Spruch:
Grundbücherliche Anmerkung der Verlassenschaftsseparation und der Bestellung eines Separationskurators zulässig.
Entscheidung vom 9. September 1964, 6 Ob 163/64. I. Instanz:
Bezirksgericht Favoriten; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Das Erstgericht ordnete unter anderem die grundbücherliche Anmerkung der Absonderung der Verlassenschaft und der Bestellung des Separationskurators ob den zum Nachlaßvermögen gehörigen Liegenschaften an.
Das Rekursgericht änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß die bewilligte Anmerkung zu entfallen habe.
Der Oberste Gerichtshof stellte den erstgerichtlichen Beschluß wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Auszugehen ist zunächst davon, daß nach § 20 des allgemeinen Grundbuchsgesetzes vom 25. Juli 1871, RGBl. Nr. 95, grundbücherliche Anmerkungen nur zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse oder zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes oder der Zivilprozeßordnung damit verbundener Rechtswirkungen erfolgen konnten, während § 20 lit. b des allgemeinen Grundbuchsgesetzes 1955, BGBl. Nr. 39, Anmerkungen zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen zuläßt. Nun wurde bereits während der Wirksamkeit des alten Grundbuchsgesetzes erkannt, daß eine strenge Auslegung der Bestimmungen des § 20 GBG. dazu führe, die Ersichtlichmachung wichtiger Tatsachen, welche auf die grundbücherlich eingetragenen Rechte von Einfluß sind, unmöglich zu machen. Es bat daher die Praxis den Bestimmungen des § 20 GBG. eine weitere Auslegung dahin gegeben, daß zufolge der ganz allgemein gehaltenen Zulassung einer grundbücherlichen Anmerkung "zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung oder dieses Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen" und der daran ausdrücklich nur beispielsweise geknüpften Anführung einiger Fälle, eine sinngemäße Anwendung auch in anderen Fällen zulasse; so z. B. die Anmerkung der Verlassenschaftsabsonderung (Bartsch, GBG.[7] S. 530 f. und die dort unter Anm. 4 angeführten Beispiele von zulässigen Anmerkungen, ferner GlUNF 1378). Das nunmehr geltende Grundbuchsgesetz 1955 hat die bis dahin bezüglich der Anmerkungen bestehenden Schwierigkeiten durch die Neufassung des § 20 lit. b GBG. beseitigt, denn nunmehr ist klargestellt, daß Anmerkungen nicht nur zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften des Grundbuchsgesetzes oder der Zivilprozeßordnung, sondern auch nach den Vorschriften anderer Gesetze damit verbundener Rechtswirkungen erfolgen können. Es bestehen daher keine Bedenken gegen eine Anmerkung der Verlassenschaftsseparation und der Bestellung eines Separationskurators, denn es steht eine derartige Eintragung im Einklang mit den Bestimmungen des § 20 lit. b GBG., da sie materiellrechtliche durch die Bestimmungen des § 812 ABGB. gedeckt wird, sohin hinsichtlich der zur Verlassenschaft gehörigen Liegenschaften zur Begründung bestimmter nach den Vorschriften "eines anderen Gesetzes" verbundenen Rechtswirkungen dient (siehe auch Weiß in Klang[2] III S. 1024 VI c). Es erweisen sich daher die rechtlichen Erwägungen, aus welchen das Rekursgericht zu dem Ausspruch gelangte, daß Punkt IV des erstgerichtlichen Beschlusses zu entfallen habe, als nicht zutreffend.
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