Spruch:
Beide Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Scheidung der Ehe der Streitteile - aus gleichteiligem Verschulden - wurde mit 18.Februar 1995 rechtskräftig. Zu den beiden nunmehrigen Rechtsmitteln wird vorerst auf die Vorentscheidung des erkennenden Senates vom 17.Juli 1997, GZ 6 Ob 2/97f-111, verwiesen, dessen Gegenstand der Anspruch der Klägerin auf Leistung eines Provisorialunterhaltes einschließlich eines Prozeßkostenvorschusses war.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur außerordentlichen Revision der klagenden Partei: Im Hauptverfahren wies das Erstgericht im zweiten Rechtsgang das auf Unterhalt nach § 94 Abs 2 ABGB gestützte Klagebegehren gänzlich ab, das Berufungsgericht sprach der Klägerin unangefochten Unterhaltsbeträge von insgesamt 70.714 S sA zu, wies den Aufrechnungsantrag des Beklagten unangefochten und das Unterhalts-Mehrbegehren ab. Dazu behauptet die Klägerin zu Unrecht das Vorliegen dreier erheblicher Rechtsfragen.
a) Nach ständigen Rechtsprechung ist unter Einkommen grundsätzlich alles zu verstehen, was einer Person an auch öffentlich-rechtlichen Natural- oder Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen (1 Ob 570/95 = SZ 68/157 = JBl 1996, 442 ua; Schwimann in Schwimann2, § 94 ABGB Rz 53). Außer Betracht bleiben nur jene, hier nicht in Betracht kommenden Teile der Einkünfte, die dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes dienen. Die Klägerin bezog vom 1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 Notstandshilfe gemäß § 6 Abs 1 lit b, § 33 Abs 1 ArbeitlosenversicherungsG 1977 (AlVG) von monatlich
8.900 S. Soweit die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht (SZ 68/157 mwN). Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, werden als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen (SZ 68/157 mwN). Dazu zählt auch die Notstandshilfe, die als Versicherungsleistung mit Rechtsanspruch das Arbeitseinkommen des Notstandshilfeempfängers ersetzt (5 Ob 505/91 = RZ 1992/87 = EFSlg 64.914; 1 Ob 636/94 = EFSlg 76.222; RIS-Justiz RS0009500; Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung Rz 135 E 4). Tatsächlich bezogene Notstandshilfe mindert somit den Unterhaltsanspruch (RZ 1992/87; EFSlg 76.222; 6 Ob 561, 1568/94 = EFSlg 76.223 ua, zuletzt 1 Ob 2045/96h = EFSlg 81.671).
Der nunmehrigen Rechtsmitteleinwendung der Klägerin, sie habe wegen des monatlichen Einkommens des Beklagten von rund 83.000 S und des gemeinsamen Haushaltes keinen gesetzlichen Anspruch auf Notstandshilfe gehabt, ist folgendes zu erwidern: Von den Arbeitsämtern (jetzt AMS) wird bei Bewilligung der Notstandshilfe auf bestehende Unterhaltspflichten regelmäßig Bedacht genommen (vgl EFSlg 76.222). Nach den gemäß § 38 AlVG auch auf die Notstandshilfe anzuwendenden Bestimmungen der §§ 24 f AlVG kann der Empfänger der Leistung zum Rückersatz ua nur dann verpflichtet werden, wenn er den Bezug der Leistung bewußt durch unwahre Angaben herbeigeführt hat, der Übergenuß durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen entstanden ist, der Leistungsbezieher erkennen mußte, daß die Leistung nicht oder nicht in der gewährten Höhe gebührt oder nachträglich ein höheres Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit anzunehmen ist, als seinerzeit erklärt wurde (1 Ob 2266/96h, insoweit nicht veröffentlicht in RZ 1997/64; Dirschmied, Arbeitslosenversicherungsrecht3 207). Daß die Klägerin ersatzpflichtig werden könnte und vom AMS bereits konkrete Schritte zur Geltendmachung dieser Rückersatzforderung eingeleitet worden seien, hat die Klägerin in erster Instanz auch nicht andeutungsweise vorgebracht. Sie kann daher mit ihrem Einwand nicht gehört werden (vgl 1 Ob 2266/96h).
b) Die Klägerin erhielt im Dezember 1994 eine Abfertigung von 25.000
S ausgezahlt, die vom Berufungsgericht auf den Zeitraum 1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 aufgeteilt und daher mit monatlich 5.500 S als Eigeneinkommen berücksichtigt wurde.
