OGH 6Ob1620/94

OGH6Ob1620/949.2.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Redl, Dr.Schiemer, Dr.Pimmer und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton S*****, vertreten durch Dr.Albert Heiss, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Herwig F*****, vertreten durch Dr.Hermann Holzmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterfertigung eines Kaufvertrages, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 5.Juli 1994, AZ 1 R 136/94 (ON 53), den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Der Kläger als Käufer schloß am Vormittag des 3.9.1990 mit dem Beklagten einen mündlichen Kaufvertrag über eine Liegenschaft in Innsbruck. Am Nachmittag kam es bei dem vom Beklagten beauftragten Vermittler zur Annahme eines Kaufanbotes (bezüglich derselben Liegenschaft) eines Dritten durch den Beklagten. In der Folge wurde das Eigentumsrecht des Dritten und seiner Ehegattin verbüchert.

Das Erstgericht erkannte (im zweiten Rechtsgang) den Beklagten für schuldig, einen detailliert angeführten Kaufvertrag mit dem Kläger als Käufer der Liegenschaft zu fertigen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten aus dem Grund der Unmöglichkeit der Leistung Folge und wies die Klage ab. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Der Kläger erachtet die Voraussetzungen für die Zulassung seiner Revision im wesentlichen aus den Gründen für gegeben, daß zur Frage der Unmöglichkeit der Primärleistung, wenn der Zweitkäufer schuldhaft an der Vertragsverletzung des Verkäufers mitgewirkt habe sowie zur Frage, ob die Unmöglichkeit der Leistung nicht mehr angenommen werden dürfe, wenn eine Lösungsbefugnis nach § 410 ZPO eingeräumt wurde, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle. Entgegen seiner Auffassung liegen die Voraussetzungen nach § 502 Abs.1 ZPO nicht vor.

Bei verschuldeter Leistungsunmöglichkeit ist zur Vertragserfüllung zu verurteilen, wenn noch eine ernstzunehmende Chance besteht, daß später noch erfüllt werden kann (JBl 1992, 517). Nur wenn die notwendige Mitwirkung des Dritten mit Sicherheit nicht erreicht werden kann, darf der Gläubiger auf dem Erfüllungsanspruch nicht beharren (EvBl 1989/17). Verweigert ein Dritter, dessen Mitwirkung zur Erbringung der Leistung erforderlich ist, diese ernstlich und endgültig, so darf nicht zur Primärleistung verurteilt werden, sofern nicht trotzdem die Möglichkeit und Zumutbarkeit des Wiedererwerbs besteht. Zweifel gehen hiebei zu Lasten des beweispflichtigen Schuldners; kann dieser nicht nachweisen, daß mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Unmöglichkeit der Leistung vorliegt, ist dem Leistungsbegehren stattzugeben (8 Ob 640/92). Unmöglichkeit der Leistung, die auch bei schuldhafter Verletzung der Vertragspflichten durch den Schuldner an sich nicht ausgeschlossen ist, kann nicht angenommen werden, wenn der Beklagte nicht einmal behauptet und zu beweisen versucht hat, daß er alles unternommen habe, den Dritten zu einer die Erfüllung ermöglichenden Handlung zu bewegen (JBl 1987, 783).

