. 10. 2004 veräußerte er sein testamentarisches Erbrecht an seinen Bruder Josef für EUR 1.000 (ON 143). Die Tochter Theresia gab eine bedingte Erbserklärung zum halben Nachlass ab.
In der Folge erhob Josef R***** gegen Theresia B***** eine Erbrechtsklage, mit der festgestellt werden sollte, dass Theresia B***** kein Erbrecht zukomme. Diese Klage wurde mittlerweile rechtskräftig abgewiesen (2 Cg 5/05t des Landesgerichtes Salzburg). Nach den Ergebnissen dieses Verfahrens ist Johann R***** nicht Alleinerbe, sondern Legatar des Schwaigerlehens, das aber noch zu Lebzeiten an Theresia übergeben worden sei. Es trete damit - zumindest für die nicht enterbten Kinder - die gesetzliche Erbfolge ein.
Nunmehr begehren Josef R***** und Theresia B***** jeweils, als Anerbe bzw Anerbin bestimmt zu werden.
Das Erstgericht bestimmte Theresia B***** zur Anerbin. Josef R***** sei wegen der letztwilligen Verfügung nicht als Miterbe berufen; das Anerbenrecht seines Bruders Johann könne nicht rechtsgeschäftlich auf ihn übertragen werden. § 3 AnerbenG würde somit gar nicht zur Anwendung kommen.
Nach der Entscheidung des Erstgerichts gab Johann R***** eine bedingte Erbserklärung gestützt auf sein gesetzliches Erbrecht ab (ON 197) und verkaufte seinem Bruder Josef nun auch sein gesetzliches Erbrecht mit Erbschaftskaufvertrag vom 25. 10. 2006 (ON 198). Das Rekursgericht hob den Beschluss des Erstgerichts auf und verwies das Verfahren an das Erstgericht zurück. Es müsse geprüft werden, ob die Enterbung von Josef R***** wirksam sei, weil er nur als gesetzlicher Erbe als Anerbe in Betracht kommen könne. Als bloßer Erbschaftskäufer könne er nicht zum Anerben bestimmt werden, weil die Prätendentenstellung nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden könne. Zu dieser Frage fehle jedoch Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, weshalb der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zuzulassen sei.
Gegen diesen Beschluss richten sich die Revisionsrekurse (§ 64 Abs 1 AußStrG) beider Antragsteller.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionsrekurse sind im Interesse der Rechtssicherheit zulässig; sie sind auch berechtigt.
1. In ihrer letztwilligen Verfügung hat die Erblasserin nicht über die nun strittige Landwirtschaft - bei der es sich nicht um das bereits erwähnte „Schwaigerlehen" handelt - verfügt, sodass keine gewillkürte Erbfolge iSd § 8 Abs 1 AnerbenG vorliegt. Auch liegt keine Verfügung des Erblassers iSd § 7 Abs 2 AnerbenG vor, welche voraussetzen würde, dass der Erblasser letztwillig die Übernahme des Erbhofs oder dessen wesentlicher Teile verfügt hat.
2. Die seinerzeitige von Johann R***** abgegebene Erbsentschlagung ist unwirksam, weil sie unzulässigerweise an eine Bedingung, nämlich die Hofübernahme durch Josef R*****, geknüpft ist (vgl Welser in Rummel, ABGB³ § 800 Rz 30). Erbserklärungen sind nämlich nach herrschender Auffassung bedingungsfeindlich (Welser aaO Rz 4; RIS-Justiz RS0110927; RS0013003). Vielmehr entfalten Entschlagungen zugunsten Dritter nur insofern Wirkungen, als sie als Erbrechtsveräußerung anzusehen sind (Welser aaO Rz 31).
3. Eine Übertragung der Prätendentenstellung, also der Möglichkeit, als Anerbe berufen zu werden, scheitert - wie die Vorinstanzen zutreffend erkannten - an der höchstpersönlichen Rechtsnatur des Anerbenrechts. In der Entscheidung 6 Ob 218/06m hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass das Recht des berufenen Anerben auf Zuweisung des Erbhofes höchstpersönlich ist (Weißberger, NZ 1951, 18; Kathrein, Anerbenrecht § 3 Anm 1; Kralik, Erbrecht 387; Spath, NZ 1985, 114 f; Eccher in Schwimann, ABGB³ III § 10 AnerbenG Rz 4; NZ 1951, 14 [zum Kärntner ErbhöfeG]). Daraus wird die Unübertragbarkeit des Rechts unter Lebenden, aber auch der Ausschluss seiner Transmission abgeleitet, und zwar auch hinsichtlich des Zeitraums zwischen Zuteilung des Erbhofs im Verlassenschaftsverfahren und Einantwortung (Eccher aaO Rz 4 und 5).
