OGH 6Ob180/10d

OGH6Ob180/10d22.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** P*****, vertreten durch Dr. Margit Tonitz, Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei H***** P*****, vertreten durch Mag. Christiane Hoja-Trattnig, Rechtsanwältin in Klagenfurt am Wörthersee, wegen Unterhalts, über die „außerordentliche“ Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 8. Juli 2010, GZ 4 R 195/10h-29, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Klagenfurt vom 20. April 2010, GZ 2 C 59/09a-22, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrte im Verfahren erster Instanz (neben rückständigem Geschiedenenunterhalt) zuletzt die Erhöhung der monatlichen Unterhaltsverpflichtung des Beklagten von 200 EUR auf 1.023,75 EUR ab 1. 1. 2010 (AS 90, 91). Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, das Berufungsgericht erhöhte die laufende Unterhaltsverpflichtung auf 335 EUR und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Nunmehr legte das Erstgericht dem Obersten Gerichtshof die außerordentlichen Revision der Klägerin vor. Diese Vorgangsweise widerspricht der Rechtslage:

Rechtliche Beurteilung

Wird in familienrechtlichen Streitigkeiten (unter anderem) nach § 49 Abs 2 Z 2 JN, in denen der Entscheidungsgegenstand insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt, im Berufungsurteil ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nach § 502 Abs 1 ZPO nicht zulässig ist, so kann gemäß § 508 Abs 1 ZPO eine Partei einen Antrag an das Berufungsgericht stellen, seinen Ausspruch dahingehend abzuändern, dass die ordentliche Revision doch für zulässig erklärt werde. Nach § 502 Abs 4 ZPO ist die Erhebung einer Revision unmittelbar an den Obersten Gerichtshof jedoch unzulässig.

Im vorliegenden Fall übersteigt der Gegenstand, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht 30.000 EUR: Unterhaltsansprüche sind gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung zu bewerten. Wird eine Erhöhung oder Herabsetzung beantragt, so bildet der dreifache Jahresbetrag der begehrten Erhöhung oder Herabsetzung den Entscheidungsgegenstand (stRsp, s 6 Ob 126/07h mwN). Maßgeblich ist dabei jener monatliche Unterhaltsbeitrag, der zum Zeitpunkt der Entscheidung zweiter Instanz zwischen den Parteien noch strittig war; Unterhaltsansprüche, die vor diesem Zeitpunkt strittig waren, haben hingegen unberücksichtigt zu bleiben. Gegenteilige (frühere) Rechtsprechung, wonach der Durchschnitt dreier Jahre bereits fälliger Unterhaltsbeiträge maßgeblich sein soll, wenn dieser höher als das Dreifache der Jahresleistung des laufenden Unterhalts ist (3 Ob 503/96 = SZ 69/33; 6 Ob 327/98a; 2 Ob 76/99m; 5 Ob 309/04h; 3 Ob 204/06f) wird von der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ausdrücklich abgelehnt (6 Ob 126/07h; 10 Ob 82/07t).

Da die Klägerin im Berufungsverfahren (weiterhin) die Erhöhung ihres bestehenden Unterhaltstitels um monatlich 823,75 EUR anstrebte, betrug der Entscheidungsgegenstand des Berufungsurteils 29.655 EUR, überstieg somit nicht 30.000 EUR. Das Rechtsmittel der Klägerin wäre demnach nicht dem Obersten Gerichtshof - auch wenn es als „außerordentliches“ bezeichnet wird -, sondern vielmehr dem Berufungsgericht vorzulegen gewesen; dies wird nunmehr das Erstgericht nachzuholen haben. Ob der darin gestellte Antrag, der Oberste Gerichtshof möge die Revision für zulässig erachten, den Erfordernissen des § 508 Abs 1 ZPO entspricht oder ob er einer Verbesserung bedarf, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (stRsp, aus jüngerer Zeit 6 Ob 142/06k mwN).

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