OGH 6Ob161/19y

OGH6Ob161/19y19.12.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek, Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*, vertreten durch Beck & Dörnhöfer & Partner Rechtsanwälte OG in Eisenstadt, gegen die beklagte Partei I* GmbH, *, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 27 Cg 26/18v des Landesgerichts Eisenstadt (Streitwert 65.918,08 EUR sA), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 6. Juni 2019, GZ 3 R 30/19g‑5, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127220

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Sinn und Zweck der Wiederaufnahmsklage nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO ist es, eine unrichtige Tatsachengrundlage des mit der Wiederaufnahmsklage angefochtenen Urteils zu beseitigen, nicht aber, Fehler der Partei bei Führung des Vorprozesses zu korrigieren (RS0039991). Daher hat die Partei, die eine prozessuale Diligenzpflicht trifft, den Mangel des Verschuldens zu beweisen (RS0044558 [T6]). Ein Verstoß gegen die prozessuale Diligenzpflicht kann auch darin bestehen, dass eine Partei nicht die ihr zumutbaren Erhebungen pflegt, um die zur Dartuung ihres Prozessstandpunkts erforderlichen Zeugen und Beweismittel auszuforschen (RS0109743 [T3]).

1.2. Ergibt sich das Verschulden des Wiederaufnahmsklägers bereits aus den – als richtig angenommenen – Tatsachenbehauptungen der Klage oder fehlt in der Klage jede Behauptung, dass die Geltendmachung des als Wiederaufnahmsgrund angeführten Beweismittels im Vorprozess ohne Verschulden unmöglich war, ist die Klage als unzulässig zurückzuweisen (RS0044558 [insb T13, T14]).

1.3. Ob im Einzelfall ein Vorbringen zur Darstellung eines Wiederaufnahmsgrundes ausreicht oder nicht (10 ObS 121/15i; 8 Ob 85/12a mwN), insbesondere, ob die Klageangaben geeignet sind, ein mangelndes Verschulden im Sinn des § 530 Abs 2 ZPO darzulegen, ist stets von den besonderen Umständen des Einzelfalls abhängig, sodass sich im Regelfall erhebliche Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO nicht stellen (RS0111578 [T1]).

1.4. Nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO berechtigen zudem nur solche neuen Tatsachen und Beweismittel zur Wiederaufnahmsklage, deren Vorbringen und Benutzung im früheren Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

2.1. In der Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Klägerin nicht dargetan habe, aus welchen Gründen ihr jene Nachforschungen, die zur Auffindung einer näher bezeichneten E-Mail geführt hätten, nicht schon während des Vorprozesses zumutbar gewesen seien, liegt keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Ob die Klägerin im Vorprozess mit der Beweisbedürftigkeit ihres Entgeltanspruchs hätte rechnen müssen oder nicht, berührt die – nicht mit Wiederaufnahmeklage, sondern bereits im Rechtsmittelverfahren des Hautprozesses – zu klärende Frage der Erörterungspflichten im Vorprozess.

2.2. Auf die weitere Beurteilung des Rekursgerichts, der Zeuge Dr. C* hätte schon nach dem Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage keine Angaben zum behaupteten Entgeltanspruch der Klägerin machen können, geht der Revisionsrekurs nicht ein.

2.3. Damit wird insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO dargetan.

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