OGH 5Ob9/99f

OGH5Ob9/99f26.1.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr. Franz S*****, vertreten durch Dr. Erich Klement, öffentlicher Notar in 5020 Salzburg, betreffend Eintragungen in der Einlage EZ *****, infolge Revisionsrekurses des Antragstellers sowie der B*****gesellschaft m. b. H., *****, letztere ebenfalls vertreten durch Dr. Erich Klement, öffentlicher Notar in 5020 Salzburg, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom 5. November 1998, 22 R 428/98i, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Salzburg vom 5. August 1998, TZ 11428/98, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf der im Kopf der Entscheidung angeführten Liegenschaft stehen zwei Gebäude. In jedem dieser Gebäude befinden sich mehrere Wohnungseigentumsobjekte; der Antragsteller ist Käufer eines solchen Objektes.

Die nunmehrigen Rechtsmittelwerber haben in dem zur Verbücherung vorgelegten Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 30. 1. bzw 9. 2. 1998 folgendes vereinbart (Punkt VI 1. Absatz 2 lit e):

"Die jeweiligen Miteigentümer der Liegenschaft verpflichten sich, die ihnen zustehenden Mitwirkungsbefugnisse (Stimm- und Minderheitsrechte bei der Willensbildung der Wohnungseigentümergemeinschaft) gemäß § 13b Abs 5 WEG dahingehend auszuüben, daß die wirtschaftliche Selbständigkeit der beiden genannten Wohnhäuser als selbständige wirtschaftliche Einheiten sichergestellt ist, insbesondere hinsichtlich Bewirtschaftungskosten, Instandhaltung und Verfügungsrechte dieser wirtschaftlichen Einheiten, sodaß die diesbezügliche Willensbildung hinsichtlich der jeweiligen wirtschaftlichen Einheiten ausschließlich durch die Eigentümer der jeweiligen wirtschaftlich selbständigen Einheiten gültig gefaßt und vorgenommen werden können. Die Parteien erteilen ihre Einwilligung zur grundbücherlichen Anmerkung dieser Vereinbarung."

Das Erstgericht, das im übrigen dem Eintragungsbegehren des Antragstellers stattgab, wies den Antrag auf Anmerkung der Vereinbarung der Willensbildung gemäß § 13b Abs 5 WEG mit der wesentlichen Begründung ab, für eine solche Anmerkung bestehe keine gesetzliche Grundlage.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Nach § 20 GBG könnten Anmerkungen a) zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse, insbesondere von Beschränkungen der Vermögensverwaltung, und b) zur Begründung bestimmter, nach den Vorschriften dieses oder eines anderen Gesetzes damit verbundener Rechtswirkungen erfolgen. § 20 lit b GBG zähle nach dem Gesetz zulässige Anmerkungen beispielsweise auf (Anmerkung der Rangordnung, der Zwangsverwaltung, der Erteilung des Zuschlages etc). § 73 GBG ergänze ausdrücklich, daß teils im Grundbuchsgesetz, teils im Liegenschaftsteilungsgesetz, teils in anderen Gesetzen bestimmt wird, inwieweit das Grundbuchsgericht oder ein anderes Gericht in anderen Fällen eine Anmerkung anzuordnen hat.

Während die Anmerkungen nach § 20 lit a GBG nicht taxativ geregelt seien, bedürften Anmerkungen nach § 20 lit b GBG einer ausdrücklichen gesetzlichen Determinierung, sei es im Grundbuchsgesetz oder in einem anderen Gesetz (Marent, Grundbuchsrecht2, Anm 6 zu § 20; Feil, GBG3, Rz 1 zu § 20; 7 Ob 119/75; NZ 1990/172; NZ 1993/272; EvBl 1995/86). Die in RPflSlgG 227 veröffentlichte Entscheidung des Kreisgerichtes St. Pölten, die für die Zulässigkeit von Anmerkungen über den Wortlaut des Gesetzes hinaus eintritt, entspreche daher nicht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes.

Den von den Miteigentümern der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft abweichend von der gesetzlichen Regelung vereinbarten Verteilungsschlüssel für Liegenschaftsaufwendungen habe das Erstgericht gemäß § 19 Abs 6 WEG ohnehin antragsgemäß im Grundbuch ersichtlich gemacht. Für eine Anmerkung nach Punkt VII. 2. lit e des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrages fehle jedoch eine gesetzliche Grundlage.