Nach herrschender Auffassung ist die dem Unterhaltsschuldner ausgezahlte Abfertigung in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen (RZ 1991/35; JBl 1994, 830 ua), die dem Unterhaltsberechtigten zugekommene Abfertigung hingegen als Eigeneinkommen zu berücksichtigen (ÖA 1996, 99; 1 Ob 2266/96h = RZ 1997/64). Wenngleich nach der Entscheidung RZ 1991/35 die Abfertigung auf so viele Monate aufzuteilen ist, wie sie Monatsentgelten entspricht, wird dies doch nur dann als angemessen beurteilt, wenn die Abfertigung zumindest in gewissem Maß als Überbrückungshilfe bis zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes dient (EFSlg 64.920). Je höher die erlangten Abfertigungsbeträge sind, desto eher hat die angemessene Verteilung auf einen längeren Zeitraum zu erfolgen, um den tatsächlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gerecht zu werden (ÖA 1994, 67). Die Aufteilung einmaliger Zahlungen wie Abfertigungen ist aber nach ständiger Rechtsprechung jedenfalls stets nach den Umständen und Lebensverhältnissen vorzunehmen (vgl ÖA 1996, 64; RZ 1997/64 ua); die Aufteilung der hier zu beurteilenden Abfertigung von insgesamt nur 25.000 S auf fünf Monate weicht entgegen dem im Rechtsmittel eingenommenen Standpunkt von den Judikaturgrundsätzen des Obersten Gerichtshofes keineswegs derart ab, daß sie gemäß § 14 Abs 1 AußStrG unabdingbar korrigiert werden müßte.
c) Im hier maßgeblichen Zeitraum 1.Oktober 1994 bis 18.Februar 1995 trug der Beklagte neben den monatlichen Betriebskosten von 5.000 S des von den Streitteilen als Ehewohnung bewohnten Hauses monatliche Darlehensrückzahlungen von 20.513,50 S. Die Klägerin wendet sich dagegen, im wesentlichen wie schon in ihrem Prozeßvorbringen erster Instanz, daß der Beklagte diese Darlehensrückzahlungen jeweils durch Überweisung von seinem im Zeitpunkt der Scheidung im Debet befindlichen Girokonto getätigt habe. Während aber im erstinstanzlichen Verfahren behauptet wurde (ON 64 AS 351, ON 96 AS 535), es handle sich um eheliche, einen Teil des Aufteilungsverfahrens bildende Schulden, wird jetzt vorgetragen, diese Schulden des Beklagten seien im Aufteilungsverfahren bereits berücksichtigt worden. Bei diesem Vorbringen handelt es sich um eine im Revisionsverfahren unzulässige Neuerung. Denn nach ständiger Rechtsprechung sind Aufwendungen, die der Unterhaltspflichtige nur deshalb erbringt, um die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten, als Naturalunterhaltsleistungen anzusehen (SZ 68/158 mwN). Trägt der Unterhaltspflichtige neben den hier nicht relevanten Wohnungsbenützungskosten (Betriebskosten etc) auch die sonstigen Wohnungskosten, vermindert sich dadurch der Geldanspruch des Unterhaltsberechtigten wegen der Deckung eines Teiles seiner Lebensbedürfnisse, was auch dann gilt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden, aber das auch die Ehewohnung betreffende Aufteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist; benützt daher nur ein geschiedener Ehegatte die vormalige Ehewohnung und leistet der andere die fälligen Kreditrückzahlungsraten allein, sind auch diese Zahlungen teilweise als Naturalunterhalt auf den Geldunterhaltsanspruch des in der Wohnung verbliebenen geschiedenen Ehegatten anzurechnen, was sodann im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen ist (EvBl 1993/161; SZ 68/157). Der rechtliche Unterschied des von der Klägerin in erster Instanz und jetzt erstatteten Vorbringens liegt somit darin, daß in einem Falle diese Zahlungen noch im Aufteilungsverfahren berücksichtigt werden können, im anderen Falle (bei hier gar nicht behaupteter rechtskräftiger Aufteilungsentscheidung vor Unterhaltsentscheidung für die Vergangenheit) hingegen nicht. Das fehlende Klagevorbringen konnte durch den Hinweis auf das Beweismittel Aufteilungsakt GZ ... nicht ersetzt werden.
Auf die Frage einer allfälligen Verspätung des Rechtsmittels der Klägerin muß demnach nicht mehr eingegangen werden.
2. Zum Revisionsrekurs der beklagten Partei und Gegners der gefährdeten Partei: Das Rekursgericht hat mit seinem vor dem 1.Jänner 1998 (WGN 1997) gefaßten Beschluß ON 130 den erstgerichtlichen Beschluß ON 115, womit der Beklagte zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses von 50.000 S an die Klägerin verhalten wurde, bestätigt und ausgesprochen, daß der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig sei. Der dennoch erhobene Revisionsrekurs des Beklagten ist gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 528 Abs 2 Z 1 ZPO jedenfalls ("absolut") unzulässig, weil der Entscheidungsgegenstand, über den das Rekursgericht entschieden hat, an Geld oder Geldeswert 50.000 S nicht übersteigt. Die Ausnahmebestimmung des § 502 Abs 3 ZPO wird in § 528 ZPO nicht angeführt. Nach der Rspr des Obersten Gerichthofes findet sie daher - wie etwa bei einstweiligen Verfügungen auf Unterhalt - keine Anwendung (Kodek in Rechberger, § 528 ZPO Rz 2 mwN).
Das mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO unzulässige Rechtsmittel der Klägerin und das absolut unzulässige Rechtsmittel des Beklagten müssen daher zurückgewiesen werden.
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