Das Berufungsgericht ist hier nur deswegen von einer Unmöglichkeit der Leistung ausgegangen, weil die derzeitigen Eigentümer "unter keinen Umständen bereit sind", die Liegenschaft herauszugeben. Der Beklagte hatte seinen Einwand der Unmöglichkeit der Leistung nur in diese Richtung ausgeführt (ON 33). Der Kläger machte schuldhafte Vertragsvereitelung durch den Dritten geltend, weil dieser vor Fertigung des Kaufvertrages davon gewußt habe, daß es zwei Kaufanbote gebe und der Kläger und seine Gattin bereits bei einem Rechtsanwalt zur Vertragserrichtung gewesen seien (ON 34). Die Kenntnis über einen vom Beklagten schon abgeschlossenen Kaufvertrag oder ein vom Beklagten als Verkäufer abgegebenes, bindendes Offert wurde weder im Verfahren erster Instanz noch in der ao. Revision behauptet. Der Kläger strebt durchgehend (ON 34, Berufungsbeantwortung ON 50 und ao. Revision) nur die Feststellung der Kenntnis des Käufers über die Existenz zweier Kaufanbote an. Eine solche von der Zeugin Isolde G***** (S.2 zu ON 39) bekundete Kenntnis reicht zur Qualifikation einer Verleitung zum Vertragsbruch aber nicht aus. Nach den getroffenen und auch den weiters vom Kläger angestrebten Feststellungen ist der dem Beklagten obliegende Beweis über die Unmöglichkeit der Leistung (zur Beweislast: EvBl 1989/17) erbracht. Das Berufungsgericht ist in dieser Frage nicht von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionswerber erachtet unter Hinweis auf die diesbezügliche Auffassung von Reischauer (in Rummel ABGB I2 Rz 10 zu § 920) den Einwand der Unmöglichkeit der Leistung nur bei nicht schuldhafter Verletzung der Vertragspflicht des Schuldners für zulässig. Dem ist die gegenteilige einheitliche jüngere oberstgerichtliche Judikatur entgegenzuhalten, wonach der Einwand auch bei schuldhafter Vertragsverletzung nicht ausgeschlossen ist (JBl 1987, 783 mwN).

Der Einwand des Revisionswerbers, daß dem Beklagten die Unterfertigung des begehrten Kaufvertrages (incl. Aufsandungserklärung) nicht unmöglich sei, wird nur dahin verfolgt, daß auch die Erfüllung des Vertrages, also die Eigentumsverschaffung, nicht unmöglich sei. Es ist geradezu selbstverständlich, daß der Einwand der Unmöglichkeit der Leistung auch in einem solchen Fall für zulässig zu erachten ist, weil die (sicherlich ohne Zustimmung des bücherlichen Eigentümers) mögliche Fertigung des Kaufvertrages durch den Beklagten als Verkäufer und früheren bücherlichen Eigentümer der Liegenschaft für den Kläger ohne jeden Wert ist, wenn der zweite Käufer, dessen Eigentum im Grundbuch einverleibt ist, einer Eintragung des Eigentumsrechtes des Klägers nicht zustimmt. Wenn die Hauptleistungspflicht, die in der Eigentumsverschaffung liegt, unmöglich geworden ist, entfällt auch die Nebenverpflichtung zur Fertigung des Kaufvertrages. Hiefür fehlt es an jeglichem Rechtsschutzinteresse.

Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs.1 ZPO liegt auch nicht deswegen vor, weil zur Frage der Unmöglichkeit der Leistung, wenn eine Lösungsbefugnis nach § 410 ZPO eingeräumt wurde, eine oberstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Nach dieser Gesetzesstelle kann sich der Kläger bereiterklären, vom Beklagten anstelle der begehrten Leistung die Zahlung eines Geldbetrages anzunehmen. Im Hinblick auf die mangelnde Überprüfungsmöglichkeit der Angemessenheit der Geldsumme und die mangelnde Anfechtbarkeit und Exekutionsfähigkeit der Alternativleistung (Rechberger in Rechberger ZPO Rz 1 und 2 zu § 410 mwN), ist diese für die Beurteilung der Frage der Unmöglichkeit der Leistung des Streitgegenstandes irrelevant. Die Alternativleistung setzt die Klagsstattgebung voraus. Eine solche ist im vorliegenden Fall einer Doppelveräußerung wegen Fehlens einer ins Gewicht fallenden Chance, daß die geschuldete Eigentumsverschaffung noch erbracht werden kann, nicht möglich. Daß die Einräumung einer Lösungsbefugnis den Einwand der Unmöglichkeit der Leistung nicht zu hindern imstande ist, ergibt sich klar aus der Natur der Lösungsbefugnis. Diese und die daraus abgeleiteten aufgezeigten Rechtsfolgen sind in der Lehre und Rechtsprechung unstrittig und können schon aus dem Gesetzeswortlaut selbst in zweifelsfreier Form abgeleitet werden. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt somit nicht vor (WoBl 1993/54).

Die außerordentliche Revision war mangels der Voraussetzungen nach § 502 Abs.1 ZPO zurückzuweisen.

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