OGH 5Ob91/88

OGH5Ob91/8822.11.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1.) Josef E*** und 2.) Theresia E***, beide Pensionisten, Radetzkystraße 31/22, 1030 Wien, vertreten durch Dr. Helmut Pfalz, Rechtsanwalt in Wien, wider die Antragsgegner

1.) Dr. Kurt H***, Immobilienverwalter, und 2.) Elisabeth H***, Hauseigentümerin, Radetzkystraße 58, 1030 Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 13 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 11. August 1988, GZ 41 R 274/88-7, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 28. Dezember 1987, GZ 44 Msch 21/87-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Antragsgegner haben die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Antragsgegner sind Eigentümer des Hauses Wien 3., Radetzkystraße 31. Mit Vertrag vom 7. März 1957 mieteten die Antragsteller die in diesem Haus gelegene Wohnung top. Nr. 22 von Ing. Karl K***, der das Haus gekauft hatte, dessen Eigentumsrecht zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht einverleibt war. Um eine allfällige Ungültigkeit dieses Vertrages zu verhindern, schlossen die Antragsteller am 30. April 1957 mit den damals noch im Grundbuch eingetragenen Eigentümern Dr. Margarethe D***-D*** und Barbara Ruth D***, vertreten durch den gerichtlichen Zwangsverwalter Franz K*** einen weiteren Mietvertrag mit im wesentlichen gleichem Inhalt. Während die Wohnung im Vertrag vom 7. März 1957 als aus 3 1/2 Zimmern und Nebenräumen bestehend beschrieben wurde, wurde im Vertrag vom 30. April 1957 festgehalten, daß sie aus drei Zimmern, einem Kabinett, einer Küche, einem Vorzimmer und einem Badezimmer besteht. Der Erstantragsteller war damals bei Baumeister Ing. K*** beschäftigt. Ing. K*** hatte die Wohnung den Antragstellern bereits vor der Anmietung zur Durchführung von Adaptierungsarbeiten überlassen. Bis dahin war die Wohnung als Lager einer Schneiderei verwendet worden und hatte sie über keine Badegelegenheit verfügt; sie bestand aus Vorraum, Küche, Kabinett, drei Zimmern und WC. Noch vor dem 7. März 1957 teilte der Erstantragsteller einen Teil der Küche durch zwei Holzwände in der Höhe von ca. 1,75 m ab und installierte dort ein Bad, das über Waschmuschel, Badewanne, Anschlüsse für Warm- und Kaltwasser verfügte. Am 7. März 1957 war dieses Bad bereits fertiggestellt. Die Verfliesung wurde von den Antragstellern erst in den 70-er Jahren vorgenommen. Die Wohnung verfügt über eine Nutzfläche von 129 m2.

Seit 1. November 1984 schreiben die Antragsgegner den Antragstellern einen Erhaltungsbeitrag von S 1.334,16 monatlich vor; der bisherige Hauptmietzins betrug S 318,94. Die den Antragstellern vorgeschriebenen Beträge wurden jeweils zumindest bis zum Monatsletzten bezahlt.

Mit dem am 13. November 1986 beim Magistratischen Bezirksamt für den 3. Bezirk, Schlichtungsstelle, erhobenen Antrag begehrten Josef und Theresia E*** die Überprüfung des ihnen vorgeschriebenen Erhaltungsbeitrages. Die Antragsgegner seien zu Unrecht von der Ausstattungskategorie B und einer Nutzfläche von 135,5 m2 ausgegangen. Tatsächlich sei ihre Wohnung bloß in die Ausstattungskategorie C einzustufen, weil die Wohnung zur Zeit des Abschlusses des Mietvertrages am 7. März 1957 kein Bad gehabt habe, sie dieses vielmehr erst später selbst auf eigene Kosten hätten installieren lassen. Außerdem betrage die Nutzfläche ihrer Wohnung nur 129 m2.

Die Antragsgegner beantragten die Abweisung des Antrages, weil in der Wohnung der Antragsteller zur Zeit des Vertragsabschlusses vom 30. April 1957 ein Bad vorhanden gewesen sei und die Wohnung damit der Kategorie B angehöre.

