OGH 6Nd506/96

OGH6Nd506/9618.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag.Engelmaier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kellner und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** S***** GesmbH, ***** 1232 Wien, vertreten durch Dr.Erich Proksch und Dr.Diethard Schimmer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Richard G*****, Cafe-Restaurant *****, ***** vertreten durch Dr.Herbert Kofler, Rechtsanwalt in Landeck, wegen 222.000 S, AZ 36 Cg 36/96g des Handelsgerichtes Wien, über den Delegierungsantrag der beklagten Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Antrag der beklagten Partei, anstelle des Handelsgerichtes Wien das Landesgericht Innsbruck zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache zu bestimmen, wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die klagende Partei mit dem Sitz in Wien begehrt mit ihrer beim Handelsgericht Wien eingebrachten Klage von dem in Fiss (Gerichtsbezirk Landeck) wohnhaften Beklagten den vereinbarten Kaufpreis für ein vom Beklagten bei der Klägerin bestelltes Kassensystem. Die Zuständigkeit des angerufenen Handelsgerichtes Wien gründet sich auf die anläßlich der Bestellung abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung, wonach Erfüllungsort und Gerichtsstand Wien ist.

Die vom Beklagten zunächst erhobene Unzuständigkeitseinrede wurde mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 9.3.1996 (36 Cg 36/96g-5) unter Hinweis auf die im Bestellschein enthaltene Vereinbarung rechtskräftig verworfen.

Der Beklagte bestreitet seinerseits das Klagevorbringen und führt im wesentlichen aus, er sei über die Möglichkeit einer Verbindung des von der Klägerin gelieferten Kassensystems mit der Schankanlage in Irrtum geführt worden. Zum Beweis seines Vorbringens bezog sich der Beklagte auf Parteienvernehmung sowie auf die Vernehmung eines in Innsbruck wohnenden Mitarbeiters der klagenden Partei. Die klagende Partei bezog sich zum Beweis ihres Prozeßvorbringens auf die Vernehmung eines weiteren, gleichfalls in Innsbruck wohnenden Mitarbeiters; auf Parteienvernehmung der Klägerin wurde verzichtet.

In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 9.3.1996 stellte der Beklagte den Antrag, die Rechtssache aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Landesgericht Innsbruck zu delegieren; gleichzeitig beauftragte er die Vernehmung der von ihm namhaft gemachten Zeugen im Rechtshilfeweg.

Die klagende Partei sprach sich gegen eine Delegierung aus und erklärte sich bereit, einen Kostenvorschuß für die Vernehmung der Zeugen vor dem erkennenden Gericht zu erlegen.

Das Handelsgericht Wien legt den Akt dem Obersten Gerichtshof vor und führt aus, die Delegierung an das Landesgericht Innsbruck sei zweckmäßig.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist nicht berechtigt.

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung ist eine Delegierung aus Zweckmäßigkeitsgründen dann, wenn die örtliche Zuständigkeit eines Gerichtes durch Parteienvereinbarung begründet wurde, grundsätzlich ausgeschlossen, weil sie dem Zweck der Parteienvereinbarung widersprechen würde (Fasching I 232; Fasching, Zivilprozeßrecht**2 Rz 209; SZ 33/7; 4 Ob 526/89 ua). Die Delegierung soll einen Ausnahmefall darstellen und keinesfalls durch großzügige Handhabung eine faktische Durchbrechung der gesetzlichen Zuständigkeitsordnung bewirken (Mayr in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 31). Zielsetzung der Delegierung ist eine Verkürzung oder Verbilligung des Verfahrens sowie eine Erleichterung des Gerichtszuganges (Fasching, ZPR**2 Rz 209), wobei sie immer dann abzulehnen ist, wenn sich die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien lösen läßt und eine der Parteien der Delegierung widerspricht (EFSlg 69.712).

Im gegenständlichen Fall könnte die Delegierung an das Landesgericht Innsbruck weder zu einer Verkürzung des Verfahrens führen (der Klagevertreter hat Vorschüsse für jene Kosten angeboten, die durch die Zureise der beiden auswärtigen Zeugen nach Wien entstehen), sodaß sich eine Rechtshilfevernehmung nicht als erforderlich erweist. Eine Delegierung könnte auch schon deshalb nicht zu einer Verbilligung des Verfahrens führen, weil der Beklagtenvertreter selbst seinen Kanzleisitz nicht in Innsbruck, sondern in Landeck unterhält, im Falle einer Delegierung daher nicht nur der Klagevertreter, sondern auch der Beklagtenvertreter den doppelten Einheitssatz verrechnen müßten. Da auch der Beklagte selbst nicht im Sprengel des Landesgerichtes Innsbruck wohnt ist, brächte die Delegierung der Rechtssache keine eindeutigen Vorteile für die Führung des Verfahrens, sodaß dem Delegierungsantrag ein Erfolg versagt bleiben mußte.

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