Spruch:
Sowohl der Revisionsrekurs der eingetragenen Genossenschaft als auch jener des Revisionsverbandes werden zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die eingetragene Genossenschaft betreibt satzungsgemäß Bankgeschäfte. Sie gehört einem in ihrer Satzung genannten Revisionsverband an.
Am 7.Januar 1992 meldete sie in der außerordentlichen Generalversammlung vom 23.Dezember 1991 beschlossene Satzungsänderungen zur Eintragung in das Firmenbuch an, darunter eine Bestimmung über den automatischen Ausschluß eines Mitgliedes im Falle der Erfüllung des in der entsprechend Satzungsbestimmung umschriebenen Sachverhaltes (Punkt 7 Abs 3 der geänderten Satzung) sowie Bestimmungen über die Bindung der eingetragenen Genossenschaft an die Zustimmung des Verbandes zu bestimmten Investitionen und Beteiligungen (§ 14 a Abs 1 der geänderten Satzung) und zur Bestellung von Geschäftsleitern (Punkt 14 a Abs 3 der geänderten Satzung) sowie eine Bestimmung über die Einholung eines Gutachtens des Verbandes zur Begebung von Partizipations- und Ergänzungskapital (Punkt 14 a Abs 2 der geänderten Satzung).
Das Firmenbuchgericht wies die Eintragung der Satzungsänderungen in den erwähnten Punkten ab.
Das Rekursgericht bestätigte diese sowohl von der eingetragenen Genossenschaft als auch vom Revisionsverband angefochtene erstinstanzliche Entscheidung. Dazu sprach das Rekursgericht aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und daß die Rechtsmittelvoraussetzung nach § 14 Abs 1 AußStrG vorliege.
Die eingetragene Genossenschaft und der Revisionsverband fechten die bestätigende Rekursentscheidung aus dem Rechtsmittelgrund nach § 15 Z 4 AußStrG mit einem auf Eintragung der Satzungsänderung zielenden Abänderungsantrag an.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der eingetragenen Genossenschaft wurde verspätet erhoben. Die Rekursentscheidung wurde der Genossenschaft am 22.April 1992 zugestellt; die 14-tägige Rechtsmittelfrist endete mit dem Ablauf des 6.Mai 1992. Die Postaufgabe des Revisionsrekurses erfolgte erst am folgenden Tag.
Der Revisionsverband, der seine Rechtsmittelbefugnis offenkundig auf Grund der Sachentscheidung des Rekursgerichtes nicht mehr als erörterungswürdig ansah, hat sich in seinem Rekurs gegen den erstinstanzlichen Beschluß "als betroffener gesetzlicher Revisionsverband" sowie "auch auf der Grundlage des § 14 Abs 3 FBG" als rechtsmittelbefugt bezeichnet.
Die zur Entscheidung über das Eintragungsbegehren zu lösenden Fragen nach der Wirksamkeit einer Genossenschaftssatzungs-Bestimmung über einen an die Erfüllung eines Sachverhaltes geknüpften automatisch eintretenden Ausschluß eines Mitgliedes sowie über die satzungsgemäße Bindung der Genossenschaft an die Zustimmung des Genossenschaftsverbandes sind im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG qualifiziert.
Es ist daher zunächst zum einen zu prüfen, ob der verspätete Rekurs der eingetragenen Genossenschaft im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG sachlich zu erledigen ist, und zum anderen, ob dem Revisionsverband die von ihm unterstellte Rechtsmittelbefugnis zusteht.
1. Zum Revisionsrekurs der eingetragenen Genossenschaft:
Im Verfahren über Anmeldungen zur Eintragung in das Firmenbuch gilt im Sinne des § 15 Abs 1 FBG auch § 11 Abs 2 AußStrG. Nach dieser Regelung kann das Rechtsmittelgericht auch noch einen verspäteten Rekurs zum Anlaß einer sachlichen Überprüfung der angefochtenen Entscheidung nehmen, wenn sich diese "noch ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt". Die eingetragene Genossenschaft hat Satzungsänderungen zur Eintragung in das Firmenbuch angemeldet, die zum einen die Ausschließung von Mitgliedern und zum anderen Einschränkungen der Genossenschaftsautonomie zum Inhalt haben. Die zur Eintragung angemeldeten Satzungsänderungen haben gemäß § 9 Abs 3 GenG vor der Eintragung in das Firmenbuch keine rechtliche Wirkung. Aus einer Ablehnung der Eintragung erwächst daher jedem einzelnen Genossenschaftsmitglied ein Anspruch darauf, daß seine genossenschaftsrechtlichen Beziehungen zur Genossenschaft, deren Organen und den übrigen Mitgliedern unverändert auf der Grundlage der bisherigen Satzung geregelt bleiben. Das schließt eine Bedachtnahme auf den verspäteten Revisionsrekurs der eingetragenen Genossenschaft im Sinne des § 11 Abs 2 AußStrG aus.