Nach § 13b Abs 5 WEG (idF BGBl 1993/800) dürften die den Miteigentümern zustehenden Mitwirkungsbefugnisse (bei der Willensbildung) nicht im voraus abbedungen werden. Vereinbarte Einschränkungen der Mitwirkungsbefugnisse, die sachlich mit dem Wesen des Gebrauchs der Liegenschaft oder der im Wohnungseigentum stehenden Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit zu vereinbaren sind, wie besonders eine Änderung des Verteilungsschlüssel, seien jedoch nach dem 2. Satz dieser Gesetzesstelle zulässig; dies gelte insbesondere dann, wenn es sich um Bedingungen für die Erlangung einer Förderung aus öffentlichen Mitteln für den Wohnbau oder die Wohnhaussanierung handelt.

Anders als bei vereinbarten Änderungen des Verteilungsschlüssels sehe das Gesetz keine grundbücherliche Anmerkung im Zusammenhang mit zulässigen Vereinbarungen nach § 13b Abs 5 WEG vor. Vereinbarungen nach § 13b Abs 5 zweiter Satz WEG beträfen die interne Willensbildung der Miteigentümer, sodaß sie entgegen der von den Rechtsmittelwerbern geäußerten Ansicht nicht Gegenstand einer grundbücherlichen Anmerkung nach § 20 lit a GBG sein können. Die grundbücherlichen Anmerkungen zur Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse hätten nach den im Gesetz angeführten Beispielen (Anmerkung der Minderjährigkeit, der Bestellung eines Sachwalters, der Verlängerung der Minderjährigkeit, des Eintritts der Volljährigkeit oder der Konkurseröffnung) Dispositionsbeschränkungen zum Gegenstand. Im vorliegenden Fall beziehe sich die getroffene Vereinbarung jedoch alleine auf die interne Willensbildung der Miteigentümer, die keiner Publizität gegenüber unbeteiligten Dritten bedürfe.

Zur Begründung von Rechtswirkungen gegenüber einem späteren Käufer iSd § 20 lit b GBG komme die begehrte Anmerkung ebenfalls nicht in Betracht. Für den Verteilungsschlüssel sehe das Gesetz in § 19 Abs 6 WEG eine Ersichtlichmachung (Anmerkung) ausdrücklich vor. Obwohl gerade eine Änderung des Verteilungsschlüssels, gemeint sei damit offenbar eine damit im Zusammenhang stehende Änderungen der Willensbildung (vgl Löcker, Die Wohnungseigentümergemeinschaft, 185 f), in § 13b Abs 5 WEG als Beispiel genannt ist, sehe das Gesetz (in diesem Bereich) keine (darüber hinausgehende) grundbücherliche Anmerkung vor. Gehe man davon aus, daß gerade das Wohnungseigentumsgesetz in anderen Fällen Anmerkungen im Grundbuch ausdrücklich vorsieht (vgl beispielsweise §§ 24a, 25 WEG), so sei davon auszugehen, daß im Sinne der bereits zitierten höchstgerichtlichen Judikatur Anmerkungen nur in den ausdrücklich geregelten Fällen zulässig sind.

Der erkennende Senat des Rekursgerichtes sehe sich daher nicht veranlaßt, von seiner bereits im Verfahren hg 22 R 188/98w vertretenen Rechtsansicht abzugehen.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- nicht übersteigt, der ordentliche Revisionsrekurs jedoch zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß dem Rekursgericht zur Frage der Zulässigkeit der Anmerkung der Willensbildung nach § 13b Abs 5 WEG keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zugänglich sei, der zu beurteilenden Rechtsfrage jedoch Bedeutung über den Einzelfall hinaus komme.

Im jetzt vorliegenden Revisionsrekurs beharren die Rechtsmittelwerber auf ihrem Rechtsstandpunkt, daß die begehrte Anmerkung zulässig sei. Begründen lasse sich das mit den Grundsätzen analoger Rechtsanwendung, da es nur folgerichtig erscheine, für alle in § 13b Abs 5 WEG angeführten Einschränkungen der Mitwirkungsbefugnisse einzelner Wohnungseigentümer an der gemeinschaftlichen Willensbildung eine bücherliche Anmerkung zuzulassen, wenn das Gesetz für einen dieser Fälle, die Änderung des Verteilungsschlüssels für Liegenschaftsaufwendungen, die Anmerkungsmöglichkeit ausdrücklich erwähnt; außerdem lasse sich die im konkreten Fall vereinbarte Bindung der Stimmrechtsausübung entgegen der Rechtsansicht des Rekursgerichtes sehr wohl unter die nach § 20 lit a GBG anmerkungsfähigen persönlichen Dispositionsbeschränkungen subsumieren. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, in Abänderung der vorinstanzlichen Entscheidungen die Anmerkung der Vereinbarung der Willensbildung gemäß § 13b Abs 5 WEG zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist jedoch nicht berechtigt.