Auch der Zweck des Anerbengesetzes spricht gegen die Möglichkeit einer Übertragung der Position als (potenzieller) Anerbe, will doch das Gesetz ersichtlich Regelungen für die Nachfolge unter den gesetzlichen Erben des Erblassers finden. Alle Bestimmungen des Anerbengesetzes sind darauf ausgerichtet, einen geeigneten Nachfolger für den Hof zu finden, der eine entsprechende Bindung zum Hof aufweist und noch nicht anderweitig versorgt ist. Diesem Zweck des Gesetzes liefe es krass zuwider, könnte eine Person als Anerbe bestimmt werden, die ihr Recht am Erbhof bereits veräußert hat. Ebenso wenig ist es möglich, bei der Prüfung der Bestimmung des Anerben nicht auf die Eignung des Anerben, sondern diejenige des Erbschaftskäufers abzustellen. Dadurch würde der Zweck des Anerbengesetzes vollends unterlaufen werden, könnte doch ein mangels persönlicher Eignung oder wegen anderweitiger Versorgung nicht zum Zug kommender Miterbe die Hofübergabe an andere Miterben dadurch verhindern, dass er einen im Sinne der Bestimmung des Anerbengesetzes geeigneteren Erbschaftskäufer präsentiert. Der Erbschaftskauf kann im vorliegenden Fall sohin nur Bedeutung für den Übernahmspreis entfalten, über den im vorliegenden Verfahrensstadium jedoch nicht abzusprechen ist.
4. Unter Enterbung im technischen Sinn ist die gänzliche oder teilweise Entziehung des Pflichtteils durch letztwillige Verfügung zu verstehen (Welser in Rummel, ABGB³ Vor § 768 Rz 1). Im weiteren Sinn ist darunter auch die Entziehung des gesetzlichen Erbrechts zu verstehen, die nicht an die Voraussetzungen der §§ 768 ff ABGB gebunden ist (Welser aaO). Eine letztwillige Verfügung ohne Erbseinsetzung, die einen oder mehrere gesetzliche Erben vom Nachlass ausschließt, ist nach herrschender Auffassung wirksam (vgl nur Welser in Rummel, ABGB³ §§ 552, 553 Rz 4). Ist die Enterbung unrechtmäßig, so erhält der Noterbe zwar den Pflichtteil, aber keinen Erbteil (Welser in Rummel, ABGB³ Vor § 768 Rz 4). Lediglich dann, wenn die Enterbung auf der irrtümlichen Annahme des Grundes beruht, kommt eine Irrtumsanfechtung in Betracht, wenn der Erblasser bei Kenntnis der Sachlage den Ausschluss vom Erbteil unterlassen hätte (Welser aaO Vor § 768 Rz 4 sowie § 570 Rz 1 ff). Eine derartige Irrtumsanfechtung wurde jedoch nicht geltend gemacht.
Damit ist Josef R***** aber gerade nicht „gesetzlicher Erbe" iSd § 3 AnerbenG. Mangels Stellung als Miterbe kann Josef R***** sohin nicht Anerbe werden. Damit erweist sich aber die Bestimmung von Theresia B***** zur Anerbin durch das Erstgericht als in Einklang mit der Rechtslage. Die von Josef R***** hervorgehobene „anderweitige Versorgung" (§ 3 Abs 1 Z 3 AnerbenG) Theresia B*****s hätte nur dann Bedeutung, wenn andere Miterben iSd § 3 AnerbenG als Anerben in Betracht kämen. Dies ist jedoch nach dem Gesagten nicht der Fall. Im Hinblick darauf bedurfte es aber nicht der vom Rekursgericht aufgetragenen Sachverhaltsergänzung, könnte doch Josef R***** auch bei Fehlen eines Enterbungsgrundes nie Erbenstellung, sondern nur Pflichtteilsansprüche erlangen. Die Entscheidung des Erstgerichts war daher wiederherzustellen.
5. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG. In Hinblick auf die vom Erstgericht vorbehaltene Kostenbestimmung (ON 201) wird dieses auch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens abzusprechen haben (Fucik, Kostenersatz im Verfahren außer Streitsachen, ÖJZ 2007, 669 [678]).
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