OGH 6Ob102/16t

OGH6Ob102/16t30.5.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der H***** GesmbH,*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Gesellschaft gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 12. April 2016, GZ 28 R 334/15s‑22, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00102.16T.0530.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 15 FBG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.  Bei einer Sitzverlegung hat das Gericht des neuen Sitzes gemäß § 13 Abs 2 UGB zu prüfen, ob die Hauptniederlassung oder der Sitz ordnungsgemäß verlegt und § 29 UGB beachtet ist. Ist die Firma von einer am Sitz bereits eingetragenen Firma nicht deutlich unterscheidbar, so ist die Firma (oder der Sitz) entsprechend zu ändern (RIS‑Justiz RS0061657).

2.  Nach § 29 Abs 1 UGB muss sich jede neue Firma von allen an dem selben Orte oder in der selben Gemeinde bereits bestehenden und in das Firmenbuch eingetragenen Firmen deutlich unterscheiden. § 29 UGB entspricht ‑ abgesehen vom Wegfall des im vorliegenden Fall nicht anzuwendenden Abs 4 ‑ dem früheren § 30 HGB, sodass die von Lehre und Rechtsprechung zu dieser Bestimmung entwickelten Grundsätze weiter heranzuziehen sind.

3.  Bei der Beurteilung, ob eine deutliche Unterscheidbarkeit zweier Firmenbezeichnungen gegeben ist, kommt es nicht nur auf den Wortsinn und das Wortbild, sondern vor allem auch auf den Wortklang an (RIS‑Justiz RS0061846). An die Unterscheidbarkeit einer Sachfirma werden höhere Anforderungen gestellt als bei einer Personenfirma. Bei Branchennähe oder (teilweise) gleichen Unternehmensgegenständen sind nach ständiger Rechtsprechung an die Unterscheidbarkeit besonders strenge Anforderungen zu stellen (RIS‑Justiz RS0061820). In diesem Fall darf der Firmenwortlaut auch nicht den (unrichtigen) Anschein einer wirtschaftlichen oder rechtlichen Zusammengehörigkeit oder Verflechtung mehrerer Unternehmen erwecken (6 Ob 10/90; OLG Wien NZ 1991, 202 uva; sogenannte „erweiterte Verwechslungsgefahr“). Die Verwechselbarkeit von identischen und ähnlichen Firmen wurde schon dann bejaht, wenn nach den Satzungen und den im Firmenbuch eingetragenen Geschäftszweigen zumindest eine Branchennähe vorliegt (6 Ob 233/02m).

4.  Von diesen Grundsätzen sind die Vorinstanzen nicht abgewichen. Dass das jeweils erste Wort, insbesondere wenn es das Firmenschlagwort ist, das Charakteristikum der jeweiligen Firma bildet, entspricht ständiger Rechtsprechung (6 Ob 2274/96x). Wenn daher die Vorinstanzen davon ausgingen, dass jedenfalls eine Verwechselbarkeit der Firma der Rekurswerberin mit der im Firmenbuch des Erstgerichts bereits eingetragenen Firma „H*****“ besteht, weil Gleichklang und Bild des die Firma prägenden Schlagworts „H*****“ in Verbindung mit dem Sachfirmenanteil „Immobilien“ zumindest auf organisatorische und wirtschaftliche Beziehungen zwischen den Unternehmen hinweisen, die auch nach dem Vorbringen der Revisionsrekurswerberin nicht vorliegen, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Dies gilt auch für die weitere Beurteilung des Rekursgerichts, dass in Hinblick auf die Zusätze „Immobilien GmbH“ bzw „Immobilien***** GmbH“ zumindest eine Branchennähe vorliegt. Die unterschiedlichen Schreibweisen „H*****“ und „H.*****“ sind im Hinblick auf den phonetischen Gleichklang ebensowenig ausschlaggebend wie der Zusatz „P*****“.

5.  Dass die Revisionsrekurswerberin schon bisher im Sprengel des Erstgerichts unternehmerisch tätig war, ist demgegenüber nicht ausschlaggebend, weil § 29 UGB nicht auf die geschäftliche Tätigkeit sondern auf die Eintragung im Firmenbuch an dem selben Ort oder in der selben Gemeinde abstellt.

6.  Damit bringt die Revisionsrekurswerberin aber keine Rechtsfragen der in § 62 Abs 1 AußStrG geforderten Qualität zur Darstellung, sodass der Revisionsrekurs spruchgemäß zurückzuweisen war.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte