OGH 5Ob91/95

OGH5Ob91/9527.6.1995

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Dr.Peter S*****, Rechtsanwalt, ***** als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Gustav V*****, Kaufmann, ***** wegen Einverleibung des Eigentumsrechtes ob Anteilen an der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** infolge außerordentlichen Rekurses des Antragstellers gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 29.März 1995, GZ 46 R 3020/95, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Bruck an der Leitha vom 30.Jänner 1995, TZ 192/1995, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt wird.

Die grundbücherliche Durchführung und die Verständigung der Beteiligten obliegt dem Erstgericht.

Text

Begründung

Die Eigentümerin von 847/1228 Anteilen an der im Kopf dieser Entscheidung genannten Liegenschaft, womit Wohnungseigentum verbunden ist, übergab ein Unternehmen, zudem dieses Wohnungseigentumsobjekt gehört, mit Übergabsvertrag vom 18.7.1985 ihrem Sohn, dem im Kopf dieser Entscheidung genannten Gemeinschuldner. In diesem Vertrag hatte sich der Gemeinschuldner über Anweisung der Übergeberin verpflichtet, diese Liegenschaftsanteile ohne Zustimmung der Übergeberin weder zu belasten noch zu veräußern, und diese Liegenschaftsanteile zur dinglichen Haftung für das Belastungs- und Veräußerungsverbot bestellt. Die Vertragsparteien erteilten ihre ausdrückliche Einwilligung, daß ob den genannten Liegenschaftsanteilen

1.) das Eigentumsrecht für den Übernehmer und

2.) das Belastungs- und Veräußerungsverbot für die Übergeberin einverleibt werde.

Das Erstgericht gab dem nur auf Einverleibung des Eigentumsrechtes des Gemeinschuldners gerichteten Antrag des Antragstellers statt und merkte gleichzeitig die Konkurseröffnung an.

Das Rekursgericht änderte den Beschluß des Erstgerichtes in antragsabweisendem Sinn ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteigt und daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Das Rekursgericht begründete seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt:

Auch wenn die Gleichzeitigkeit der Einverleibung für die gegenseitig Berechtigten zwar nicht ausdrücklich oder sonst ganz unzweideutig im Notariatsakt aufbedungen worden sei, müsse die Bestimmung des § 97 Abs 1 GBG auch dann angewendet werden, wenn mit Rücksicht auf die Einheit des Vertrages die begehrte Eintragung eines einzelnen der gegenseitigen Rechte als etwas anderes gegenüber dem vereinbarten Recht angesehen werden müßte. Dies treffe insbesondere dann zu, wenn statt des beschränkten Eigentums das unbeschränkte Eigentum eingetragen würde, wie es bei Einverleibung bloß des Eigentumsrechtes für den Gemeinschuldner ohne die Beschränkung durch das vereinbarte Belastungs- und Veräußerungsverbot zugunsten der Übergeberin zuträfe.

Der ordentliche Revisionsrekurs sei im Hinblick auf die klare Sach- und Rechtslage unzulässig.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der (außerordentliche) Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

a) Zur Zulässigkeit:

Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil eine Rechtsprechung des

Obersten Gerichtshofes zu der Frage fehlt, ob im Falle der

Vereinbarung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes zugunsten

des Rechtsvorgängers des Eigentumserwerbers im selben Vertrag eine

Verbücherung bloß des Eigentumsrechtes gemäß § 97 Abs 1 GBG

zulässig ist - die vom Rekursgericht zitierten Entscheidungen

RPflSlgG 1128, 1575 und 2032 stammen von Gerichten zweiter Instanz

-, und weil das Rekursgericht von dem sonst zur Auslegung des § 97

GBG in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entwickelten

Grundsätzen - wie später gezeigt werden wird - abwich.

b) Zur Sachentscheidung:

Wenn aus der Urkunde hervorgeht, daß dem Erwerber eines dinglichen Rechtes die Bewilligung zur Einverleibung erteilt worden ist, daß ihm aber zugleich Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht oder Gegenverpflichtungen auferlegt worden sind, hinsichtlich deren die gleichzeitige Einverleibung für die daraus Berechtigten bedungen worden ist, darf die Eintragung jenes Rechtes nicht bewilligt werden, wenn nicht zugleich hinsichtlich der bedungenen Beschränkungen oder Gegenverpflichtungen die Einverleibung oder nach der Beschaffenheit der Urkunde doch die Vormerkung angesucht wird (§ 97 Abs 1 GBG). Schon nach dem klaren Gesetzeswortlaut hindern vom Rechtserwerber übernommene Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht für sich allein die Einverleibung seines Rechtes nicht, wenn nicht die gleichzeitige Einverleibung dieser Verfügungsbeschränkung bedungen wurde. Nach der Rechtsprechung (MGA Grundbuchsrecht4 § 97 GBGB/E 2) liegen daher die Voraussetzungen

des § 97 GBG nur vor, wenn die gleichzeitige Einverleibung der Gegenverpflichtung ausdrücklich oder doch ganz eindeutig bedungen wurde. Die Abgabe der Aufsandungserklärung für die Einverleibung des dinglichen Rechtes und der Gegenverpflichtung mit einem einzigen Vertragspunkt würde diesen Voraussetzungen nicht entsprechen. Auch aus der bloßen Einheit des Vertrages kann eine solche Bedungenheit gleichzeitiger Einverleibung nicht abgeleitet werden (MGA Grundbuchsrecht4 § 97 GBG/E 3). Diese von der Rechtsprechung zur Auslegung des § 97 Abs 1 GBG für den Fall der Auferlegung einer Gegenverpflichtung entwickelten Grundsätze sind auch auf den Fall anzuwenden, daß im Vertrag zugleich Beschränkungen in der Verfügung über das erworbene Recht enthalten sind, weil das Gesetz an diese beiden Tatbestände keine verschiedenen Rechtsfolgen knüpft. Eine solche Verfügungsbeschränkung stellt die Einräumung eines Belastungs- und Veräußerungsverbotes dar. Dies hindert jedoch nicht die Eigentumseinverleibung, wenn - wie in dem hier zu beurteilenden

Fall - die gleichzeitige Einverleibung desselben nicht bedungen

worden ist. Die Argumentation des Rekursgerichtes, die gleichzeitige Einverleibung dieses Belastungs- und Veräußerungsverbotes müsse erfolgen, weil sonst dem Antragsteller durch die Einverleibung mehr an Rechten zukäme, als nach dem Vertrag gewollt sei, ist nicht überzeugend, weil ein solches Mehr an Rechten nach dem Buchsstand demjenigen, der die Einverleibung seines Rechtes ohne gleichzeitige Verbücherung der von ihm übernommenen Verfügungsbeschränkungen begehrt, immer zukommt und weil der Gesetzgeber ausdrücklich auch für diesen Fall die gleichzeitige Einverleibung der Verfügungsbeschränkung an eine zusätzliche Bedingung, nämlich die ausdrückliche Vereinbarung der gleichzeitigen Einverleibung dieser Verfügungsbeschränkung knüpft.

In Stattgebung des Revisionsrekurses war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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