Das von den Antragstellern gemäß § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht sprach eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes durch die Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages von monatlich S 1.334,16 im Zeitraum der Zinstermine vom 1. November 1984 bis 1. November 1986 um jeweils S 79,30 aus und trug den Antragsgegnern die Rückerstattung eines Betrages von S 2.180,75 samt 4 % Zinsen aus S 87,23 ab dem jeweiligen Ersten der Monate Dezember 1984 bis Dezember 1986 auf. Rechtlich beurteilte es den bereits wiedergegebenen Sachverhalt dahin, daß die Antragsgegner das gesetzlich zulässige Zinsausmaß mit der Vorschreibung des Erhaltungsbeitrags überschritten hätten, weil die tatsächliche Nutzfläche der Wohnung mit 129 m2 feststehe, was zu einem zulässigen Erhaltungsbeitrag von (richtig) S 1.254,86 und damit einer Überschreitung von S 79,30 netto führe. Unberechtigt sei der Antrag insofern, als die Antragsteller meinten, ihre Wohnung sei der Ausstattungskategorie C zuzuordnen, weil die für die Berechnung des Erhaltungsbeitrages nach § 45 MRG heranzuziehende Ausstattungskategorie sich ausschließlich nach dem Ausstattungszustand der Wohnung im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages richte, und zwar ungeachtet des Umstandes, daß der Mieter es gewesen sei, der das Bad in der Wohnung errichtet habe. Das Gericht zweiter Instanz gab dem Rekurs der Antragsteller teilweise Folge und änderte den Sachbeschluß des Erstgerichtes, der in seinem stattgebenden Teil einschließlich des daraus resultierenden Ausspruchs nach § 37 Abs 4 MRG unangefochten geblieben war, im Umfang der in der Unterlassung des Ausspruchs einer Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes in einem höheren als dem erkannten Ausmaß gelegenen Abweisung des Mehrbegehrens der Antragsteller dahin ab, daß es eine Überschreitung des gesetzlich zulässigen Zinsausmaßes der Antragsgegner den Antragstellern gegenüber durch die Vorschreibung eines Erhaltungsbeitrages von monatlich S 1.334,16 im Zeitraum der Zinstermine vom 1. November 1984 bis 1. November 1986 um jeweils S 603,90 aussprach und die Antragsgegner schuldig erkannte, den Antragstellern binnen 14 Tagen den Betrag von S 16.607,25 (darin S 1.509,75 an Umsatzsteuer) samt 4 % Staffelzinsen aus je S 664,29 zurückzuerstatten. Zutreffend bekämpften die Rekurswerber die - im Revisionsrekursverfahren allein strittig

gebliebene - Rechtsauffassung des Erstgerichtes, daß bei der Errechnung des Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrages für die Wohnung der Antragsteller von der Einordnung dieser Wohnung in die Ausstattungskategorie des § 16 Abs 2 Z 2 MRG auszugehen sei. Die Verknüpfung der Zustandsbeurteilung der Wohnung mit dem Vertragsabschluß bilde bloß den Regelfall, während es entscheidend auf den nach dem Inhalt des Vertrages vom Vermieter herzustellenden und tatsächlich geschaffenen Zustand der Wohnung ankomme (MietSlg 38.354 mwN). Unmaßgeblich sei lediglich die Frage, ob der Ausstattungszustand der Wohnung vom Vermieter oder dem Vormieter oder einem sonstigen Vorbenützer geschaffen worden wäre (vgl. MietSlg 37.333, 37.575). Übernehme der Mieter jedoch, wenn auch vor Beginn des Vertragsverhältnisses, die Schaffung des eine bestimmte Ausstattungskategorie herstellenden Zustands, dann könnte dies - von dem hier nicht behaupteten Fall der Zulässigkeit freier Zinsvereinbarung abgesehen - nur dann zur zinsrechtlichen Einordnung in die vom Mieter geschaffene Ausstattungskategorie führen, wenn der Vermieter durch Überlassung entsprechender finanzieller Mittel oder durch eine den Kosten dieser Arbeiten entsprechende Zinsreduktion wirtschaftlich jene die Zuordnung der Wohnung in die betroffene Ausstattungskategorie ermöglichende Lage herstelle, die bestanden hätte, wenn der Vermieter - oder ein vom neuen Mieter fremder Vorbenützer - die kategoriebestimmenden Investitionen vor Abschluß des Mietvertrages getätigt hätte (MietSlg 38.354). Hieraus folge für den vorliegenden Fall, daß die Antragsgegner die von den Antragstellern vorgenommene Installation eines Badezimmers in der Wohnung, sei sie auch vor dem Abschluß des Bestandvertrages erfolgt, nicht zum Anlaß nehmen dürften, den Erhaltungsbeitrag für die Wohnung der Antragsteller auf der Basis der Ausstattungskategorie B zu berechnen, da sie nicht einmal behauptet hätten, den Antragstellern die wirtschaftlichen Mittel zur Errichtung des Bades beigestellt zu haben. Ein Eingehen auf die zu den Rekursgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der Aktenwidrigkeit getätigten Ausführungen der Rekurswerber erübrige sich, weil auch die erstgerichtlichen Sachverhaltsfeststellungen für die Prüfung des Erhaltungsbeitrags nach der Rechtsansicht des Rekursgerichtes zu einer Einordnung der Wohnung in die Ausstattungskategorie des § 16 Abs 2 Z 3 MRG führten.

Ausgehend von der Nutzfläche der Wohnung im Ausmaß von 129 m2 und dem Kategoriezins des § 16 Abs 2 Z 3 MRG von S 12,20 errechnete das Rekursgericht einen Betrag von S 1.573,80 und 2/3 davon mit S 1.049,20; von diesem Betrag zog es den Hauptmietzins von S 318,94 ab und gelangte damit zu dem als gesetzlich zulässig erachteten Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag nach § 45 Abs 2 Z 1 MRG von S 730,26 und der aus dem Spruch ersichtlichen Überschreitung des zulässigen Mietzinses.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diese Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich der Rekurs der Antragsgegner, der zulässig (§ 37 Abs 3 Z 18 MRG), aber nicht berechtigt ist.

