OGH 6Ob130/11b

OGH6Ob130/11b14.9.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der im Firmenbuch des Landesgerichts Wels zu FN ***** eingetragenen C***** Ges.m.b.H. mit dem Sitz in K*****, über die Revisionsrekurse der Gesellschaft und des Masseverwalters Mag. G***** E*****, Rechtsanwalt, *****, gegen den Beschuss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 18. Mai 2011, GZ 6 R 162/11b-9, womit der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 19. April 2011, GZ 29 Fr 926/11z-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse sind entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig:

Der erkennende Senat hat in seiner Entscheidung 6 Ob 129/11f bereits eingehend zur Auslegung des § 283 UGB idF des Budgetbegleitgesetzes 2011 Stellung genommen. Rechtsfragen der Auslegung der Änderungen durch das Budgetbegleitgesetz werfen die Revisionsrekurse nicht auf. Grundlage des Zwangsstrafverfahrens zur Befolgung der Offenlegungspflicht ist § 283 UGB und nicht § 258 AktG und § 125 GmbHG. Aus § 283 Abs 2 UGB idgF ergibt sich klar, dass der Zwangsstrafverfügung eine Androhung der Verhängung der Zwangsstrafe nach dieser Gesetzesstelle nicht voranzugehen hat.

Die Entscheidung der Vorinstanzen steht im Einklang mit der höchstgerichtlichen Judikatur (6 Ob 154/05y; 6 Ob 246/07f). Insbesondere entspricht es der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Betriebseinstellung keinen Entfall der Bilanzierungspflicht zur Folge hat (6 Ob 246/07f). Den im Schrifttum vertretenen Auffassungen, die eine Verpflichtung des Masseverwalters zur Offenlegung gemäß § 277 UGB verneinen, hat sich der Oberste Gerichtshof in den zitierten Entscheidungen 6 Ob 154/05y und 6 Ob 246/07f nicht angeschlossen.

Die Pflicht des Masseverwalters zur Rechnungslegung kann entfallen, wenn dies im Einzelfall unmöglich oder unwirtschaftlich bzw untunlich wäre, wobei jedoch die Voraussetzungen dafür vom Masseverwalter darzulegen sind (6 Ob 154/05y; 6 Ob 246/07f). Nach Meinung der Rechtsmittelwerber ist die Erstellung eines Jahresabschlusses der Gesellschaft „außerordentlich“ unwirtschaftlich, weil dies ca 3.000 EUR kosten würde. Da die Erstellung für niemanden einen Vorteil und irgendwelche Erkenntnisse bringe, sei sie nicht nur unwirtschaftlich, sondern auch untunlich, stehe doch der Aufwand für die Erstellung des Jahresabschlusses in keinem Verhältnis zum zu erwartenden Nutzen. Die bloße Behauptung, die Erstellung eines Jahresabschlusses sei „unwirtschaftlich und untunlich“ reicht jedenfalls nicht aus, die Nichterfüllung der gesetzlich ausdrücklich statuierten Rechnungslegungspflicht zu begründen. Auf Massearmut hat sich der Masseverwalter - worauf schon das Rekursgericht zutreffend hingewiesen hat - nicht berufen. Dass der behauptete Aufwand für die Erstellung des Jahresabschlusses zu einer relevanten Schmälerung der Konkursquote führen würde, ist den Behauptungen der Rechtsmittelwerber nicht zu entnehmen, unterlassen sie doch Angaben zur Höhe der Quote. Dass der mit der Erstellung des Jahresabschlusses verbundene Kostenaufwand zu Lasten der Konkursgläubiger ginge, trifft zu, ist jedoch gerade keine Besonderheit des vorliegenden Falls. Wäre dieses Argument stichhaltig, so wäre eine Rechnungslegungspflicht des Masseverwalters stets zu verneinen. Damit setzen sich die Revisionsrekurswerber aber in Widerspruch zur zitierten Judikatur des erkennenden Senats. Ein den Revisionsrekurswerbern offenbar vorschwebendes bewegliches System, wonach nicht auf die Finanzierbarkeit der Erstellung des Jahresabschlusses, sondern darauf abzustellen ist, ob mit den aufzubringenden Mitteln unter Berücksichtigung der damit einhergehenden Belastung der Gläubiger auch dem angestrebten Zweck, nämlich den Informationsbedarf der Öffentlichkeit, angemessen gedient ist, widerspricht nicht nur den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben und der innerstaatlichen Umsetzung durch die §§ 277 ff UGB, die eine derartige Mittel-Zweck-Relation gerade nicht kennen, sondern wäre auch unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit wenig förderlich.

Zusammenfassend werfen die Revisionsrekurse daher keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität auf, sodass diese spruchgemäß zurückzuweisen waren.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte