OGH 5Ob95/06s

OGH5Ob95/06s20.4.2006

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch, Dr. Kuras Dr. Kalivoda und Dr. Höllwerth als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragstellerin Hedwig Gertrud A*****, vertreten durch Dr. Dietmar Fritz, Rechtsanwalt in Bezau, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts an EZ *****, GB *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 2. März 2006, GZ 2 R 58/06d-6, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bezau vom 3. Februar 2006, TZ 162/06-3, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Auf der Liegenschaft EZ ***** GB ***** wurde im Jahr 2004 Wohnungseigentum begründet. Auf dieser Liegenschaft bestehen derzeit an wohnungseigentumtauglichen Objekten einundzwanzig Wohnungen, vier selbständige Räumlichkeiten und dreiundzwanzig Abstellplätze für Kraftfahrzeuge. Zehn weitere Abstellplätze befinden sich auf allgemeinen Teilen der Liegenschaft. Der Antragstellerin steht bereits Wohnungseigentum an der Wohnung B 5 und am Abstellplatz G 45 zu.

Mit dem verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuch begehrt die Antragstellerin, ihr aufgrund des mit der N*****gesellschaft mbH abgeschlossenen Kaufvertrags vom 21. 12. 2005 und weiterer Urkunden die Einverleibung ihres Wohnungseigentums am Abstellplatz G 35 zu bewilligen.

Das Erstgericht wies dieses Begehren ab. Es vertrat die Auffassung, während der dreijährigen Frist des § 5 Abs 2 WEG 2002 könnten Personen und Eigentümerpartnerschaften, denen Wohnungseigentum an einer Wohnung oder einer sonstigen selbständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukomme, Wohnungseigentum an mehr als einem Abstellplatz nur erwerben, soweit die Zahl der auf der Liegenschaft vorhandenen Abstellplätze die Zahl der Wohnungen und sonstigen selbständigen Räumlichkeiten übersteige. Bei Berechnung der überzähligen Abstellplätze sei der schriftlich erklärte Verzicht eines Wohnungseigentümers auf den ihm vorzubehaltenden Abstellplatz zu berücksichtigen. Ein schriftlicher Verzicht liege nicht vor. Bei der Berechnung der überzähligen Abstellplätze seien nur jene heranzuziehen, die im Wohnungseigentum stünden. Im vorliegenden Fall stünden 21 Wohnungen und 4 weiteren selbständigen Räumlichkeiten nur dreiundzwanzig Abstellplätze gegenüber. Auf die zehn weiteren Abstellplätze, die der gemeinschaftlichen Benützung gewidmet seien, sei bei dieser Zählweise nicht Bedacht zu nehmen.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das Rekursgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, dass bei der von § 5 Abs 2 WEG 2002 vorgenommenen Beschränkung der Erwerbsmöglichkeit für Kfz-Abstellplätze schon nach der aus den EB zur RV hervorgehenden Absicht des Gesetzgebers nur die wohnungseigentumstauglichen Abstellplätze zu verstehen seien. Ein Wohnungseigentümer könne daher nur dann an mehr als einem Abstellplatz während der ersten drei Jahre nach WE-Begründung Wohnungseigentum erwerben, wenn auf der Liegenschaft mehr wohnungseigentumstaugliche Kfz-Abstellplätze vorhanden seien als andere wohnungseigentumstaugliche Objekte. Als Folge der obligatorischen Wohnungseigentumsbegründung an allen dazu tauglichen Objekten müsse von vornherein (spätestens als Grundlage der Nutzwertermittlung) festgelegt werden, ob und welche Kfz-Abstellplätze in Wohnungseigentum vergeben werden und welche als allgemeine Teile der Liegenschaft den künftigen Gemeinschaftern verbleiben sollen. Alle Kfz-Abstellplätze, die demnach nicht als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmet seien, seien ex lege Wohnungseigentumsobjekte, weil es zwischen diesen beiden Möglichkeiten keine dritte gebe. Der Intention des Gesetzgebers, möglichst jedem Wohnungseigentümer auch Wohnungseigentum an einem Kfz-Abstellplatz zu verschaffen - sofern solche wohnungseigentumstauglichen Kfz-Abstellplätzen ausreichender Zahl vorhanden seien - könne nur dadurch entsprochen werden, dass in die Zahl der insgesamt verfügbaren Abstellplätze nur jene miteingerechnet werden, an denen bereits Wohnungseigentum begründet sei. In diese Richtung weise auch der Entwurf einer Wohnrechtsnovelle 2006 (WRN 2006), wo in in § 5 Abs 2 zweiter Satz WEG 2002 nF gegenüber der bisherigen Formulierung klargestellt werden solle, dass bei Zählung der Kfz-Abstellplätze nicht etwa auch jene Kfz-Abstellplätze miteinzubeziehen seien, die nach der Widmung der Miteigentümer allgemeine Teile der Liegenschaft bleiben sollten. Dies sei in den Erläuterungen zur WRN 2006 nur als „Klarstellung", nicht aber als „Änderung" vorgesehen und spreche daher nicht gegen die vorgenommene Interpretation des § 5 Abs 2 WEG 2002 in der bisherigen Fassung. Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, wie die Anzahl der Abstellplätze in § 5 Abs 2 WEG 2002 zu errechnen sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Für eine Frist von drei Jahren ab erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum an einer Liegenschaft ist der Erwerb von selbständigem Wohnungseigentum an einem Kfz-Abstellplatz durch § 5 Abs 2 WEG 2002 in zweifacher Hinsicht beschränkt: 1. können nur solche Personen einen Abstellplatz erwerben, denen bereits Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit der Liegenschaft zukommt, 2. können auch diese Personen während der dreijährigen Frist nur einen Kfz-Abstellplatz (also nicht mehrere) erwerben, es sei denn, es wären auf der Liegenschaft mehr Abstellplätze als andere wohnungseigentumstaugliche Objekte vorhanden (aus der RV zum WEG 2002, RV 989 XXI. GP). Das Adjektiv „andere" hat zwar in die Formulierung des § 5 Abs 2 WEG 2002 nicht Eingang gefunden; dennoch besteht kein Zweifel daran, dass unter den „vorhandenen Abstellplätzen" bzw den „überzähligen Abstellplätzen" nur solche zu verstehen sind, an denen auch Wohnungseigentum erworben werden könnte. Zur Unterscheidung, welche Kfz-Abstellplätze zur Wohnungseigentumsbegründung geeignet sind und bei welchen dies nicht der Fall ist, kommt es nicht nur auf ihre Eignung und deutliche Abgrenzung an, sondern auch auf die entsprechende Widmung. In der schriftlichen Vereinbarung aller Miteigentümer im Wohnungseigentumsvertrag ist festzulegen, welche geeignete Kfz-Abstellplätze zu WE-Objekten bestimmt werden und welche als allgemeine Teile der Liegenschaft der allgemeinen Benützung dienen sollen. An letzteren kann dann Wohnungseigentum nicht begründet werden, es sei denn, es käme zu einer einvernehmlichen Abänderung der getroffenen Widmung. Weil es nach dem klar erkennbaren Zweck des § 5 Abs 2 WEG 2002 um eine möglichst gleichmäßige Versorgung der Wohnungseigentümer mit Kfz-Abstellplätzen geht und § 5 Abs 2 WEG 2002 vom „Erwerb" von Wohnungseigentum an Kfz-Abstellplätzen handelt, kann es bei der Beschränkungsbestimmung nur um wohnungseigentumstaugliche, also „erwerbbare" Kfz-Abstellplätze gehen. Daraus wiederum folgt, dass jene Abstellplätze, an denen infolge Widmung zu allgemeinen Teilen der Liegenschaft kein Erwerb von Wohnungseigentum möglich ist, nicht in die Zahl der aufzuteilenden Kfz-Abstellplätze einzurechnen sind. Sind also nicht mehr wohnungseigentumstaugliche und auch tatsächlich als Wohnungseigentumsobjekte gewidmete Kfz-Abstellplätze auf einer Liegenschaft vorhanden, als es der Zahl der anderen wohnungseigentumstauglichen Objekte entspricht (vgl das Zitat aus der RV 1989, XXI. GP), dann ist es während der ersten drei Jahre ab erstmaliger Begründung von Wohnungseigentum (abgesehen vom Fall des Verzichts eines Wohnungseigentümers) ausgeschlossen, mehr als einen Kfz-Abstellplatz pro Wohnungseigentumsobjekt zu erwerben. Dass eine Bescheinigung/ein Gutachten eines Ziviltechnikers oder Sachverständigen iSd § 6 Abs 2 WEG 2002 alle auf der Liegenschaft vorhandenen Abstellplätze für Kraftfahrzeuge zu enthalten hat, also auch jene, die der allgemeinen Benützung gewidmet sind (vgl Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und Wohnrecht21 Rz 4 zu § 6 WEG 2002), stellt nicht auf die zivil- bzw WE-rechtliche Widmung dieser Objekte ab (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht Rz 9 zu § 6 WEG 2002). Es sollen in einer solchen Bestätigung sämtliche WE-tauglichen Objekte und nicht etwa nur diejenigen, an welchen tatsächlich WE-begründet werden soll, enthalten sein. Die WE-rechtliche Widmung der Objekte ergibt sich dann ohnedies aus der Nutzwertberechnung bzw -festsetzung iSd § 6 Abs 1 Z 3 WEG 2002. Der wie in § 5 Abs 2 WEG 2002 gebrauchte Begriff „auf der Liegenschaft vorhandene Abstellplätze" in dieser Gesetzesbestimmung ist anders auszulegen, weil damit nicht der vorher dargestellte Regelungszweck verbunden ist.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher der Erfolg zu versagen.

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