Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Antrag der Antragsgegner auf Zuspruch von Kosten wird abgewiesen.
Text
Begründung
Der Antragsteller ist Mieter eines Objektes in dem den Antragsgegnern gehörengen Haus Wien 14., Dreyhausenstraße 17. Er begehrt gemäß § 6 Abs 1 MRG die Instandsetzung der Stromzuleitung zu der Wohnung Nr 43, die Instandsetzung des Gangpflasters sowie die Instandsetzung der Wohnungsfenster zu den Mietgegenständen Nr 41 und
43. Nicht strittig ist, daß durch die Schäden, die mit Hilfe der beantragten Arbeiten behoben werden sollen, die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährdet ist.
Die Antragsgegner haben ausschließlich eingewendet, der Antragsteller habe durch unsachgemäße und eigenmächtige Arbeiten die Schäden selbst verursacht, weshalb er zur Antragstellung nicht legitimiert sei. Im übrigen sei sowieso eine Generalsanierung des Hauses beabsichtigt, weshalb die Vorwegnahme bestimmter Arbeiten unzweckmäßig und für die Mieter nachteilig sei.
Die Vorinstanzen haben die Einwendungen der Antragsgegner aus rechtlichen Erwägungen als nicht zielführend erachtet und dem Antrag stattgegeben.
Der von den Antragsgegnern gegen die pntscheidung des Rekursgerichtes erhobene und von diesem Gericht für zulässig erklärte Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach § 6 Abs 1 MRG ist dem Vermieter, falls er es unterläßt, Erhaltungs- oder Verbesserungsarbeiten durchzuführen, auf Antrag die Vornahme dieser Arbeiten binnen angemessener Frist aufzutragen. Sind darunter Arbeiten, die nach § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG vorweg durchzuführen sind, so ist die Durchführung dieser Arbeiten vorweg aufzutragen. Hinsichtlich solcher Arbeiten gilt Abs 4 nicht. Im Falle des § 3 Abs 2 Z 1 bis 4 MRG ist zur Antragstellung jeder Hauptmieter des Hauses berechtigt. Zu den Arbeiten des § 3 Abs 3 Z 2, deren Durchführung vorweg aufzutragen ist, gehören auch solche, die der Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden, dienen (lit b).
Zweck der erwähnten Bestimmung ist die Erhaltung der Bausubstanz des Hauses und die Abwehr von Gefahren für Personen und Sachen, nicht aber die Belohnung gesetzmäßigen oder die Bestrafung gesetzwidrigen Verhaltens eines Mieters. Der genannte Zweck kann nur erreicht werden, wenn man bei der Entscheidung über entsprechende Anträge ausschließlich auf den Zustand des Hauses, nicht aber auf die Ursachen, die zu diesem Zustand geführt haben, abstellt. Die Vorinstanzen haben daher richtig erkannt, daß für die Entscheidung über derartige Anträge ein allfälliges Verhalten von Mietern, das zu dem gefährlichen Bauzustand des Hauses geführt hat, ohne Bedeutung ist. Der Zweck der erwähnten gesetzlichen Bestimmung würde nämlich geradezu unterlaufen werden, würde man trotz Feststellung der Gefährlichkeit eines bestehenden Zustandes den auf Beseitigung des Zustandes abzielenden Antrag nur deshalb abweisen, weil dieser Zustand vom antragstellenden Mieter verursacht worden ist. Gegen den Auftrag zur Vornahme privilegierter Arbeiten stehen dem Vermieter praktisch keine Einwendungen zu (MietSlg 37.255/28, 38.278, 5 Ob 70, 71/89 ua, Würth in Rummel ABGB Rz 4 zu § 6 MRG ua). Die Wirtschaftlichkeit derartiger Arbeiten ist nicht zu prüfen. Soweit der Antrag derartige Arbeiten betrifft, steht auch der Mehrheit der Mieter kein Widerspruchsrecht zu (Würth in Rummel aaO Rz 4 zu § 6 MRG, 37.225/28, 5 Ob 70, 71/89 ua).
Ob eine andere rechtliche Beurteilung dann am Platz wäre, wenn der antragstellende und den Schaden selbst verursachende Mieter der einzige Mieter des Hauses ist oder wenn die von dem Gebrechen ausgehende Gefahr nur ihn bedroht, muß hier nicht erörtert werden, weil derartiges von den Antragsgegnern nicht behauptet worden ist. Vielmehr war vom Normalfall des § 6 Abs 1 auszugehen, demzufolge jeder Mieter ohne jede Einschränkung (etwa im Hinblick auf sein eigenes Verhalten) zur Antragstellung berechtigt ist. Da die von dem Baugebrechen ausgehende Gefahr feststeht und sohin privilegierte Arbeiten im Sinne der mehrfach zitierten gesetzlichen Bestimmung beantragt werden, haben die Vorinstanzen richtig die Einwendung, der Antragsteller könne die Vornahme der Arbeiten deshalb nicht begehren, weil er die Gebrechen durch sein Verhalten verschuldet habe, als unbeachtlich erachtet. Von einem rechtsmißbräuchlichen Vorgehen des Antragstellers kann keine Rede sein, weil dieser aus seinem angeblichen Fehlverhalten nicht nur Vorteile für sich ableiten will, vielmehr sein Antrag auf die Beseitigung einer Gefahr für einen größeren Personenkreis abzielt. Sollte die Behauptung, der Antragsteller habe durch rechtswidrige Handlungen schuldhaft einen Schaden verursacht, richtig sein, so würde dies allenfalls einen Schadenersatzanspruch der Antragsgegner gegen ihn begründen, jedoch nicht zum Verlust seines in § 6 Abs 1 lit a begründeten Antragsrechtes als Mieter führen.
Daß die Wirtschaftlichkeit der aufgetragenen Arbeiten nicht zu prüfen war, wurde bereits oben dargelegt. Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich eindeutig, daß privilegierte Arbeiten vorweg durchzuführen sind. Der Vermieter kann daher die Abweisung eines auf Durchführung solcher Arbeiten abzielenden Antrages nicht mit dem Hinweis auf eine geplante Generalsanierung des Hauses und auf die Unwirtschaftlichkeit der Vorwegnahme von Arbeiten erreichen. Ebensowenig war zu prüfen, ob durch die Vorwegnahme von Arbeiten für die übrigen Mieter höhere Kosten entstehen, weil bei der Entscheidung über privilegierte Arbeiten kein Widerspruchsrecht der Mietermehrheit besteht und das Verbot der Wirtschaftlichkeitsprüfung sich auch auf die Frage erstreckt, ob durch die aufgrund des Gesetzes auf jeden Fall durchzuführenden Arbeiten eine Erhöhung der Mietzinse erforderlich wird oder nicht.
Schließlich ist der Einwand des Revisionsrekurses, die Antragsteller wären rechtlich so zu behandeln, als hätten sie sich gar nicht geweigert, die Arbeiten durchzuführen, entbehrt jeglicher Grundlage, weil das gesamte Verfahren nur deshalb abgeführt werden mußte, weil sich die Vermieter nach wie vor weigern, privilegierte Arbeiten vorweg durchführen zu lassen.
Dem Revisionsrekurs war demnach ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung ergibt sich bereits aufgrund des Umstandes, daß im außerstreitigen Mietrechtsverfahren im allgemeinen ein Ersatz der Kosten rechtsfreundlicher Vertretung nicht vorgesehen ist (§ 37 Abs 3 Z 19 MRG).
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