2. Zum Revisionsrekurs des Revisionsverbandes:
Macht die Genossenschaftssatzung die Wirksamkeit von Organbestellungen und sonstigen Beschlüssen oder die Zulässigkeit von Geschäftsführungsakten von der Zustimmung eines Dritten abhängig, sei es auch von der des Revisionsverbandes, dem die Genossenschaft angehört, bindet dies ausschließlich die Genossenschaft, ihre Organe und Mitglieder, läßt aber als Satzungsbestimmung die Rechtsstellung des Dritten unberührt und löst für diesen lediglich Reflexwirkungen aus. Durch die Ablehnung der Eintragung einer derartigen Satzungsbestimmung wird die Rechtsstellung des Dritten nicht berührt. Er ist daher nicht als Beteiligter im Sinn des § 9 AußStrG anzusehen.
§ 14 Abs 3 FBG räumt dem für eine eingetragene Genossenschaft gesetzlich zuständigen Revisionsverband in den Angelegenheiten der Führung des Firmenbuches insoweit Antrags- und Rechtsmittelbefugnis ein, als es sich um die Vermeidung unrichtiger Eintragungen, um die Berichtigung und Vervollständigung des Firmembuches oder um unzulässigen Firmengebrauch handelt. Dem Revisionsverband, dem eine Genossenschaft angehört, ist daher nach der positiven gesetzlichen Regelung (und insofern muß jede ältere Rechtsprechung ungeachtet der im Ausschußbericht zum Ausdruck gebrachten Meinung als überholt angesehen werden) als Partei kraft Belehnung mit der Wahrnehmung öffentlicher Interessen keineswegs eine allgemeine, sondern nur eine zweckbeschränkte Antrags- und Rechtsmittelbeufgnis eingeräumt.
Die Ablehnung des Antrages auf Eintragung in das Firmenbuch kann die vom Revisionsverband zu wahrenden Interessen der beteiligten Verkehrskreise nur insoweit berühren, als ohne die unterlassene Eintragung eine andere unvollständig und damit unrichtig erscheint oder doch mißverstanden werden könnte, oder als die unterbliebene Eintragung gesetzlich geboten ist. Weder das eine noch andere ist bei den mit der bekämpften Entscheidung abgelehnten Eintragungen der Fall.
Regelungen über Ausschlußgründe und Ausschlußverfahren in der Genossenschaftssatzung sind zwar zweckmäßig und empfehlenswert, aber nicht gesetzlich vorgeschrieben. Im übrigen widerspräche es dem genossenschaftsrechtlichen Grundrecht jedes Mitgliedes, ohne seinen erklärten Willen (EvBl 1989/187) nur durch einen individuellen Willensakt eines Genossenschaftsorgans der Mitgliedschaft verlustig zu gehen, der konkret als rechtsgestaltender Akt mit eindeutigem Inhalt in Erscheinung tritt und als solcher auch erfaßbar und bekämpfbar ist, die Beendigung der Genossenschaftsmitgliedschaft automatisch an die Erfüllung eines in der Satzung umschriebenen Tatbestandes zu knüpfen.
Interne Bindungen von Genossenschaftsorganen an die Zustimmung Dritter zur Vornahme von Geschäftsführungsakten oder Organbestellungen vermöchten an der Vertretungsmacht der zu Organen bestellten (und als solche in das Firmenbuch eingetragenen) Personen nichts zu ändern.
Das Unterbleiben derartiger Eintragungen kann daher niemals einen Fall notwendiger "Vervollständigung" des Firmenbuches darstellen.
Aus diesen Erwägungen war der Revisionsrekurs der eingetragenen Genossenschaft als verspätet und jener des Revisionsverbandes mangels einer diesem zustehenden Rechtsmittelbefugnis zurückzuweisen.
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