Die von den Rechtsmittelwerbern geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§§ 510 Abs 3, 528 a ZPO, § 37 Abs 3 Z 16 MRG).

In ihrer Rechtsrüge wenden sich die Revisionsrekurswerber gegen die Auslegung des § 16 Abs 3 MRG durch das Rekursgericht. Es handle sich dabei um eine eindeutige gesetzliche Bestimmung, sodaß allfällige redaktionelle Fehler des Gesetzgebers einer teleologischen Auslegung nicht zugänglich sein dürften. Auch die vorgenommene Auslegung über § 3 MRG und § 1096 ABGB (Würth in Korinek-Krejci, Handbuch zum MRG, 354) vermöge nicht zu überzeugen. Die Bestimmung des § 16 Abs 3 MRG stelle eindeutig auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages ab. Wenn im vorliegenden Fall die Antragsteller "die Wohnung in einen Zustand versetzt und Bad und WC eingeleitet hätten", um den Abschluß des Mietvertrages zu erreichen, so hätten sie nichts anderes getan, als eine nach § 27 MRG (früher § 16 MG) verbotene Ablöse geleistet. Im vorliegenden Fall hätten die Mieter somit kein Geld bezahlt, sondern eine geldwerte Leistung erbracht, zu der sie nicht verpflichtet gewesen wären, die sie aber hätten erbringen müssen, um überhaupt die Anmietung des Bestandgegenstandes zu ermöglichen. Die Antragsteller hätten daher einen Rückforderungsanspruch gegen den damaligen Liegenschaftseigentümer erwirkt, weil dieser durch die Arbeiten bereichert gewesen sei. Den Wert dieser Leistung könnten die Mieter vom damaligen Eigentümer zurückfordern. Dem kann nicht gefolgt werden.

Die vom Rekursgericht unter Hinweis auf die in MietSlg 38.354 veröffentlichte Entscheidung vertretene Rechtsansicht entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (in diesem Sinne auch noch ImmZ 1986, 394; 5 Ob 175/86 und 5 Ob 33/88). Insofern die Rechtsmittelwerber in ihrer Rechtsrüge davon ausgehen, daß die von den Antragstellern vorgenommenen Veränderungen in der Wohnung die Voraussetzung für den Abschluß des Mietvertrages waren, handelt es sich um eine auch im Revisionsrekursverfahren nach dem MRG unzulässige Neuerung, auf die nicht Bedacht zu nehmen ist. Ob und von wem der Mieter hier allenfalls eine gesetzwidrige Leistung zurückverlangen könnte, hat jedenfalls keinen Einfluß auf die nach § 16 Abs 3 MRG vorzunehmende Einordnung der Wohnung in eine bestimmte Ausstattungskategorie.

Der Berechnung des Erhaltungsbeitrages ist - wie bereits dargestellt - der Zustand der Wohnung zugrundezulegen, wie er vom Vermieter vereinbarungsgemäß herzustellen war und auch tatsächlich geschaffen wurde. Nach der für die rechtliche Beurteilung hier maßgeblichen Sachverhaltsgrundlage haben jedoch die Antragsteller das Bad selbst hergestellt und auch die damit verbundenen Kosten selbst getragen. Daß sich die Mieter zur Zeit des Beginnes des Mietverhältnisses zu derartigen Sachleistungen rechtswirksam hätten verpflichten können, hätte von den Antragsgegnern vorgebracht und nachgewiesen werden müssen (vgl. Würth-Zingher, MRG2, Anm. 36 zu § 16 MRG; MietSlg 37.334 ua). Wenn die Antragsgegner unter Hinweis auf den Umstand, daß die Antragsteller zwei Mietverträge abgeschlossen haben, meinen, es sei im Verfahren offen geblieben, welcher von beiden Verträgen gültig geworden sei und welcher Zeitpunkt als Übergabe der Wohnung anzusehen sei, so übersehen sie, daß beiden Verträgen die Parteienabsicht zugrundelag, die Mieter hätten die Herstellung des Bades auf ihre Kosten vorzunehmen. Dazu kommt noch, daß der zweite Vertrag nur aus Gründen der Vorsicht geschlossen wurde, um einer allfälligen Ungültigkeit des Vertrages vorzubeugen, weil das Eigentum des an dem zuerst abgeschlossenen Vertrag als Vermieter Beteiligten (als Käufer der Liegenschaft) im Grundbuch noch nicht einverleibt war. Daß den Antragstellern die Wohnung ein zweites Mal übergeben worden wäre, wurde gar nicht behauptet. Unter diesen Umständen können sich die Antragsgegner keinesfalls auf die durch die von den Mietern finanzierte Schaffung eines Bades vorgenommene Kategorieanhebung berufen

(MietSlg 37.337 ua).

Von der vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorgenommenen Auslegung des § 16 Abs 3 MRG abzugehen, besteht somit kein Anlaß. Der Revisionsrekurs erweist sich damit als unberechtigt, weshalb ihm kein Erfolg beschieden sein konnte.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens beruht auf den §§ 40 und 50 ZPO, § 37 Abs 3 Z 19 MRG.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte