Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die R***** Privatstiftung ist seit 15. 7. 2003 zu FN ***** im Firmenbuch eingetragen. Der Stifter R***** R***** behielt sich die Änderung der Stiftungserklärung (Stiftungsurkunde samt Stiftungszusatz-urkunde) auch nach Eintragung der Stiftung im Firmenbuch vor.
Am 2. 10. 2003 erteilte der Stifter dem Vorsitzenden des Stiftungsvorstands Spezialvollmacht zur Änderung der in der Stiftungszusatzurkunde enthaltenen Begünstigtenregelung. Am 17. 10. 2003 verstarb der Stifter.
Der Vorsitzende des Stiftungsvorstands nahm am 21. 10. 2003 die Änderung der Stiftungszusatzurkunde vor; die Änderung wurde am 4. 12. 2003 im Firmenbuch eingetragen.
Das Erstgericht ordnete von Amts wegen die Löschung dieser Eintragung gemäß § 10 Abs 2 FBG an; diese gründe auf einer erst nach dem Tod des Stifters vorgenommenen Änderung der Stiftungszusatzurkunde und sei daher unzulässig gewesen.
Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig ist; es fehle Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der amtswegigen Löschung einer unzulässigen Eintragung einer geänderten Stiftungszusatzurkunde.
In der Sache selbst vertrat das Rekursgericht die Auffassung, die Spezialvollmacht sei zwar in Deutschland erteilt worden, gemäß § 49 Abs 2 IPRG komme jedoch österreichisches Sachrecht zur Anwendung, weil der Vorsitzende des Stiftungsvorstands in Österreich tätig werden sollte und auch tätig wurde. Nach § 3 Abs 3 PSG gingen die Gestaltungsrechte des Stifters nicht auf Rechtsnachfolger über. Daraus folge, dass zwar das vorbehaltene Recht auf Änderung der Stiftungszusatzurkunde durch gesetzliche oder gewillkürte Vertreter ausgeübt werden könne, eine Ausübung des Änderungsrechts nach dem Tod des Stifters jedoch unzulässig sei. Eine allenfalls zulässige (lediglich) Durchsetzung einer bereits vom Stifter selbst (zu seinen Lebzeiten) ausgeübten Änderung durch den Erben oder Vollmachtnehmer liege hier nicht vor. An dieser Beurteilung änderten weder § 1022 ABGB noch das Vorliegen einer Spezialvollmacht etwas; bei Tod des Geschäftsherrn übe der Machthaber nämlich die Geschäfte für den Nachlass aus. Damit sei die Eintragung der Änderung der Stiftungszusatzurkunde im Jahr 2003 unzulässig gewesen, was das Erstgericht im Rahmen des ihm gemäß § 10 Abs 2 FBG eingeräumten Ermessens wahrgenommen habe; seine Vorgehensweise sei im Interesse der Richtigkeit des Firmenbuchs zutreffend gewesen, was eine Durchbrechung der Rechtskraft des (unrichtigen) Eintragungsbeschlusses erlaubt habe.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.
1. Da die Anmeldung von Änderungen zwar vom Stiftungsvorstand, dies jedoch im Namen der Privatstiftung zu erfolgen hat und für den Fall deren Ablehnung die Privatstiftung beschwert und damit rechtsmittellegitimiert ist (6 Ob 49/07k; 6 Ob 50/07g; 6 Ob 243/08s), müsste sich an sich zwar auch die Privatstiftung gegen Löschungen von Eintragungen nach § 10 Abs 2 FBG zur Wehr setzen; die Mitglieder des Stiftungsvorstands erheben den Revisionsrekurs jedoch erkennbar nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der Privatstiftung. Er ist somit auch unter diesem Gesichtspunkt zulässig (in diesem Sinn auch 6 Ob 243/08s).
2. Der Stifter hatte sich vor Eintragung der Privatstiftung im Firmenbuch eine Änderung der Stiftungserklärung ausdrücklich vorbehalten; die von ihm intendierte Änderung der Begünstigtenregelung wäre von diesem Vorbehalt erfasst und ‑ wäre der Stifter nicht zuvor verstorben ‑ mit der Eintragung der Änderung im Firmenbuch gültig gewesen. Das dem Stifter vorbehaltene Widerrufs‑ und Änderungsrecht ist nämlich zwar höchstpersönlich und damit unübertragbar, jedoch nicht vertretungsfeindlich (6 Ob 106/03m; dazu ausführlich auch N. Arnold, Ausübung der Gestaltungsrechte eines Stifters durch seinen Sachwalter, GeS 2003, 479; ders, GesRZ 2009, 239 [Entscheidungsanmerkung]; im gleichen Sinn auch 3 Ob 217/05s und 6 Ob 235/08i GesRZ 2009, 237).
3. Nach § 3 Abs 3 PSG gehen die Rechte des Stifters, die Privatstiftung zu gestalten, nicht auf seine Rechtsnachfolger über. Daraus folgt, dass bei natürlichen Personen das Recht zur Ausübung von Gestaltungsrechten jedenfalls mit dem Tod des Stifters erlischt (N. Arnold, PSG² [2007] § 3 Rz 44) und dass die Gestaltungsrechte auch nicht von über das Ableben des Stifters hinausgehend Bevollmächtigten ausgeübt werden können; letzteres würde nämlich ebenfalls der Zielsetzung des § 3 Abs 3 PSG widersprechen (N. Arnold aaO). Da im vorliegenden Fall der vom Stifter intendierte Änderungsakt selbst vom Vorsitzenden des Stiftungsvorstands erst nach dem Tod des Stifters gesetzt wurde, sind die Vorinstanzen zu Recht von der Unzulässigkeit der am 4. 12. 2003 vorgenommenen Eintragung ausgegangen.
4. Das Firmenbuchgericht kann nach § 10 Abs 2 FBG eine Eintragung in das Firmenbuch von Amts wegen löschen, wenn diese mangels einer wesentlichen Voraussetzung unzulässig ist oder unzulässig wird. Unzulässig ist eine Eintragung insbesondere dann, wenn sie sachlich unrichtig ist oder wenn gesetzliche Erfordernisse für die Eintragung fehlen, deren Mangel die Beseitigung im öffentlichen Interesse oder im Interesse der Beteiligten geboten erscheinen lässt (6 Ob 156/06v; 6 Ob 243/08s). § 10 Abs 2 FBG ermöglicht dabei im Interesse der Richtigkeit des Firmenbuchs eine Durchbrechung der Rechtskraft unrichtiger Eintragungsbeschlüsse (6 Ob 156/06v; 6 Ob 132/07s; 6 Ob 243/08s).
Der Revisionsrekurs moniert, die Vorinstanzen hätten es unterlassen, eine Abwägung der Interessen der Öffentlichkeit an der Löschung der Eintragung und der Interessen der Beteiligten an der Belassung der Eintragung vorzunehmen; allerdings legen die Mitglieder des Stiftungsvorstands auch in ihrem Revisionsrekurs die Interessen der Beteiligten nicht offen, weshalb die von ihnen angestrebte Interessenabwägung nicht möglich ist. Dass die Beseitigung unrichtiger Eintragungen grundsätzlich im öffentlichen Interesse ist, wurde hingegen bereits dargelegt.
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