Da der erkennende Senat die Rechtsansicht des Rekursgerichtes teilt und auch dessen Argumentation als überzeugend erachtet, kann in Ausnützung der durch § 126 Abs 3 GBG gewährten Begründungserleichterung auf die Rechtsausführungen im angefochtenen Beschluß verwiesen werden. Erst jüngst hat der Oberste Gerichtshof wieder seinen bereits in GlU 6051, 7 Ob 119/75, MietSlg 41.089, NZ 1994/305, NZ 1994/307 und WoBl 1995/64 vertretenen Rechtsstandpunkt bekräftigt, daß grundbücherliche Anmerkungen nach § 20 lit b GBG nur erfolgen dürfen, wenn eine spezielle gesetzliche Vorschrift die Eintragung ermöglicht und zugleich deren Wirkungen festlegt (EvBl 1997/130; vgl auch die Anm von Call zu WoBl 1995/64). Anmerkungen, die kein Gesetz erwähnt, sind also unzulässig (Klang in Klang II2, 342 mwN). Die grundbücherliche Anmerkung einer Einschränkung der Stimm- und Minderheitsrechte bei der Willensbildung der Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Gesetz nur für die Änderung des Verteilungsschlüssels für die Liegenschaftsaufwendungen vorgesehen (§ 19 Abs 6 WEG idF des 3. WÄG; sonstige im WEG zugelassene Anmerkungen - § 15, § 17 Abs 2 Satz 4, § 24a Abs 2, § 25 Abs 3 - betreffen nicht vergleichbare Angelegenheiten), weshalb der im gegenständlichen Fall begehrten Anmerkung die gesetzliche Basis fehlt.

Die dagegen von den Rechtsmittelwerbern vorgebrachten Argumente sind nicht stichhältig. Die über den Wortlaut der §§ 20 lit b, 73 GBG hinausgehende Erweiterung der Anmerkungsmöglichkeiten kraft Analogie würde eine planwidrige, vom Gesetzgeber nicht gewollte Gesetzeslücke voraussetzen (vgl aus jüngerer Zeit SZ 69/109; SZ 70/38; JBl 1998, 736 jeweils mwN; zuletzt 1 Ob 235/98k). Eine solche Lücke ist nicht zu erkennen, hat doch der Gesetzgeber die Einschränkungen der Stimm- und Minderheitsrechte des Wohnungseigentümers einer eigenen Regelung für Wert befunden (§ 13b Abs 5 WEG), die Möglichkeit einer grundbücherlichen Anmerkung jedoch nur für den besonderen Fall der Abänderung des Verteilungsschlüssels für Liegenschaftsaufwendungen vorgesehen (§ 19 Abs 6 WEG). Das legt den Schluß nahe, daß der Gesetzgeber ganz bewußt eine Auswahl getroffen hat; für das Übersehen eines Regelungsbedarfs fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

Auch der Hinweis auf die in § 20 lit a GBG vorgesehene Ersichtlichmachung persönlicher Verhältnisse im Grundbuch, insbesondere von Beschränkungen der Vermögensverwaltung des Liegenschaftseigentümers, zeigt keine Eintragungsmöglichkeit für die vom Antragsteller begehrte Anmerkung auf. Bei den in § 20 lit a GBG erwähnten Verfügungsbeschränkungen Buchberechtigter, die jedermann kennen soll, geht es grundsätzlich um persönliche, mit den Eigenschaften des Buchberechtigten zusammenhängende Fähigkeiten, nicht aber um rechtsgeschäftliche Willensbindungen. In derartigen Fällen bedürfen grundbücherliche Anmerkungen einer besonderen gesetzlichen Zulassung. Daß sich die Judikatur nicht immer konsequent an diese Beschränkung hält (vgl etwa SZ 40/94; NZ 1997, 63/375 ua und die Kritik der Lehre an der Verbücherung von Besitznachfolgerechten, eingehend Fischer-Czermak, Veräußerungsverbot und Besitznachfolgerechte, GS Hofmeister, 169 ff), ist kein Grund, gerade für den gegenständlichen Fall eine Ausnahme zu machen.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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